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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin
BGH, Urteil vom 22. September 2020 -II ZR 141/19
a) Die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin einer GmbH & Co. KG durch ihre Mitgesellschafter bewirkt zugleich die Entlastung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft.
b) Der Geschäftsführer der Komplementärin einer personalistisch strukturierten GmbH&Co.KG hat bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft auch dann die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, wenn er Gesellschafter der Kommanditgesellschaft ist.
II.
Klagfrist WEG
BGH, Versäumnisurteil vom 25. September 2020 -V ZR 80/19
Ob sich aus der Klageschrift in für die Wahrung der Klagefrist des §46 Abs.1 Satz 2 WEG hinreichender Deutlichkeit ergibt, welcher Beschluss angefochten werden soll, bestimmt sich nicht aus Sicht des Gerichts, sondern nach dem objektivierten Empfängerhorizont der beklagten Wohnungseigentümer; wie es sich verhält, wenn die Klageschrift nebst Anlagen das Datum der Eigentümerversammlung nicht nennt, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
a)Für eine schlüssige Jahresgesamtabrechnung reichen die Angaben von Anfangs- und Endstand der Gemeinschaftskonten sowie der nach Kostenarten aufgegliederten Einnahmen und Ausgaben aus; entspricht der Anfangsstand der Gemeinschaftskonten zuzüglich Einnahmen abzüglich Ausgaben dem Endstand der Gemeinschaftskonten, ist die Abrechnung im Grundsatz plausibel.
b)Es hält sich im Rahmen des dem Verwalter eingeräumten Ermessens bei der Gestaltung der Jahresabrechnung, wenn die Gesamtabrechnung bei mehreren Gemeinschaftskonten (hier: Giro- und Tagesgeldkonto) ausführlicher ausgestaltet wird, indem die Einnahmen und Ausgaben bezogen auf die unterhaltenen Konten dargestellt werden. Bei einer solchen Darstellungsweise müssen auch Kontenüberträge mitgeteilt und als nicht abrechnungsrelevant gekennzeichnet werden.
c)Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung bezieht sich auf die Entwicklung der buchhalterischen Konten in dem Abrechnungsjahr (Soll- und Ist-Bestand). Die buchhalterische Ist-Zuführung für das Abrechnungsjahr entspricht regelmäßig nicht den in der Gesamtabrechnung aufgeführten, auf die Instandhaltungsrücklage bezogenen Zahlungs-eingängen in dem Abrechnungsjahr; ebenso wenig entspricht der buchhalterische Gesamtbestand der Instandhaltungsrücklage dem Stand eines für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Tagesgeldkontos.
III.
Fristlose Änderungskündigung - Einführung von Kurzarbeit - betriebsbedingte Kündigung
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 22.10.2020, Az. 11 Ca 2950/20
1. Eine fristlose Änderungskündigung mit dem Ziel, eine Einführung von Kurzarbeit zu ermöglichen, kann im Einzelfall als betriebsbedingte Änderungskündigung nach § 626 BGB gerechtfertigt sein.
2. Die Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts zur reinen Entgeltreduzierung durch Änderungskündigung sind auf eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit nicht übertragbar.
3. Für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Kündigung sind insbesondere eine entsprechende Ankündigungsfrist und eine Begrenzung der Dauer der (möglichen) Kurzarbeit von Bedeutung sowie der Umstand, dass Kurzarbeit nur dann eingeführt werden kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen zur Gewährung von Kurzarbeitergeld auch in der Person des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin vorliegen.
IV.
Außerordentlich fristlose Kündigung - Selbstbeurlaubung – Prozessbeschäftigung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 1.10.2020, 17 Sa 1/20
Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Dies gilt auch dann, wenn der eigenmächtige Urlaubsantritt nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist einer unwirksamen Kündigung (während einer Prozessbeschäftigung) erfolgt. In diesem Zusammenhang spielt es letztlich keine Rolle, ob sich bei Auslegung der Erklärungen der Parteien zur Prozessbeschäftigung ergibt, dass eine auflösend bedingte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder eine Beschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung vereinbart wurde. Einer Abmahnung bedarf es regelmäßig nicht. Im Rahmen der Interessenabwägung wirkt es sich nicht zugunsten des Arbeitnehmers aus, dass der Urlaubsantrag kurz vor Ablauf des Übertragungszeitraums gestellt wurde. Durch die Rechtsprechung des EuGH vom 6. November 2018 (- C-684/16 -) ist geklärt, dass die Befristung des Urlaubsanspruchs auf das Ende des Kalenderjahres bzw. den Übertragungszeitraum die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Arbeitgeber voraussetzt.
