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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 23. Mai 2024 – 6 AZR 152/22 (A)
Schlagworte/Normen:
Massenentlassung - Rechtsfolgen von Fehlern im Anzeigeverfahren - ergänzende Vorlage
Volltext PE:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung. Entscheidungserheblich ist, ob diese bei der Agentur für Arbeit ordnungsgemäß angezeigt wurde.
Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat durch Beschluss vom 14. Dezember 2023 – 6 AZR 157/22 (B) – nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG bei dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts angefragt, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält, dass eine im Rahmen einer Massenentlassung erklärte Kündigung nichtig ist, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs keine oder eine fehlerhafte Anzeige nach § 17 Abs. 1 und Abs. 3 KSchG vorliegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 46/23).
Der Zweite Senat hat mit Beschluss vom 1. Februar 2024 – 2 AS 22/23 (A) – das Anfrageverfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Beantwortung von erforderlichen Fragen zur Auslegung der den §§ 17 ff. KSchG zugrundeliegenden Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ersucht (vgl. Pressemitteilung Nr. 4/24).
In Ergänzung dieser Vorlage hat der Sechste Senat mit Beschluss vom heutigen Tag den EuGH um die Auslegung des Unionsrechts ua. dazu ersucht, ob der Zweck der Massenentlassungsanzeige erfüllt ist, wenn die Agentur für Arbeit eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige nicht beanstandet und sich damit als ausreichend informiert betrachtet.
Der genaue Wortlaut der Vorlagefragen ist nachzulesen auf www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt „Sitzungsergebnisse“.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/massenentlassung-rechtsfolgen-von-fehlern-im-anzeigeverfahren-ergaenzende-vorlage/
II.
Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 23. Mai 2024 – 6 AZR 155/23 (A)
Schlagworte/Normen:
Kontrollpflichten eines Rechtsanwalts bei Fristsachen - Änderung der Rechtsprechung?
Volltext PE:
Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigt, sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen anzuschließen, wonach ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen hat, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden. Dabei muss der Rechtsanwalt auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen, wobei er sich hierbei grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf, sofern sich keine Zweifel an deren Richtigkeit aufdrängen (BGH 17. Mai 2023 – XII ZB 533/22 -; 19. Oktober 2022 – XII ZB 113/21 -).
Hierin liegt eine entscheidungserhebliche Abweichung zur Rechtsprechung des Ersten, Dritten, Achten und Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein Rechtsanwalt bei Vorlage der Handakten zur Anfertigung der Rechtsmittelschrift neben der Rechtsmittelfrist auch die ordnungsgemäße Notierung der Rechtsmittelbegründungsfrist im Fristenkalender zu kontrollieren hat (10. Januar 2003 – 1 AZR 70/02 -; 17. Oktober 2012 – 3 AZR 633/12 -; 31. Januar 2008 – 8 AZR 27/07 – und 18. Juni 2015 – 8 AZR 556/14 -; 18. Januar 2006 – 9 AZR 454/04 – nv).
Der Sechste Senat hat deshalb in dem Verfahren – 6 AZR 155/23 – mit Beschluss vom heutigen Tag nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG angefragt, ob der Erste, Dritte, Achte und Neunte Senat an ihrer Rechtsauffassung festhalten, und den Rechtsstreit bis zur Beantwortung der Divergenzanfrage entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/kontrollpflichten-eines-rechtsanwalts-bei-fristsachen-aenderung-der-rechtsprechung/
III.
Arbeitsgericht Freiburg
Beschluss vom 6.03.2024 – 1 Ca 38/24
Schlagworte/Normen:
Keine ausschließliche örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts am Betriebssitz gemäß § 27 BasisTV für Unternehmen des DB Konzerns - Wahl des Gerichtsstands
Leitsatz:
1. Das Wahlrecht zwischen mehreren Gerichtsständen gem. § 35 ZPO bleibt auch dann bestehen, wenn ein Tarifvertrag einen Gerichtsstand für den Sitz des "Betriebes" enthält. Ein Gerichtsstand für den Sitz des Betriebes ist nicht deckungsgleich mit dem Gerichtsstand des Sitzes des Unternehmens oder der Niederlassung. Für eine Auslegung des Tarifvertrages, dieser regele einen "ausschließlichen" Gerichtsstand am Sitz des Betriebes, bedarf es gewichtiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag dafür, dass andere Gerichtsstände ausgeschlossen sein sollen.
