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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Fristlose Kündigung wegen Zuspätkommen
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.08.2021, Az. 1 Sa 70 öD/21

1. Kommt ein Arbeitnehmer an drei von vier aufeinander folgenden Arbeitstagen erheblich zu spät oder gar nicht zur Arbeit, kann dies je nach den Umständen des Einzelfalls den Rückschluss auf ein hartnäckiges und uneinsichtiges Fehlverhalten zulassen, sodass er vor Ausspruch einer Kündigung keiner ausdrücklichen Abmahnung mehr bedarf.

2. Eine ordentliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn wegen der ersten Verspätung ausdrücklich eine mündliche Abmahnung erteilt wurde, auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits mehr als 13 Jahre bestanden hat.

II.
Besteuerung Abfindung
Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 31.05.2021, Az. 10 K 1597/20

Eine zusätzlich gezahlte Abfindung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die nach Wahrnehmung einer sog. „Sprinterklausel“ gezahlt wird, ist ermäßigt zu besteuern

Leitsatz der Redaktion

III.
Beschränkung des Sonderkündigungsrechts
BGH, Urteil vom 15.09.2021, Az. VIII ZR 76/20

Der Ausübung des Sonderkündigungsrechts des Erstehers nach § 57a ZVG stehen, wenn die Zuschlagserteilung zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erfolgt, Kündigungsbeschränkungen - hier: Ausschluss der Eigenbedarfskündigung -, die zwischen dem Mieter und dem vormaligen Eigentümer (Vermieter) vereinbart worden sind, nicht entgegen.

IV.
Pauschalvergütungsabrede für Überstunden - Vertragsauslegung
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14. September 2021, Az. 2 Sa 26/21

1. Eine arbeitsvertraglich vereinbarte Abrede, dass die Leistung von 10 Überstunden pro Monat mit der vereinbarten Vergütung abgegolten ist, entfaltet Wirksamkeit

2. Eine derartige Klausel ist weder überraschend (§ 305 c BGB) noch benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB).(Rn.33)

3. Sie unterliegt als Hauptleistungsabrede keiner weiteren Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB).(Rn.40)


V.
Zweitwohnungsteuer für eine selbstgenutzte Ferienwohnung; Ermittlung der maßgeblichen Vergleichsmiete
OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Oktober 2021, Az. 9 ME 146/21

Da für selbstgenutzte Eigentumswohnungen keine Miete zu zahlen ist, liegt der für das Innehaben einer solchen Zweitwohnung anfallende Aufwand im Verzicht der dadurch erzielbaren Mieteinnahmen.

2. Mangels einer für das konkrete Objekt bestehenden Mietvereinbarung stellt in solchen Fällen die Schätzung der Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe eine geradezu zwingende Ermittlungsmethode dar.

3. Eine ordnungsgemäße Schätzung der Vergleichsmiete hat sich daran zu orientieren, was für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

4. In einem Fall, in dem im betreffenden Gemeindegebiet Ferienwohnungen die Regel und dauerhaft vermietete Wohnungen die Ausnahme sind, ist es geradezu fernliegend, als Vergleichsmiete für eine selbstgenutzte Ferienwohnung auf die ortsübliche Nettokaltmiete von dauerhaft vermieteten Wohnungen abzustellen.

VI.
Bereitstellungsprovision bei Darlehensverträgen
OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. Oktober 2021, Az. 17 U 545/20

1. Die Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, betreffend die Pflicht, eine Bereitstellungsprovision zu zahlen

„Bereitstellungsprovision von 0,250 % pro Monat auf den ab ... nicht zur Auszahlung kommenden Betrag bis zur vollen Auszahlung, jeweils fällig mit den Zinsen.“

ist als Preisabrede gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB entzogen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 24. März 2020 – XI ZR 516/18, juris).

2. Die Klausel ist nicht nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, auch wenn die Bereitstellungsprovision den Darlehenszins relativ um mehr als 100% übersteigt. Vergleichsmaßstab für die Sittenwidrigkeit ist vielmehr der marktübliche Bereitstellungszins.

