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Christoph Goez
Alpmann Fröhlich Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Verspoel 12
48143 Münster

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Kehren beim Bundesfinanzhof polnische Zustände ein?

(Kiel) Jetzt wird sogar die EU-Kommission in Brüssel aktiv: Zu der Frage der Ernennung des Präsidenten/der Präsidentin des Bundesfinanzhofes und seines Stellvertreters/seiner Stellvertreterin nimmt die EU-Kommission in deren Rechtsstaatlichkeitsbericht negativ für die Bundesrepublik Deutschland Stellung: „Jede Möglichkeit politischer Einflussnahme sollte formell ausgeschlossen sein!“

Was passiert ist, erläutert der Münsteraner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuer- und Erbrecht Dr. Christoph Goez aus der Kanzlei ALPMANN FRÖHLICH RA-GmbH, Münster, gleichzeitig Vizepräsident des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel.

BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff wurde vor einem Jahr verabschiedet. Vor einigen Monaten wurde als Nachfolger Hans-Josef Thesling, ehemals Abteilungsleiter im NRW-Justizministerium, berufen. Eine Konkurrentenklage ist anhängig. Auch der Vizepräsidenten-Sitz ist weiterhin vakant. Die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will zwar eine Finanzrichterin in diese Position bestimmen. Anders aber, als bislang die Regelung für die Neubesetzung solcher Spitzenpositionen eines der obersten deutschen Gerichte und insbesondere der Senate war, will sie nunmehr eine Finanzrichterin ernennen, die nicht vorher am Bundesfinanzhof tätig war. Bislang gelten die insbesondere auch mit den Bundesgerichten abgestimmten Auswahlkriterien für diese Stellen, wonach zuvor eine fünfjährige Bewährungszeit an dem jeweiligen höchsten deutschen Bundesgericht absolviert sein musste. Hintergrund ist, dass gerade diese beiden Leitungspositionen bedingen, das entsprechende Gericht in allen insbesondere internen Facetten gut zu kennen.

Von dieser bewährten Regel wurde zwar bei dem Vorsitz von höchsten deutschen Gerichten in einigen wenigen Fällen schon abgewichen: Das Präsidentenamt sei zu wesentlichen Teilen ein Repräsentationsamt; dies wurde als Begründung angesehen, von der Fünf-Jahresregel abzuweichen. Aber das Vizepräsidentenamt ist verbunden mit dem Vorsitz eines ganz normal arbeitenden Senates. Die Facharbeit steht auch bei dieser Funktion im Vordergrund.

BGH, BAG, BSG, BVerwG - und nicht zuletzt der BFH selbst –, vertreten durch die jeweiligen Präsidien, weisen darauf hin, dass zumindest für die Vizepräsidentenstellung unbedingt die 5-Jahres-Vorgabe für einen zu benennenden Senatsvorsitzenden in dem jeweiligen Gericht weiter Gültigkeit haben muss. Im Bundesjustizministerium wird die Meinung vertreten, auch der Vizepräsident oder eine Vizepräsidentin sei hinsichtlich der Tätigkeit anders – ebenfalls in Richtung interne Führung und Repräsentation – zu beurteilen als die Tätigkeit eines Vorsitzenden eines Senates. Die Diskrepanz, dass der Vizepräsident gerade aber auch einen ganz „normal“ tätigen Senat zu leiten hat, kommentiert das BMJ nicht. Konsequenterweise sind jedenfalls schon fünf (!) Konkurrentenklagen in Bezug auch auf diese Position anhängig.

Wo aber ist das Problem der EU? Es erinnert schon sehr an die Beanstandung der geplanten Rechtsvorgaben in Polen, wonach die dortige herrschende Partei PiS versuchte, durch politische Einflussnahme Gesetzgebungsgremien zu Regelungen zu bewegen, die bei Auswahl wie auch bei Durchführung des jeweiligen Amtes Richter ein Stück ihrer Unabhängigkeit nehmen könnten. Hiergegen haben sich die übrigen EU-Länder scharf gewandt. Der polnische „starke Mann“ Kaczyñski wird sich - vielleicht im Hinblick auf die Gefahr der Streichung von erheblichen Subventionen für Polen durch die EU, hoffentlich so nicht durchsetzen. Aber das in der Bundesrepublik Deutschland nunmehr - im Grunde durch eine politische Einflussnahme die früher durch das Auswahlverfahren gewünschte und gesicherte Transparenz des Auswahlverfahrens und der ausreichender Nachweis einer spezifischen, auf das oberste Bundesgericht zugeschnittenen Qualifikation - diese bewährte Ernennungspraxis Schaden nehmen kann, liegt auf der Hand.

Dabei ist gar nicht zu bestreiten, dass die vorgesehenen Hans-Josef Thesling und die ehemalige Staatssekretärin im saarländischen Justizministerium Anke Morsch qualifizierte Steuerrechtler sind. Aber wo bleibt die notwendige Erfahrung gerade an dem spezifischen Bundesgericht? Kann sich dies nicht auf die Qualität der obersten Gerichtsrechtsprechung auswirken? Polnische Zustände, wie angedeutet, wird es zwar nicht geben. Es bleibt aber zu hoffen, dass sich das Bundesjustizministerium mit diesen Bedenken auseinandersetzt und – zudem auch noch möglichst schnell – zu den bewährten Regelungen zurückkehrt, denn: Wehret den Anfängen betont Dr. Goez!

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Dr. Christoph Goez
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