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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, Kündigung, wichtiger Grund, Compliance
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 28.05.2019, Az. 8 U 146/18
1.Gibt ein GmbH-Geschäftsführer eine Zahlung auf eine - wie er weiß - fingierte Forderung frei, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die unternehmensinternen Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte verstieß, kann darin eine Pflichtverletzung liegen, die einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages darstellt.
Den Geschäftsführer entlastet dann nicht die Annahme, sein Mitgeschäftsführer habe das Vorgehen gebilligt.
2. Die Kündigung aus wichtigem Grund wegen gravierender Compliance-Verstöße eines Geschäftsführers setzt keine Abmahnung voraus.
3. Die Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung wird nicht unangemessen verzögert, wenn zur Aufklärung des Sachverhalts die konzerneigene Compliance-Abteilung eingeschaltet und dadurch eine Einarbeitungszeit erforderlich wird. Es ist ein Gebot umsichtiger Ermittlungen, diese sorgfältig vorzubereiten und zu organisieren.
Eine Frist von 10 Wochen bis zur Abhaltung der Gesellschafterversammlung kann noch akzeptabel sein, wenn sich etwa wegen Urlaubs und dienstlicher Abwesenheit die beabsichtigte zeitgleiche Befragung mehrerer Personen verzögert und sich aus den Befragungen weiterer Ermittlungsbedarf ergibt.
Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2019/8_U_146_18_Urteil_20190529.html
II.
Heimarbeit - Verdienstsicherung und Urlaubsabgeltung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2019, Az. 9 AZR 41/19
Ein Heimarbeiter kann nach Maßgabe des Heimarbeitsgesetzes (HAG) eine Sicherung seines Entgelts für die Dauer der Kündigungsfrist sowie Urlaubsabgeltung nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verlangen.
Der Kläger erbrachte für die Beklagte regelmäßig Leistungen als selbstständiger Bauingenieur/Programmierer in Heimarbeit. Nachdem die Beklagte beschlossen hatte, ihr Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren, wies sie dem Kläger seit Dezember 2013 keine Projekte mehr zu. Das Heimarbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. April 2016. Für diesen Zeitraum hat der Kläger von der Beklagten verlangt, ihm Vergütung iHv. 171.970,00 Euro brutto zu zahlen sowie 72 Werktage Urlaub iHv. 15.584,94 Euro brutto abzugelten.
Die Vorinstanzen haben der Klage teilweise stattgegeben. Soweit die Klage abgewiesen wurde, verlangt der Kläger mit der Revision die Zahlung weiterer 130.460,00 Euro brutto wegen Nichtausgabe von Heimarbeit sowie Urlaubs-abgeltung für das Jahr 2014 iHv. 4.091,71 Euro brutto sowie iHv. 5.194,83 Euro brutto für das Jahr 2015. Die Revision vor dem Neunten Senat des Bundes-arbeitsgerichts hatte nur hinsichtlich der begehrten Urlaubsabgeltung Erfolg.
Neben dem Entgelt, das die Beklagte für die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist, während der sie keine Heimarbeit ausgab, schuldete, kann der Kläger keine weitere Vergütung verlangen. Ein Anspruch unter den Gesichtspunkten des Annahme-verzugs oder Schadensersatzes besteht nicht. Es fehlt an einer besonderen Absprache der Parteien, dem Kläger Projekte in einem bestimmten Umfang zuzuweisen. Heimarbeiter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge. Da sie aber regelmäßig auf Aufträge angewiesen sind, sehen die Bestimmungen des Heimarbeitsgesetzes zum Kündigungsschutz eine Entgeltsicherung vor. Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, kann der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 HAG für die Dauer der Kündigungsfrist Fortzahlung des Entgelts beanspruchen, das er im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor der Kündigung durch Heimarbeit erzielt hat. § 29 Abs. 8 HAG sichert das Entgelt, wenn der Auftraggeber nicht kündigt, jedoch die Arbeitsmenge, die er mindestens ein Jahr regelmäßig an einen Heimarbeiter ausgegeben hat, um mindestens ein Viertel verringert. Die Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 HAG steht dem Heimarbeiter jedoch nur alternativ zu.
