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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Bürgenhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019, Az. 5 AZR 241/18

Nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für dessen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestentgelts an seine Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Dieser Haftung unterliegen allerdings nicht Unternehmer, die lediglich als bloße Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben.

Die Beklagte hat auf einem ihr gehörenden Grundstück in Berlin ein Einkaufszentrum errichten lassen, das sie verwaltet und in dem sie Geschäftsräume an Dritte vermietet. Für den Bau des Gebäudes beauftragte sie einen Generalunternehmer, der mehrere Subunternehmer einschaltete. Bei einem dieser Subunternehmer war der Kläger als Bauhelfer beschäftigt. Dieser Subunternehmer blieb ihm - trotz rechtskräftiger Verurteilung in einem Arbeitsgerichtsprozess - Lohn schuldig. Über das Vermögen des Generalunternehmers wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat deshalb wegen des ihm für seine Arbeit auf der Baustelle des Einkaufszentrums noch zustehenden Nettolohns die Beklagte in Anspruch genommen und gemeint, auch die Beklagte hafte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Unternehmerin für die Lohnschulden eines Subunternehmers. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte unterliegt als bloße Bauherrin nicht der Bürgenhaftung des Unternehmers nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz* (AEntG). Der Begriff des Unternehmers ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorgängerregelung in § 1a AEntG aF nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient. Gibt er auf diese Weise die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand, ist es gerechtfertigt, ihm die Haftung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer aufzuerlegen. Dies trifft auf die Beklagte nicht zu. Sie hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt und damit nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weitergegeben. Mit der Vergabe des Bauauftrags schaffte sie nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck, der Vermietung und Verwaltung des Gebäudes, nachgehen zu können.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=23333&pos=2&anz=33&titel=B%FCrgenhaftung_nach_dem_Arbeitnehmer-Entsendegesetz

II.
Feiertagsvergütung – Zeitungszustelle
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019, Az. 5 AZR 352/18

Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der ein Zeitungszusteller einerseits Zeitungsabonnenten täglich von Montag bis Samstag zu beliefern hat, andererseits Arbeitstage des Zustellers lediglich solche Tage sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, verstößt gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltzahlung an Feiertagen.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Zeitungszusteller beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist er zur Belieferung von Abonnenten von Montag bis einschließlich Samstag verpflichtet. Arbeitstage sind nach der getroffenen Vereinbarung alle Tage, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen. Fällt ein Feiertag auf einen Werktag, an dem keine Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, erhält der Kläger keine Vergütung. Mit seiner Klage verlangt er für fünf Feiertage im April und Mai 2015 (Karfreitag, Ostermontag, Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag), an denen er nicht beschäftigt wurde, Vergütung von insgesamt 241,14 Euro brutto. Er hat gemeint, die Arbeit sei allein wegen der Feiertage ausgefallen, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für den Entgeltzahlungsanspruch vorlägen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.
Die Revision der Beklagten führte zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat der Arbeitgeber für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Danach haben die Vorinstanzen zunächst zutreffend erkannt, dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf die begehrte Feiertagsvergütung hat. Die Beschäftigung des Klägers ist an den umstrittenen Feiertagen einzig deshalb unterblieben, weil in seinem Arbeitsbereich die üblicherweise von ihm zuzustellenden Zeitungen nicht erschienen sind. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Vereinbarung zur Festlegung vergütungspflichtiger Arbeitstage ist, soweit sie darauf zielt, Feiertage aus der Vergütungspflicht auszunehmen, wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Entgeltzahlungsanspruchs unwirksam. Das Berufungsurteil unterlag gleichwohl der Aufhebung, weil das Berufungsgericht die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts fehlerhaft berechnet hat.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=23336&pos=1&anz=33&titel=Feiertagsverg%FCtung_-_Zeitungszusteller

II.
Abweichung vom „Equal-Pay-Grundsatz“ durch Bezugnahme auf Tarifvertrag
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019, Az. 4 AZR 66/18

