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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Pressemitteilung vom 16.01.2024 – Az. 5 Sa 5/23

Schlagworte/Normen:
Das Schwenken eines Filetiermessers als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung?

Volltext PE:
Wer mit einem äußerst scharfen Filetiermesser hantiert, muss besonders sorgfältig agieren, um Verletzungen von Kollegen auszuschließen. Nicht jeder Fehlgebrauch rechtfertigt aber eine Kündigung ohne vorherige einschlägige Abmahnung. Dies hat wie bereits zuvor das Arbeitsgericht Lübeck (3 Ca 1157/22) das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (5 Sa 5/23) am 13. Juli 2023 entschieden.

Der 29-jährige Kläger ist bei der Beklagten, die mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, seit Juni 2019 als Industriemechaniker beschäftigt. Am 1. Juni 2022 arbeitete er mit einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter an einem Probierstand. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger der Mitarbeiterin ein Filetiermesser mit einer Klingenlänge von 20 cm mit einem Abstand von 10 bis 20 cm an den Hals hielt und damit deren Leib und Leben bedrohte. Die Beklagte kündigte dem Kläger daraufhin mit Kündigung vom 14. Juli 2022 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Oktober 2022.
Die Kündigungsschutzklage des Klägers war in zwei Instanzen erfolgreich. Sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung sind unwirksam. Es fehlt an einem hinreichenden Kündigungsgrund. Zwar kommt eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben u.a. von Arbeitskollegen als „an sich“ als wichtiger Grund für eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung in Betracht. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer mit dem Willen handelt, dass der Kollege die Drohung zur Kenntnis nimmt und als ernst gemeint auffasst.

Selbst den Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt kann jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts auf einen bedingten Vorsatz beim Kläger geschlossen werden. Vielmehr ist es auch möglich, dass der Kläger das Messer schlicht in der rechten Hand haltend sich mit dem Oberkörper zur Mitarbeiterin gedreht hat und bei dieser Drehbewegung dessen rechte Hand mit dem Messer nahe an deren Hals gelangt ist.

Die Kündigungen können aber auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger allein durch das Hantieren mit dem Messer Leib und Leben der Mitarbeiterin objektiv und fahrlässig gefährdet hat. Der unsachgemäße Umgang mit einem Messer stellt zwar eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Diese hätte nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den Ausspruch einer fristlosen oder fristgerechten Kündigung nur gerechtfertigt, wenn der Kläger zuvor wegen einer ähnlichen Pflichtverletzung abgemahnt worden wäre. Insbesondere steht auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts fest, dass der Kläger das Messer bewusst und aktiv an den Hals der Mitarbeiterin gehalten hat.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Siehe:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/justiz/gerichte-und-justizbehoerden/LAG/Presse/PI/prm1021.html

II.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 25. Januar 2024 – 8 AZR 318/22

Schlagworte/Normen:
Evangelischer Kirchenkreis ist kein öffentlicher Arbeitgeber

Volltext PE:
Eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts ist nicht zur Einladung schwerbehinderter Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch verpflichtet. § 165 Satz 3 SGB IX sieht die grundsätzliche Einladungspflicht nur für öffentliche Arbeitgeber vor. Eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts ist kein öffentlicher Arbeitgeber.

Der schwerbehinderte Kläger hatte sich um eine Stelle in der Verwaltung eines Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland beworben. Trotz Offenlegung seiner Schwerbehinderung wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Seine Bewerbung blieb erfolglos. Nach Ansicht des Klägers wurde er im Auswahlverfahren wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Dies indiziere die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Hierzu sei der Kirchenkreis nach § 165 Satz 3 SGB IX verpflichtet gewesen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts gelte er gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX als öffentlicher Arbeitgeber. Mit seiner Klage hat der Kläger deshalb die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Der beklagte Kirchenkreis hat dies abgelehnt. Er sei kein öffentlicher Arbeitgeber. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dargelegt. Eine solche kann nicht aufgrund der unterbliebenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vermutet werden. Hierzu war der beklagte Kirchenkreis nicht verpflichtet. Die Einladungspflicht nach § 165 Satz 3 SGB IX besteht zwar gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX ua. für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies betrifft aber nach dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Begriffsverständnis nur Körperschaften, die staatliche Aufgaben wahrnehmen. Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts dienen demgegenüber primär der Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll dabei die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgesellschaft unterstützen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Einladungspflicht auf kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts erstrecken wollte. Insoweit stehen sie den ebenfalls staatsfernen privaten Arbeitgebern gleich.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/evangelischer-kirchenkreis-ist-kein-oeffentlicher-arbeitgeber/

III.
Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 1. Februar 2024 – 2 AZR 196/22 (A)

Schlagworte/Normen:
Weiteres Vorabentscheidungsverfahren zur Kündigung wegen eines Austritts aus der katholischen Kirche

Volltext PE:
Das Bundesarbeitsgericht hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Auslegung des Unionsrechts zu der Frage ersucht, ob ein der katholischen Kirche zugeordneter Arbeitgeber, der von den bei ihm tätigen Arbeitnehmern im Übrigen nicht verlangt, dass sie der katholischen Kirche angehören, das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche austritt. Ein im Jahr 2022 eingeleitetes Vorabentscheidungsverfahren mit einem ähnlichen Gegenstand ist durch ein Anerkenntnis der Arbeitgeberin gegenstandslos geworden (vgl. Pressemitteilung Nr. 48/23).

