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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 13. März 2024 – 10 AZR 117/23
Schlagworte/Normen:
Auskunftsansprüche gegen gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien – Öffentlichkeitsarbeit
Volltext PE:
Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, die gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (hier: die Gemeinnützige Urlaubskasse sowie die Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks) im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Aufgaben vornehmen, können keine Auskunftsansprüche nicht mitgliedschaftlich verbundener Dritter in Bezug auf die insoweit entstandenen Kosten begründen.
Die Kläger begehren von den Beklagten Auskünfte über die Kosten für einen Messeauftritt, einen Imagefilm sowie das sog. Malerkassenlied. Der Kläger zu 1. ist ein Arbeitgeberverband für Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks mit Sitz in Sachsen. Er hat 110 Mitgliedsbetriebe, bislang aber keinen Tarifvertrag abgeschlossen. Sein erklärtes tarifpolitisches Ziel ist die Abschaffung, jedenfalls aber eine grundlegende Reform der Beklagten. Die Klägerin zu 2. ist ein Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks. Sie ist Mitglied des Klägers zu 1. Eine Mitgliedschaft im Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz – Bundesinnungsverband des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks besteht nicht. Die zwischen diesem und der IG BAU abgeschlossenen Sozialkassentarifverträge für das Maler- und Lackiererhandwerk zum Urlaubskassenverfahren sowie zur betrieblichen Altersversorgung gelten für ihren Betrieb allerdings kraft Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) bzw. aufgrund des Gesetzes zur Sicherung der tarifvertraglichen Sozialkassenverfahren (Soka-SiG2). Der Kläger zu 3. ist gewerblicher Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk. Er ist nicht Mitglied der IG BAU. Der Beklagte zu 1. ist die Urlaubskasse für das Maler- und Lackiererhandwerk und als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien zuständig für die Sicherung der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer. Der Beklagte zu 2. ist die Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks und als gemeinsame Einrichtung zuständig für die tarifvertraglich geregelte betriebliche Altersversorgung. Die zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben notwendigen Mittel werden durch Beiträge der hierzu tarifvertraglich verpflichteten Arbeitgeber aufgebracht. Diese Mittel dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden.
In der Vergangenheit nahmen die Beklagten regelmäßig an der Branchenmesse „Farbe Ausbau & Fassade“ teil, zuletzt im März 2019. Auf ihrem Messestand waren ua. Plakate mit Aufschriften wie zB „Fairer Wettbewerb – kalkulierbare Regeln für alle“ sowie „Sicherung des Urlaubs“ zu sehen. Auf dem Youtube-Kanal der Malerkasse ist ein Imagefilm abrufbar, in dem sich Arbeitnehmer des Maler- und Lackiererhandwerks positiv über ihren Beruf sowie die zusätzliche Altersversorgung und Absicherung über die Malerkasse äußern. Des Weiteren ist auf der Youtube-Plattform ein Lied über die Malerkasse abrufbar, das anlässlich einer Messe im Jahr 2016 aufgenommen wurde. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagten seien zur Erteilung von Auskünften über die Höhe der Kosten dieser „Werbemaßnahmen“ verpflichtet. Es handle sich um eine satzungswidrige Verwendung von Beitragsmitteln. Sie hätten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, die eine Auskunft über den Umfang der rechtswidrigen Finanzierungstätigkeiten voraussetzten, und berufen sich insbesondere auf die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die für einen Auskunftsanspruch erforderliche Sonderverbindung ergäbe sich hinsichtlich der Kläger zu 2. und 3. auch aus der Erstreckung der Sozialkassentarifverträge durch die AVE bzw. das SoKaSiG2.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klagebegehren weiter.