Arbeitgeber, die als Verleiher Leiharbeitnehmer an einen Dritten überlassen, können vom Grundsatz der Gleichstellung („Equal-Pay“) kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung nach § 9 Nr. 2 Halbs. 3 AÜG aF nur dann abweichen, wenn für den Entleihzeitraum das einschlägige Tarifwerk für die Arbeitnehmerüberlassung aufgrund dieser Bezugnahme vollständig und nicht nur teilweise anwendbar ist.
Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Zeitarbeitsunternehmen betreibt, als Kraftfahrer eingestellt. Der Arbeitsvertrag enthält eine dynamische Bezugnahmeklausel auf die zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) geschlossenen Tarifverträge für die Zeitarbeit. Daneben finden sich im Arbeitsvertrag Regelungen, die teilweise von diesen tariflichen Bestimmungen abweichen. Von April 2014 bis August 2015 war der Kläger als Coil-Carrier-Fahrer bei einem Kunden der Beklagten (Entleiher) eingesetzt. Für diesen Einsatz vereinbarten die Parteien eine Stundenvergütung von 11,25 Euro brutto. Die beim Entleiher als Coil-Carrier-Fahrer tätigen Stammarbeitnehmer erhielten nach den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie ein deutlich höheres Entgelt. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger für den Entleihzeitraum die Differenz zwischen der gezahlten Vergütung und dem Entgelt, das Coil-Carrier-Fahrer beim Entleiher erhielten. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage insoweit abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Der Kläger hat für den Zeitraum der Überlassung dem Grunde nach einen Anspruch auf „Equal-Pay“ iSv. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG in der bis zum 31. März 2017 geltenden Fassung. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG aF zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Diese setzt insbesondere nach Systematik und Zweck der Bestimmungen des AÜG eine vollständige Anwendung eines für die Arbeitnehmerüberlassung einschlägigen Tarifwerks voraus. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält hingegen Abweichungen von den tariflichen Bestimmungen, die nicht ausschließlich zugunsten des Arbeitnehmers wirken. Der Senat konnte mangels hinreichender Feststellungen über die Höhe der sich daraus ergebenden Differenzvergütungsansprüche nicht selbst entscheiden. Dies führte zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=23342&pos=0&anz=33&titel=Abweichung_vom_%84Equal-Pay-Grundsatz%93_durch_Bezugnahme_auf_Tarifvertrag

III.
Ruhegeld - Ablösung – Betriebsübergang
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Oktober 2019, Az. 3 AZR 429/18

Die Betriebsparteien sind bei Eingriffen in Versorgungsrechte an die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden. Der Dritte Senat hat diese Grundsätze in ständiger Rechtsprechung für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften durch das sog. dreistufige Prüfungsschema präzisiert. Danach sind den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe der Arbeitgeber gegenüberzustellen. Dieses Schema findet auch Anwendung, wenn eine Versorgungsordnung infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch eine beim Erwerber bereits geltende Betriebsvereinbarung abgelöst wird.
Dem Kläger war bei seinem ursprünglichen Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung nach einer Betriebsvereinbarung zugesagt worden. Im Jahr 1998 kam es zu einer Verschmelzung mit der Betriebserwerberin, bei der es zu diesem Zeitpunkt zwei bereits geschlossene Ruhegeldordnungen (RGO I und II) sowie ein nicht geschlossenes Versorgungswerk (BV VO) in Form von Gesamtbetriebsvereinbarungen gab. Im Jahr 2000 schloss die Erwerberin mit den zuständigen Gewerkschaften einen Tarifvertrag (TV 2000), der Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung für die ehemaligen Mitarbeiter der ursprünglichen Arbeitgeberin enthielt. Danach sollten die RGO I und II einmalig geöffnet und die übernommenen Arbeitnehmer in diese Versorgungsordnungen so einbezogen werden, als hätten sie ihre gesamte Betriebszugehörigkeit beim Erwerber verbracht. Der Tarifvertrag ermächtigt die Betriebsparteien zur Regelung von Einzelheiten. Daraufhin schlossen Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung für die übernommenen Arbeitnehmer (BV Überleitung).
Der Kläger erhielt auf dieser Grundlage ein Altersruhegeld. Im Juni 2014 teilte die Beklagte dem Kläger - wie auch einer Vielzahl anderer ehemaliger Mitarbeiter der ursprünglichen Arbeitgeberin - mit, dass sein Ruhegeld fehlerhaft berechnet worden sei. Sie zahlte ab Juli 2014 das von ihr neu ermittelte niedrigere Ruhegeld. Der Kläger begehrt mit seiner Klage ein Altersruhegeld in der bisher gezahlten Höhe. Die Ablösung der beim Veräußerer geltenden Versorgungsordnung entfalte keine Wirkung. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
Die beim Erwerber bestehende BV VO war ungeeignet, die beim Veräußerer geltende Versorgungsordnung abzulösen. Die damit verbundenen Eingriffe hielten einer Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas nicht stand.
Erst die später durch den TV 2000 geregelten Verschlechterungen sind gerechtfertigt. Die tariflichen Bestimmungen halten sich im Rahmen der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Diese Grundsätze führen bei Tarifverträgen zu einer gegenüber dem dreistufigen Prüfungsschema eingeschränkten Überprüfung. Die Betriebsparteien haben in der BV Überleitung gegenüber dem TV 2000 jedoch weitere Verschlechterungen vorgenommen, die vom Tarifvertrag nicht gedeckt waren. Insoweit ist die BV Überleitung wegen des gesetzlich vorgesehenen Tarifvorrangs teilunwirksam.
Die Sache war an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Landesarbeitsgericht wird das dem Kläger zustehende Ruhegeld neu zu ermitteln haben.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=23366&pos=0&anz=34&titel=Ruhegeld_-_Abl%F6sung_-_Betriebs%FCbergang

