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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart


I.
Kündigungen des Cockpit-Personals von Air Berlin wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam - Die Frage eines etwaigen Betriebs(teil)übergangs kann offen bleiben
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Februar 2020, Az. 8 AZR 215/19

Die Massenentlassungsanzeige nach der Bestimmung des § 17 Abs. 1 KSchG, die im Einklang mit Art. 3 der Richtlinie 98/59/EG auszulegen ist, ist bei der Agentur für Arbeit zu erstatten, in deren Bezirk die Auswirkungen der Massenentlassung auftreten.
Die Fluggesellschaft Air Berlin unterhielt an mehreren Flughäfen sog. Stationen. Diesen war Personal für die Bereiche Boden (soweit vorhanden), Kabine und Cockpit zugeordnet. Der Kläger war bei der Air Berlin als Flugkapitän beschäftigt und der Station Köln zugeordnet. Die Arbeitsverhältnisse des gesamten Cockpit-Personals - einschließlich das des Klägers - wurden nach der am 1. November 2017 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung wegen Stilllegung des Flugbetriebs Ende November 2017 gekündigt. Air Berlin erstattete die Massenentlassungsanzeige für den angenommenen „Betrieb Cockpit“ bezogen auf das gesamte bundesweit beschäftigte Cockpit-Personal bei der für ihren Sitz zuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord. Dieses Betriebsverständnis entsprach den bei der Air Berlin tarifvertraglich getrennt organisierten Vertretungen für das Boden-, Kabinen- und Cockpit-Personal (vgl. § 117 Abs. 2 BetrVG) und trug der zentralen Steuerung des Flugbetriebs Rechnung.
Der Kläger hat die Stilllegungsentscheidung bestritten und die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend gemacht. Der Flugbetrieb werde durch andere Fluggesellschaften (teilweise) fortgeführt, darunter auch das sog. Wet Lease für eine andere Fluggesellschaft. Angesichts dessen habe eine Sozialauswahl nach dem KSchG durchgeführt werden müssen. Die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft. Die Vorinstanzen haben die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Wie bereits der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden hat, handelte es sich ausgehend von dem durch die Richtlinie 98/59/EG determinierten Betriebsbegriff bei den Stationen der Air Berlin um Betriebe iSd. § 17 Abs. 1 KSchG (vgl. Pressemitteilung Nr. 7/20). Folglich hätte die Massenentlassungsanzeige für das der Station Köln zugeordnete Cockpit-Personal bei der dafür zuständigen Agentur für Arbeit in Köln erfolgen müssen. Die Anzeige hätte zudem nicht auf Angaben zum Cockpit-Personal beschränkt sein dürfen. Die nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG zwingend erforderlichen Angaben hätten vielmehr auch das der Station Köln etwa zugeordnete Boden-Personal und das dieser Station zugeordnete Kabinen-Personal erfassen müssen. Die Anzeige bei der örtlich unzuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord, die zudem nicht die erforderlichen Angaben enthielt, bewirkt die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung nach § 17 Abs. 1 KSchG, § 134 BGB.

Die Frage eines etwaigen Betriebs(teil)übergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, der im Einklang mit der Richtlinie 2001/23/EG auszulegen ist, sowie die sich ggf. anschließende Frage einer etwa erforderlichen Sozialauswahl nach dem KSchG kann deshalb offen bleiben. Allerdings ist nach den bisher vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen und dem unstreitigen Parteivorbringen im Übrigen nicht auszuschließen, dass die Kündigung auch mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam ist. Es spricht zwar nichts dafür, dass die sog. Stationen „wirtschaftliche Einheiten“ iSv. § 613a BGB und der Richtlinie 2001/23/EG waren. Anderes könnte jedoch für das sog. Wet Lease für eine andere Fluggesellschaft in Betracht kommen, das von einer weiteren Fluggesellschaft fortgesetzt wurde.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2020&nr=23874&pos=0&anz=11&titel=K%FCndigungen_des_Cockpit-Personals_von_Air_Berlin_wegen_fehlerhafter_Massenentlassungsanzeige_unwirksam_-_Die_Frage_eines_etwaigen_Betriebs(teil)%FCbergangs_kann_offen_bleiben

