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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Invaliditätsrente - voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit - befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juli 2021, Az. 3 AZR 445/20

Die nur befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung steht einem Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung nicht entgegen, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ eine monatliche Invalidenrente gezahlt wird.

Die Beklagte erteilte dem Kläger im Jahr 2000 eine Versorgungszusage, die ua. Leistungen der betrieblichen Invaliditätsversorgung „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ vorsieht. Der Kläger bezieht seit dem 1. Juni 2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese war zunächst auf die Dauer von drei Jahren bis zum 31. Mai 2020 befristet bewilligt worden. Die Deutsche Rentenversicherung begründete in ihrem Rentenbescheid die Befristung mit den medizinischen Untersuchungsbefunden, nach denen es nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Der Kläger hat zuletzt eine betriebliche Invaliditätsversorgung für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis zum 30. April 2020 iHv. insgesamt 1.433,25 Euro zzgl. Verzugszinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage seien erfüllt. Dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung nur befristet bewilligt worden sei, sei unschädlich. Er sei gleichwohl seit dem 1. Juni 2017 voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage lägen nicht vor; der Kläger sei nicht „voraussichtlich dauernd“ erwerbsunfähig, sondern nur für die Dauer von drei Jahren. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Versorgungszusage verlangt für den Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung eine voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Damit bezieht sie sich auf § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der bei der Erteilung der Versorgungszusage geltenden Fassung und nunmehr auf § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, also die Regelungen über die Voraussetzungen einer an die Invalidität anknüpfenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Frage der voraussichtlich dauerhaften völligen Erwerbsunfähigkeit bzw. vollständigen Erwerbsminderung ist die nach §§ 99 ff. SGB VI vorgesehene befristete Gewährung der Invaliditätsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Bedeutung. Dabei handelt es sich lediglich um Verfahrensvorschriften, die nicht den Begriff der dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts definieren, den die Versorgungszusage in Bezug nimmt.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/invaliditaetsrente-voraussichtlich-dauernde-erwerbsunfaehigkeit-befristete-gewaehrung-einer-erwerbsminderungsrente/


II.
Tariflicher Freistellungsanspruch - Arbeitsunfähigkeit an Freistellungstagen
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7.5.2021, 12 Sa 6/21

1. Der tarifliche Freistellungsanspruch gem. § 7.14 MTV Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden ist ein Verschaffungsanspruch. Er wird nicht bereits durch die Freistellungserklärung des Arbeitgebers, sondern erst mit der Realisierung des Freistellungstags erfüllt.

2. Daraus folgt: Ist der Arbeitnehmer an einem Freistellungstag arbeitsunfähig, bleibt der tarifliche Freistellungsanspruch bestehen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2021&nr=35299&pos=2&anz=15

III.
Illegale Arbeitnehmerüberlassung – Auslandsbezug
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Entscheidung vom 9.4.2021, Az. 12 Sa 15/20

1. Arbeitet eine Leiharbeitnehmerin, die von einem ausländischen Verleiher entsandt wurde, in Deutschland für den Entleiher, so gilt für die Rechtsbeziehungen zwischen der Leiharbeitnehmerin und dem Entleiher gemäß Art. 8 Abs. 2 VO EG 593/2008 (Rom I) deutsches Recht.

2. Eine Arbeitnehmerüberlassung kann sich auch aus den mit dem Verleiher vereinbarten und den von dem Entleiher übertragenen Aufgaben der Leiharbeitnehmerin ergeben. Es bedarf daher nicht in jedem Fall der Darlegung von Einzelanweisungen, um eine Arbeitnehmerüberlassung feststellen zu können.

3. § 9 Nr. 1 AÜG ist eine zwingende Eingriffsnorm im Sinne des Art. 9 Abs. 1 VO EG 593/2008. Im Falle einer Arbeitnehmerüberlassung ohne behördliche Erlaubnis ist der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmerin innerhalb des Geltungsbereichs der Norm (in Deutschland) auch dann unwirksam, wenn für diesen Vertrag kraft Rechtswahl ausländisches Recht gilt. Außerhalb des Geltungsbereichs der Norm richtet sich die Wirksamkeit des Vertrags nach dem gewählten Recht.