Die Höhe der bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses geschuldeten Urlaubsabgeltung ist nach § 12 Nr. 1 BUrlG auf der Grundlage des Entgelts des Heimarbeiters in der Zeit vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres zu ermitteln. Für den Urlaub aus dem Jahr 2014 ist deshalb im Streitfall auf das Entgelt abzustellen, das der Kläger in der Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 erzielt hat. Die hierfür erforderlichen Tatsachen wird das Landesarbeitsgericht nach der insoweit erfolgten Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben. Für das Jahr 2015 steht dem Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 1.103,12 Euro brutto zu.
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=23005&pos=0&anz=28&titel=Heimarbeit_-_Verdienstsicherung_und_Urlaubsabgeltung
III.
Sachgrundlose Befristung - Vorbeschäftigung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. August 2019, Az. 7 AZR 452/17
Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, gelangt das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmte Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift regelmäßig nicht zur Anwendung.
Die Klägerin war in der Zeit vom 22. Oktober 1991 bis zum 30. November 1992 bei der Beklagten als Hilfsbearbeiterin für Kindergeld beschäftigt. Mit Wirkung zum 15. Oktober 2014 stellte die Beklagte die Klägerin als Telefonserviceberaterin im Servicecenter erneut ein. Das zunächst bis zum 30. Juni 2015 sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis wurde später bis zum 30. Juni 2016 verlängert. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung am 30. Juni 2016 geendet hat. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.
Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist ohne Sachgrund wirksam. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes zwar nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juni 2018 (- 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 -) können und müssen die Fachgerichte jedoch durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach ua. dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt. Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend, da die Vorbeschäftigung bei der erneuten Einstellung 22 Jahre zurücklag. Besondere Umstände, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten, liegen nicht vor.
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=23029&pos=0&anz=29&titel=Sachgrundlose_Befristung_-_Vorbesch%E4ftigung
IV.
Bundesgerichtshof zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Ermittlung des Schwellenwerts für die Bildung eines paritätischen Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungsgesetz
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Juni 2019, Az. II ZB 21/18
Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichthofs hat entschieden, dass Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung des Schwellenwerts von in der Regel mehr als 2.000 beschäftigten Arbeitnehmern für die Bildung eines paritätischen Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 MitBestG) zu berücksichtigen sind, wenn das Unternehmen regelmäßig während eines Jahres über die Dauer von mehr als sechs Monaten Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt.
Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin zu 2, eine GmbH, beschäftigt zum überwiegenden Teil fest angestellte Arbeitnehmer sowie daneben im Umfang von etwa einem Drittel der Belegschaft Leiharbeitnehmer, deren Anzahl in Abhängigkeit von der Auftragslage schwankt. Im Zeitraum von Januar 2017 bis März 2018 lag die Gesamtzahl der bei der Antragsgegnerin zu 2 Beschäftigten, d.h. der fest angestellten Arbeitnehmer und sämtlicher Leiharbeitnehmer, im Durchschnitt stets über 2.000. Bei Berücksichtigung nur der fest angestellten Arbeitnehmer und solcher Leiharbeitnehmer, deren tatsächliche oder prognostizierte Beschäftigungsdauer mehr als sechs Monate betrug, lag sie dagegen stets unter 2.000. Die Antragsgegnerin zu 1 ist ebenfalls eine GmbH, die die Antragsgegnerin zu 2 beherrscht.
Der Gesamtbetriebsrat der Antragsgegnerin zu 2 hat die Feststellung beantragt, dass bei beiden Antragsgegnerinnen ein paritätischer Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz zu bilden sei.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat den Feststellungsantrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass bei beiden Antragsgegnerinnen ein paritätischer Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz zu bilden ist.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerinnen zurückgewiesen.