II.
Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz; Schwerbehinderter; Offenbarungspflicht
Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 20.01.2020, Az. 1 K 2039/18

Der Bewerber muss dem Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft bzw. eine Gleichstellung damit regelmäßig im Bewerbungsschreiben informieren. Eingestreute und unauffällige Informationen oder indirekte Hinweise reichen dafür nicht aus

Siehe:
https://www.juris.de/jportal/prev/MWRE200000507

III.
Vergütung von Fahrtzeiten – Außendienstmitarbeiter
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. März 2020, Az. 5 AZR 36/19

Regelungen in einer Betriebsvereinbarung, welche die vergütungspflichtigen Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters verkürzen, sind wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG* unwirksam, wenn die betreffenden Zeiten nach den Bestimmungen des einschlägigen Tarifvertrags uneingeschränkt der entgeltpflichtigen Arbeitszeit zuzurechnen und mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten sind.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Servicetechniker im Außendienst tätig. Die Beklagte ist aufgrund Mitgliedschaft im vertragschließenden Arbeitgeberverband an die Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen gebunden. Kraft dynamischer Bezugnahme im Arbeitsvertrag finden diese Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. In einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2001 (BV) ist zu § 8 geregelt, dass Anfahrtszeiten zum ersten und Abfahrtszeiten vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit zählen, wenn sie 20 Minuten nicht überschreiten. Sofern An- und Abreise länger als jeweils 20 Minuten dauern, zählt die 20 Minuten übersteigende Fahrtzeit zur Arbeitszeit. In das für den Kläger geführte Arbeitszeitkonto hat die Beklagte Reisezeiten von dessen Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden nach Hause bis zu einer Dauer von jeweils 20 Minuten nicht als Zeiten geleisteter Arbeit eingestellt. Sie leistete hierfür auch keine Vergütung.

Mit seiner Klage hat der Kläger verlangt, seinem Arbeitszeitkonto Fahrtzeiten für März bis August 2017 im Umfang von 68 Stunden und 40 Minuten gutzuschreiben, hilfsweise an ihn 1.219,58 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, ein solcher Anspruch sei durch § 8 BV wirksam ausgeschlossen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mit den Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück erfüllt der Kläger seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Ein daraus resultierender Vergütungsanspruch wird durch § 8 BV nicht ausgeschlossen. Die Bestimmung regelt die Vergütung der Arbeitszeit, indem sie die An- und Abfahrtszeiten zum ersten bzw. vom letzten Kunden - soweit sie 20 Minuten nicht übersteigen - von der Vergütungspflicht ausschließt. § 8 BV betrifft damit entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts einen tariflich geregelten Gegenstand. Nach dem einschlägigen Manteltarifvertrag (MTV) sind sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbringt, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten. Dazu gehört bei Außendienstmitarbeitern die gesamte für An- und Abfahrten zum Kunden aufgewendete Fahrtzeit. Da der MTV keine Öffnungsklausel zugunsten abweichender Betriebsvereinbarungen enthält, ist § 8 BV wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Arbeitsentgelte, die durch Tarifvertrag geregelt sind, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist nicht wegen des Eingreifens eines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 BetrVG aufgehoben. Auf Grund der Bindung der Beklagten an die fachlich einschlägigen Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen, welche die Vergütung für geleistete Arbeit auch in Bezug auf Fahrtzeiten der Außendienstmitarbeiter abschließend regeln, besteht insoweit schon nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG** kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Der Kläger kann somit von der Beklagten die Gutschrift der umstrittenen Fahrtzeiten verlangen, soweit unter ihrer Berücksichtigung die vertraglich geschuldete regelmäßige Arbeitszeit überschritten wurde. Ob dies der Fall ist, konnte der Senat mangels hinreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden. Die vom Berufungsgericht erörterte Frage der Betriebsvereinbarungs-offenheit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung stellt sich nicht, da die Betriebs-parteien mit der Regelung zur Vergütung der Fahrtzeiten in der BV die Binnenschranken der Betriebsverfassung nicht beachtet haben und die BV aus diesem Grunde insoweit unwirksam ist.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2020&nr=23976&pos=0&anz=12&titel=Verg%FCtung_von_Fahrtzeiten_-_Au%DFendienstmitarbeiter