3. Das Gesamtgefüge des Vertrages wäre in einer – wie jetzt – bestehenden langfristigen Niedrigzinsphase auch bei einer relativen Überschreitung des Bereitstellungs- gegenüber dem Darlehenszins von 100 % nicht als sittenwidrig zu beurteilen. Vielmehr müsste in Niedrigzinsphasen – spiegelbildlich zur Hochzinsphase – eine absolute Abweichung des effektiven Vertragszinses vom marktüblichen Effektivzins als Grenze zur Sittenwidrigkeit herangezogen werden, wobei nach Ansicht des Senats ein Spread der Immobilienkreditkonditionen von 3 Prozentpunkten hinzunehmen wäre.

VII.
Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Anwaltsvertrages
OLG Köln, Urteil vom 12. August 2021, Az. I-18 U 197/20

Voraussetzung für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages ist, dass bereits bei Übernahme des Mandates erkennbar ist, dass auch der Dritte in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen ist. Dies gilt für das Haftungsrisiko von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 64 GmbHG aF nur, wenn das Mandat sich explizit auf eine insolvenzrechtliche Beratung bezieht, nicht aber, wenn im Rahmen eines anderen Mandates Anhaltspunkte für eine Insolvenzgefahr auftreten und deshalb die Nebenpflicht besteht, die Mandantin hierauf hinzuweisen.

VIII.
Betriebsschließungsversicherung bei Schließung in Folge der Corona-Pandemie
OLG Karlsruhe, Urteil vom 05. Oktober 2021, Az. 12 U 107/21

1. Nehmen Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungsversicherung mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Bezug und bestimmen diese eine Entschädigungspflicht für eine Betriebsschließung „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)“, wobei der in dieser Nr. 2 enthaltene Katalog abschließend zu verstehen ist, so ist die den abschließenden Katalog enthaltende Klausel wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam (im Anschluss an Senat, Urteil vom 30. Juni 2021 – 12 U 4/21).

2. Dies gilt auch, wenn der Katalog von Krankheiten und Krankheitserregern den Auflistungen in §§ 6, 7 IfSG zum Zeitpunkt des Standes der Versicherungsbedingungen entspricht, nach der Fassung der Vorschriften zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aber weitere, im Katalog nicht enthaltene Krankheiten und Krankheitserreger meldepflichtig waren. Unabhängig hiervon wird auch nicht deutlich, dass der Versicherungsschutz mit einem abschließenden Katalog maßgeblich von dem Verständnis meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger des Infektionsschutzgesetzes abweicht.
3. Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel besteht Versicherungsschutz für eine bedingungsgemäße Betriebsschließung auch aufgrund des Auftretens von Krankheiten und Krankheitserregern, die von den Generalklauseln in § 6 und § 7 IfSG erfasst werden. Diese Generalklauseln schließen die Krankheit COVID-19 bzw. den Krankheitserreger SARS-CoV-2 mit ein (im Anschluss an Senat, Urteil vom 30. Juni 2021 – 12 U 4/21).

4. Die Schließung von Gaststätten durch die Corona-Verordnung in Baden-Württemberg stellt eine zumindest faktische Betriebsschließung dar. Ein noch erlaubter Außer-Haus-Verkauf steht nicht entgegen, wenn dieser zuvor für die Gaststätte eine wirtschaftlich nur ganz untergeordnete Bedeutung hatte.

IX.
Private Krankenversicherung und Aufrechnung
BGH, Urteil vom 29. September 2021, Az. IV ZR 99/20

1. Der private Krankenversicherer ist nach § 394 Satz 2 BGB berechtigt, mit rückständigen Prämienforderungen aus einer Krankheitskostenversicherung gegen Krankentagegeldansprüche des Versicherungsnehmers aufzurechnen.

2. Ein Krankenversicherungsvertrag wird auch dann gemäß § 193 Abs. 9 Satz 1 VVG aus dem Notlagen- in den Ursprungstarif zurückgeführt, wenn die Prämienrückstände durch eine seitens des Versicherers erklärte Aufrechnung getilgt worden sind.

X.
Ausgleichszahlung für Flugannullierung: Anrechnung auf Anspruch auf Ersatz
vorgerichtlicher Anwaltskosten
BGH, Urteil vom 31. August 2021, Az. X ZR 25/20

Eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO ist auf einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, die für die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs angefallen sind, nicht anzurechnen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
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Schriftleiter mittelstandsdepesche
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