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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Stuttgart
I.
Versetzung ins Ausland
BAG, Urteil vom 30. November 2022 – 5 AZR 336/21
Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. § 106 GewO begrenzt das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall unterliegt nach dieser Bestimmung allerdings einer Billigkeitskontrolle.
Der Kläger ist seit Januar 2018 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin – beides international tätige Luftverkehrsunternehmen mit Sitz im europäischen Ausland – als Pilot beschäftigt. Arbeitsvertraglich war die Geltung irischen Rechts und ein Jahresgehalt von 75.325,00 Euro brutto vereinbart. Aufgrund eines von der Beklagten mit der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), deren Mitglied der Kläger ist, geschlossenen Vergütungstarifvertrags verdiente er zuletzt 11.726,22 Euro brutto monatlich. Stationierungsort des Klägers war der Flughafen Nürnberg. Der Arbeitsvertrag sieht vor, dass der Kläger auch an anderen Orten stationiert werden könne. Aufgrund der Entscheidung, die Homebase am Flughafen Nürnberg Ende März 2020 aufzugeben, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2020 zum 30. April 2020 an ihre Homebase am Flughafen Bologna. Vorsorglich sprach sie eine entsprechende Änderungskündigung aus, die der Kläger unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annahm.
Der Kläger hält seine Versetzung nach Bologna für unwirksam und hat im Wesentlichen gemeint, das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO erfasse nicht eine Versetzung ins Ausland. Zumindest sei eine solche unbillig, weil ihm sein tariflicher Vergütungsanspruch entzogen werde und ihm auch ansonsten erhebliche Nachteile entstünden. Dagegen hat die Beklagte gemeint, § 106 Satz 1 GewO lasse auch eine Versetzung ins Ausland zu, zumal als Alternative nur eine betriebsbedingte Beendigungskündigung in Betracht gekommen wäre. Ihre Entscheidung wahre billiges Ermessen, es seien alle an der Homebase Nürnberg stationierten Piloten ins Ausland versetzt worden, ein freier Arbeitsplatz an einem inländischen Stationierungsort sei nicht vorhanden gewesen. Zudem habe sie das mit der Gewerkschaft VC in einem „Tarifsozialplan bzgl. Stilllegung/Einschränkung von Stationierungsorten“ vorgesehene Verfahren eingehalten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bejahung der Anwendbarkeit deutschen Rechts nach Art. 8 Rom I-Verordnung die Berufung des Klägers zurückgewiesen und angenommen, die Versetzung des Klägers an die Homebase der Beklagten am Flughafen Bologna sei nach § 106 Satz 1 GewO wirksam.
Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.
Soweit das Landesarbeitsgericht die Anwendbarkeit deutschen Rechts nach Art. 8 Rom I-Verordnung bejaht hat, sind hiergegen in der Revision von den Parteien keine Verfahrensrügen erhoben worden und revisible Rechtsfehler nicht ersichtlich. Ist – wie im Streitfall – arbeitsvertraglich ein bestimmter inländischer Arbeitsort nicht fest vereinbart, sondern ausdrücklich eine unternehmensweite Versetzungsmöglichkeit vorgesehen, umfasst das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO auch die Versetzung an einen ausländischen Arbeitsort. Eine Begrenzung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, dass die Maßnahme billigem Ermessen entsprach und der Ausübungskontrolle standhält. Die Versetzung ist Folge der unternehmerischen Entscheidung,
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die Homebase am Flughafen Nürnberg aufzugeben. Damit ist die Möglichkeit, den Kläger dort zu stationieren, entfallen. Die Beklagte hat das für einen solchen Fall in dem mit der Gewerkschaft VC geschlossenen Tarifsozialplan vereinbarte Verfahren eingehalten. Offene Stellen an einem anderen inländischen Stationierungsort gab es nicht, ein Einsatz als „Mobile Pilot“ war nicht möglich, eine Base- Präferenz hatte der Kläger nicht angegeben, alle am Flughafen Nürnberg stationierten Piloten wurden an einen Standort in Italien versetzt. Die Weisung der Beklagten lässt den Inhalt des Arbeitsvertrags, insbesondere das arbeitsvertragliche Entgelt, unberührt. Dass der Kläger den Anspruch auf das höhere tarifliche Entgelt verliert, liegt an dem von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Geltungsbereich des Vergütungstarifvertrags, der auf die in Deutschland stationierten Piloten beschränkt ist. Zudem sieht der Tarifsozialplan vor, dass Piloten, die an einen ausländischen Stationierungsort verlegt werden, zu den dort geltenden Arbeitsbedingungen, insbesondere den dortigen Tarifgehältern, weiterbeschäftigt werden. Es ist auch nicht unbillig iSd. § 106 Satz 1 GewO, wenn die Beklagte mit der Versetzung verbundene sonstige Nachteile des Klägers, der seinen Wohnort Nürnberg nicht aufgeben will, finanziell nicht stärker ausgleicht, als es im Tarifsozialplan vorgesehen ist. Weil die Versetzung des Klägers bereits aufgrund des Weisungsrechts der Beklagten wirksam war, kam es auf die von ihr vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung nicht mehr an.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/versetzung-ins-ausland/
II.
Berücksichtigung der Rentennähe bei der sozialen Auswahl BAG, Urteil vom 8. Dezember 2022 – 6 AZR 31/22
Bei einer betriebsbedingten Kündigung hat die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers anhand der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG bzw. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO genannten Kriterien zu erfolgen. Bei der Gewichtung des Lebensalters kann hierbei zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, dass er bereits eine (vorgezogene) Rente wegen Alters abschlagsfrei bezieht. Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer rentennah ist, weil er eine solche abschlagsfreie Rente oder die Regelaltersrente spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem in Aussicht genommenen Ende des Arbeitsverhältnisses beziehen kann. Lediglich eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen darf insoweit nicht berücksichtigt werden.
Die 1957 geborene Klägerin war seit 1972 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schloss der zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte mit dem Betriebsrat einen ersten Interessenausgleich mit Namensliste, der die Kündigung von 61 der 396 beschäftigten Arbeitnehmer vorsah. Als zu kündigende Arbeitnehmerin war die Klägerin in der Namensliste genannt. Mit Schreiben vom 27. März 2020 kündigte der beklagte Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2020. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Der beklagte Insolvenzverwalter ist der gegenteiligen Ansicht. Die Klägerin sei in ihrer Vergleichsgruppe – auch in Bezug auf den von ihr benannten, 1986 geborenen und seit 2012 beschäftigten Kollegen – sozial am wenigsten schutzwürdig. Sie habe als einzige die Möglichkeit, ab 1. Dezember 2020 und damit zeitnah im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine Altersrente für besonders langjährig Beschäftigte (§§ 38, 236b SGB VI) zu beziehen. Aus diesem Grund falle sie hinter alle anderen vergleichbaren Arbeitnehmer zurück.
