Wichtige Schulbuchentscheidung für NRW: Eigenanteil für Schulbücher sind vom Jobcenter zu übernehmen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
jetzt mal wieder ein neuer Newsletter von mir.
Dieser zu folgenden Themen:
1. Wichtige Schulbuchentscheidung für NRW: Eigenanteil für Schulbücher sind vom Jobcenter zu übernehmen
Das SG Düsseldorf (Beschluss v. 5.08.2019 – S 35 AS 3046/19 ER) hat in einer erneuten Eilentscheidung entschieden, dass die Eigenanteile für Schulbuchkosten in voller Höhe auf Zuschussbasis zu übernehmen sind. Die Begründung ist klar und prägnant: „Die Antragsteller haben Anspruch auf Erstattung der Kosten als Härtefall-Mehrbedarf nach § 21 abs. 6 SGB II. Dies hat das Bundessozialgericht in zwei Fällen bereits im Mai 2019 entschieden (Az. B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R). Da insoweit offensichtlich ein Anspruch in der Sache besteht, treten die Anforderungen an den Anforderungsgrund nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zurück. Das Gericht kann nämlich aus rechtstattlichen Gründen - auch im einstweiligen Anordnungsverfahren - einen offensichtlich bestehenden Anspruch nicht mit der Begründung ablehnen, es bestehe keine Eilbedürftigkeit“.
(Mit dem letzten Satz stellt das Gericht dar, dass der Betrag in Höhe von 96,94 EUR, um die es streitgegenständlich für vier Kinder ging, zwar vom Grundsatz her noch kein Anordnungsgrund, also die Pflicht zur sofortigen Eilentscheidung, darstellt, diese aber trotzdem getroffen wird, da vorliegend der eindeutige Rechtsanspruch auf die Leistung besteht).
In der Praxis heißt das, dass in NRW alle SGB II - Leistungen beziehenden Kinder, wenn sie Zuzahlungen zu den Schulbüchern haben, diesen Anspruch gegenüber dem Jobcenter geltend machen können. Dies gilt zumindest für Zuzahlungen/Eigenanteile ab Mai 2019. Das bedeutet, hier ist der Anspruch auch rückwirkend möglich.
Hier erstmal der Beschluss des SG Düsseldorf: https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2019/SG_Duesseldorf_S_35_AS_304619_ER11082019.pdf
Das SG Köln hat mit Urteil vom 29.05.2019 – S 40 AS 352/19 ebenfalls das zuständige Jobcenter zur Übernahme des Eigenanteils, im vorliegenden Fall in Höhe von 24 EUR (nach § 96 Abs. 3 SchulG NRW iVm VO zu § 96 Abs. 5 SchulG) verpflichtet. Die Eigenanteile in NRW können bis 234 EUR gehen (https://bass.schul-welt.de/6228.htm). Das SG Köln sieht die Anspruchsgrundlage in analoger Anwendung im Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II auf Zuschussbasis. Das ist systematisch dieselbe Argumentation wie in der Tacheleskampagne zu Schulbedarfen.
Hier das Urteil: https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2019/SG_Koeln_29.05.2019_-_S_40_AS_35219.pdf
Hier sind jetzt die Beratungsstellen und Wohlfahrtsverbände in NRW gefordert diesen Anspruch bekannt zu machen und die Leistungsberechtigten darauf hinzuweisen und zu Supporten.
Ebenfalls ist der Landesgesetzgeber gefordert, hier eine Rechtsänderung zu schaffen und eine eigenanteilsfreie Lernmittelversorgung sicherzustellen.
2. Neue SGB II - Folien
Ich habe mal wieder meine Folien aktualisiert, insbesondere der Bereich BuT (Folie 35-37) nach der neuen Rechtslage, Zugangsbeweis von Bescheiden (Folie 5-7) und Härtefallmehrbedarf nach § 21 (6) SGB II incl. der Schulmaterialien und Bücher (Folie 30-34).