2. § 27 des Basistarifvertrages zu den funktionsgruppenspezifischen und funktionsspezifischen Tarifverträgen verschiedener Unternehmen des DB Konzerns sieht keinen ausschließlichen Gerichtsstand des Betriebes vor.
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001574315
IV.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss vom 11.04.2024 – 4 Sa 12/24
Schlagworte/Normen:
Postulationsfähigkeit - Berufungseinlegung durch Rechtsanwalt, der zugleich Syndikusanwalt bei der rechtsmittelführenden Partei ist
Leitsatz:
1. Die Einlegung einer Berufung durch einen bei der rechtsmittelführenden Partei angestellten Syndikusanwalt ist unzulässig.
2. Wird die Berufung eingelegt durch einen Rechtsanwalt, der zugleich als Syndikusanwalt bei der rechtsmittelführenden Partei angestellt ist, ist durch Auslegung der Berufungsschrift zu ermitteln, ob die Berufung durch den Anwalt in seiner Funktion als unabhängiger Rechtsanwalt eingelegt wurde oder im weisungsabhängigen Verhältnis zu seiner Partei als Syndikusanwalt.
3. Ergibt diese Auslegung Zweifel, gehen diese zu Lasten der berufungsführenden Partei.
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001574319
V.
Arbeitsgericht Stuttgart
Beschluss vom 8.05.2024 – 30 BVGa 8/24
Schlagworte/Normen:
Rechtsanwaltskosten - Beschlussverfahren - Dringlichkeit - einstweilige Verfügung - effektiver Rechtsschutz
Leitsatz:
1. Die Durchsetzung der Übernahme von Rechtsanwaltskosten nach § 40 BetrVG durch ein Betriebsratsmitglied gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens für einen (noch zu beauftragen-den) Rechtsanwalt in einem anderweitigen Beschlussverfahren ist nur in Ausnahme-konstellationen denkbar.
2. Ein Verfügungsgrund im Bereich der Kostenerstattung nach § 40 BetrVG setzt eine wesentliche Erschwerung der Betriebsratstätigkeit voraus, woran es regelmäßig fehlt, wenn die Frage der Kostenerstattung von Rechtsanwaltskosten erst im Hauptsacheverfahren geklärt wird und nicht vorab.
3. Ob in Ausnahmefällen, wie etwa einer ersichtlich rechtswidrigen Verneinung einer Kostenübernahme durch den Arbeitgeber bei gleichzeitiger Ablehnung der Übernahme des Mandats durch angefragte Rechtsanwälte ohne vorherige Kostenübernahme des Arbeitgebers, eine einstweilige Verfügung denkbar ist, bleibt unentschieden.
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001575089
VI.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 28.02.2024 - 9 Sa 634/23
Schlagworte/Normen:
Altersteilzeit, Anspruch, TV FlexÜ, Überforderungsschutz, mitgliedschaftsanknüpfende Differenzierungsklausel
Leitsatz:
Die Begrenzung des Anspruchs auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags auf vier Prozent der Arbeitnehmer des Betriebes gemäß § 12 Ziffer 12.1.1 Abs. 4 TV FlexÜ bezieht sich ungeachtet ihrer Tarifbindung auf alle Arbeitnehmer. Es sind auch die von der Arbeitgeberin mit nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern abgeschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge zu berücksichtigen.
Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2024/9_Sa_634_23_Urteil_20240228.html
VII.
Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss vom 16.04.2024 - 7 TaBV 7/24
Schlagworte/Normen:
(Prozess-)Verfahrensbevollmächtigter, Zustellung an Partei (Beteiligte); Angabe der zustellungsfähigen Anschrift in der Antragsschrift, Fristversäumung, Unzulässigkeit der Beschwerde
Leitsatz:
1. Die Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung an eine Partei (einen Beteiligten) selbst ist wirksam, wenn ein (Prozess-)Verfahrensbevollmächtigter eine entsprechende Bevollmächtigung ggü. dem Gericht mitgeteilt hat.