Nach erneuten Verhandlungen mit dem Betriebsrat vereinbarte der beklagte Insolvenzverwalter mit diesem Ende Juni 2020 wegen der nunmehr beabsichtigten Betriebsstilllegung nach Ausproduktion zum 31. Mai 2021 einen zweiten Interessenausgleich mit Namensliste. Der beklagte Insolvenzverwalter kündigte der auf der Namensliste aufgeführten Klägerin vorsorglich erneut am 29. Juni 2020 zum 30. September 2020. Die Klägerin erhob auch gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht hat beiden Kündigungsschutzanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten Insolvenzverwalters zurückgewiesen.
Die Revision des beklagten Insolvenzverwalters hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts nur teilweise Erfolg. Der Senat befand die erste Kündigung vom 27. März 2020 wie die Vorinstanzen im Ergebnis für unwirksam. Allerdings durften die Betriebsparteien die Rentennähe der Klägerin bei der Sozialauswahl bezogen auf das Kriterium „Lebensalter“ berücksichtigen. Sinn und Zweck der sozialen Auswahl ist es, unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Auswahlkriterien gegenüber demjenigen Arbeitnehmer eine Kündigung zu erklären, der sozial am wenigsten schutzbedürftig ist. Das Auswahlkriterium „Lebensalter“ ist dabei ambivalent. Zwar nimmt die soziale Schutzbedürftigkeit zunächst mit steigendem Lebensalter zu, weil lebensältere Arbeitnehmer nach wie
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vor typischerweise schlechtere Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Sie fällt aber wieder ab, wenn der Arbeitnehmer entweder spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlags-freien Rente wegen Alters – mit Ausnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI) – verfügen kann oder über ein solches bereits verfügt, weil er eine abschlagsfreie Rente wegen Alters bezieht. Diese Umstände können der Arbeitgeber bzw. die Betriebsparteien bei dem Auswahlkriterium „Lebensalter“ zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigen. Insoweit billigen ihnen § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO einen Wertungsspielraum zu. Die streitbefangene Kündigung vom 27. März 2020 war im Ergebnis dennoch unwirksam, weil die Auswahl der Klägerin im vorliegenden Fall allein wegen ihrer Rentennähe unter Außerachtlassung der anderen Auswahlkriterien „Betriebszugehörigkeit“ und „Unterhaltspflichten“ erfolgte und deswegen grob fehlerhaft war. Im Hinblick auf die vorsorgliche Kündigung vom 29. Juni 2020 hatte die Revision des beklagten Insolvenzverwalters demgegenüber Erfolg. Diese Kündigung ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30. September 2020 aufgelöst.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/beruecksichtigung-der-rentennaehe-bei-der-sozialen-auswahl/
III.
Klagen auf Anerkennung von Covid-19-Erkrankungen als Dienstunfälle erfolglos Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2022 – 23 K 8281/21, 23 K 2118/22, 23 K 6047/21
Drei Landesbeamtinnen haben keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer Infektionen mit dem Corona- Virus als Dienstunfall bzw. Berufskrankheit. Das hat die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit soeben verkündeten Urteilen entschieden und damit die Klagen der Beamtinnen abgewiesen.
Eine Grundschullehrerin (23 K 8281/21) und eine Oberstudienrätin (23 K 2118/22) waren im Herbst 2020 erkrankt. Im ersten Fall führte die Lehrerin ihre Infektion auf eine Lehrerkonferenz zurück, in deren Folge das halbe Kollegium an Corona erkrankt sein soll. Im zweiten Fall wurden zwei Gespräche mit (potentiell) infizierten Schülern benannt. Eine Finanzbeamtin (23 K 6047/21) machte geltend, sich bei einer Personalrätetagung im März 2020, unmittelbar vor dem ersten Lockdown, infiziert zu haben. Die Anträge der Beamtinnen auf Anerkennung der Erkrankungen als Dienstunfälle lehnten die zuständigen Behörden ab. Im Falle der Lehrerinnen begründete die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf ihre Ablehnungen u.a. damit, dass die Beamtinnen sich auch außerhalb der Schulen hätten anstecken können; die für die Finanzbeamtin zuständige Oberfinanzdirektion NRW hielt den Nachweis der Ursächlichkeit der Tagung für die Infektion für nicht erbracht.
Zur Begründung der Klageabweisungen hat das Gericht ausgeführt:
Eine Anerkennung als Dienstunfall nach § 36 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Beamtenversorgungsgesetzes (LBeamtVG NRW) scheidet in allen drei Fällen aus. Ort und Zeit einer Infektion lassen sich in aller Regel – so auch hier – nicht eindeutig feststellen. Dieser Schwierigkeit hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass Infektionskrankheiten gemäß § 36 Abs. 3 LBeamtVG NRW unter bestimmten Voraussetzungen als Berufskrankheiten und damit als Dienstunfälle gelten. Dazu gehört, dass der Beamte der Gefahr der Erkrankung nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung besonders ausgesetzt ist. In keinem der Fälle konnte die Kammer feststellen, dass die jeweilige Beamtin in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung der Gefahr ausgesetzt war, an Corona zu erkranken. Vielmehr realisierte sich hier jeweils das jeden Menschen treffende allgemeine Lebensrisiko. Folgen schicksalsmäßiger schädlicher Einwirkungen unterfallen nicht dem Schutz der dienstlichen Unfallfürsorge. Die betroffenen Beamtinnen sind hierdurch nicht schutzlos gestellt, sondern gehalten, die Kosten ärztlicher Behandlung über Beihilfe und private Krankenversicherung abzuwickeln.
Gegen die Urteile kann beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster jeweils die Zulassung der Berufung beantragt werden.
Siehe:
https://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/2022/2227/index.php
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IV.
Ein Tarifvertrag, der für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt als das der unmittelbar eingestellten Arbeitnehmer festlegt, muss Ausgleichsvorteile vorsehen. Ein solcher Tarifvertrag muss einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen können.
EuGH, Urteil vom 15. Dezember 2022 in der Rechtssache C-311/21 | TimePartner Personalmanagement
CM war von Januar bis April 2017 bei der TimePartner Personalmanagement GmbH, einem Leiharbeitsunternehmen, auf Grundlage eines befristeten Vertrags als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Während ihrer Überlassung wurde sie bei einem ausleihenden Unternehmen des Einzelhandels als Kommissioniererin eingesetzt.
Für diese Arbeit erhielt CM gemäß dem Tarifvertrag für Leiharbeitnehmer, den der Interessenverband, dem die TimePartner Personalmanagement GmbH angehörte, mit der Gewerkschaft, in der sie Mitglied war, geschlossen hatte, einen Bruttostundenlohn von 9,23 Euro.