Die Revision der Kläger hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die geltend gemachten Auskunftsansprüche stehen ihnen nicht zu. Die von den Klägern kritisierten Handlungen der Beklagten verletzen sie schon nicht in ihrem durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Recht auf Koalitionsfreiheit, selbst wenn die Maßnahmen den die Beklagten tragenden Tarifvertragsparteien zuzurechnen wären. Insbesondere werden die Rechte des Klägers zu 1. als (potentielle) Tarifvertragspartei im Maler- und Lackierergewerbe nicht beeinträchtigt. Auch unter allen anderen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten sind Auskunftsansprüche nicht gegeben. Für das sog. Malerkassenlied gilt dies schon deshalb, weil es von den Beklagten weder beauftragt noch initiiert wurde. Im Übrigen liegt eine sach- und satzungsgemäße Öffentlichkeitsarbeit vor, die zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtungen zählt. Soweit die Auskünfte zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen begehrt werden, fehlt es darüber hinaus an einem denkbaren Schaden der Kläger.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/auskunftsansprueche-gegen-gemeinsame-einrichtungen-der-tarifvertragsparteien-oeffentlichkeitsarbeit/
II.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 20. März 2024 – 5 AZR 234/23
Schlagworte/Normen:
Entgeltfortzahlung aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion und behördlicher Absonderungsanordnung
Volltext PE:
Eine SARS-CoV-2-Infektion stellt auch bei einem symptomlosen Verlauf eine Krankheit nach § 3 Abs. 1 EFZG dar, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, wenn es dem Arbeitnehmer infolge einer behördlichen Absonderungsanordnung rechtlich unmöglich ist, die geschuldete Tätigkeit bei dem Arbeitgeber zu erbringen und eine Erbringung in der häuslichen Umgebung nicht in Betracht kommt.
Der Kläger ist als Produktionsmitarbeiter bei der Beklagten, einem Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie, beschäftigt. Er hatte sich keiner Schutzimpfung gegen das Coronavirus unterzogen und wurde am 26. Dezember 2021 positiv auf das Virus getestet. Für die Zeit vom 27. bis zum 31. Dezember 2021 wurde dem unter Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen leidenden Kläger eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Für diese Zeit leistete die Beklagte Entgeltfortzahlung. Am 29. Dezember 2021 erließ die Gemeinde N. eine Verfügung, nach der für den Kläger bis zum 12. Januar 2022 Isolierung (Quarantäne) in häuslicher Umgebung angeordnet wurde. Für die Zeit vom 3. bis zum 12. Januar 2022 lehnte der Arzt die Ausstellung einer Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Begründung ab, das positive Testergebnis und die Absonderungsanordnung würden zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreichen. Mit der Verdienstabrechnung für Januar 2022 nahm die Beklagte für diese Zeit vom Lohn des Klägers einen Abzug in Höhe von ca. 1.000,00 Euro brutto vor. Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung dieses Betrags verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung verurteilt.
Die Revision der Beklagten blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger aufgrund der SARS-CoV-2-Infektion durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war, ohne dass es darauf ankam, ob bei ihm durchgehend Symptome von COVID-19 vorlagen. Die SARS-CoV-2-Infektion stellt einen regelwidrigen Körperzustand und damit eine Krankheit dar, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Die Absonderungsanordnung ist keine eigenständige, parallele Ursache für Arbeitsunfähigkeit, vielmehr beruht das daraus resultierende Tätigkeitsverbot gerade auf der Infektion (Monokausalität). Diese ist die nicht hinwegzudenkende Ursache für die nachfolgende Absonderungsanordnung. Aufgrund der SARS-CoV-2-Infektion war es dem Kläger rechtlich nicht möglich, die geschuldete Arbeitsleistung im Betrieb der Beklagten zu erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB).
Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht des Weiteren angenommen, es könne nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass das Unterlassen der empfohlenen Corona-Schutzimpfung für die SARS-CoV-2-Infektion ursächlich war. Das Berufungsgericht hat hierbei zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Nichtvornahme der Schutzimpfungen einen gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen zu erwartende Verhalten darstellte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Es hat jedoch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Gefahr von Impfdurchbrüchen in die Kausalitätsprüfung einbezogen. Die wöchentlichen Lageberichte des RKI und dessen Einschätzung der Impfeffektivität ließen – so das Landesarbeitsgericht – nicht den Schluss zu, dass Ende Dezember 2021/Anfang Januar 2022 die beim Kläger aufgetretene Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der Schutzimpfung hätte verhindert werden können.
