Aussage gegen Aussage - die Beweislast im Zivilrecht
Die Beweislast spielt eine entscheidende Rolle im deutschen Zivilrecht. In vielen Fällen stehen sich die Aussagen der Parteien gegenüber, und es liegt an den Gerichten, diese Aussage-gegen-Aussage-Situationen zu bewerten. Dieser Artikel widmet sich der Bedeutung der Beweislast im Zivilrecht und erläutert, wie deutsche Gerichte mit Fällen umgehen, in denen es keine eindeutigen Beweise gibt.
Die Rolle des Gerichts
Die Bewertung von Zeugenaussagen und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sind entscheidende Aufgaben der Gerichte in "Aussage gegen Aussage"-Fällen. Die Richter sind dafür verantwortlich, die Beweise zu prüfen und zu entscheiden, welche Version der Ereignisse wahrscheinlicher ist.
Richter können verschiedene Faktoren berücksichtigen, um die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen zu bewerten, darunter:
Widersprüche und Unstimmigkeiten: Wenn Zeugen in ihren Aussagen widersprüchlich sind oder sich in wesentlichen Punkten widersprechen, kann dies die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen in Frage stellen.
Kohärenz und Plausibilität: Richter werden prüfen, ob die Zeugenaussagen in sich schlüssig sind und ob sie plausibel erscheinen.
Zeugenqualifikation: Die Qualifikation und die persönliche Beziehung des Zeugen zu den Ereignissen können ebenfalls von Bedeutung sein.
Zeugenaussage unter Eid: Wenn Zeugen unter Eid aussagen, wird dies in der Regel als Zeichen für die Ernsthaftigkeit und Wahrheitsliebe ihrer Aussage angesehen.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung
Das deutsche Zivilverfahrensgesetz (ZPO) enthält den Grundsatz der "freien Beweiswürdigung" (§ 286 ZPO). Dies bedeutet, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Beweisen nicht an starre Regeln gebunden sind, sondern die Beweise nach ihrem eigenen Ermessen prüfen und bewerten können.
Die freie Beweiswürdigung gibt den Richtern eine gewisse Flexibilität, um die Umstände eines jeden Falles angemessen zu berücksichtigen. In Aussage-gegen-Aussage-Fällen bedeutet dies, dass die Gerichte die gesamte Beweislage in Betracht ziehen und ihre Entscheidungen aufgrund einer umfassenden Analyse der verfügbaren Beweise treffen.
Ein wichtiger Aspekt der freien Beweiswürdigung ist die Tatsache, dass ein "Non liquet" - eine Situation, in der es keine klaren Beweise für oder gegen eine Partei gibt - durchaus vorkommen kann. Ein Non liquet hat zur Folge, dass die beweispflichtige Partei den Prozess verliert, da sie ihre Beweislast nicht erfolgreich erbracht hat. Dies kann erhebliche Konsequenzen für den Ausgang des Verfahrens haben, insbesondere wenn es um bedeutende Ansprüche oder rechtliche Positionen von weitreichender Bedeutung geht. Gerichte sind in solchen Fällen oft gezwungen, aufgrund der fehlenden Beweise gegen diejenige Partei zu entscheiden, die ihre Behauptungen nicht ausreichend untermauern kann.
Die Bedeutung von Zeugen
In "Aussage gegen Aussage"-Fällen spielen Zeugen eine entscheidende Rolle. Zeugen können dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit einer Partei zu stärken oder zu schwächen. Es ist wichtig zu beachten, dass Zeugen nicht nur schriftliche Aussagen abgeben können, sondern auch mündlich vor Gericht erscheinen und befragt werden können.
Die Vernehmung von Zeugen vor Gericht erfordert Geschick und Erfahrung. Sie können dazu beitragen, die Lücken in der Beweisführung zu schließen und die Version der Ereignisse zu unterstützen, die sie für glaubwürdiger halten. In "Aussage gegen Aussage"-Fällen kann die Aussage eines glaubwürdigen Zeugen den Ausschlag geben und die Entscheidung des Gerichts maßgeblich beeinflussen. In solchen Fällen kann die Fähigkeit, glaubwürdige Zeugen zu präsentieren und deren Aussagen zu stützen, den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage in einem Rechtsstreit ausmachen.
Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, http://www.dr-schmelzer.com, Ostberg 3, 59229 Ahlen, Tel.: 02382.6646.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
« zurück