Dieser Tarifvertrag wich von dem im deutschen Recht anerkannten Grundsatz der Gleichstellung1 ab, indem er für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt vorsah als es die Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens nach dem Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern (Deutschland) erhielten, der einen Bruttostundenlohn von 13,64 Euro vorsah.
CM erhob beim Arbeitsgericht Würzburg (Deutschland) Klage auf zusätzliches Arbeitsentgelt in Höhe von 1 296,72 Euro, d. h. der Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt für Leiharbeitnehmer und dem für vergleichbare, unmittelbar vom entleihenden Unternehmen eingestellte Arbeitnehmer. Sie machte geltend, dass ein Verstoß gegen den in Art. 5 der Richtlinie 2008/1042 verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer vorliege. Nachdem diese Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen worden war, hat CM Revision beim Bundesarbeitsgericht (Deutschland) eingelegt, das den Gerichtshof mit fünf Vorlagefragen zur Auslegung dieser Bestimmung befasst hat.
Der Gerichtshof klärt, welche Voraussetzungen ein von den Sozialpartnern geschlossener Tarifvertrag erfüllen muss, um gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/1043 vom Grundsatz der Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer abweichen zu können. Er erläutert insbesondere die Tragweite des Begriffs „Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern“, den die Tarifverträge nach dieser Bestimmung achten müssen, und legt die Kriterien fest, anhand deren zu beurteilen ist, ob dieser Gesamtschutz tatsächlich geachtet wird. Der Gerichtshof kommt außerdem zu dem Schluss, dass solche Tarifverträge einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen können müssen.
- Würdigung durch den Gerichtshof
Nach einem Hinweis auf das doppelte Ziel der Richtlinie 2008/104, für den Schutz der Leiharbeitnehmer zu sorgen und die Vielfalt der Arbeitsmärkte zu achten, stellt der Gerichtshof fest, dass Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie durch seine Bezugnahme auf den Begriff „Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern“ nicht erfordert, ein den Leiharbeitnehmern eigenes Schutzniveau zu berücksichtigen, das über dasjenige hinausgeht, das durch nationales Recht und Unionsrecht betreffend die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für die Arbeitnehmer im Allgemeinen festgelegt ist.
Lassen die Sozialpartner jedoch durch einen Tarifvertrag Ungleichbehandlungen in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zum Nachteil von Leiharbeitnehmern zu, muss dieser Tarifvertrag, um den Gesamtschutz der betroffenen Leiharbeitnehmer zu achten, ihnen im Gegenzug Vorteile in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewähren, die geeignet sind, ihre Ungleichbehandlung auszugleichen.
Der Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern wäre nämlich zwangsläufig geschwächt, wenn sich ein solcher Tarifvertrag in Bezug auf die Leiharbeitnehmer darauf beschränkte, eine oder mehrere dieser wesentlichen Bedingungen zu verschlechtern.
Ferner verlangt die in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104 vorgesehene abweichende Bestimmung, dass die Frage, ob die Pflicht zur Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern erfüllt ist, konkret zu prüfen ist, indem für einen bestimmten Arbeitsplatz die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die für die von dem entleihenden Unternehmen unmittelbar eingestellten Arbeitnehmer gelten, mit denen verglichen werden, die für Leiharbeitnehmer gelten, um so feststellen
VDAA- Arbeitsrechtsdepesche 01-2023
zu können, ob die in Bezug auf diese wesentlichen Bedingungen gewährten Ausgleichsvorteile es ermöglichen, die Auswirkungen der Ungleichbehandlung auszugleichen.
Diese Pflicht zur Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern verlangt nicht, dass der betreffende Leiharbeitnehmer durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag an das Leiharbeitsunternehmen gebunden ist, da Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104 eine Abweichung vom Grundsatz der Gleichbehandlung in Bezug auf alle Leiharbeitnehmer erlaubt, ohne danach zu unterscheiden, ob ihr Arbeitsvertrag mit einem Leiharbeitsunternehmen befristet oder unbefristet ist.
Ferner verlangt diese Pflicht nicht, dass die Mitgliedstaaten im Einzelnen die Voraussetzungen und Kriterien vorsehen, denen die Tarifverträge entsprechen müssen.
Allerdings müssen die Sozialpartner, obwohl sie im Rahmen der Aushandlung und des Abschlusses von Tarifverträgen über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügen, unter Beachtung des Unionsrechts im Allgemeinen und der Richtlinie 2008/104 im Besonderen handeln.
Die Bestimmungen dieser Richtlinie schreiben den Mitgliedstaaten somit zwar nicht den Erlass einer bestimmten Regelung vor, mit der der Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104 gewährleistet werden soll; die Mitgliedstaaten, einschließlich ihrer Gerichte, müssen jedoch dafür sorgen, dass Tarifverträge, die Ungleichbehandlungen in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zulassen, insbesondere den Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern achten.
Diese Tarifverträge müssen daher einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen können, um zu überprüfen, ob die Sozialpartner ihrer Pflicht zur Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern nachkommen.
Siehe:
https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_3866674/de/
V.
Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle – Scheitern von Verhandlungen der Betriebsparteien als Voraussetzung für die Einsetzung der Einigungsstelle gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG – Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten gemäß §§ 99, 100 BetrVG und in sozialen Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG – Keine Verzahnung der Verfahren und der korrespondierenden Konfliktlösungsmechanismen betreffend die §§ 99, 100 BetrVG einerseits und § 87 Abs. 1 BetrVG andererseits Arbeitsgericht Stuttgart Beschluss vom 1.12.2022, 25 BV 187/22
1. Die Einigungsstelle ist gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG offensichtlich unzuständig, wenn die Verhandlungen noch nicht gescheitert sind. Dementsprechend muss der antragstellende Beteiligte zumindest den Versuch unternommen haben, mit der Gegenseite in Verhandlungen zum Thema der Einigungsstelle einzutreten. Dazu gehört insbesondere, eigene Vorstellungen zum Regelungsthema zu formulieren, über die dann überhaupt erst verhandelt werden kann. Das Fehlen eines konkreten Verhandlungsgegenstands schließt ein sich anschließendes Scheitern von Verhandlungen denklogisch aus.
2. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten gemäß §§ 99, 100 BetrVG einerseits und in sozialen Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG andererseits betreffen andere Regelungsgegenstände und sind dementsprechend auch mit anderen Konfliktlösungsmechanismen ausgestattet, sodass sowohl die Verfahren als auch die korrespondierenden Konfliktlösungsmechanismen selbständig neben einander stehen und nicht mit einander verzahnt sind.