Der beklagte Verein ist ein Frauen- und Fachverband in der katholischen Kirche in Deutschland, der sich der Hilfe für Kinder, Jugendliche, Frauen und ihre Familien in besonderen Lebenslagen widmet. Zu seinen Aufgaben gehört die Beratung von schwangeren Frauen. Die Klägerin ist bei dem Beklagten seit dem Jahr 2006 in der Schwangerschaftsberatung beschäftigt. Von Juni 2013 bis zum 31. Mai 2019 befand sie sich in Elternzeit. Die Klägerin erklärte im Oktober 2013 vor einer kommunalen Behörde ihren Austritt aus der katholischen Kirche. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Elternzeit am 1. Juni 2019 außerordentlich ohne Einhaltung einer Frist, hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2019. Zuvor hatte der Beklagte erfolglos versucht, die Klägerin zum Wiedereintritt in die katholische Kirche zu bewegen. Zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte der Beklagte in der Schwangerschaftsberatung vier Arbeitnehmerinnen, die der katholischen Kirche und zwei Arbeitnehmerinnen, die der evangelischen Kirche angehörten.

Die Vorinstanzen haben beide Kündigungen für unwirksam gehalten. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das Verfahren über die Revision des Beklagten ausgesetzt und den EuGH um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts ersucht. Es bedarf der Klärung, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, vor dem Hintergrund des durch Art. 10 Abs. 1, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gewährleisteten Schutzes vor Diskriminierungen ua. wegen der Religion gerechtfertigt sein kann.

Der genaue Wortlaut der Vorlagefragen ist nachzulesen auf www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt „Sitzungsergebnisse“.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/weiteres-vorabentscheidungsverfahren-zur-kuendigung-wegen-eines-austritts-aus-der-katholischen-kirche/

IV.
Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 1. Februar 2024 – 2 AS 22/23 (A)

Schlagworte/Normen:
Massenentlassung - Rechtsfolgen von Fehlern im Anzeigeverfahren - Änderung der Rechtsprechung?

Volltext PE:
Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat durch Beschluss vom 14. Dezember 2023.- 6 AZR 157/22 (B) – nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG angefragt, ob der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts an seiner Rechtsauffassung festhält, dass eine im Rahmen einer Massenentlassung erklärte Kündigung nichtig ist, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs keine oder eine fehlerhafte Anzeige nach § 17 Abs. 1 und Abs. 3 KSchG vorliegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 46/23).

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Beschluss vom heutigen Tag das Anfrageverfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um die erforderliche Beantwortung von Fragen zur Auslegung der den §§ 17 ff. KSchG zugrundeliegenden Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ersucht.
Der genaue Wortlaut der Vorlagefragen ist nachzulesen auf www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt „Sitzungsergebnisse“.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/massenentlassung-rechtsfolgen-von-fehlern-im-anzeigeverfahren-aenderung-der-rechtsprechung/

V.
Bundesarbeitsgericht
Beschluss vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23

Schlagworte/Normen:
Betriebsverfassungsrechtlicher Schulungsanspruch - Webinar statt Präsenzschulung?

Volltext PE:
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) haben Betriebsräte Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitgeber zu tragen hat. Davon können Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar auch dann erfasst sein, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet.

Bei der Arbeitgeberin – einer Fluggesellschaft – ist durch Tarifvertrag eine Personalvertretung (PV) errichtet, deren Schulungsanspruch sich nach dem BetrVG richtet. Die PV entsandte zwei ihrer Mitglieder zu einer mehrtägigen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenschulung Ende August 2021 in Potsdam. Hierfür zahlte die Arbeitgeberin die Seminargebühr, verweigerte aber die Übernahme der Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Dies begründete sie vor allem damit, die Mitglieder der PV hätten an einem zeit- und inhaltsgleich angebotenen mehrtägigen Webinar desselben Schulungsanbieters teilnehmen können. In dem von der PV eingeleiteten Verfahren hat diese geltend gemacht, dass die Arbeitgeberin auch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen hat. Hierzu haben die Vorinstanzen die Arbeitgeberin verpflichtet.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Ebenso wie ein Betriebsrat hat die PV bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen sie ihre Mitglieder entsendet, einen gewissen Spielraum. Dieser umfasst grundsätzlich auch das Schulungsformat. Dem steht nicht von vornherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung der Schulungsteilnehmer regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei einem Webinar.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/betriebsverfassungsrechtlicher-schulungsanspruch-webinar-statt-praesenzschulung/

VI.
Arbeitsgericht Stuttgart
Urteil vom 14.11.2023 - 3 Ca 2713/23

Schlagworte/Normen:
Inflationsausgleichsprämie - Stichtagsklausel - Gleichbehandlung befristet beschäftigter Arbeitnehmer

Leitsatz:
1. Dem Charakter der Inflationsausgleichsprämie steht es nicht entgegen, wenn diese abhängig von der zukünftigen Betriebszugehörigkeit gewährt wird.