IV.
Alterssicherung - Schichtzuschläge - Schichtpauschale – Betriebsratsfreistellung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2019, Az. 19 Sa 15/19

1. Wird ein Betriebsrat, an den bis dahin Schichtzuschläge gezahlt wurden, von der Arbeitspflicht vollständig freigestellt und werden an ihn die Schichtzuschläge in Form von Pauschalzahlungen weiter gewährt, so stellt dies keine unzulässige Begünstigung des Betriebsrats dar, auch wenn er sein Amt ausschließlich in der Tagesschicht ausübt (Abgrenzung zu BAG 18. Mai 2016 - 7 AZR 401/14 -).
2. Gerät der Schichtbetrieb in Wegfall - vorliegend wegen Stilllegung der Fabrikation - entfällt auch der Anspruch des Betriebsrats auf Weiterzahlung der Schichtpauschalen, weil der Verlust der Schichtzuschläge nicht ausschließlich auf der Freistellung beruht.
3. Ein Anspruch auf Weiterzahlung der Schichtzuschläge ergibt sich auch nicht aus § 6 MTV für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden (Alterssicherung). Zwar sind die Schichtpauschalen in die Verdienstsicherung mit einzubeziehen. Die Auslegung des Tarifvertrages ergibt aber, dass sich die Verdienstsicherung um den Betrag der gezahlten Schichtpauschalen reduziert, wenn sämtliche Arbeitskräfte die Schichtzuschläge einbüßen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=29471&pos=0&anz=36

V.
Betriebliche Altersversorgung - Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG bei Gesamtversorgungszusagen
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7.8.2019, Az. 4 Sa 6/19

1. Grundsätzlich ist für jede Versorgungsleistung eine getrennte Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmen (Anschluss an BAG 14. Februar 2012 - 3 AZR 685/09).
2. Soll eine Versorgungszusage in Zusammenschau mit Versorgungsleistungen einer Pensionskasse eine Gesamtversorgung gewährleisten und ist die Leistungszusage mit den Leistungen der Pensionskasse derart verkoppelt, dass auch nach Eintritt des Versorgungsfalls bei Anpassungen ein bestimmtes Gesamtversorgungsniveau dauerhaft fortgeschrieben werden soll, so kann ausnahmsweise eine Einheitsbetrachtung dergestalt geboten sein, dass die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG bezogen auf die Gesamtversorgung vorzunehmen ist. Dies muss sich aus der Versorgungszusage jedoch hinreichend deutlich ergeben. In diesen Fällen dienen die Zuweisungen der Überschussbeteiligungen der Pensionskasse nicht der Erfüllung der Anpassungspflicht gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG, sondern haben nur die Funktion, zur versprochenen Gesamtversorgungsleistung beizutragen und den Arbeitgeber von sonstigen Versorgungsleistungen, die diesem Ziel dienen, zu entlasten.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=29218&pos=2&anz=36

VI.
Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages bei zeitgleich gesondert vereinbarter Vertragsänderung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.7.2019, Az. 4 Sa 22/19

1. Bei der Beurteilung, ob eine Vertragsänderung bereits vor der Vereinbarung zur Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages bestand, ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages abzustellen und nicht auf dessen Wirkungszeitpunkt.
2. Werden die Vereinbarung zur Verlängerung der sachgrundlosen Befristung und der Vertrag zur Änderung der Vertragsbedingungen zeitgleich, jedoch in getrennten Vereinbarungen abgeschlossen, liegt kein befristungsschädlicher Neuabschluss eines Arbeitsvertrages vor, wenn die Vereinbarungen dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bereits vorunterschrieben vorgelegt wurden und der Arbeitnehmer die freie Wahl hat, den einen Vertrag zu unterschreiben und den anderen nicht zu unterschreiben. Lediglich wenn der Arbeitgeber die Vertragswerke so miteinander verkoppelt, dass damit zum Ausdruck kommt, dass der eine Vertrag nur gemeinsam mit dem anderen Vertrag zustande kommen könne, liegt eine unzulässige Beeinflussung der Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers bezogen auf die Verlängerungsvereinbarung vor.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=29258&pos=4&anz=36

VII.
Untreue des Arbeitnehmers; Schadensersatz; Betriebsübergang; Rückabtretung; Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung; Erledigungsklausel; Erlassvertrag
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 3.7.2019, Az. 4 Ca 7274/18