Der Beklagten stand ein Leistungsverweigerungsrecht wegen nicht vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht zu (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Das Landesarbeitsgericht hat richtig erkannt, dass der Kläger der Beklagten durch Vorlage der Ordnungsverfügung der Gemeinde N. in anderer, geeigneter Weise nachgewiesen hat, infolge seiner Corona-Infektion objektiv an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert zu sein.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/entgeltfortzahlung-aufgrund-einer-sars-cov-2-infektion-und-behoerdlicher-absonderungsanordnung/
III.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 21. März 2024 – 6 AZR 45/23
Schlagworte/Normen:
Nichtigkeitsklage ist kein statthafter Rechtsbehelf bei Rüge der Verletzung der Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV
Volltext PE:
Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat über eine Nichtigkeitsklage entschieden, mit der eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gerügt wurde, weil der Senat bei Erlass der angegriffenen Entscheidung vom 8. November 2022 seine Vorlageverpflichtung an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV verletzt habe.
Der Senat hat im Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. Oktober 2023 (- IX K 1/21 -) die Nichtigkeitsklage als nicht statthaft angesehen. Die Verkennung einer Vorlageverpflichtung (durch das vorschriftsmäßig besetzte Gericht) ist kein Besetzungsmangel iSd. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Nichtigkeitsklage gehört in diesen Fällen auch nicht zu dem zu erschöpfenden Rechtsweg iSd. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Insoweit kann die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter vielmehr unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde gegen die letztinstanzliche Entscheidung geltend gemacht werden.
Ausgangsentscheidung: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. November 2022 – 6 AZR 16/22 –
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/nichtigkeitsklage-ist-kein-statthafter-rechtsbehelf-bei-ruege-der-verletzung-der-vorlagepflicht-gemaess-art-267-abs-3-aeuv/
IV.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 31.01.2024 – 4 Sa 4/23
Schlagworte/Normen:
Bezugnahmeklausel - Gleichstellungsabrede - Wechsel des Arbeitnehmers in neues Tarifgebiet – Neuvertrag
Leitsatz:
1. Vertragliche Bezugnahmen auf Tarifverträge, die vor dem 1.1. 2002 vereinbart wurden, sind als "Altfälle" in der Regel als Gleichstellungsabreden auszulegen.(Rn.71)
2. Wechselt ein Arbeitnehmer, dem nur eine kleine dynamische Bezugnahme auf Tarifverträge eines bestimmten Tarifgebiets zugesagt wurde, an einen Arbeitsort außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der in Bezug genommenen Tarifverträge, kann er grundsätzlich aus diesen Tarifverträgen keine Rechte mehr herleiten, weil auch tarifgebundene Arbeitnehmer in diesem Falle weder durch Nachbindung, noch durch Nachwirkung an diese Tarifverträge gebunden gewesen wären.(Rn.78)
3. Regeln die Vertragsparteien aber anlässlich des Wechsels des Arbeitsorts, dass die bisherigen vertraglichen Bedingungen weitergelten sollen, treffen sie in Bezug auf die Bezugnahmeklausel eine bestätigende "Neuregelung", die nunmehr dazu führt, dass die bisherige Gleichstellungsbindung in Wegfall gerät.(Rn.81) (Rn.86) (Rn.92)
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240004063/part/L
V.
Arbeitsgericht Mannheim
Urteil vom 15.02.2024 – 8 Ca 181/23
Schlagworte/Normen:
Entgelterhöhung - Strukturerhöhung - Inflationsausgleichsprämie - Gleichbehandlung - Arbeitszeitkonto – Vorruhestand
Leitsatz:
1. Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn in einer Konzernbetriebsvereinbarung "Gehaltsrunde" bei Entgelterhöhungen einerseits nach aktiven Beschäftigten und andererseits nach solchen Beschäftigten differenziert wird, die sich in der Entnahmephase aus einem Arbeitszeitkonto im Rahmen eines Vorruhestandsprogramms befinden und aufgrund unwiderruflicher Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung mehr erbringen. Bei dem in der Entnahmephase ausgezahlten Entgelt handelt es sich um die Gegenleistung für die bereits während der vergangenen Arbeitsphase erbrachte Arbeitsleistung. Eine Gehaltserhöhung für die Arbeitsleistung in vergangenen Zeiträumen ist aber gerade nicht mit einer Gehaltserhöhung für eine zukünftig zu erbringende Arbeitsleistung vergleichbar.