2. Kann ein Antrag/eine Klage unter der in der (Klage-)Antragsschrift genannten Anschrift (hier: Sitz eines gemeinsamen Betriebes) zugestellt werden und gibt es während des gesamten Verfahrens in erster Instanz weder aus der Akte noch aus dem wechselseitigen Vorbringen der Parteien (Beteiligten) irgendeinen Hinweis darauf, dass unter einer anderen Anschrift (hier: Sitz der Gesellschaft) zugestellt werden soll, so ist die Zustellung der Entscheidung an die in der Antragsschrift bezeichnete Anschrift wirksam.
Siehe:
https://www.justiz.nrw/BS/nrwe2/index.php#solrNrwe
VIII.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.02.2024, Az.: 9 Sa 577/23
Schlagworte/Normen:
abgestufte Darlegungslast; Arbeitszeitbetrug; falsche Dokumentation; abgestufte Darlegungs- und Beweislast; Interessenabwägung
Leitsatz:
Allein der Umstand, dass eine Arbeitnehmerin nach Beendigung einer Einsatzfahrt später ausstempelt als andere Teammitglieder, begründet noch keinen hinreichenden Verdacht eines Arbeitszeitbetruges, wenn unstreitig Nacharbeiten zu erledigen sind, die auch von einem Teammitglied allein erledigt werden können. Auch der Vergleich mit den Arbeitszeiten anderer Teams begründet in diesen Fällen allein keinen hinreichenden Verdacht eines Arbeitszeitbetruges. Der Arbeitgeber hat vielmehr im Wege der abgestuften Darlegungs- und Beweislast weitere belastende Umstände darzulegen. Ein in einer Anhörung abgegebenes - streitiges - Geständnis rechtfertigt allein nicht den Vorwurf eines Arbeitszeitbetruges, wenn im Prozess konkret vorgetragen wird, welche Arbeiten in dem - streitigen - Zeitraum geleistet wurden. Der im Kündigungsschutzprozess darlegungs- und beweispflichtige Arbeitgeber muss die behaupteten Arbeiten widerlegen.
Siehe:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/29a8225c-5dc5-4739-bbd9-232e1b4129ef
IX.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.2024, Az.: 8 Sa 564/23
Schlagworte/Normen:
Knüpfung der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie durch den Arbeitgeber an weitere Bedingungen; Abhängigkeit der Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie bzw. eines Inflationsbonus von der Zugehörigkeit der bzw. des Beschäftigten zur "active workforce"
Leitsatz:
1. Die im Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferung über das Erdgasnetz in § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes beschlossene Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie sieht keine Regelung vor, dass die Prämie an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlt werden muss.
2. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie an weitere Bedingungen zu knüpfen.
3. Es verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein Arbeitgeber zur weiteren Bedingung der Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie bzw. eines Inflationsbonus macht, dass der bzw. die Beschäftigte Teil seiner "active workforce" ist. Es ist nicht sachwidrig, eine Sonderleistung nur denjenigen Beschäftigten zukommen zu lassen, von denen sich der Arbeitgeber auch in Zukunft Arbeitsleistung erwartet bzw. erhofft, um hierfür einen Anreiz zu setzen.
Siehe:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/d4ecd029-cff0-4968-bd35-620cd3fcd949
X.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.02.2024, Az.: 13 TaBV 40/23
Schlagworte/Normen:
Dokumentation der erforderlichen Betriebsratsarbeit im Rahmen betrieblicher Arbeitszeiterfassung als Arbeitszeit; Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu einer beabsichtigten außerordentlichen Tat-, hilfsweise Verdachtskündigung
Leitsatz:
1. Anstelle der Arbeitspflicht tritt bei einem freigestellten Betriebsratsmitglied die Verpflichtung, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, erforderliche Betriebsratsarbeit zu verrichten, bzw. anwesend zu sein um sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten (vgl. BAG 10.07.2013 7 ABR 22/12 , Rn. 20, juris). Mithin darf es grundsätzlich auch nur solche Zeiten im Rahmen betrieblicher Arbeitszeiterfassung als Arbeitszeit dokumentieren. Entsprechendes gilt für die Zeiten, in denen das Betriebsratsmitglied aufgrund eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses außerhalb des Betriebs an einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung i.S.v. § 37 Abs. 6 und Abs. 7 BetrVG tatsächlich teilnimmt oder sich hierfür bereitgehalten hat.