Die Folien gibt es hier zum Download: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/folien-zum-sgb-ii/
3. Brille vom Jobcenter – geht doch
Ich möchte mal auf die spezielle Situation von Brillen im SGB II hinweisen. Frau von der Leyen hat bei der Festsetzung der Regelbedarfe die Brille aus den Regelbedarfen gestrichen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2014 festgestellt, dass Brillen nicht mehr im Regelbedarf enthalten sind und die Bundesregierung aufgefordert eine Anspruchsgrundlage für Brillen zu schaffen (BVerfG v. 23.07.2014 – 1 BvL 10/12 ua RN 120).
Bis es eine eigenständige Anspruchsgrundlage gibt, ist das Recht weit auszulegen, so das BVerfG. Entsprechend dieser weiten Auslegung hat das JC Berlin Spandau eine Brille im Rahmen des Vermittlungsbudget nach § 16 Abs. 1 SGB II iVm § 44 Abs. 1 SGB III in Höhe von 230 EUR gewährt. Begründung: „die Brille ist für die Eingliederung erforderlich und angemessen und unterstützt die mit Ihnen vereinbarte Vermittlungsstrategie“.
Dem ist nichts hinzuzufügen, da hat das Jobcenter einfach Recht, denn wer nicht gucken kann, kann auch nicht arbeiten. Zudem gehört die Brille zum Menschwürdigen Dasein im Sinne von § 1 Abs. 1 SGB II.
Ein Abbild dieser guten Verwaltungspraxis gibt es hier: https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2019/Brillenbescheid_.pdf
4. BA-Weisung zum Umgang mit „hartem Brexit“ von Großbritannien
Die BA hat eine Weisung zum Umgang mit „hartem Brexit“ von Großbritannien bei einem möglichen Austritt erlassen.
Die Weisung trifft Regelungen für den Fall des „harten Brexits“: a) zur Mitnahme von Arbeitslosengeld zur Arbeitsuche in GBR (PD U2), b) zu Ansprüchen auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit und bei beruflicher Weiterbildung, c)
Die Weisung gibt es hier: https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/download/documents/Weisung-201908006_ba045666.pdf
5. Wichtige Urteile/Beschlüsse bitte weitergeben
Ich möchte darauf hinweisen, dass der Verein Tacheles wöchentlich einen Rechtssprechungsticker herausgibt und da werden natürlich immer wichtige und rechtsgestaltende Entscheidungen gesucht. Also wenn Ihr/Sie wichtige Entscheidungen habt, dann übersendet diese bitte dem Verein (oder mir). Wenn dann noch die Jurist*innen direkt Leitsätze dazu schreiben würden, das würde die Veröffentlichung selbstverständlich einfacher machen.
Insbesondere suchen wir derzeit zum Bereich Schulbedarfe, PC, Taschenrechner und Schulbücher Entscheidungen. Ebenfalls interessant wäre das Thema Passbeschaffungskosten oberhalb 224 EUR (letztes BSG –Urteil dazu), Versicherungspauschale bei Kindern und alles um den Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II. Um mal ein paar Stichworte zu nennen.
Entscheidungen bitte an info@tacheles-sozialhilfe.de schicken.
6. KdU Richtlinien auf Aktualität überprüfen
Dann werden von uns die bekannten kommunalen Richtlinien (KdU/Erstausstattung/BuT) veröffentlicht. Hier möchte ich alle NewsletterleserInnen bitten, zu prüfen, ob ihr ggf. aktuelle vorliegen habt oder welche auf den Webseiten eurer Jobcenter veröffentlicht sind und wenn ja, mir diese bitte zu übersenden. Auch cool wäre, wenn diejenigen die ein bisschen Zeit haben, mal eine Internetrecherche für die eigene und Nachbarkommunen durchführen könnten.