1. Zu den Rechten und Pflichten iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehören auch Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer aus Verletzung arbeitsrechtlicher Vertragsbeziehungen sowie konkurrierende Ansprüche aus Delikts- und Bereicherungsrecht.
2. Schließt der Betriebserwerber mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag nebst Gesamterledigungsklausel im Sinne eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses, dann sind hiervon regelmäßig auch mögliche Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung inklusive des Restschadensersatzanspruchs gemäß § 852 Satz 1 BGB erfasst.
3. Das Berufen auf eine solche Gesamterledigungsklausel durch den Arbeitnehmer ist nur dann treuwidrig im Sinne von § 242 BGB, wenn der Erwerber bei Vertragsschluss keine Kenntnis von der vorsätzlichen unerlaubten Handlung hatte und diese auch nicht kennen musste.
4. Die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs vorhandene Kenntnis des Veräußerers muss sich der Erwerber aufgrund der Legalzession in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend § 404 iVm. § 412 BGB zurechnen lassen.
5. Die Verkennung der Aktivlegitimation durch den Erwerber bei Abschluss einer Gesamterledigungsklausel stellt einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum dar.
6. Die Erhebung einer Klage aus eigenem Recht hemmt die Verjährung von Ansprüchen aus abgetretenem Recht nicht.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=29215&pos=6&anz=36

VIII.
Konsultationsverfahren, Auskunftspflicht des Arbeitgebers
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 16.08.2019, Az. 18 Sa 232/19

Es bleibt offen, ob der Arbeitgeber im Rahmen des Konsultationsverfahrens verpflichtet ist, Auskünfte über etwaige Beschäftigungsmöglichkeiten bei anderen (Konzern-) Unternehmen zu erteilen. Eine Auskunftspflicht besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Betriebsrat bereits Kenntnis von den Beschäftigungsmöglichkeiten besitzt.

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2019/18_Sa_232_19_Urteil_20190816.html

IX.
Kündigung; Schwerbehinderung; Integrationsamt; Kündigungserklärungsfrist
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 5.09.2019, Az. 6 Sa 72/19

1. Die Tatsache, dass es sich bei dem Kündigungsgrund um einen Dauertatbestand handelt, ist bei einer Verletzung der Kündigungserklärungsfrist des § 171 Abs. 3 SGB IX, also bei dem Zugang einer Kündigung mehr als einen Monat nach Zustimmung des Integrationsamtes, unerheblich.
2. Auch wenn eine negative Gesundheitsprognose ein Dauertatbestand sein mag, handelt es sich bei der Zustimmung des Integrationsamtes zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung um ein zeitlich punktuelles Ereignis. In analoger Anwendung des § 174 Abs. 5 SGB IX ist daher nach Zugang der Zustimmung des Integrationsamtes die einen Monat währende Kündigungserklärungsfrist aus § 171 Abs. 3 SGB IX auszudehnen bis zum Abschluss eines im öffentlichen Dienst ggfls. notwendigen Mitbestimmungsverfahrens; die Kündigung ist dann aber unverzüglich auszusprechen.
3. Mit dem empfehlenden Beschluss der Einigungsstelle endet das Einigungsstellen- und damit das Mitbestimmungsverfahren im öffentlichen Dienst. Das weitere Verfahren, insbesondere die Entscheidung der Stelle nach § 68 LPVG NW, fällt in den Bereich der Ausübung der Organisations- und Personalhoheit, die allein dem Dienstherrn oder Verwaltungsträger zusteht (hier wie BVerwG v. 17.03.1987 – 6 P 15/85).

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/6_Sa_72_19_Urteil_20190905.html

X.
Kündigung; Stilllegungsbeschluss; Zusatzvereinbarung Leiharbeit; Arbeitnehmerüberlassung.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 29.08.2019, Az. 6 Sa 148/19

Begründet eine Arbeitgeberin eine Kündigung mit der beschlossenen Einstellung des Geschäftsfeldes, in dem der betroffene Arbeitnehmer bisher tätig war, und mit der zukünftigen Fremdvergabe der dort angefallenen Tätigkeiten, kommt eine Beendigungskündigung nicht in Betracht, wenn die Vertragsparteien zuvor eine Zusatzvereinbarung geschlossen hatten, der zufolge die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer ihren Kunden überlassen darf, sie die Einstellung des Geschäftsfeldes „Arbeitnehmerüberlassung“ aber weder dem Betriebsrat mitgeteilt, noch als Kündigungsgrund geltend gemacht hat.

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/6_Sa_148_19_Urteil_20190829.html

XI.
Freistellung einer Personalvertretung von Sachverständigenkosten – Fehlen einer vorherigen Verständigung über die weitere Hinzuziehung eines Sachverständigen – Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 9.08.2019, Az. 9 TaBV 16/19

Die Berufung eines Arbeitgebers auf die fehlende vorherige Verständigung über die weitere Hinzuziehung eines Sachverständigen kann sich im Einzelfall als Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit darstellen. Die Personalvertretung kann dann gleichwohl die Freistellung von den Sachverständigenkosten beanspruchen

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/9_TaBV_16_19_Beschluss_20190809.html

XII.
Zahlungsklagen
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 01.08.2019, Az. 5 Sa 196/19

Die Auskunft nach § 11 Entgelttransparenzgesetz ist kein Indiz im Sinne des § 22 AGG, welches auch bei großen Vergütungsunterschieden zwischen dem Verdienst einer Klägerin und dem Median der männlichen Vergleichsgruppe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vermuten lässt.

Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE190012361&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

XIII.
Unzulässigkeit einer Klauselerinnerung im Beschlussverfahren - einstweilige Verfügung
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.10.2019, Az. 26 Ta 1701/19

1. Im Beschlussverfahren ergangene einstweilige Verfügungen (§ 85 Abs. 2 ArbGG) sind sofort vollstreckbar, da § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, wonach die Zwangsvollstreckung in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten nur aus rechtskräftigen Beschlüssen des Arbeitsgerichts stattfindet, auf einstweilige Verfügungen im Beschlussverfahren keine Anwendung findet (Düwell/Lipke-Reinfelder 5. Aufl. 2019 § 85 Rn. 8).
2. Grundsätzlich setzt die Zwangsvollstreckung eine mit der Klausel versehene Ausfertigung des Titels voraus. Eine Ausnahme hiervon macht § 929 Abs. 1 ZPO, der über § 936 ZPO auf einstweilige Verfügungen entsprechend anzuwenden ist.
3. Eine Klauselerinnerung ist unzulässig, wenn sie darauf gestützt wird, die Klausel hätte nicht erteilt werden dürfen, obwohl es hierauf im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht ankommt.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ozu/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190013075&documentnumber=1&numberofresults=1193&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XIV.
Bewertung von Auskunftsanträgen bezogen auf die Hintergründe eines behaupteten Betriebsübergangs - keine entsprechende Anwendung des § 182 InsO auf Leitungsantrag - maßgeblicher Bewertungszeitpunkt bei Hilfsanträgen - Streitwert bei unbeziffertem Leistungsantrag (Nachteilsausgleich)
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6028/19

1. Bei einem unbezifferten Leistungsantrag (hier bzgl. Nachteilsausgleichs) ist der Streitwert am angemessenen Betrag auszurichten, wenn die klagende Partei die Festlegung des Betrags in das Ermessen des Gerichts gestellt hat.
Ggf. hat das Gericht den Streitwert im Hinblick auf einen ihm angemessen und billig erscheinenden Betrag auch höher festzusetzen, als dies einer angegebenen Größenvorstellung der klagenden Partei entspricht (vgl. BGH 30. April 1996 – VI ZR 55/95, zu II b der Gründe; zum Streitstand ausführlich: OLG Saarbrücken 26. November 2009 – 4 W 343/09, Rn. 9, mwN).
2. Die in § 1a Abs. 2 KSchG festgelegte Höhe des gesetzlichen Abfindungsanspruchs nach § 1a Abs. 1 KSchG kann wegen der hierin ausgedrückten gesetzgeberischen Wertung als Berechnungsgrundlage beim Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG, § 83 TVPV herangezogen werden (vgl. BAG 7. November 2017 – 1 AZR 186/16, Rn. 35 - 38). Diese Grundsätze können auf § 83 TVPV übertragen werden.
3. Wie nach § 1a Abs. 2 Satz 3 KSchG ist bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses bei einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden. Maßgeblich ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
4. Der Umstand, dass der mit der Klage für den Nachteilsausgleich geltend gemachte Betrag voraussichtlich nicht in vollem Umfang zu realisieren sein wird, rechtfertigt es in der vorliegenden Konstellation (Leistungsantrag) nicht, bei der Berechnung des Gesamtstreitwerts einen geringeren Betrag in Ansatz zu bringen.
5. Bei der Angabe eines Mindestbetrages entspricht der Streitwert mindestens diesem Betrag. Allerdings ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es der klagenden Partei wirklich um die Angabe eines Mindesbetrages geht oder ob sie nur ihre Rechtsansicht zu einer aus ihrer Sicht richtigen Ermessensausübung kundtun möchte.
6. Nach einem sachdienlichen Übergang von einem Leistungs- auf einen Feststellungsantrag nach Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit kann regelmäßig auf den Nominalbetrag der Forderung nicht mehr abgestellt werden (vgl. BGH 3. Februar 1988 – VIII ZR 276/87).
Massegläubiger, die sich mit dem Übergang auf einen Feststellungsantrag im Ergebnis einem Insolvenzverfahren unterwerfen, bringen damit zum Ausdruck, dass es ihnen um den Bestand ihrer Forderung nur noch im Rahmen der zu erreichenden Quote geht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 6. September 2019 - 26 Ta (Kost) 6012/19). Dann kann die Werthaltigkeit des Antrags nicht unberücksichtigt bleiben.
7. Die Kammer geht für diese Konstellation davon aus, dass jedenfalls nach Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit am 30. April 2019 eine realistische Quote für etwaige Nachteilsausgleichsansprüche, die über den für den Kündigungsschutzantrag festzusetzenden Betrag hinausgingen, nicht absehbar ist.
8. Wird der Nachteilsausgleichsanspruch als Hilfsantrag geltend gemacht, kommt es für die Bewertung auf den Zeitpunkt an, zu dem über den Antrag entschieden wird. Das gilt auch für die Angabe der klagenden Partei zu einem Mindestbetrages im Rahmen des unbezifferten Leistungsantrags.
9. Der Antrag auf Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Kündigung zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist neben dem Kündigungsschutzantrag nicht gesondert zu bewerten.
10. Werden im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens Auskünfte im Zusammenhang mit einem behaupteten Betriebsübergang gefordert, sind diese mit einem halben Bruttomonatsverdienst angemessen bewertet (vgl. dazu LAG Berlin-Brandenburg 7. August 2017 - 17 Ta (Kost) 6070/17, zu Nr. 1 der Gründe), wenn es darum geht, die Aussichten einer Klage gegen den vermeintlichen Betriebserwerber bewerten zu können bzw. die Klage gegen diesen vorzubereiten.
11. Dienen die Auskünfte bei verständiger Auslegung des Antrags allein der Schlüssigmachung der Klage gegen den Veräußerer oder einen zugleich mitverklagten Erwerber, entspricht das der Konstellation bei der Stufenklage, § 44 GKG (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 6. September 2019 - 6012/19, Rn. 45).
12. Wird zunächst die volle Vergütung geltend gemacht, steht das der Berücksichtigung bzw. einem Abzug der Lohnersatzleistungen bei der Bemessung des Streitwerts dann nicht entgegen, wenn bereits bei Anbringung des Antrags darauf hingewiesen worden ist, dass Lohnersatzleistungen zu erwarten und diese noch abzuziehen sind (vgl. dazu LAG Berlin-Brandenburg 16. Juli 2019 – 26 Ta (Kost) 6040/19, Rn. 15).