2. Die Prüfung der Frage, ob eine Tätigkeit zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, obliegt auch dem einzelnen Betriebsratsmitglied. Ihm steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu. Es darf die Frage der Erforderlichkeit allerdings nicht allein nach seinem subjektiven Ermessen beantworten, sondern muss die Interessen des Betriebs einerseits und des Betriebsrats und der Belegschaft andererseits gegeneinander abwägen.
3. Mit dem Beschluss zur Entsendung zu einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung i.S.v. § 37 Abs.6 und Abs.7 BetrVG, für welche der Arbeitgeber die Kosten einschließlich der Reise, der Unterbringung und der Verpflegung übernimmt, konkretisiert der Betriebsrat die dem entsandten Mitglied obliegende Betriebsratstätigkeit für den fraglichen Zeitraum. Die Teilnahme an der Veranstaltung hat für das entsandte Betriebsratsmitglied damit grundsätzlich Vorrang vor anderen Betriebsratsaufgaben. Für ein Verlassen der Veranstaltung und eine Verrichtung anderer Betriebsratsarbeit außerhalb des Betriebes und außerhalb des Veranstaltungsortes bedarf es gewichtiger Gründe.
4. Gibt das auf eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung i.S.v. § 37 Abs.6 und Abs. 7 BetrVG entsandte Betriebsratsmitglied nachträglich im Rahmen betrieblicher Arbeitszeiterfassung bewusst Zeiten als Arbeitszeit an, von denen es weiß, dass es weder an der Schulungsveranstaltung teilgenommen hat, noch andere erforderliche Betriebsratstätigkeiten verrichtet hat, um auf diese Weise eine Amtspflichtverletzung vor dem Arbeitgeber zu verheimlichen und eine ihm nicht zustehende Vergütung bzw. Zeitgutschrift zu erhalten, kann die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung durch die Arbeitgeberin nach § 103 BetrVG zu ersetzen sein.
Siehe:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/da5d1526-7aa4-4825-a52e-572e5d8b37bd
XI.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.03.2024, Az.: 6 Ta 2/24
Schlagworte/Normen:
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung eines Arbeitgeberbeitrages in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung
Leitsatz:
1. Entscheidet das Arbeitsgericht entgegen § 48 Abs. 1 ArbGG, § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG trotz Rüge einer Partei über die Zulässigkeit des Rechtsweges nicht vorab durch Beschluss, sondern in den Gründen des klageabweisenden Urteils, so kann die klagende Partei nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung dagegen sofortige Beschwerde beim Landesarbeitsgericht einlegen. Dann entfällt die Prüfungssperre des § 65 ArbGG und das Landesarbeitsgericht entscheidet durch Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtsweges durch die Vorsitzende allein, § 78 Satz 3 ArbGG.
2. Die Rechtswegrüge muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent erhoben werden, z.B. indem hilfsweise die Verweisung an das Gericht eines anderen Rechtsweges beantragt wird.
3. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich rechtlicher Natur ist, entscheidet sich nicht danach, ob sich die Partei auf zivilrechtliche oder öffentliche-rechtliche Anspruchsgrundlagen beruft, sondern danach, ob der zur Klagebegründung vorgetragenen Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BAG, 01.03.2022 - 7 AZB 25/21 Rn.13).
4. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf einen Arbeitgeberzuschuss nach § 257 SGB V hat seine Grundlage im Bereich der Sozialversicherung und damit im öffentlichen Recht.
Siehe:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/f17fad9c-f831-487e-ba93-b00326f8719e
Neu eingestellte Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein:
Keine
Sonstiges:
I.
Bundesfinanzhof
Urteil vom 27. März 2024, VI R 5/22
Schlagworte/Normen:
Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen
Leitsätze:
1. Nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.
2. Das Tatbestandsmerkmal Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG entspricht der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG.
Siehe:
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202410082/
I.
Mit besten Grüßen
Ihr
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
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