3.Begehrt der antragstellende Arbeitgeber die Einsetzung einer Einigungsstelle, die über die Personaleinsatzplanung von Leiharbeitnehmern entscheiden soll, reichen der bloße Verweis auf die in einem anhängigen Verfahren gemäß §§ 99, 100 BetrVG aufgeführten Einsatzzeiten von geplanten Leiharbeitnehmern und der Hinweis, der Betriebsrat hätte im Zuge dieses Verfahrens seine Boykotthaltung gegenüber dem Einsatz von Leiharbeitnehmern zum Ausdruck gebracht, nicht aus, um ein Scheitern von Verhandlungen im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ohne Hinzutreten von weiteren Gesichtspunkten anzunehmen.
VDAA- Arbeitsrechtsdepesche 01-2023
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi- bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2022&Seite=0&nr=38 443&pos=0&anz=45
VI.
Aktienbezugsrechte konzernzugehöriger Arbeitnehmer gegenüber US-amerikanischer Muttergesellschaft - kein inländischer Gerichtsstand - keine Mitverpflichtung der deutschen Arbeitgeberin als Tochtergesellschaft
Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen, Urteil vom 12.10.2022, 8 Ca 339/21
1. Für die Geltendmachung von Aktienbezugsrechten konzernzugehöriger Arbeitnehmer gegenüber der US-amerikanischen Muttergesellschaft des deutschen Arbeitgebers besteht kein inländischer Gerichtsstand.
2. Ohne ausdrückliche oder konkludente Erklärung der Mitverpflichtung bestehen Aktienbezugsrechte konzernzugehöriger Arbeitnehmer nur gegenüber der einräumenden (ausländischen) Aktiengesellschaft und nicht (auch) gegenüber dem Arbeitgeber.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi- bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2022&Seite=0&nr=38 408&pos=4&anz=45
VII.
Rechtsweg bei einer gegen den Arbeitgeber gerichteten Entschädigungsklage nach § 56 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 IFSG im Zusammenhang mit einer behördlich angeordneten Absonderung in häuslicher Quarantäne bei Covid-19-Infektion
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 10.10.2022, 3 Ta 278/22
1. Kommen für den Streitgegenstand einer Klage mehrere Anspruchsgrundlagen in Betracht, die unterschiedlichen Rechtswegen zugeordnet sind, ist das angerufene Gericht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG zur Entscheidung unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten berufen, wenn es zumindest für eine der bei objektiver Würdigung in Betracht kommenden und nicht offensichtlich ausgeschlossenen Anspruchsgrundlagen zuständig ist.
2. Dementsprechend wird bei der Zahlungsklage einer Arbeitnehmerin gegen ihren Arbeitgeber für den Zeitraum einer coronabedingten Absonderung nach § 30 Abs. 1 IFSG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte dann anzunehmen sein, wenn neben dem infektionsschutzrechtlichen Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 IFSG auch arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlagen nicht offensichtlich ausgeschlossen sind. Das betrifft vor allem die Anspruchsgrundlage aus § 616 BGB. Da umstritten ist, ob selbst bei 14-tägiger oder noch länger andauernder Quarantäne noch ein verhältnismäßig nicht erheblicher Verhinderungszeitraum angenommen werden kann und die Rechtsfrage höchstrichterlich ungeklärt ist, scheidet die Anspruchsgrundlage jedenfalls nicht offensichtlich aus.
3. Die Regelung des § 616 BGB ist jedoch dispositiv und kann daher arbeitsvertraglich wirksam abbedungen oder modifiziert werden.
4. Ist § 616 BGB wirksam abbedungen worden und auch sonst offensichtlich keine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage einschlägig, ist für die Zahlungsklage einer Arbeitnehmerin, mit der sie von ihrem Arbeitgeber eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IFSG für die Zeit der coronabedingten Absonderung nach § 30 Abs. 1 IFSG einfordert, aufgrund der spezialgesetzlichen Sonderzuweisung des § 68 Abs. 1 IFSG die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gegeben.
5. Dass eine Entschädigungsklage nach § 56 IFSG entgegen der Regelung des § 66 Abs. 1 IFSG nicht gegen das zur Zahlung verpflichtete Land, sondern gegen den insoweit nach § 56 Abs. 5 Satz 1 IFSG lediglich als Zahlstelle des Landes fungierenden Arbeitgeber gerichtet wird, hindert die Rechtswegzuweisung nach § 68 Abs. 1 IFSG zur Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht, sondern betrifft allein die Frage der (Un-)Begründetheit der Klage.
VDAA- Arbeitsrechtsdepesche 01-2023
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2022/NRWE_LAG_D_sseldorf_3_T a_278_22_Beschluss_202 21010.html
VIII.
Luftverkehrsunternehmen - Betriebsbedingte Kündigung mit Auslandsbezug - Massenentlassung - Betriebsübergang – Sektorzulage Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2022, 12 Sa 347/21
1. Zur Auslegung und Bestimmtheit einer Kündigungserklärung, in welcher die Arbeitgeberin einen späteren als nach der anwendbaren Kündigungsfrist sich ergebenden Kündigungstermin nennt.
2. Zum räumlichen Geltungsbereich des KSchG für einen Luftverkehrsbetrieb mit einem Standort in Deutschland, dessen Leitung ihren Sitz im Ausland hat.
3. Übernimmt ein Luftverkehrsunternehmen die im Ausland gelegene Zentrale nebst weiteren ausländischen Standorten eines anderen Luftverkehrsunternehmens, liegt hinsichtlich gleichzeitig nicht übernommener, sondern stillgelegter (inländischer) Standorte auch dann kein Betriebsübergang vor, wenn diese für sich keine übergangsfähigen Einheiten i.S.v. § 613a BGB bilden.
4. Zur Berücksichtigung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG (hier verneint).
5. Die Übermittlung einer Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit per Telefax genügt der Schriftform des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG.
6. Fehlende Sollangaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit i.S.v. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG führen nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige (entgegen LAG Hessen 25.06.2021 - 14 Sa 1225/20, juris).
7. Zur Zahlung einer sog. Sektorzulage aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, deren Höhe und deren prozessualer Geltendmachung im Falle eines streitigen Betriebsübergangs.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2022/NRWE_LAG_D_sseldorf_12_Sa_347_21_Urteil_202212 15.html
IX.
Datenschutzbeauftragter, Sonderkündigungsschutz Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 6.10.2022, 18 Sa 271/22
Ein Unternehmen, das im Rahmen einer Unternehmensgruppe die Entgeltabrechnung und Personalverwaltung für etwa 80 Arbeitnehmer vornimmt, ist nicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtet.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2022/18_Sa_271_22_Urteil_20221006.html
X.