4. Auch wenn im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung ohne behördliche Erlaubnis das Vertragsverhältnis von Verleiher und Leiharbeitnehmerin kraft des gewählten Rechts im Ausland wirksam bleibt, gilt gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und der Leiharbeitnehmerin als zu Stande gekommen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2021&nr=35356&pos=4&anz=15

IV.
Datenschutz - Informationsanspruch – Kopieanspruch
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.3.2021, Az. 21 Sa 43/20

1. Der Informationsanspruch des Art. 15 Abs. 1 2. Halbs. DSGVO ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Antragsteller konkret mitteilt, welche Informationen er im Rahmen von lit. a bis h der Norm für welche Kategorie von personenbezogenen Daten begehrt.

Dasselbe gilt für den Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien personenbezogener Daten gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO.

2. Eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für die Geltendmachung von Ansprüchen nach Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO bedarf es nicht. Es genügt grundsätzlich die Behauptung des Antragstellers, die Verantwortlichen iSd. Art. 4 Nr. 1, 2, 7 DSGVO würden personenbezogene Daten seiner Person verarbeiten.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2021&nr=35200&pos=9&anz=15

V.
Auslegung eines Kündigungsschreibens, vorsorgliche ordentliche Kündigung, Benennung eines falschen Beendigungstermins
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 16.06.2021, Az. 10 Sa 122/21

Kündigt ein Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin und benennt als Beendigungstermin ein konkretes Datum mit versehentlich zu lang gewählter Kündigungsfrist, kann die Auslegung nach dem Empfängerhorizont trotz des erkennbaren, schnellstmöglichen Beendigungswillens des Arbeitgebers die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst zu dem genannten Datum ergeben.

Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2021/10_Sa_122_21_Urteil_20210616.html

VI.
Kündigung; fristlose Kündigung; verhaltensbedingte Kündigung; betriebsbedingte Kündigung; Schadensersatz
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 8.06.2021, Az. 6 Sa 723/20

1. Nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ist ein Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Partei notwendig, der alles das beinhaltet, was die darlegende Partei weiß und wissen kann. Die Vorlage von EXCEL-Datenblättern und damit die Darstellung der Ergebnisse von Rechenoperationen, reicht nicht aus, um die Täterschaft eines Arbeitnehmers für eine behauptete Straftat darzulegen. Sie reicht gleichfalls nicht aus, um die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs schlüssig darzustellen.

2. Die betriebsbedingte Kündigung ist kein "Auffangtatbestand" für Sachverhalte, in denen die Tatsachen zur Begründung einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung nicht ausreichen.

Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2021/6_Sa_723_20_Urteil_20210608.html

VII.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 31.05.2021, Az. 15 Ta 34/21

Im Rahmen der Ermessensausübung bei der Entscheidung über eine Aussetzung iSv. § 148 ZPO sind mindestens zu berücksichtigen: das Beschleunigungsgebot, der Stand der beiden Verfahren, insbesondere des vorgreiflichen Rechtsstreits und dessen voraussichtliche Dauer und damit die voraussichtliche Dauer der Aussetzung, ebenso die Vorschriften zum Schutz vor überlanger Verfahrensdauer § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, § 198 ff GVG, die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klagepartei auch in jenem Rechtsstreit, ob bereits ein Urteil zu ihren Gunsten ergangen ist und wie gegebenenfalls die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu beurteilen sind, die wirtschaftliche Situation beider Parteien, die Notwendigkeit für die Klagepartei, ihre Ansprüche mit Hilfe eines gerichtlichen Titels durchsetzen zu müssen und das Verhalten der Klagepartei.

Das Beschwerdegericht hat lediglich zu prüfen, ob das Arbeitsgericht den Ermessensspielraum überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ist dies der Fall, so muss der angefochtene Beschluss über eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO aufgehoben werden und die erforderlichen Anordnungen sind gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Arbeitsgericht zu übertragen.