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ozu/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190012646&documentnumber=2&numberofresults=1193&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XV.
Betriebliche Altersversorgung, Witwenrente, Altersdiskriminierung, Geschlechtsdiskriminierung, Versorgungsordnung, Mindestehedauer, Versorgungsehe, mittelbare Diskriminierung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.09.2019, Az. 1 Sa 86/19

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenversorgung.
Die Klägerin ist die Witwe des am ....1942 geborenen und am ...03.2018 verstorbenen K...M.... Die Eheschließung erfolgte am ...02.2018. Herr M...hatte seit seinem Ausscheiden als Arbeitnehmer bei der Beklagten im Mai 2005 von dieser eine Betriebsrente in Höhe von zuletzt auf EUR 416,50 brutto monatlich bezogen.
Ausweislich der Versorgungsordnung für die Beklagte vom 31.12.1982, die nach der Präambel und den Unterschriften von der Beklagten mit ihrem Betriebsrat geschlossen worden ist, gilt auszugsweise Folgendes:
VI. Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrente
1. Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt die hinterlassene Ehefrau eines Anwärters mit dessen Tode. Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, dass der Anwärter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hatte und dass bereits am letzten 1. September vor seinem Tode sowohl die Wartezeit (III) abgelaufen war als auch die Ehe nachweislich mindestens ein Jahr bestand.
2. Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt auch die hinterlassene Ehefrau eines früheren Arbeitnehmers, der bis zu seinem Tode selbst Anspruch auf Ruhegeld hatte (nachfolgend: „Ruhegeldempfänger“ genannt). Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, dass der Ruhegeldempfänger die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres und vor dem Erwerb des Anspruchs auf Ruhegeld (V) geschlossen hatte und dass bereits am letzten 1. September vor seinem Tode die Ehe nachweislich mindestens ein Jahr bestand.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/08B26224D719BB67C125849600361C77/$file/Urteil-1-Sa-86-19-10-09-2019.pdf

XVI.
Wertfestsetzung, Gegenstandswert, Beschlussverfahren, Einstweilige Verfügung, Unterlassungsantrag, Betriebsänderung, Streitwertkatalog
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.09.2019, Az. 1 Ta 90/19