Vergleichsmehrwert, Wettbewerbsverbot, Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis, deklaratorische Punkte im Prozessvergleich, Arbeitszeugnis, Abänderung von Amts wegen Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 26.10.2022, 8 Ta 198/22
1. In einem Prozessvergleich zur Beilegung des Rechtsstreits selbst vereinbarte Leistungen begründen, ebenso wie deklaratorisch zu zwischen den Parteien unstreitigen Punkten ergänzend aufgenommene Angaben, regelmäßig keinen Vergleichsmehrwert.
2. Betreffen die jeweiligen Regelungen jedoch im Verfahren nicht streitgegenständliche weitergehende Rechtsverhältnisse, die zwischen den Parteien gesondert gerichtlich oder außergerichtlich streitig oder erkennbar von Rechtsunsicherheit betroffen waren, kann dies zu einer Werterhöhung führen. Die geforderte Ungewissheit oder Rechtsunsicherheit kann dabei in dem Rechtsverhältnis bereits angelegt sein (hier: nachvertragliches Wettbewerbsverbot).
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3. Der Wertansatz für Streitigkeiten über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann - dem wirtschaftlichen Interesse der klagenden Parteien folgend - nach Dauer und Höhe der daraus zu zahlenden Karenzentschädigung bemessen werden.
4. Bei der Streitwertbeschwerde nach § 32 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 68 Abs. 1 GKG ist das Beschwerdegericht nicht an die Anträge oder das Begehren der Beschwerdeführer gebunden. Eine Streichung von einzelnen Ansätzen und eine Minderung des Gesamtwerts zum Nachteil der Beschwerdeführer von Amts wegen sind möglich.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2022/8_T a_198_22_Beschluss_20221026.html
XI.
Verlängerung Berufungsfrist
BGH, Beschluss vom 20. September 2022 - VI ZB 48/21 – veröffentlicht am 8.11.2022
a) Eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird erst wirksam, wenn sie dem Berufungskläger formlos mitgeteilt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1999 - V ZB 31/98, NJW 1999, 1036, juris Rn. 5; vom 14. Februar 1990 - XII ZB 126/89, NJW 1990, 1797).
b) Wird dem Berufungskläger bei Mitteilung der Verlängerungsverfügung ebenfalls mitgeteilt, die Verfügung enthalte einen Schreibfehler, tatsächlich sei ein anderes Fristende gewollt gewesen, so kann dieses Schreibversehen jedenfalls gemäß § 319 ZPO berichtigt werden.
Siehe:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=6&nr=131616&pos=190&anz=754
XII.
Verjährung von Urlaubsansprüchen
BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20
Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Der Beklagte beschäftigte die Klägerin vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte der Beklagte an die Klägerin zur Abgeltung von 14 Urlaubstagen 3.201,38 Euro brutto. Der weitergehenden Forderung der Klägerin, Urlaub im Umfang von 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren abzugelten, kam der Beklagte nicht nach.
Während das Arbeitsgericht die am 6. Februar 2018 eingereichte Klage – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – abgewiesen hat, sprach das Landesarbeitsgericht der Klägerin 17.376,64 Euro brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu. Dabei erachtete das Landesarbeitsgericht den Einwand des Beklagten, die geltend gemachten Urlaubsansprüche seien verjährt, für nicht durchgreifend.
Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar finden die Vorschriften über die Verjährung (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB jedoch nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand
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dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.
Der Beklagte hat die Klägerin nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche verfielen deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) noch konnte der Beklagte mit Erfolg einwenden, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs hat die Klägerin innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren erhoben.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verjaehrung-von-urlaubsanspruechen-2/
XIII.
Verfall von Urlaub aus gesundheitlichen Gründen BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 245/19
Der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub aus einem Urlaubsjahr, in dem der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aus gesundheitlichen Gründen an der Inanspruchnahme seines Urlaubs gehindert war, erlischt regelmäßig nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten, wenn der Arbeitgeber ihn rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG.
Der als schwerbehinderter Mensch anerkannte Kläger ist bei der beklagten Flughafengesellschaft als Frachtfahrer im Geschäftsbereich Bodenverkehrsdienste beschäftigt. In der Zeit vom 1. Dezember 2014 bis mindestens August 2019 konnte er wegen voller Erwerbsminderung aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeitsleistung nicht erbringen und deshalb seinen Urlaub nicht nehmen. Mit seiner Klage hat er ua. geltend gemacht, ihm stehe noch Resturlaub aus dem Jahr 2014 zu. Dieser sei nicht verfallen, weil die Beklagte ihren Obliegenheiten, an der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub mitzuwirken, nicht nachgekommen sei.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers, die wegen streitiger Urlaubsansprüche aus weiteren Jahren aus prozessualen Gründen zurückzuweisen war, hatte hinsichtlich des Resturlaubs aus dem Jahr 2014 überwiegend Erfolg. Entgegen der Auffassung der Beklagten verfiel der im Jahr 2014 nicht genommene Urlaub des Klägers nicht allein aus gesundheitlichen Gründen.
Grundsätzlich erlöschen Urlaubsansprüche nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor durch Erfüllung sog. Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Besonderheiten bestehen, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus gesundheitlichen Gründen nicht nehmen konnte.
Nach bisheriger Senatsrechtsprechung gingen die gesetzlichen Urlaubsansprüche in einem solchen Fall – bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit – ohne weiteres mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres unter („15-Monatsfrist“). Diese Rechtsprechung hat der Senat in Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-518/20 und C-727/20 – [Fraport]), um die ihn der Senat durch Beschluss vom 7. Juli 2020 (- 9 AZR 401/19 (A) -) ersucht hat, weiterentwickelt.
Danach verfällt weiterhin der Urlaubsanspruch mit Ablauf der 15-Monatsfrist, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten. Für diesen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist, weil diese nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs hätten beitragen können.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der Arbeitnehmer – wie vorliegend der Kläger – im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet hat, bevor er voll erwerbsgemindert oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig
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geworden ist. In dieser Fallkonstellation setzt die Befristung des Urlaubsanspruchs regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in die Lage zu versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen.
Der für das Jahr 2014 im Umfang von 24 Arbeitstagen noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch konnte danach nicht allein deshalb mit Ablauf des 31. März 2016 erlöschen, weil der Kläger nach Eintritt seiner vollen Erwerbsminderung mindestens bis August 2019 aus gesundheitlichen Gründen außerstande war, seinen Urlaub anzutreten. Der Resturlaub blieb ihm für dieses Jahr vielmehr erhalten, weil die Beklagte ihren Mitwirkungsobliegenheiten bis zum 1. Dezember 2014 nicht nachgekommen ist, obwohl ihr dies möglich war.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verfall-von-urlaub-aus-gesundheitlichen-gruenden/
XIV.