Siehe:
https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000996


VIII.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.04.2021, Az. 12 Ta 84/21

Der hilfsweise für den Unterliegensfall mit einem Kündigungsschutzantrag gestellte Antrag auf Zahlung einer Abfindung auf Grundlage eines Sozialplans ist hinsichtlich des Verfahrenswerts (nicht erst des Vergleichswerts) zu berücksichtigen, wenn die Parteien einen Vergleich schließen, in welchem sie den Sozialplanabfindungsanspruch abschließend positiv oder negativ regeln, § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 GKG. In diesem Fall betreffen der Kündigungsschutzantrag und der für den Unterliegensfall gestellte Antrag auf Zahlung einer Abfindung denselben kostenrechtlichen Gegenstand, da eine wirtschaftliche Identität der Anträge gegeben ist. Dies hat zur Folge, dass nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der Wert des höheren Anspruchs maßgeblich ist.

Der kostenrechtliche Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG und der Streitgegenstand im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind nicht identisch. Haupt- und Hilfsansprüche betreffen dann denselben kostenrechtlichen Gegenstand, wenn sie nicht nebeneinander bestehen können und auf dasselbe Interesse gerichtet sind.

Siehe:
https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000833

IX.
Rückforderung einer Sonderzahlung in Bezug auf die Corona-Pandemie
ArbG Oldenburg, Urteil vom 25.05.2021, Az. 6 Ca 141/21

1. Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Rückzahlungspflicht für eine Sonderzahlung in Bezug auf die Corona-Pandemie in Höhe von 550,- € bei einer Bindungsdauer von zwölf Monaten vorsieht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, unwirksam (s. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB).

2. Ferner ist eine solche Rückzahlungsklausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn mit ihr zumindest auch erbrachte Arbeitsleistung honoriert werden soll. Ein Indiz hierfür ist, wenn die Sonderzahlung „einmalig steuerfrei in Bezug auf die Corona-Pandemie“ gezahlt wird.

Die Entscheidung erging auf Antrag beider Parteien nach § 55 Abs. 3 ArbGG unmittelbar nach der Güteverhandlung durch den Vorsitzenden. Auf den Tatbestand wurde nach den §§ 313a Abs. 1 S. 1, 495 ZPO iVm § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG verzichtet.

Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE210011191&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

X.
Betriebsrat - Einstellung - Aufhebung einer personellen Maßnahme
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 19.05.2021, Az. 2 TaBV 51/20

Die für eine Einstellung gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG erforderliche Eingliederung in die Betriebsorganisation erfordert nicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebs verfolgt.

Für die organisatorische Einbindung reicht es nicht aus, wenn eine betriebsfremde Führungskraft nur ein fachliches Weisungsrecht besitzt. Eine Einbindung der betriebsfremden Führungskraft in den Betrieb eines nachgeordneten Mitarbeiters setzt voraus, dass der Führungskraft neben dem fachlichen auch ein nicht unerhebliches disziplinarisches Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern des Betriebs zusteht (z.B. Entscheidungsbefugnis über den konkreten Einsatz des Personals, Kompetenz zur Urlaubserteilung und zum Ausspruch von Abmahnungen).

Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE210011190&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint


XI.
Überstundenvergütung - Darlegungs- und Beweislast - arbeitgeberseitige Veranlassung - fehlende Kompetenz des EuGH
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 06.05.2021, Az. 5 Sa 1292/20

Dem EuGH fehlt gem. Art. 153 Abs. 5 AEUV die Kompetenz, zu Fragen der Arbeitsvergütung Stellung zu nehmen.

Die Entscheidung dieses Gerichts vom 14.05.2019 hat keinerlei Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast in einem Überstundenprozess,
jedenfalls insoweit nicht, als es um die Frage der arbeitgeberseitigen Veranlassung (Anordnung, Duldung, Billigung, Notwendigkeit) geht.

Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE210010452&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

XII.
Untergang eines tariflichen Freistellungsanspruchs - tarifliches Zusatzgeld - Arbeitsunfähigkeit - Ersatzgewährung - Tarifauslegung – Metallindustrie
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 05.05.2021, Az. 17 Sa 1110/20

Einzelfall zum Anspruch auf tatsächliche Realisierung der Freistellung nach § 3.13.3 des Manteltarifvertrags für die Beschäftigten in der Niedersächsischen Metallindustrie vom 15. Februar 2018. Untergang des Anspruchs am Jahresende ohne Rückfall auf das tarifliche Zusatzgeld (A) nach § 2 Ziff. (1) a) TV T-ZUG, wenn er nach erfolgter Freistellung und zeitlicher Festlegung trotz Arbeitsunfähigkeit in diesem Zeitraum noch im laufenden Kalenderjahr hätte genommen werden können. Kein Schadensersatzanspruch auf Ersatzgewährung im Sinne einer Naturalrestitution sofern der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht vor Untergang des Anspruchs in Verzug gesetzt hat.

Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE210011029&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

XIII.
Kündigung, Prozessvergleich, Ausgleichsquittung, Auslegung, Urlaubsabgeltung, Abrechnung, ordnungsgemäße
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.06.2021, Az. 3 Sa 82/21

Die Parteien streiten in zweiter Instanz jetzt nur noch über die Zahlung von Urlaubs-abgeltung.

Der Kläger war seit dem 01.06.2019 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten und nach einem Betriebsübergang ab dem 01.03.2020 bei der Beklagten als Hotelleiter in einem Hotel in B...tätig. Die Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 3.200,00 EUR.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/0E04A354EE04D90EC1258713004B54D1/$file/Urteil-3-Sa-82-21-09-06-2021.pdf

XIV.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Betriebliche Altersversorgung, Pensionskasse, Betriebsrentner, Anpassungsprüfung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 16.06.2021, Az. 3 Sa 244/20

Die Parteien streiten jetzt noch über die Verpflichtung der Beklagten, den arbeitgeberfinanzierten Anteil der Betriebsrente des Klägers, die er von einer regulierten Pensionskasse seit 01.04.2006 bezieht, anzupassen. Der Kläger macht mit seiner Klage die Zahlung rückständiger Betriebsrente für das Jahr 2014 wegen unterbliebener An-passung zum 1.April 2012 geltend.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/D4CBB8BB1F6EB3CAC125871200555F03/$file/Urteil-3-Sa-244-20-16-06-2021.pdf


XV.
Entschädigung, Diskriminierung, Geschlecht, Mehrgeschlechtlichkeit, Ausschreibung
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.06.2021, Az. 3 Sa 37 öD/21

Die zweigeschlechtlich geborene und durch chirurgische Interventionen schwerbehinderte klagende Partei bewarb sich auf die Stelle durch Schreiben vom 01.10.2019. Im Rahmen ihrer Bewerbung legte sie die Schwerbehinderung und die Zweigeschlechtlichkeit offen. Sie verfügt über einen rechtswissenschaftlichen Hochschulabschluss (Master of Law) vom 08.02.2005 mit Wahlschwerpunkt des Familienrechts.

Die Personalstelle des beklagten Kreises sammelte zunächst alle eingehenden Bewerbungen und leitete sie an das zuständige Fachamt unter Hinweis auf die noch zu beteiligenden Personen weiter. Das Fachamt traf anhand der Qualifikationen eine Vorauswahl und bat um Einladungen zum Vorstellungsgespräch von fünf Personen aus dem Bewerberkreis(Anlage B 3). Die klagende Partei war nicht darunter. Da-nach wurden mit der Vorauswahl alle Bewerbungsunterlagen vom Personalratsvorsitzenden, der Gleichstellungsbeauftragten und der Schwerbehindertenvertretung gesichtet. Aufgrund eines Einwandes wurden nur vier der fünf vorausgewählten Personen tatsächlich eingeladen. Im Übrigen gab es keine Einwände gegen die Vorauswahl des Fachamtes.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/E962AABB551C2916C125870A003D392B/$file/Beschluss-3-Sa-37%20%C3%B6D-21-22-06-2021.pdf

XVI.
Kostenfreiheit für Jobcenter
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.07.2021, Az. 17 Ta (Kost) 6047/21

Die Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind nicht gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von den Gerichtskosten befreit

Siehe:
02.07.2021LArbG Berlin-Brandenburg 17. Kammer17 Ta (Kost) 6047/21Beschluss
Die Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sind nicht gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von den Gerichtskosten befreit.§ 64 Abs 3 SGB 10, § 2 Abs 4 GKG

XVII.
Einsetzung einer Einigungsstelle - Versagung von Urlaub durch den Arbeitgeber gegenüber einem Belegschaftsmitglied
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.06.2021, Az. 26 TaBV 785/21

1. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG besteht in jedem Einzelfall .