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswerts zur Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren in einem Beschlussverfahren in der Form eines einstweiligen Verfügungsverfahrens.
Im Ausgangsverfahren haben die Beteiligten zu 1.,3. –5.über den Erlass einer einstweiligen Verfügung gestritten, mit der den Beteiligten zu 4. und 5. der Abschluss einer Führungsvereinbarung zur Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs untersagt wer-den sollte, bevor die Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs wegen des beabsichtigten Zusammenschlusses dieser Beteiligten abgeschlossen waren oder der Versuch einer Einigung in der Einigungsstelle gescheitert war.
Die Beteiligte zu 4. betreibt eine Fachklinik mit 665 Mitarbeitern, die Beteiligte zu 5. eine Klinik mit 822 Mitarbeitern. Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Beteiligten zu 1. und 3. abgewiesen, die sich im Verfahren durch den Beteiligten zu 2. haben vertreten lassen. Auf Antrag des im Hauptverfahren ebenfalls beteiligten Konzernbetriebsrats hat das Arbeitsgericht die begehrte einstweilige Verfügung erlassen.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/F6EE88E42F8C201CC125849400354642/$file/Beschluss-1-Ta-90-19-26-09-2019.pdf

XVII.
Restitutionsklage, Unzulässigkeit, Frist
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.09.2019, Az. 6 Sa 135 öD/19

Mit ihrer am 11.04.2019 beim Arbeitsgericht Elmshorn eingegangenen Restitutions-klagewollen die Kläger die Wiederaufnahme des beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holsteinunter dem Aktenzeichen 3 Sa 244/14 geführten Berufungsverfahrens und die Aufhebung des in diesem Verfahren ergangenen rechtskräftigen Urteils vom 18.02.2015erreichen.Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14.06.2019 an das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein verwiesen. Die Kläger begehren im Ausgangsverfahren u.a. Feststellung, dass zwischen ihnen und dem Beklagten seit dem 25.07.2006 ein Arbeitsverhältnis besteht und entsprechende Vergütung nach dem TVöD nachzuzahlen ist. Außerdem verlangen sie Vertragsexemplare, Zwischenzeugnisse, Abrechnungen und Weiterbeschäftigung als Pflegepersonen

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/BE9C7D02DCEA5C14C1258494003551E3/$file/Urteil-6-Sa-135%20%C3%B6D-19-18-09-2019.pdf

XVIII.
Prozesskostenhilfe, Bewilligungsverfahren, keine Belege, Elektronischer Rechtsverkehr, beA, Empfangsbekenntnis verweigert
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.09.2019, Az. 5 Ta 94/19

Beschwerdeverfahren wendet sich der Kläger gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Im Hauptsacheverfahren machte der Kläger rückständige Vergütung geltend und wandte sich gegen eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten. Dieser Rechtsstreit wurde durch Prozessvergleich am 13.06.2019 rechtswirk-sam erledigt, wonach das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30.04.2019 endete.
Mit der Klagschrift vom 13.05.2019 beantragte der Kläger zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und reichte eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum PKH-Heft. Die Angaben zu seinem Einkommen bezogen sich noch auf den Beschäftigungszeit-raum bei dem Beklagten.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/58C5E6FF5B5CC3AEC12584940035618B/$file/Beschluss-5-Ta-94-19-19-09-2019.pdf

XIX.
Entschädigung, Öffentlicher Arbeitgeber, Schwerbehinderter, Vorstellungsgespräch, Ausschreibung, Anforderungsprofil, offensichtlich ungeeignet, überqualifiziert, personalpolitische Gründe, personalwirtschaftliche Gründe
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.08.2019, Az. 5 Sa 375 öD/18

Die Parteien streiten darüber, ob dem schwerbehinderten Kläger ein Entschädigungs-anspruch nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zusteht, weil die Beklagte ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/4DD52BB74905BB78C125848F0049369B/$file/Urteil-5-Sa-375%20%C3%B6D-18-29-08-19.pdf

XX.
Fortbildung, Weiterbildung, Steuerberaterlehrgang, Lehrgangskosten, Rückzahlungsvereinbarung, Rückzahlungsklausel, Wirksamkeit, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Transparenz, unangemessene Benachteiligung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.08.2019, Az. 3 Sa 67/19

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Kosten, die die Kläger für die Teilnahme der Beklagten an Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung gezahlt haben.
Die Kläger sind Partner einer Steuerberatungskanzlei. Die Beklagte war in der Zeit vom 02.07.2009 bis zum 30.06.2018 als Steuerfachangestellte bei den Klägern tätig. Während des Bestandes des Beschäftigungsverhältnisses hatte sie sich bereits zur Steuerfachwirtin weiterqualifiziert. Die Kosten für den Lehrgang hatten die Kläger getragen und auch nicht von der Beklagten zurückgefordert (Ss. vom 23.01.2019 -S. 3, Bl. 59 d. A.). Auch die Klägerinnen zu 3. und zu 4. hatten in der Vergangenheit bei dem Kläger zu 1. zunächst als Steuerfachgehilfinnen angefangen und dann auf dessen Kosten zunächst die Fortbildung zur Steuerfachwirtin, später auch die Weiterbildung zur Steuerberaterin absolviert (Bekl.-Ss. vom 08.01.2019 -Bl. 31 d.A.; Kläg.-Ss. vom 23.01.2019 -Bl. 57 f d.A.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/A5C269D66DDD9BFDC125848C0024519C/$file/Urteil-3-Sa-67-19-21-08-2019.pdf