Energiepreispauschale - die Finanzgerichte sind zuständig Arbeitsgericht Lübeck, Beschluss vom 1.12.2022, 1 Ca 1849/22
Wer sich mit seinem Arbeitgeber über die Auszahlung der Energiepreispauschale streitet, muss dies vor dem Finanzgericht tun. Dies hat das Arbeitsgericht Lübeck (1 Ca 1849/22) entschieden und die Sache mit Beschluss vom 1. Dezember 2022 an das schleswig-holsteinische Finanzgericht verwiesen.
Die Klägerin verlangt von ihrem Arbeitgeber die Auszahlung der Energiepreispauschale und zwar mit Klage vor dem Arbeitsgericht. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet. Die Zahlung der Energiepreispauschale setze gemäß § 117 Einkommensteuergesetz ein Arbeitsverhältnis voraus. Das EStG verpflichte den Arbeitgeber zur Auszahlung der Energiepauschale aus der abzuführenden Lohnsteuer. Insofern sei sie Teil des Bruttolohnanspruchs. Zudem richte sich der Anspruch an die Arbeitgeberin und nicht an eine Steuerbehörde.
Dem ist das Arbeitsgericht Lübeck nicht gefolgt. Nicht das Arbeitsgericht, sondern das Finanzgericht ist zuständig.
Die Arbeitsgerichte sind allein für bürgerlich-rechtliche und nicht für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zuständig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist entscheidend, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird. Damit kann auch für Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet sein.
Der Anspruch auf Zahlung der Energiepreispauschale beruht auf einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis. Die Klägerin verlangt vom beklagten Arbeitgeber die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten aus § 115 Abs. 2 in Verbindung mit § 117 EStG . Die Energiepauschale knüpft zwar an ein Arbeitsverhältnis an, ihre rechtliche Grundlage findet sich jedoch nicht in der Arbeitsvertragsbeziehung. Der Arbeitgeber erfüllt durch die Auszahlung der Energiepauschale weder eine arbeitsvertragliche Leistungspflicht noch eine ihm selbst durch den Gesetzgeber auferlegte Zahlungspflicht. Er fungiert allein als Zahlstelle. Er hat die Zahlung der Energiepauschalen nicht aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist eröffnet (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über eine Abgabenangelegenheit. Aus § 120 Abs. 1 EStG folgt, dass der Gesetzgeber die Regelungen zur Energiepauschale entsprechend den für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung behandelt wissen will.
Gegen den Verweisungsbeschluss ist sofortige Beschwerde eingelegt worden.
Siehe:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/justiz/gerichte-und-justizbehoerden/LAG/Presse/PI/prm622.html
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XV.
Lohngleichheit bei Teilzeitbeschäftigung BAG, Urteil vom 19. Januar 2022 – 10 Sa 582/21
Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, jedoch Wünsche anmelden können, denen dieser allerdings nicht nachkommen muss, dürfen bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden.
Der Kläger ist als Rettungsassistent im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten tätig. Diese führt im Auftrag eines Rettungszweckverbandes ua. Notfallrettung und Krankentransporte durch. Sie beschäftigt – nach ihrer Diktion – sog. „hauptamtliche“ Rettungsassistenten in Voll- und Teilzeit, denen sie im Streitzeitraum eine Stundenvergütung von 17,00 Euro brutto zahlte. Daneben sind sog. „nebenamtliche“ Rettungsassistenten für sie tätig, die eine Stundenvergütung von 12,00 Euro brutto erhalten. Hierzu gehört der Kläger. Die Beklagte teilt die nebenamtlichen Rettungsassistenten nicht einseitig zu Diensten ein, diese können vielmehr Wunschtermine für Einsätze benennen, denen die Beklagte versucht zu entsprechen. Ein Anspruch hierauf besteht allerdings nicht. Zudem teilt die Beklagte den nebenamtlichen Rettungsassistenten noch zu besetzende freie Dienstschichten mit und bittet mit kurzfristigen Anfragen bei Ausfall von hauptamtlichen Rettungsassistenten um Übernahme eines Dienstes. Im Arbeitsvertrag des Klägers ist eine durchschnittliche Arbeitszeit von 16 Stunden pro Monat vorgesehen. Darüber hinaus ist bestimmt, dass er weitere Stunden leisten kann und verpflichtet ist, sich aktiv um Schichten zu kümmern.
Mit seiner Klage hat der Kläger zusätzliche Vergütung in Höhe von 3.285,88 Euro brutto für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021 verlangt. Er hat geltend gemacht, die unterschiedliche Stundenvergütung im Vergleich zu den hauptamtlichen Mitarbeitern stelle eine Benachteiligung wegen seiner Teilzeittätigkeit dar. Die Beklagte hält die Vergütungsdifferenz für sachlich gerechtfertigt, weil sie mit den hauptamtlichen Rettungsassistenten größere Planungssicherheit und weniger Planungsaufwand habe. Diese erhielten zudem eine höhere Stundenvergütung, weil sie sich auf Weisung zu bestimmten Diensten einfinden müssten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung der geforderten Vergütung verurteilt.
Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die im Vergleich zu den hauptamtlichen Rettungsassistenten geringere Stundenvergütung den Kläger entgegen § 4 Abs. 1 TzBfG ohne sachlichen Grund benachteiligt. Die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten sind gleich qualifiziert und üben die gleiche Tätigkeit aus. Der von der Beklagten pauschal behauptete erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der nebenamtlichen Rettungsassistenten bildet keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Es ist bereits nicht erkennbar, dass dieser Aufwand unter Berücksichtigung der erforderlichen „24/7-Dienstplanung“ und der öffentlich- rechtlichen Vorgaben zur Besetzung der Rettungs- und Krankenwagen signifikant höher ist. Auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte durch den Einsatz der hauptamtlichen Rettungsassistenten mehr Planungssicherheit hat, weil sie diesen einseitig Schichten zuweisen kann, ist sie hierbei jedoch nicht frei. Sie unterliegt vielmehr ua. durch das Arbeitszeitgesetz vorgegebenen Grenzen in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit und die Einhaltung der Ruhepausen. Die nebenamtlichen Rettungsassistenten bilden insoweit ihre Einsatzreserve. Unerheblich ist, dass diese frei in der Gestaltung der Arbeitszeit sind. Die Beklagte lässt insoweit unberücksichtigt, dass diese Personengruppe weder nach Lage noch nach zeitlichem Umfang Anspruch auf Zuweisung der gewünschten Dienste hat. Dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss, rechtfertigt in der gebotenen Gesamtschau keine höhere Stundenvergütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienste anzunehmen oder abzulehnen.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/lohngleichheit-bei-teilzeitbeschaeftigung/
XVI.