Die Datenbank ist hier: http://harald-thome.de/oertliche-richtlinien/
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Der Newsletter hat derzeit eine Reichweite von rund 65.000 Empfänger*innen in ganz Deutschland.Die vornehmlichen Zielgruppen des Newsletters sind bundesweite Beratungsstellen im Bereich Existenzsicherungs- und Arbeitslosenrecht sowie Migrations- und Schuldnerberatung, aber auch Sozial- und Wohlfahrtsverbände, Rechtsanwälte mit den genannten Schwerpunkten sowie Einrichtungen und deren Betreuer in der Jugend- und Straffälligenhilfe, Kliniksozialdienste, Schwangerenberatung, Frauenhäuser, Wohnungslosenhilfe und jegliche Organisationen von Betroffenen, die sich gegen soziale Ausgrenzung zur Wehr setzen.
Zu den Empfängern gehören zudem auch eine Vielzahl von Mitarbeitern in Behörden und Ministerien, MdBs, MdLs, kritischen Medien, Fachbuchautoren sowie sonstige Stellen und Institutionen, die in diesem Bereich arbeiten, ebenso wie viele NGOs und demokratische, linke und antifaschistische Organisationen, sowie eine Vielzahl interessierter Einzelpersonen.
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Kontakt: info@harald-thome.de
7. Nächste SGB II – Grundlagenseminare
Im Jahr 2019 biete ich zu folgenden Terminen noch SGB II-Grundlagenseminare an:
- 30. Sept./1.Okt. in Hamburg
- 28./29. Okt. in Berlin
- 04./05. Nov. in Wuppertal
- 11./12. Nov. in Saarbrücken
- 18./19. Nov. in Frankfurt
- 20./21. Nov. in Augsburg
- 25./26. Nov. in Stuttgart
- 18./19. Dez. in Erfurt
In die Fortbildung fließen selbstverständlich aktuelle Rechtsänderung und Rechtsprechung topaktuell mit ein.
Die Beschreibung, Ausschreibungstext und Anmeldung sowie weitere Details dazu sind hier zu finden: www.harald-thome.de
NEU: Die Wuppertaler Fortbildungen können zur Hälfte mit dem Bildungsscheck NRW bezahlt werden!
8. SGB II - Intensivseminare über 5 Tage in 2019
Ich biete dieses Jahr noch in Berlin ein SGB II – Intensivseminar über je 5 Tage an, dieses gibt es am
- 23. – 27. Sept. in Berlin.
Ausschreibung und Anmeldung hier: www.harald-thome.de
9. Fortbildung: SGB II-Berechnung und ALG II-Bescheide prüfen und verstehen
Diese Fortbildung biete ich nunmehr wieder an, dabei geht es um die SGB II-Berechnung in allen Feinheiten und um die Prüfung der SGB II-Bescheide, sowie die Erklärung, wo man hinschauen muss.
Sie findet statt
- 09./10. Sept. in Hamburg
Ausschreibung und Anmeldung sowie weitere Details sind hier zu finden: www.harald-thome.de
10. Rechtsdurchsetzung in der sozialen Arbeit - KONKRET - Aus der und für die Praxis - NEU
+++ NEU konzeptionierte Fortbildung +++
SGB II – Leistungsberechtigten werden zum Teil systematisch die ihnen zustehenden Ansprüche von den Jobcentern vorenthalten. Ein repressives Gesetz wird häufig noch repressiver umgesetzt. Aufgabe der sozialen Arbeit ist es, sich schützend vor die Betroffenen zu stellen, zunächst die Existenzsicherung der Rat- und Hilfesuchenden sicherzustellen und sich gegen soziale Ausgrenzung und Vorenthaltungen von Rechtsansprüchen zu positionieren.
Die Teilnehmer*innen werden konkret darin angeleitet, wie Rechtsdurchsetzung aussehen kann und welche Schritte konkret erforderlich sind.
Aus dem Inhalt:
+ Stellung des SGB II in den Sozialgesetzbüchern + formlose Antragstellung, örtliche uns sachliche Zuständigkeit und Interventionspunkte + Durchsetzung des Anspruchs, Vorschuss und vorläufige Leistungsgewährung + einstweiliger Rechtsschutz und Klage + Bescheid, Form, Zugang, Fristen + Widerspruchsverfahren + Überprüfungsantrag, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wiederholte Antragstellung + Beratungspflicht, Amtshaftung und sozialrechtliche Herstellungsanspruch
und vieles mehr.