2. Die Gewährung des Urlaubs hat regelmäßig auch dann, wenn es um die Bewilligung für ein konkretes Belegschaftsmitglied geht, Auswirkungen nicht nur bezogen auf den konkreten Einzelfall, sondern auch auf sonstige Belegschaftsmitglieder (vgl. BAG 28. Mai 2002 - 1 ABR 37/01, Rn. 50, 53).(Rn.17)

3. Soweit es gerade auch um eine Mitbeurteilung durch den Betriebsrat im Einzelfall gehen kann, widerspricht das der Notwendigkeit der Beteiligung des Betriebsrats nicht (HaKo-BetrVG/Kothe § 87 Rn. 65 mwN; Richardi § 87 Rn. 464 ff.).(Rn.18)

Siehe:
24.06.2021LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer26 TaBV 785/21BeschlussEinsetzung einer Einigungsstelle bei Streit über die Versagung von Urlaub durch den Arbeitgeber gegenüber einem BelegschaftsmitgliedTreffer-Vorschau:… Beschluss mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 2. Juni 2021 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. …


XVIII.
Streitwert - unechter Hilfsantrag - Kündigungsschutzantrag – Folgekündigung
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.06.2021, Az. 26 Ta (Kost) 6066/21

1. Zur kostenrechtlichen Bewertung eines auf eine Folgekündigung bezogenen Kündigungsschutzantrags als (unechter) Hilfsantrag (Fortführung zu LAG Berlin-Brandenburg 15. November 2019 - 26 Ta (Kost) 6086/19, Rn. 9).(Rn.8)

2. Ist eine Kündigung nur "vorsorglich" für den Fall erklärt worden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht bereits aufgrund einer vorherigen Kündigung aufgelöst worden ist, steht bereits die Kündigungserklärung unter der - zulässigen - auflösenden Rechtsbedingung (§ 158 Abs. 2 BGB), dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schon kraft Gesetzes eingetreten ist (vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12, Rn. 44).(Rn.11)

3. Überschreitet das Gericht den gestellten Antrag entgegen § 308 ZPO in der irrigen Annahme, sich noch in dessen Rahmen zu halten, so ist für den Streitwert nicht die irrtümliche Entscheidung des Gerichts, sondern der Antrag der Partei maßgebend (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 27. April 2021 - 17 Ta (Kost) 6033/21; 11. Mai 2021 - 26 Ta (Kost) 6034/21).(Rn.13)

Siehe:

21.06.2021LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer26 Ta (Kost) 6066/21BeschlussStreitwert - unechter Hilfsantrag - Kündigungsschutzantrag - Folgekündigung§ 308 ZPO, § 158 Abs 2 BGB, § 40 GKG 2004Treffer-Vorschau:… Klage hinsichtlich beider Kündigungsschutzanträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. …

XIX.
Herabsetzung des erstinstanzlich festgesetzten Gebührenstreitwertes für die erste Instanz nach einer Entscheidung über den Hauptantrag durch das Rechtsmittelgericht - Wegfall der Werte für Hilfsanträge, auch wenn über diese entschieden worden war
LArbG Berlin-Brandenburg, Anerkenntnisurteil vom 17.06.2021, Az. 26 Sa 1106/20

1. Wird letztinstanzlich einem Hauptantrag stattgegeben, richten sich idR auch die vorinstanzlichen Gebührenstreitwerte nach den Hauptanträgen, und zwar unabhängig davon, ob erstinstanzlich über die - von der Entscheidung über den Hauptantrag (auflösend) abhängigen - Hilfsanträge entschieden worden war, weil eine Vorinstanz den Hauptantrag abschlägig beschieden hatte.