IV.
Antragsbefugnis - Betriebsvereinbarung - Durchführungsanspruch - Günstigkeitsprinzip - Jahresbonus - Leistungsbestimmungsrecht
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.2.2020, Az. 3 TaBV 1/19

Zur Auslegung einer Betriebsvereinbarung, gemäß der der Jahresbonus der betroffenen AT-Mitarbeiter als Produkt aus den Faktoren Bruttojahresgrundgehalt, Zielbonus, Geschäftszielerreichung und individuelle Leistung ermittelt wird.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2020&nr=30696&pos=1&anz=8

V.
Abmahnung - Altersteilzeitvertrag - außerordentliche Kündigung - Beleidigung - Beweiswürdigung - gleichgestellter Arbeitnehmer - Interessenabwägung - Kündigungsverzicht - Rassismus - Schwerbehindertenvertretung - Störung des Betriebsfriedens - tariflicher Kündigungsschutz - WhatsApp-Nachrichten
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2019, Az. 3 Sa 30/19

Einzelfallentscheidung zur Wirksamkeit einer nach Abschluss eines Altersteilzeitvertrags erfolgten außerordentlichen fristlosen Kündigung eines seit 35 Jahren beschäftigten, tariflich ordentlich unkündbaren und einem Schwerbehinderten gleichgestellten Arbeitnehmers wegen verbaler und per Whats-App-Nachrichten erfolgter ausländer- und islamfeindlicher Beleidigungen eines türkischstämmigen, muslimischen Arbeitskollegen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019-12&nr=30702&pos=1&anz=4

VI.
Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder - Anfechtung - Teilfreistellung von Betriebsratsmitgliedern
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 3.12.2019, Az. 15 TaBV 5/18

Vor der Durchführung der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder muss der Betriebsrat nicht durch Beschluss darüber entscheiden, ob und wie Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019-12&nr=30843&pos=3&anz=4

VII.
Anlernling - Arbeitsverhältnis - Berufsausbildung - Probezeit - Triebfahrzeugführer - Wartezeit
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 31.10.2019, Az. 3 Sa 41/19

Der Vorschrift des § 26 BBiG unterfallen auch Personen, denen in kurzer Zeit in einem eng begrenzten Umfang Spezialkenntnisse oder Teilkenntnisse eines Ausbildungsberufs vermittelt werden. Eine mindestens zweijährige Ausbildungsdauer ist für die Anwendbarkeit des § 26 BBiG nicht erforderlich.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019-10&nr=30663&pos=0&anz=2

VIII.
Einstweilige Verfügung auf Streikuntersagung zurückgewiesen
Arbeitsgericht Gießen, Nr. 02/2020, Pressemitteilung zum Verfahren 9 Ga 1/20

Der Antrag einer Betreiberin von Laboren mit Standorten in Wetzlar und Dillenburg, im Wege der einstweiligen Verfügung Streikmaßnahmen bis zum Abschluss einer Notdienstvereinbarung zu untersagen, wurde von der 9. Kammer des Arbeitsgerichts Gießen zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin, bei der derzeit 24 Arbeitnehmer beschäftigt sind, betreibt zwei Labore mit Standorten in Wetzlar und Dillenburg. Sie übernimmt Dienstleistungen für Krankenhäuser und untersucht dabei Proben von Patienten. Wenn Proben nicht ordnungsgemäß oder im vorgegebenen Zeitfenster bearbeitet werden, kann eine Gefahr für Gesundheit und/oder Leib und Leben der Patienten entstehen.