VDAA- Arbeitsrechtsdepesche 01-2023
Arbeitsgericht Siegburg: "Krankfeiern" auf White Night Ibiza Party rechtfertigt fristlose Kündigung
Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 16.12.2022 – Az. 5 Ca 1200/22
Meldet sich eine Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber für 2 Tage krank und nimmt an einer "Wild Night Ibiza Party" teil, ist von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Eine fristlose Kündigung kann dann gerechtfertigt sein.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Arbeitsgerichts Siegburg vom 10.01.2023 zu seinem Urteil vom 16.12.2022 – Az. 5 Ca 1200/22.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 2017 als Pflegeassistentin beschäftigt. Sie war für Samstag, den 02.07.2022, und Sonntag, den 03.07.2022, zum Spätdienst eingeteilt. Für die Dienste meldete sie sich bei der Beklagten krank. In dieser Nacht fand im sog. Schaukelkeller in Hennef die White Night Ibiza Party statt, auf der Fotos von der feiernden Klägerin entstanden. Diese fanden sich beim WhatsApp- Status der Klägerin und auf der Homepage des Partyveranstalters. Die Beklagte kündigte ihr daraufhin fristlos. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage.
Mit Urteil vom 16.12.2022 wies das Arbeitsgericht Siegburg die Klage ab. Die fristlose Kündigung hielt es für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund liege darin, dass die Klägerin über ihre Erkrankung getäuscht und damit das Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört habe. Für die Kammer stand aufgrund der Fotos fest, dass sie am Tage ihrer angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit bester Laune und ersichtlich bei bester Gesundheit an der White Night Ibiza Party teilgenommen habe, während sie sich für die Dienste am 02.07. und 03.07.2022 gegenüber der Beklagten arbeitsunfähig meldete. Der Beweiswert der AU-Bescheinigung sei damit erschüttert. Die Erklärung der Klägerin sie habe an einer 2-tägigen psychischen Erkrankung gelitten, die vom Arzt nachträglich festgestellt worden sei, glaubte das Gericht der Klägerin nicht. Die Kammer ging davon aus, dass die Klägerin die Neigung habe, die Unwahrheit zu sagen. Dies ergebe sich bereits aus ihren Einlassungen im Verfahren. So habe sie eingeräumt, dass sie dem Arbeitgeber gegenüber am 05.07.2022 mitgeteilt hat, sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt zu haben. Im Verfahren habe sie dann eine 2-tägige psychische Erkrankung vorgetragen, die nach genau einem Wochenende ohne weitere therapeutische Maßnahmen ausgeheilt gewesen sei. Dies sei schlicht unglaubhaft.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Siehe:
https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/10_01_2023_/index.php
XVII.
Gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch im tarifpluralen Betrieb BAG, Beschluss vom 25. Januar 2023 – 4 ABR 4/22
Der gewerkschaftliche Anspruch auf Unterlassung der Durchführung tarifwidriger Betriebsvereinbarungen nach § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG erfordert eine unmittelbare und zwingende Tarifgebundenheit des in Anspruch genommenen Arbeitgebers an die maßgebenden Tarifbestimmungen. Endet diese, kann das Recht auf koalitionsgemäße Betätigung durch von diesem Tarifvertrag abweichende betriebliche Regelungen nicht mehr beeinträchtigt werden.
Die Arbeitgeberin betreibt ein Eisenbahnverkehrsunternehmen und ist Mitglied in einem Arbeitgeberverband. Dieser vereinbarte mit der antragstellenden und einer weiteren Gewerkschaft Tarifverträge, die ua. Regelungen zur Dienst- und Schichtplanung mit unterschiedlich ausgestalteten Tariföffnungsklauseln vorsahen. Die Tarifvertragsparteien hatten eine Anwendung des § 4a Abs. 2 TVG* bis zum 31. Dezember 2020 abbedungen. Im Jahr 2019 schloss die Arbeitgeberin mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Schicht- und Einsatzplanung. Die antragstellende Gewerkschaft hat die Arbeitgeberin auf Unterlassung der Durchführung dieser Betriebsvereinbarung in Anspruch genommen. Die Betriebsvereinbarung verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG** und verletze ihre Koalitionsfreiheit. Die Vorinstanzen haben die Anträge abgewiesen. Im Verlauf des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die antragstellende Gewerkschaft mit der Arbeitgeberin im Februar 2022 Nachfolgetarifverträge vereinbart.
VDAA- Arbeitsrechtsdepesche 01-2023
Die Rechtsbeschwerde der Gewerkschaft hatte vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Tarifverträge, auf welche die Gewerkschaft ihren Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG gestützt hat, gelten aufgrund ihrer Ablösung durch die Nachfolgetarifverträge nicht mehr unmittelbar und zwingend. Die Gewerkschaft konnte den Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 23 Abs. 3*** iVm. § 77 Abs. 3 BetrVG stützen. Der Senat musste nicht entscheiden, ob ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG einen Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG begründen kann. Die Betriebsvereinbarung verstößt zwar gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, da die Schicht- und Einsatzplanung bereits im Tarifvertrag der antragstellenden Gewerkschaft geregelt war. In Anbetracht der schwierigen und ungeklärten Rechtsfragen, die sich im Fall der Anwendbarkeit kollidierender Tarifverträge mit unterschiedlichen Öffnungsklauseln für betriebliche Regelungen stellen, hat das Landesarbeitsgericht aber einen groben Verstoß in nicht zu beanstandender Weise verneint. Auf die von der Gewerkschaft angeführte Verfassungswidrigkeit des § 4a TVG kam es für die Entscheidung des Senats nicht an.
Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/gewerkschaftlicher-unterlassungsanspruch-im-tarifpluralen-betrieb/
XVIII.
Entschädigungsanspruch - Infektionsschutzgesetz - Rechtsweg - Arbeitsgerichte - Verwaltungsgerichte
LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.12.2022, 19 Ta 13/22
Für die Klage des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Entschädigung nach § 56 IfSG ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch dann nicht eröffnet, wenn der Arbeitgeber nach § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG in Anspruch genommen wird. Auch in diesem Fall ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, § 68 Abs. 1 IfSG.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi- bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2022- 12&nr=38486&pos=0&anz=4
XIX.
Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle - Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung - Erledigung des Regelungsgegenstands
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 8.12.2022, 4 TaBV 7/22
Eine Einigungsstelle über die Grundsätze der Verteilung eines Entgelterhöhungsbudgets wird nicht dadurch offensichtlich unzuständig, dass der Arbeitgeber zeitgleich mit der Bereitstellung des Budgets mitteilt, Verteilungsgrundsätze aus einer bereits gekündigten, aber noch nachwirkenden Betriebsvereinbarung anzuwenden. Der Regelungsgegenstand der Einigungsstelle ist jedenfalls vor dem Inkrafttreten der Entgelterhöhung nicht erledigt. Die nachwirkende Regelung kann zumindest bis dahin noch abgelöst werden.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi- bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2022- 12&nr=38471&pos=1&anz=4
XX.