2. § 63 Abs. 3 GKG sieht für den Fall, dass das Arbeitsgericht bereits eine Entscheidung über den Gebührenstreitwert getroffen hat, für die Rechtsmittelinstanz die Möglichkeit einer Korrektur vor. Durch § 63 Abs. 3 GKG soll das Rechtsmittelgericht es sicherstellen können, dass nicht aufgrund einer von seiner Auffassung abweichenden Festsetzung des Streitwerts seitens der unteren Instanz eine andere Verteilung der Kostenlast herbeigeführt wird, als sie sich bei einer abweichenden Rechtsauffassung hinsichtlich des Streitwerts durch das Rechtsmittelgericht ergibt.

3. Die rechtskräftige Kostengrundentscheidung des Rechtsmittelgerichts ist nach späterer abweichender Entscheidung über den Streitwert durch die Vorinstanzen nicht mehr abänderbar (ständ. Rspr., vgl. nur BGH 17. November 2015 - II ZB 20/14, Rn. 15).

4. Keine Berücksichtigung eines allgemeinen Feststellungsantrags im Rahmen der Kostenquote, wenn er vor der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgenommen wird (anders im Fall einer Entscheidung über den allgemeinen Feststellungsantrag: LAG Berlin-Brandenburg 14. Juni 2021 - 26 Sa 603/19 (Bewertung mit 5 vH), ähnlich wie beim Auflösungsantrag.

Siehe:
17.06.2021LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer26 Sa 1106/20Urteil1) Wird letztinstanzlich einem Hauptantrag stattgegeben, richten sich idR auch die vorinstanzlichen Gebührenstreitwerte nach den Hauptanträgen, und zwar unabhängig davon, ob erstinstanzlich über die - von der Entscheidung über den Hauptantrag (auflösend) abhängigen - Hilfsanträge entschieden ...§ 45 GKG, § 63 GKG, § 4 KSchG, § 307 ZPO, § 308 ZPO, ...


XX.
Herabsetzung - Festsetzung - Gebührenstreitwert - Weiterbeschäftigungsantrag - Urteilsberichtigung - Rechtskraft - Feststellungsantrag - Rücknahme – Kostenquote
LArbG Berlin-Brandenburg, Anerkenntnisurteil vom 15.06.2021, Az. 26 Sa 2529/18

1. Wird letztinstanzlich einem Hauptantrag stattgegeben, richten sich idR auch die vorinstanzlichen Gebührenstreitwerte nach den Hauptanträgen, und zwar unabhängig davon, ob erstinstanzlich über die - von der Entscheidung über den Hauptantrag (auflösend) abhängigen - Hilfsanträge entschieden worden war, weil eine Vorinstanz den Hauptantrag abschlägig beschieden hatte.(Rn.18)(Rn.27)

2. Das Rechtsmittelgericht kann den erstinstanzlichen Gebührenstreitwert nicht nur herabsetzen, sondern auch erstmals festsetzen, wenn dies bisher noch nicht geschehen war.(Rn.23)

3. Hat das Arbeitsgericht über einen Antrag - hier den Weiterbeschäftigungsantrag - entgegen § 308 ZPO entschieden, ist das Urteil - ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedarf - zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft auszuschließen (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13, Rn. 23).(Rn.17)

4. Keine Berücksichtigung eines allgemeinen Feststellungsantrags im Rahmen der Kostenquote, wenn er vor der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgenommen wird (anders im Fall einer Entscheidung über den allgemeinen Feststellungsantrag: LAG Berlin-Brandenburg 14. Juni 2021 - 26 Sa 603/19 (Bewertung mit 5 vH), ähnlich wie beim Auflösungsantrag.(Rn.20)

Siehe:
15.06.2021LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer26 Sa 2529/18AnerkenntnisurteilHerabsetzung - Festsetzung - Gebührenstreitwert - Weiterbeschäftigungsantrag - Urteilsberichtigung - Rechtskraft - Feststellungsantrag - Rücknahme - Kostenquote§ 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 45 Abs 1 S 2 GKG 2004, § 63 Abs 3 GKG 2004

Mit besten Grüßen
Ihr

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
 
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