2. Ist Bestandteil der Gehaltsrunde auch eine Einmalzahlung in Form einer Inflationsausgleichsprämie, hätte eine im Rahmen von § 3 Nr. 11c EStG unzulässige Zwecksetzung allenfalls den Wegfall der steuer- und abgabenrechtlichen Privilegierung zur Folge, würde aber nicht einer ansonsten zulässigen Differenzierung zwischen zwei Arbeitnehmergruppen arbeitsrechtlich entgegenstehen.
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240003560/part/L
VI.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 28.02.2024 – 4 Sa 32/23
Schlagworte/Normen:
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Abrufarbeitsverhältnis - Einheit des Verhinderungsfalls - Fortsetzungserkrankung - Darlegungs- und Beweislast
Leitsatz:
Liegen in einem Abrufarbeitsverhältnis zwischen bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeiträumen mehrtägige und nicht nur das Wochenende umfassende Zeiten ohne bescheinigte Arbeitsunfähigkeiten, so kann aus der bloßen Tatsache, dass in diesen Zeiten keine Dienstplaneinteilungen bestanden haben, kein Indiz für das Vorliegen einer Einheit des Verhinderungsfalls abgeleitet werden.
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240005050/part/L
VII.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 28.02.2024 – 4 Sa 36/23
Schlagworte/Normen:
Verjährung der Ansprüche des Pensions-Sicherungs-Vereins
Leitsatz:
Der im Insolvenzfall bei Eintritt des Pensions-Sicherungs-Vereins gemäß §§ 45, 46 InsO zu ermittelnde Kapitalabfindungsbetrag unterliegt der 30-jährigen Verjährung gemäß § 18a Satz 1 BetrAVG.
Orientierungssatz
(Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 3 AZR 45/24)
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240005024/part/L
VIII.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss vom 11.03.2024 – 3 Ta 12/23
Schlagworte/Normen:
Verfahrensart - Vergütung des freigestellten Betriebsratsmitglieds
Leitsatz:
Verfahren, die den Vergütungsanspruch eines gem. § 38 BetrVG freigestellten Betriebsratsmitglieds zum Gegenstand haben, sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) ArbGG und daher im Urteilsverfahren zu entscheiden. Ein Wahlrecht des betroffenen Betriebsratsmitglieds zwischen Urteils- und Beschlussverfahren besteht nicht.
Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240005023/part/L
IX.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss vom 7.12.2023 – 3 Ta 273/23
Schlagworte/Normen:
Fremdgeschäftsführer im Arbeitsverhältnis; Unternehmensumwandlung
Leitsatz:
1.Eine Unternehmensumwandlung führt nicht zur Vertragsumwandlung eines Arbeitsverhältnisses in ein freies Dienstverhältnis.
2.Wird ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Tätigkeit als Fremdgeschäftsführer einer anderen Konzerngesellschaft betraut, ändert sich sein Status als Arbeitnehmer nicht dadurch, dass sein Vertragsarbeitgeber später auf diese Konzerngesellschaft verschmolzen und die Konzerngesellschaft, deren Vertretungsorgan er ist, nunmehr sein Vertragspartner wird. Denn zum einen fehlt für eine solche Vertragsumwandlung eine gesetzliche Grundlage, zum anderen hätte der Fremdgeschäftsführer im Rahmen der Vertragsfreiheit der Parteien auch von vornherein bei der Konzerngesellschaft als Arbeitnehmer angestellt werden können.
Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2023/NRWE_LAG_D_sseldorf_3_Ta_273_23_Beschluss_20231207.html
X.
Landesarbeitsgericht Köln
Urteil vom 6.02.2024 - 4 Sa 390/23
Schlagworte/Normen:
Schadensersatz wegen verspäteter Zielvorgabe; Motivations- und Anreizfunktion; Unmöglichkeit; Schadensschätzung
Leitsatz:
1. Erfolgt eine Zielvorgabe erst zu einem derart späten Zeitpunkt innerhalb des maßgeblichen Geschäftsjahres, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr sinnvoll erfüllen kann, ist sie so zu behandeln, als sei sie überhaupt nicht erfolgt. Ein derart später Zeitpunkt ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Geschäftsjahr bereits zu mehr als drei Vierteln abgelaufen ist.