Die Verfügungsbeklagte, die zuständige Gewerkschaft, beschloss Mitte Februar 2020 die Durchführung von Warnstreiks im Zeitraum vom 21. Februar bis zum 31. März 2020 zur Erzwingung von Verhandlungen über den Abschluss eines Haustarifvertrages. Eine Notdienstvereinbarung für die Zeiten der Arbeitsniederlegung kam bislang nicht zustande. Die Verfügungsbeklagte erklärte sich einseitig dazu bereit, einen Notdienst für den Fall von Warnstreiks einzurichten. Sie legte dazu den Entwurf einer Notdienstvereinbarung vor.

Die Verfügungsklägerin behauptet, die angebotene Notdienstregelung sei nicht ausreichend. Es sei eine höhere Anzahl von Mitarbeitern erforderlich, um keine Gefahr für Leib und Leben von Patienten entstehen zu lassen. Die Durchführung von Streiks sei daher bis zum Abschluss einer Notdienstvereinbarung zu untersagen.
Dieser Auffassung folgt die zuständige Kammer nicht.

Zwar ist ein Notdienst für die Rechtmäßigkeit der beschlossenen Warnstreiks grundsätzlich erforderlich. Nicht geboten ist indes der Abschluss einer Notdienstvereinbarung, sondern lediglich die tatsächliche Einrichtung eines Notdienstes. Hierzu hatte sich die beklagte Gewerkschaft ausdrücklich bereit erklärt. Aus dem Vorbringen der Verfügungsklägerin ergab sich nicht in hinreichender Weise, dass der in Aussicht gestellte Notdienst, der sich an die Wochenendbesetzung anlehnt, nicht ausreichend für die Sicherstellung der dringenden Laboruntersuchungen ist.

Siehe:
https://arbeitsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/einstweilige-verf%C3%BCgung-auf-streikuntersagung-zur%C3%BCckgewiesen

Urteil:
https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200000480

IX.
Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers hinsichtlich der Urlaubsansprüche langandauernd erkrankter Arbeitnehmer
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.01.2020, Az. 7 Sa 284/19

Urlaubsansprüche langandauernd erkrankter Arbeitnehmer erlöschen auch dann mit dem 31. März des zweiten Folgejahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit nicht auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hingewiesen hat (vgl. LAG Hamm 24. Juli 2019 - 5 Sa 676/19).

vorgehend ArbG Kaiserslautern, 19. Juni 2019, Az: 2 Ca 244/19, Urteil
anhängig BAG, Az: 9 AZR 107/20

Siehe:
http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/gvh/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=4964&fromdoctodoc=yes&doc.id=KARE600059251&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint

X.
Externe Datenschutzbeauftragte sind gewerbliche Unternehmer (hier Rechtsanwalt)
Bundesfinanzhof, Pressemitteilung vom 19.03.2020

Ein externer Datenschutzbeauftragter ist gewerblicher Unternehmer, auch wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.01.2020 (VIII R 27/17) entschieden hat, liegt keine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 EStG vor. Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und - bei Überschreiten bestimmter Gewinngrenzen – auch buchführungspflichtig.

Im Streitfall war der Kläger als selbständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an. Es setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Kläger als gewerblichen Unternehmer gem. § 141 AO auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der gegen diese Aufforderung aus dem Jahr 2012 gerichtete Einspruch des Klägers blieb ebenso wie die nachfolgende Klage vor dem Finanzgericht ohne Erfolg.