Nach § 1 Abs. 1 i.V.m. §§ 6, 7 MitbestG ist in Unternehmen, die in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden und in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, ein paritätisch besetzter Aufsichtsrat zu bilden. Als Arbeitnehmer im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes sind neben den fest angestellten Arbeitnehmer und Angestellten eines Unternehmens nach § 14 Abs. 2 Satz 5 AÜG auch Leiharbeitnehmer grundsätzlich zu berücksichtigen, bei Ermittlung u.a. des Schwellenwerts nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG gemäß § 14 Abs. 2 Satz 6 AÜG allerdings nur dann, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.
Diese Mindesteinsatzdauer ist – wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat – nicht arbeitnehmerbezogen, sondern arbeitsplatzbezogen zu bestimmen. Abzustellen ist daher nicht darauf, dass der einzelne Leiharbeitnehmer bei dem betreffenden Unternehmen mehr als sechs Monate eingesetzt ist bzw. wird, sondern darauf, wie viele Arbeitsplätze in dem Unternehmen regelmäßig über die Dauer von sechs Monaten hinaus mit auch wechselnden Leiharbeitnehmern besetzt sind. Dabei ist auch unerheblich, auf welchem konkreten Arbeitsplatz die Leiharbeitnehmer in dieser Zeit eingesetzt werden. Entscheidend ist vielmehr, ob der Einsatz von Leiharbeitnehmern als solcher so dauerhaft erfolgt, dass er für die ständige Größe des Unternehmens ebenso prägend ist wie ein Stammarbeitsplatz.
Danach ist bei der Antragsgegnerin zu 2 ein paritätischer Aufsichtsrat gemäß § 1 Abs. 1 MitbestG zu bilden. Nach den vorliegenden Angaben hat sie ihren Personalbestand von insgesamt über 2.000 Beschäftigten in der Zeit von Januar 2017 bis März 2018 durchgehend, mithin während eines Jahres über die Dauer von sechs Monaten hinaus, zu ungefähr einem Drittel mit Leiharbeitnehmern besetzt, wobei die Zahl der Leiharbeitnehmer sogar gestiegen ist. Anhaltpunkte dafür, dass dieser Einsatz von Leiharbeitnehmern lediglich auf einem ungewöhnlichen, auf einer Ausnahmesituation beruhenden Bedarf an Arbeitnehmern beruhte, sind nicht ersichtlich. Für die Antragsgegnerin zu 1 ergibt sich die Pflicht zur Bildung eines paritätischen Aufsichtsrats damit aus der Konzernregelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 MitbestG i.V.m. § 18 AktG.
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2019&Sort=3&nr=98683&pos=2&anz=112
V.
Zahlungsansprüche und Zeugnisanspruch aus einem Scheinarbeitsvertrag, dem tatsächlich ein Prostitutionsvertrag (Sugar-Daddy-Verhältnis) zugrunde lag
Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 6.06.2019, Az. 17 Sa 46/19
Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2019/17_Sa_46_19_Urteil_20190606.html
VI.
Tarifvertraglicher Anspruch auf Urlaubs- u. Weihnachtsgeld; Anrechnung auf arbeitsvertragliche Entgeltansprüche, Günstigkeitsprinzip; freiwillige Betriebsvereinbarung, Sperrwirkung
Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2019, Az. 1 Sa 232/18
Siehe:
https://www.justiz.sachsen.de/lag/download/1Sa232-18.pdf
VII.