Diese Fortbildung biete ich
- 30. Okt. in Stuttgart
- 16. Nov. in Wuppertal
an.
Ausschreibung uns Anmeldung hier: www.harald-thome.de
11. SGB II - Fortbildung: Sozialrechtliche Ansprüche Unter-25-Jähriger
Diese Fortbildung biete ich
- 16. Sept. in Frankfurt
- 06. Dez. in Wuppertal
wieder an.
Ausschreibung und Anmeldung sowie weitere Details sind hier zu finden: www.harald-thome.de
NEU: Die Wuppertaler Fortbildungen können zur Hälfte mit dem Bildungsscheck NRW bezahlt werden!
12. SGB II-Fortbildung: Sozialrechtliche Ansprüche für Schwangere, Alleinerziehende und Familien
In dieser eintägigen Vertiefungsfortbildung wird ein grundlegender Überblick über die sozialrechtlichen Leistungsansprüche von Schwangeren, Alleinerziehenden und Familien mit Kindern im SGB II gegeben.
Diese findet statt
- 31. Okt. in Stuttgart
- 22. Nov. in Wuppertal
Ausschreibung und Anmeldung sowie weitere Details sind hier zu finden: www.harald-thome.de
Die Wuppertaler Fortbildungen können zur Hälfte mit dem Bildungsscheck NRW bezahlt werden!
13. Grundlagenseminar Sozialhilfe: Leistungen nach dem SGB XII und angrenzender Rechtsgebiete
Unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung und Gesetzesänderungen stellt mein Kollege Frank Jäger die Grundlagen der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Grundsicherung im Alter und der „Sozialhilfe in unterschiedlichen Lebenslagen“ systematisch dar. Die zweitägige Fortbildung vermittelt einen Überblick und Basiswissen über das Leistungsrecht sowie Kenntnisse bei der Berücksichtigung von Einkommen/Vermögen, beim Unterhaltsrückgriff gegenüber Angehörigen sowie Kostenersatz. Änderungen durch das Regelbedarfsermittlungsgesetz, das Bundesteilhabegesetz und das Pflegestärkungsgesetz II + III werden hierbei berücksichtigt.
Das Seminar lässt Raum für fachlichen Austausch und liefert wichtige Tipps für die praktische Arbeit von Sozialarbeiter/innen, Berater/innen sachverwandter sozialer Dienste, Mitarbeiter/innen der sozialen Arbeit, Berufsbetreuer/innen sowie Rechtsanwältinnen und -anwälte.
Nächste Fortbildungen:
- 05./06.11. in Leipzig
Infos und Anmeldung unter: http://www.frank-jaeger.info/aktuelles/grundlagenseminar-sgb-xii-sozialhilferecht
14. Fachseminar: Kosten der Unterkunft und Heizung, Wohnraumsicherung nach dem SGB II/SGB XII
Im Rahmen des Tagesseminars gibt Frank Jäger einen grundlegenden Überblick über die Leistungen für Unterkunft, Heizung und Warmwasserbereitung, die Frage der Angemessenheit dieser Leistungen, die Voraussetzungen für einen Umzug, die Problemlagen, die mit dem Wohnungswechsel verbunden sind und das kommunale Satzungsrecht nach § 22a SGB II.
Unter Berücksichtigung aktueller Gesetzesänderungen und Rechtsprechung erhalten die Teilnehmenden umfassenden Einblick in die Rechtslage, die Gewährungspraxis der Behörden sowie wichtige Tipps, um Rechtsansprüche im Sinne von Leistungsbeziehenden durchzusetzen.
Nächste Fortbildungen:
- 10.09. in München
Infos und Anmeldung unter: http://www.frank-jaeger.info/aktuelles/fachseminar-unterkunftskosten-nach-dem-sgb-ii-und-1
Mit besten und kollegialen Grüßen
Harald Thomé
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