Der BFH hat die Vorentscheidung jetzt bestätigt. Als Datenschutzbeauftragter übe der Kläger keine dem Beruf des Rechtsanwaltes vorbehaltene Tätigkeit aus. Vielmehr werde er in einem eigenständigen, von seiner Anwaltstätigkeit abzugrenzenden Beruf tätig. Der Datenschutzbeauftragte berate in interdisziplinären Wissensgebieten. Hierfür müsse er zwar neben datenschutzrechtlichem Fachwissen auch Fachwissen in anderen Bereichen (z.B. der Informations- und Kommunikationstechnik und der Betriebswirtschaft) besitzen. Eine spezifische akademische Ausbildung müsse er aber – anders als der Rechtsanwalt - nicht nachweisen. Aus diesem Grunde sei der Kläger als Datenschutzbeauftragter auch nicht in einem dem Rechtsanwalt ähnlichen Beruf tätig. Schließlich sei – so der BFH – auch keine sonstige selbständige Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzunehmen. Es fehle an der erforderlichen Vergleichbarkeit mit den dort genannten Regelbeispielen

Siehe:
https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2020&nr=44235&pos=0&anz=13

XI.
Befristung von Arbeitsverträgen bei neu gegründeten Unternehmen
ArbG Berlin, Urteil vom 15.01.2020, Az. 29 Ca 9162/19

§ 14 Abs. 2a) TzBfG gestattet nicht die sachgrundlose Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages, wenn die letzte Verlängerung nach Ablauf des 4-Jahres-Zeitraums - gerechnet ab der Gründung des Unternehmens – erfolgt.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/fej/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE200003413&documentnumber=1&numberofresults=1242&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XII.
Weitergabe von Tariflohnerhöhungen - OT-Mitgliedschaft - Darlegungs- und Beweislast für die Tarifbindung
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.01.2020, Az. 7 Sa 217/19

1. Die Parteien streiten über die Weitergabe der sich aus dem Tarifabschluss vom 01.07.2017 für den Einzelhandel ergebenden Entgelterhöhungen.
2. Die Klägerin ist bei der Beklagten auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.03.1988 (Bl. 5 – 6 d.A.), abgeschlossen mit der H. Süßwarenfachgeschäfte GmbH, als Filialleiterin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag nimmt die Tarifverträge des Einzelhandels in ihrer jeweils gültigen Fassung in Bezug. Die Klägerin, die seit 2004 Mitglied bei ver.di ist, wurde bis August 2017 einschließlich nach der Entgeltgruppe K3 Endstufe der Tarifverträge über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel in ihrer jeweiligen Fassung vergütet.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/fej/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE200003126&documentnumber=2&numberofresults=1242&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=L¶mfromHL=true#focuspoint

XIII.
Betriebsbedingte Kündigung, beabsichtigte Stilllegung, gemeinsamer Betrieb, Stilllegungsbeschluss, Durchführung der Stilllegung, Massenentlassungsanzeige
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.02.2020, Az. 1 Sa 120/19

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/7266CB1ADB55211BC125852A00409B0F/$file/Urteil-1-Sa-120-19-03-02-2020.pdf

XIV.
Schadensersatz, Besitzverletzung, Umfang, Chateau Petrus Pommerol 1999, 6-Liter-Flasche, Ausschlussfrist, Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.02.2020, Az. 1 Sa 401/18

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis geltend.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/3381B963A159915CC125852A0040A8D4/$file/Urteil-1-Sa-401-18-03-02-2020.pdf

XV.
Betriebsratswahl, Wahlvorstand, Bestellung eines Wahlvorstands, Wahlversammlung, erfolglos, Vertagung, weitere Betriebsversammlung, Anrufung, Arbeitsgericht
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.01.2020, Az. 3 TaBV 23/19

Die Beteiligten streiten über die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/32B5B87598F0D163C125851C0030F768/$file/Beschluss-3-TaBV-23-19-22-01-2020.pdf

XVI.
Beschlussverfahren, sofortige Beschwerde, Zwangsvollstreckung, Zwangsgeld, Auskunft, rechtzeitige Auskunft, Bestimmtheit, Vergleich, Titel
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.02.2020, Az. 1 Ta 6/20

Die Beteiligtenstreiten über die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen die Antrags-gegnerin (Arbeitgeberin)

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/B7CA53362B99D84CC125851C00420FD5/$file/Beschluss-1-Ta-6-20-11-02-2020.pdf

Mitfreundlichen Grüßen

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident

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