2. Eine Anreizfunktion wird nicht per se dadurch ausgeschlossen, dass die unterlassene Zielvorgabe unternehmensbezogene Ziele betrifft.
Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2024/4_Sa_390_23_Urteil_20240206.html
XI.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 1.02.2024 - 15 Sa 1222/22
Schlagworte/Normen:
unzulässiges Teilurteil - betriebsbedingte Kündigung eines Monteurs wegen fehlender Corona-Schutzimpfung - geändertes Anforderungsprofil
Leitsatz:
1. Von der Aufhebung eines gegen § 301 Abs. 1 ZPO verstoßenden Teilurteils und der Zurückverweisung an das Arbeitsgericht bzw. dem "Hochziehen" des erstinstanzlich anhängigen Teils kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn bei Aufrechterhaltung des Teilurteils weder die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht noch der Verfahrensfehler weiter vertieft wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die prozessuale Situation so entwickelt hat, dass es nicht mehr zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann (vgl. BAG vom 30.05.2018 — 10 AZR 780/16 — Rn. 22).
2. In der Zusicherung des Arbeitgebers gegenüber seinen Kunden, für die Arbeiten bei ihnen vor Ort ausschließlich gegen das Corona-Virus geimpfte Monteure einzusetzen, liegt eine unternehmerische Entscheidung, mit der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für die bei ihr beschäftigten Monteure ändert. Eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers kann auch darin liegen, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Impfung zur Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zu machen. Der Arbeitgeber hat jedoch darzulegen, dass es sich hierbei nicht nur um eine "wünschenswerte Voraussetzung", sondern um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium handelt (vorliegend verneint).
Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2024/15_Sa_1222_22_Urteil_20240201.html
XII.
Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss vom 4.01.2024 - 1 SHa 21/23
Schlagworte/Normen:
Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts; einheitlicher Erfüllungsort, gewöhnlicher Arbeitsort, greifbar gesetzeswidrig, Gerichtsstand, Niederlassung, Alterszeitzeit, Passivphase, Aktivphase, gesetzlicher Richter; Inflationsausgleichsprämie
Leitsatz:
Auch in der Passivphase der Altersteilzeit bleibt es beim Grundsatz des einheitlichen Erfüllungsortes von Arbeitsleistung und Vergütung. Die in der Passivphase fehlende Verpflichtung, die Arbeitsleistung erbringen zu müssen, stellt keinen Umstand i.S.d. § 269 Abs. 1 BGB dar, der dazu führt, als Leistungsort den Sitz der Arbeitgeberin anzunehmen.
Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2024/1_SHa_21_23_Beschluss_20240104.html
Sonstiges:
I.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Urteil vom 26.02.2024 - 16 U 93/23
Leitsatz
1.Mit der Abtretung des Freistellungsanspruchs eines GmbH-Geschäftsführers aus der D&O-Versicherung wegen einer Pflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG ist auch ein sog. pactum de non petendo geschlossen worden, der die Gesellschaft verpflichtet, solange nicht gegen den Geschäftsführer vorzugehen, wie die Möglichkeit besteht, von dem Versicherer in dem infolge der Abtretung einheitlichen Haftungs- und Deckungsprozess Ersatz des Schadens zu erhalten.
2.Die Verjährung des Haftungsanspruchs der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer ist für die Dauer der Anspruchsverfolgung gegenüber dem Versicherer gehemmt; ein Haftungsprozess gegen den Geschäftsführer während dieser Zeit ist unzulässig.
Siehe:
https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/bssh/document/JURE240003815/part/L
II.
Sächsisches Landesarbeitsgericht
Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit überarbeitete Fassung 1. Februar 2024*
https://www.justiz.sachsen.de/lag/streitwertkatalog-arbeitsgerichtsbarkeit-4309.html
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
Gerokstr. 870188 Stuttgart
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