Allgemeine Geschäftsbedingungen, Betriebsvereinbarungsoffenheit, Provisionen Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 23.11.2022, 9 Sa 682/22
Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine Vereinbarung, nach der "ein monatliches Fixum in Höhe von [...] sowie Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen
Betriebsvereinbarung" gewährt werden, betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.
Siehe:
ist auch bzgl. des monatlichen Fixums
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2022/9_Sa_682_22_Urteil_20221123.html
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XXI.
Gebührenstreitwert, allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch, Weiterbeschäftigungsantrag, Auslegung, unechter Hilfsantrag
Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 6.01.2023 - 8 Ta 254/22
Ein neben dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 S. 1 KSchG angekündigter Beschäftigungsantrag, mit welchem in Abgrenzung zum Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG der auf die Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts gestützte allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch verfolgt wird, kann auch dann als unechter Hilfsantrag auszulegen sein, wenn sich aus dem Wortlaut des Antrags dessen Bedingtheit nicht unmittelbar ergibt.
Die Annahme eines mit dem Kosteninteresse der klagenden Partei regelmäßig nicht vereinbaren unbedingten Weiterbeschäftigungsantrags erfordert eindeutige Anhaltspunkte in der Klagebegründung.
Ist der Weiterbeschäftigungsantrag danach als unechter Hilfsantrag auszulegen, ist dafür bei vergleichsweiser Erledigung des Rechtsstreits nach § 45 Abs. 4 GKG nur dann ein Wert anzusetzen, wenn der Vergleich zur Frage der Beschäftigung über den Kündigungstermin hinaus eine Regelung enthält.
Da der Weiterbeschäftigungsantrag auf tatsächliche Beschäftigung gerichtet ist, muss sich diese Regelung zur Frage der Beschäftigung nach dem Kündigungstermin und für einen vom Zeitpunkt des Vergleichsschlusses her betrachtet in die Zukunft reichenden Zeitraum verhalten (im Anschluss an LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.12.2015 - 5 Ta 71/15).
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2023/8_T a_254_22_Beschluss_20230106.html
XXII.
§ 615 Satz 1 BGB, § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG
Arbeit auf Abruf, Annahmeverzug, Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, tatsächlicher Beschäftigungsumfang, Abrufverhalten, konkludente Vereinbarung der Arbeitszeit, ergänzende Vertragsauslegung
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 29.11.2022, 6 Sa 202/22
Fehlt in einem Abrufarbeitsverhältnis eine Vereinbarung über die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, gilt nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart (im Anschluss an BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 1024/12; Abgrenzung zu BAG, Urteil vom 07.12.2005 - 5 AZR 535/04). Jedenfalls bei einem nicht gleichförmigen Abruf begründet allein das tatsächliche Abrufverhalten des Arbeitgebers weder eine konkludente vertragliche Vereinbarung noch ist eine ergänzende Vertragsauslegung möglich.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2022/6_Sa_202_22_Urteil_20221129.html
XXIII.
Zugang über beA
ZPO § 130a Abs. 5 Satz 1, § 233 Satz 1 Fd, Gd, § 85 Abs. 2 BGH, Beschluss vom 30. November 2022 - IV ZB 17/22
a) Ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichtes elektronisches Dokument ist erst dann gemäß § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO wirksam bei dem zuständigen Gericht eingegangen, wenn es auf dem gerade für dieses Gericht eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist.
b) An die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per beA sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax (hier: Übermittlung der Berufungsbegründung an falschen Empfänger).
Siehe:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=0&nr=132055&pos=5&anz=798
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XXIV.
Freisprüche im Prozess um die Vergütung von Betriebsräten der Volkswagen AG aufgehoben BGH, Urteil vom 10. Januar 2023 - 6 StR 133/22
Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2023 auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28. September 2021 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat die Angeklagten, zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter der Volkswagen AG, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Gegenstand des Urteils war die Gewährung von Arbeitsentgelten (Monatsentgelte und freiwillige Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte in den Jahren 2011 bis 2016, die die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen. Hierdurch entstand der Volkswagen AG ein Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro. Nach Ansicht des Landgerichts haben die Angeklagten durch die Umstufung der Betriebsräte in deutlich höhere, dem "Managementkreis" vorbehaltene Entgeltgruppen und die Gewährung freiwilliger Bonuszahlungen von jährlich 80.000 Euro bis 560.000 Euro je Betriebsrat den objektiven Tatbestand einer Untreue erfüllt. Ihnen fehle aber der erforderliche Vorsatz, weil sie sich auf die Einschätzungen interner und externer Berater verlassen beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und irrtümlich angenommen hätten, mit ihren jeweiligen bewilligenden Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen.
Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Freisprüche aufgehoben. Zwar ist das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand einer Untreue nach §266 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein kann, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt. Die vom Landgericht hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügen aber nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen. Der Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das Landgericht auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint hat. So ist dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen, nach welchem System die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war, welche Kriterien für die Einordnung in "Kostenstellen" und "Entgeltgruppen" galten, nach welchen Regeln ein Aufstieg in höhere "Entgeltgruppen" sowie in die verschiedenen "Managementkreise" vorgesehen war und welche Maßstäbe den Entscheidungen über die Gewährung von Bonuszahlungen sowie über deren Höhe zugrunde lagen.
Darüber hinaus weist auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten einen Rechtsfehler auf. Sie ist lückenhaft, weil das Landgericht insoweit allein die Einordnung der Betriebsratsmitglieder in bestimmte Entgeltstufen in den Blick genommen, jedoch die ihnen über ihre Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen – die teilweise die Grundgehälter erheblich überstiegen – außer Betracht gelassen hat.
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2023&Sort=3&nr=132240&pos=0&anz=3
XXV.
Aussetzung der Vollziehung
Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 9. Januar 2023 - 4 V 1553/22 A(Erb)
Ein nach dem 31.12.2021 bei Gericht per Telefax gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch eine Rechtsanwältin ist nach § 52d Satz 1 FGO auch dann unwirksam, wenn die Rechtsanwältin den Antrag nicht in ihrer Eigenschaft als Berufsträgerin stellt!
Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/duesseldorf/j2023/4_V_1553_22_A_Erb_Beschluss_20230109.html
Mit besten Grüßen Ihr
VDAA- Arbeitsrechtsdepesche 01-2023
Michael Henn Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht Fachanwalt für Arbeitsrecht VDAA – Präsident
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