V.
Außerordentlich fristlose Kündigung wegen Datenlöschung in erheblichem Umfang
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2020, 17 Sa 8/20
Löscht ein Arbeitnehmer im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich vom Arbeitnehmer trennen zu wollen, vom Server des Arbeitgebers Daten in erheblichem Umfang (hier: 7,48 GB), nachdem er sich von einer Mitarbeiterin (Einkäuferin) mit den Worten "man sieht sich immer zweimal im Leben" verabschiedet hatte, rechtfertigt dies die außerordentlich fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
VI.
Überstunden einer Lkw-Fahrerin - Arbeitnehmerhaftung wegen Sachbeschädigung
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20. Oktober 2020, Az. 5 Sa 48/20
1. Die Vergütung von Überstunden setzt zum einen voraus, dass der Arbeitnehmer diese tatsächlich geleistet hat, und zum anderen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet worden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Für beide Voraussetzungen - einschließlich der Anzahl geleisteter Überstunden - trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.
2. Ein Kraftfahrer, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, kann seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen im geringeren zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.
3. Verletzt der Arbeitnehmer eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Arbeitgeber Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Darlegungs- und Beweislast sowohl für die Pflichtverletzung als auch für Vorsatz oder Fahrlässigkeit trägt der Arbeitgeber. Allerdings dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber lag. Der Arbeitnehmer hat sich im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast substantiiert zu äußern, sofern der Arbeitgeber Indizien vorträgt, die auf ein haftungsbegründendes Verschulden des Arbeitnehmers hinweisen.
VII.
Zusammenhängende Urlaubsgewährung iSv § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG bei eingebettetem Wochenfeiertag
ArbG Koblenz, Urteil vom 14. Oktober 2020, Az. 7 Ca 1140/20
Eine zusammenhängende Urlaubsgewährung im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG über mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage (zwei Wochen) liegt auch dann vor, wenn in diesen Zeitraum ein Wochenfeiertag fällt und der Arbeitnehmer daher rechnerisch einen Urlaubstag weniger "verbraucht".
VIII.
Vertretungsvollmacht des Angestellten im Autohaus
OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. Oktober 2020, Az. 10 U 3/20
Ein Verkaufsmitarbeiter in einem Autohaus gilt nach § 56 HGB grundsätzlich als bevollmächtigt zur Entgegennahme von Barzahlungen und zur Gewährung von Preisnachlässen.
IX.
Betriebsschließungsversicherung und Corona
LG Hamburg, Urteil vom 04. November 2020, Az. 412 HKO 91/20
1. Wenn der Verwender von AVB einer Betriebsschließungsversicherung zum Ausdruck bringen will, dass der Versicherungsschutz trotz einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die Vorschriften der §§ 6 und 7 IfSG auf eine in den Bedingungen enthaltene Liste von Krankheiten / Erregern beschränkt sein soll, muss dies klar und eindeutig geschehen; anderenfalls ist die Beschränkung unwirksam.
2. Nicht ausreichend ist es, den im Gesetz verwandten Begriff "meldepflichtige Krankheiten" bzw. "meldepflichtige Krankheitserreger" im Fließtext der AB mit dem Zusatz "im Sinne dieser Bedingungen" zu versehen, um so die in § 6 Abs. 1 Nr 5 bzw. § 7 Abs. 2 IfSG enthaltenen Öffnungsklauseln abzubedingen und den Versicherungsschutz auf die aufgelisteten Krankheiten / Erreger zu beschränken.
X.
Anerkenntnis Betriebskostenabrechnung durch Mieter
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2020, Az. VIII ZR 230/19
1. Die Regelungen in § 556 Abs. 3, 4 BGB hindern die Mietvertragsparteien nicht, nach Zugang einer Betriebskostenabrechnung an den Mieter eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass der Mieter den ausgewiesenen Saldo als verbindlich anerkennt. Weder formelle Mängel der Abrechnung noch die mit einer solchen Vereinbarung etwa verbundene Verkürzung der dem Mieter zustehenden Einwendungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB) stehen der Wirksamkeit einer derartigen Vereinbarung entgegen.
2. Der Vermieter ist berechtigt, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses aus einer gewährten Barkaution durch Aufrechnung mit streitigen aus dem Mietverhältnis stammenden Forderungen zu befriedigen (Bestätigung des Senatsurteils vom 24. Juli 2019 - VIII ZR 141/17, NJW 2019, 3371 Rn. 25 ff.).
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Schriftleiter mittelstandsdepesche
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