XXI.
Rechtsweg, Fremdgeschäftsführer
LAG Schleswig-Holstein, 04.07.2019, Az. 6 Ta 51/19

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen und in der Hauptsache über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung.
Die Beklagte bietet psychosoziale Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen in den Bereichen Wohnen, Arbeit, Betreuung und Freizeit an. Sie beschäftigt ca. 80 Mitarbeiter. Gemäß § 11 ihrer Satzung vom 08.06.1999 wird sie durch einen oder mehrere Geschäftsführer bzw. Geschäftsführerinnen vertreten, die jeweils alleinvertretungsberechtigt sind. Der Geschäftsführer/die Geschäftsführerin bedürfen, ohne dass ihre Vertretungsmacht nach außen dadurch beeinträchtigt wäre, für folgende Geschäfte der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung:
- die Aufnahme und Gewährung von Krediten von mehr als 100.000,00 DM, von Bürgschaften und Übernahme von Wechselverbindlichkeiten,
- die Vornahme von Baumaßnahmen, die nicht der notwenigen Instandhaltung dienen und ein 100.000,00 DM übersteigendes Investitionsvolumen haben,
- die Bestellung von Prokuristen,
- den Abschluss von Grundstücksmiet-und pachtverträgen mit einem größeren Geldvolumen als 30.000,00 DM jährlich im Einzelfall, Ersatzmietraum ausgenommen
- den Abschluss von Anstellungsverträgen außerhalb des genehmigten Stellenplanes oder sofern keine gesicherte Refinanzierung hier-für vorliegt,
- zu Investitionen, die im Einzelfall 75.000,00 DM überschreiten,
- für Ausgaben, die den genehmigten Wirtschafts-und Haushaltsplan wesentlich überschreiten, soweit nicht durch zusätzliche Einnahme oder Einsparungen an anderer Stelle gedeckt oder durch Gesellschaftsabschluss im Einzelfall genehmigt.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/64D0216B764753B4C125848C00245EE6/$file/Beschluss-6-Ta-51-19-04-07-2019.pdf

XXII.
Fristen
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. August 2019, Az. VIII ZB 19/18

Scheitert die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes an der temporären Belegung oder Störung des Telefaxempfangsgeräts des Gerichts, darf der Prozessbevollmächtigte der Partei nicht ohne Weiteres mehrere Stunden vor Ablauf des letzten Tages der Frist -vorliegend bereits gegen 20.00 Uhr-zusätzliche Übermittlungsversuche einstellen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 4. November 2014 -IIZB 25/13, NJW 2015, 1027 Rn. 21)

Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=5&nr=99220&pos=157&anz=505

XXIII.
Fristen
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. August 2019 -VIII ZB 29/19, veröffentlicht am 11.09.2019

Die Vorschrift des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO verlangt, dass die Berufungs-begründungsschriftihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll (im Anschluss an Senatsurteil vom 22.März 2006 -VIIIZR 212/04, NJW 2006, 2705 Rn.8; BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 -VIIIZB 13/10, WuM2011, 48 Rn.7; vom 10. Juni 2015 -XII ZB 611/14, NJW-RR 2015, 963 Rn.10; vom 1. Juni 2017 -IIIZB 77/16, NJW-RR 2017, 1341 Rn.8; jeweils mwN).
Das ist aber bereits dann der Fall, wenn die Berufungsbegründung den Schluss auf die Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Begehrens zulässt (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2012 -VZB 184/11, NJW-RR 2012, 397 Rn.6; vom 29. März 2012 -VZB 176/11, juris Rn.6; vom 26. Juni 2019 -VIIZB 61/18, juris Rn. 9).

Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=4&nr=99283&pos=146&anz=505

XXIV.
Fristen
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. August 2019, Az. VII ZB 35/17

Der Einzelanwalt, der am Tag des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist unvorhergesehen erkrankt und deshalb nicht mehr in der Lage ist, die Berufungsbegründung rechtzeitig fertigzustellen, genügt seinen Sorgfaltspflichten regelmäßig dann, wenn er einen Vertreter beauftragt, der einen Fristverlängerungsantrag stellt. Erteilt die Gegenseite in diesem Fall die zur Fristverlängerung gemäß § 520 Abs. 2 ZPO erforderliche Einwilligung nicht und wird die Frist des-halb nicht verlängert, ist dem Berufungsführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren (Fort-führung von BGH, Beschluss vom 6.Juli2009 -II ZB 1/09, NJW 2009, 3037).

Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=3&nr=99547&pos=103&anz=514

Mit besten kollegialen Grüßen
Ihr

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident

VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
Kronprinzstr. 14
70173 Stuttgart
Telefon: (0711) 3058 9320
Telefax: (0711) 3058 9311
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