Gegenstandswert bei Arbeitslosengeldbezug - Bildung des Gesamtgegenstandswerts - eingeschränktes Verschlechterungsverbot
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.07.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6040/19
1. Für die Wertberechnung ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung abzustellen.
2. Wird bereits in der Klageschrift oder in anderen Klageerweiterungen beinhaltenden Schriftsätzen deutlich gemacht, dass ein Sozialleistungsbezugs mit der Konsequenz eines Anspruchsübergangs erfolgt oder zu erwarten ist, und ergibt die Auslegung, dass mit der Klage nur die Geltendmachung nicht übergegangener Ansprüche gewollt ist, werden die Anträge regelmäßig so auszulegen sein, dass von Anfang an nur der nach Abzug der übergegangenen oder übergehenden Ansprüche verbleibende Betrag tatsächlich geltend gemacht werden soll bzw. werden sollte (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 26. Februar 2019 – 26 Ta (Kost) 6091/18, zu II 2 der Gründe).
3. Es ist regelmäßig ein Gesamtgegenstandswert festzusetzen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 5. Juni 2019 – 26 Sa 6050/19, zu II 2 c bb der Gründe; 26 Ta (Kost) 6038/19, zu 3) der Gründe). Gegenstand der Festsetzung und damit des Beschwerdeverfahrens nach § 33 Abs. 3 RVG ist nicht die Bewertung eines bestimmten Streitgegenstands bzw. einzelner Streitgegenstände, sondern die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20. August 2018 – 26 Ta (Kost) 6070/18, zu II 3 a der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz 6. Juni 2007 – 1 Ta 105/07, Rn. 45).
4. Das Verschlechterungsverbot steht einer Verrechnung von zu niedrig und zu hoch angesetzten Bewertungen einzelner Positionen nicht entgegen (vgl. LAG Düsseldorf 25. November 2016 – 4 Ta 634/16, Rn. 13; LAG Berlin-Brandenburg 20. August 2018 – 26 Ta (Kost) 6070/18, zu II 3 a der Gründe; 5. Juni 2019 - 26 Ta (Kost) 6050/19, zu II 2 c der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz 6. Juni 2007 – 1 Ta 105/07, Rn. 45).
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/um6/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190010449&documentnumber=1&numberofresults=1178&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
VIII.
Kein Vergleichsmehrwert für Abwicklungsregelungen
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.07.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6034/19
1. Geht der Inhalt einer Regelung im Vergleich über einfache Abwicklungsmaßnahmen nicht hinaus, entsteht insoweit kein Vergleichsmehrwert.
2. Das kann auch für eine Vereinbarung über die Erstellung eines Zeugnisses gelten. Geht - auch bei verhaltensbedingten Kündigungen - die Regelung über die Verwendung des Begriffs „wohlwollend“ nicht hinaus, wird insbesondere keine sonstiger Inhalt (z.B. eine gute Note) festgelegt, rechtfertigt ein solcher Vergleichsinhalt in der Regel nicht die Annahme eines Vergleichsmehrwerts.
3. Die Formulierung "wohlwollend" ist immer vor dem Hintergrund der konkreten Vorwürfe zu verstehen. Ein vollstreckbarer Zeugnisinhalt ergibt sich aus der Formulierung zudem nicht. Daher kann auch ein Titulierungsinteresse keinen Vergleichsmehrwert rechtfertigen (vgl. auch LAG Köln 22. Oktober 2007 - 2 Ta 279/07).
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/um6/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190010448&documentnumber=2&numberofresults=1178&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
IX.
Taschenkontrollen - Regelungsabrede - erstmals gewählter Betriebsrat - Kündigung einer Regelungsabrede
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.06.2019, Az. 10 TaBVGa 1001/19
I.
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. April 2019 – 34 BVGa 3353/19 teilweise abgeändert.
Der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) wird untersagt, Taschenkontrollen bei ihren im Betrieb T.str. 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Personen an einem anderen Ort als an der neben dem Personalaufenthaltsraum in der zweiten Etage liegenden Notausgangstüre durchzuführen, solange nicht
- die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zum Thema Taschenkontrollen für die im Betrieb T.str. 9-12, 10789 Berlin beschäftigten Personen abgeschlossen haben oder
- eine entsprechende Vereinbarung durch eine Einigungsstelle beschlossen ist oder
- im Hauptsacheverfahren zu diesem einstweiligen Verfügungsverfahren über den Verfahrensgegenstand eine rechtskräftige Entscheidung getroffen worden ist oder
- es sich um eine Taschenkontrolle aus besonderem Anlass (z.B. den konkreten Verdacht eines Diebstahls durch eine/n Mitarbeiter/in) handelt.