2. Die Gewährung einer Sonderzahlung kann von der zukünftigen Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht werden. Dabei darf die Betriebstreue befristet beschäftigter Arbeitnehmer nicht anders bewertet werden als die vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer (§4 Abs. 2 TzBfG). Die Prognose, unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer stünden weiterhin in einem Arbeitsverhältnis, während das Ausscheiden befristet beschäftigter Arbeitnehmer feststehe, rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung jedenfalls dann nicht, soweit sich der Bezugszeitraum für die Betriebstreue auf ein Jahr (hier: 2023) bezieht.

Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE230060474/part/L

VII.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 11.01.2024 - 3 Sa 4/23

Schlagworte/Normen:
Gesetzlicher Mindestlohn - Sonderzahlung - Urlaubsgeld - vermögenswirksame Leistungen – Weihnachtsgeld

Leitsatz:
Die Zweifelsregelung in § 271 Abs. 2 BGB gestattet es einem Arbeitgeber nicht, eine dem Arbeitnehmer bisher zustehende jährliche Einmalzahlung wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kraft einseitiger Entscheidung stattdessen in anteilig umgelegten monatlichen Teilbeträgen zu gewähren, um sie pro rata temporis auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können.

Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240001579/part/L

VIII.
Arbeitsgericht Heilbronn
Urteil vom 18.01.2024 – 8 Ca 191/23

Schlagworte/Normen:
Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei Einstellung - Digital Native

Leitsatz:
Die Formulierung in einer Stellenanzeige "als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds …. zu Hause" stellt ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters dar.

Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/JURE240002370/part/L

IX.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 5.12.2023 - 6 Sa 81/23

Schlagworte/Normen:

Höhe des Anspruchs auf Corona-Sonderzahlung in der Ansparphase der Teilzeit im Blockmodell Anspruch auf Corona-Sonderzahlung; TV Corona-Sonderzahlung; Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell; Ansparphase; tarifbeschäftigte Lehrkraft; "entsprechende" Anwendbarkeit des TV-L; Durchführungshinweise der TdL

Leitsatz:
1. § 24 Abs. 2 TV-L ist nach § 2 Abs. 2 S. 2 TV Corona-Sonderzahlung hinsichtlich der Höhe der Corona-Sonderzahlung bei Teilzeitbeschäftigten nur "entsprechend" anwendbar. Dies führt im Rahmen einer Auslegung bei einem Arbeitnehmer, der sich in der Ansparphase der Teilzeit im Blockmodell befindet, jedenfalls im vorliegenden Fall dazu, dass für die Höhe der Corona-Sonderzahlung bzw. deren Kürzung ausnahmsweise auf das Verhältnis des durchschnittlichen individuell vereinbarten und verdienten verstetigten Entgelts im Verhältnis zu dem regelmäßigen verstetigten Entgelt eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten zum Stichtag am 29.11.2021 abzustellen ist.
2. Bei der Höhe des individuell vereinbarten und verdienten verstetigten Entgelts ist dabei nicht nur derjenige Entgeltanteil zu berücksichtigen, der unmittelbar an den Arbeitnehmer in der Ansparphase ausgezahlt wird. Auch der verdiente und spiegelbildlich erst in der Freistellungsphase fällige Entgeltanteil, der vorübergehend dem angesparten Arbeitszeitguthaben zugerechnet wird, geht in die Berechnung ein.

Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2023/6_Sa_81_23_Urteil_20231205.html

X.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 5.12.2023 - 6 Sa 896/23

Schlagworte/Normen:

Benachteiligung wegen des Geschlechts | Rechtsmissbrauch bei Entschädigungsverlangen | Geschäftsmodell | Bewerbung auf Stellenausschreibungen als "Sekretärin"

Leitsatz:
Einem Entschädigungsverlangen nach dem AGG kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs u.a. auch dann entgegenstehen, wenn ein Kläger sich systematisch auf eine Vielzahl von AGG-widrig ausgeschriebene Stellen als "Sekretärin" im Sinne eines durch ihn weiterentwickelten Geschäftsmodells "2.0" bewirbt, mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche nach dem AGG durchzusetzen und hierdurch seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ein solches fortentwickeltes Geschäftsmodell kann sich daraus ergeben, dass ein Kläger - aufgrund von verlorenen Entschädigungsprozessen in der Vergangenheit - gezielt ihm darin durch Gerichte vorgehaltene Rechtsmissbrauchsmerkmale bei zukünftigen Bewerbungen minimiert und die Bewerbungen entsprechend anpasst, die ebenfalls seitens der Gerichte konkret monierten, untauglichen Bewerbungsunterlagen aber bewusst und konstant auf niedrigem Niveau belässt, um bei der Stellenbesetzung selbst nicht berücksichtigt zu werden.

Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2023/6_Sa_896_23_Urteil_20231205.html

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident

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