II.
Der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Tenor zu I. ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 € angedroht.
III.
Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
IV.
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/um6/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190010853&documentnumber=3&numberofresults=1178&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=L¶mfromHL=true#focuspoint
X.
Zurückweisung - Vollmacht - unleserliche Unterschrift
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.06.2019, Az. 10 Sa 81/19
Die unleserliche Unterschrift einer ansonsten zur Kündigung befugten Person führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/um6/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190010984&documentnumber=4&numberofresults=1178&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XI.
Anwendbarkeit des § 33 RVG nach Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.06.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6052/19
1. Erledigt sich ein arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich, richtet sich die Wertfestsetzung nach § 33 RVG (ständ. Rspr. der Kostenkammern des LAG Berlin-Brandenburg, zB 10. Juli 2017 – 17 Ta (Kost) 6030/17, Rn. 5; so ua auch Hessisches LAG - 1 Ta 483/10; LAG Rheinland-Pfalz 4. Juni 2012 – 1 Ta 104/12, Rn. 7; LAG Sachsen-Anhalt 15. März 2004 – 11 Ta 35/04, Rn. 11; LAG Schleswig-Holstein 15. Dezember 2011 – 6 Ta 198/11, Rn. 18; LAG Hamburg 26. Januar 2016 – 6 Ta 29/15, Rn. 8; Schwab/Maatje NZA 2011,769 ff., 771; aA heute zB noch LAG Düsseldorf 19. März 2018 – 4 Ta 466/17, Rn. 4; LAG Baden-Württemberg 13. Januar 2016 – 5 Ta 93/15, Rn. 9, allerdings unter Anwendung des § 33 RVG für die Verhandlung von nicht rechtshängigen Gegenständen, über die kein Vergleich zustande gekommen ist unter Aufgabe seiner früheren Rspr., zB 25. Juli 2011 - 5 Ta 77/11).
2. Sind Gerichtsgebühren nicht (mehr) zu erheben, fehlt ein Anlass für diese Wertfestsetzung. Dem Interesse des Rechtsanwalts, seine Gebühren berechnen zu können, wird durch die sachnähere Wertfestsetzung nach § 33 RVG ausreichend Rechnung getragen, bei der es allein um die anwaltliche Vergütung geht.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/um6/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190009762&documentnumber=5&numberofresults=1178&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XII.
Höhe des Streitwerts bei einstweiliger Verfügung gegen Streikmaßnahmen
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.06.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6106/18
1. Die Frage, ob der Gegenstand einstweiliger Verfügungsverfahren gegen einen Streik vermögensrechtlicher oder nichtvermögensrechtlicher Natur ist, konnte hier offenbleiben.
2. In beiden Konstellationen gelangt man hier zum selben Ergebnis, nämlich auf einen Betrag in Höhe von 120.000 Euro.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/um6/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190009762&documentnumber=5&numberofresults=1178&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XIII.
Betriebsrat, Gehaltslisten, Einsichtnahme, monatlich, regelmäßig
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.05.2019, Az. 5 TaBV 9/18
In der Beschwerdeinstanz streiten die Beteiligten im Wesentlichen darüber, ob der Betriebsrat von der Arbeitgeberin verlangen kann, seinem Vorsitzenden oder einem von ihm benannten Betriebsratsmitglied monatlich Einblick in die Bruttolohn- und Bruttogehaltslisten zu gewähren
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/81E0545220AED4E2C125845F004BBEC6/$file/Beschluss-5-TaBV-9-18-23-05-2019.pdf
XIV.
Arbeitsunfall, Schmerzensgeld, Haftungsbeschränkung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.03.2019, Az. 6 Sa 374/18
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld aufgrund eines Arbeitsunfalls.
Der 1969 geborene Kläger trat Anfang 2016 in die Dienste der Beklagten. Als Lagerarbeiter erzielte er zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.080,00 EUR. Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/7B4A5A667A556F23C125845F004BBEC7/$file/Urteil-6-Sa-374-18-27-03-2019.pdf
XV.
Kündigung, Tatkündigung, Verdachtskündigung, Beweiswürdigung, Anhörung des Arbeitnehmers, Arbeitgeber, Sachverhaltsaufklärung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30.04.2019, Az. 1 Sa 385 öD/18
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Rechtmäßigkeit einer ordentlichen Kündigung.
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/53F4DAA9F939821DC125845D0029A623/$file/Urteil-1-Sa-385%20%C3%B6D-18-30-04-2019.pdf
XVI.
Mitbestimmung, Betriebsrat, Eingruppierung, Entgeltgruppe, Fallgruppe, gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, selbständige Leistungen
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.04.2019, Az. 1 TaBV 19/18
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens über die richtige tarifliche Eingruppierung der Arbeitnehmerin
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/5BAFC76AAC7D112BC125845D0029A624/$file/Beschluss-1-TaBV-19-18-16-04-2019.pdf
XVII.
Berufung, Zulässigkeit, Vertragsauslegung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.05.2019, Az. 6 Sa 23/19
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und über Zahlungsansprüche
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/97F3455021859A24C125845D003DD49A/$file/Urteil-6-Sa-23-19-22-05-2019.pdf
XVIII.
Prozesskostenhilfe, Versagung, keine hinreichenden Erfolgsaussichten, Feststellungsklage, Einhaltung der Kündigungsfrist, Zugang der Kündigung, Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.04.2019, Az. 1 Ta 29/19
Der Kläger wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das Arbeitsgericht mangels hinreichender Erfolgsaussicht der von ihm erhobenen Klage.
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/334F4BA23B0AB993C12584580043F4D2/$file/Beschluss-1-Ta-29-19-01-04-2019.pdf
XIX.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Mai 2019, Az. VI ZR 54/18
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen von Parteivortrag in einem zum Zwecke der Beweiswürdigung nach Beweisaufnahme nachgelassenen Schriftsatz.
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=5&nr=97316&pos=167&anz=451
XX.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. April 2019, Az. VI ZB 33/17
a)Wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Behauptung begehrt, ein fristgebundener Schriftsatz sei auf dem Postweg verloren gegangen, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann zu gewähren, wenn der Antragsteller auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe des in Verlust geratenen Schriftsatzes zur Post darlegt und glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten eingetreten ist (Festhaltung BGH, 16.August 2016 -VI ZB 40/15, NJW-RR 2016, 1402).
b)Die Partei muss im Rahmen ihres Antrages auf Wiedereinsetzung gemäß §236 Abs. 2 Satz1 ZPO die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vortragen und glaubhaft machen. Die Schilderung der tatsächlichen Abläufe muss eine lückenlose, nicht nur auf allgemeine Vermutungen oder Erfahrungswerte gegründete Darstellung des Weges des konkreten Schriftstücks in den dafür vorgesehenen Postausgangskorb als der letzten Station auf dem Weg zum Adressaten enthalten und den hinreichend sicheren Schluss erlauben, dass das Schriftstück nach der Unterschrift durch den Prozessbevollmächtigten nur in das Ausgangsbehältnis gelangt sein konnte und nicht unterwegs liegen geblieben, verloren gegangen oder fehlgeleitet worden war.
(Festhaltung BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 - IVZB 14/14, BRAK-Mitt2015, 74 und vom 11. Juli 2017 - VIII ZB 20/17, juris)
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=5&nr=97343&pos=156&anz=451
Mit besten kollegialen Grüßen
Ihr
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
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