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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Arbeitsverhältnis - Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung
Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 07.03.2019, Az. 3 Ca 1255/18

1.Mit einem Teilnehmer an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III, der während der Maßnahme als Berufskraftfahrer arbeitet, ist regelmäßig ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

2.Auch wenn die Parteien die Tätigkeit als "Praktikum" vereinbaren, ist die Tätigkeit vergütungspflichtig, wenn sie nicht gem. § 22 Abs. 1 MiLoG vom Anwendungsbereich des MiLoG ausgenommen ist.

3.Eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III ist nicht von der Ausnahmereglung des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 MiLoG umfasst.

Berufung eingelegt beim Landesarbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 8 Sa 201/19.

Siehe:
https://openjur.de/u/2161372.html

II.
Fremdgeschäftsführer einer GmbH
BGH, Urteil vom 26. März 2019, Az. II ZR 244/17

Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH ist bei europarechtskonformer Auslegung jedenfalls insoweit als Arbeitnehmer im Sinne von § 6 Abs.1 Satz1 Nr.1 AGG anzusehen, wie bei einer Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags der sachliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes über § 2 Abs. 1 Nr.2 AGG eröffnet ist.

Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=123eb7e9ae40adc0585351b7ab1782b2&nr=95466&pos=0&anz=1

III.
Die Fraktionen des bayerischen Landtags sind keine öffentlichen Arbeitgeber iSv. § 71 Abs. 3 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF)
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Mai 2019, Az. 8 AZR 315/18

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung zu zahlen.
Die Beklagte ist eine Fraktion des Bayerischen Landtags. Im November 2016 schrieb sie zwei Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter aus. Der Kläger bewarb sich auf beide Stellen mit dem Hinweis auf seine Schwerbehinderung. Die Beklagte lud ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und teilte ihm mit, sie habe sich für andere Bewerber entschieden. Der Kläger hat die Beklagte mit seiner Klage auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Dies folge aus einer Reihe von Verstößen der Beklagten gegen die zum Schutz und zur Förderung von Schwerbehinderten im SGB IX getroffenen Bestimmungen, insbesondere daraus, dass die Beklagte ihn entgegen § 82 Satz 2 SGB IX aF nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Die Beklagte sei ein öffentlicher Arbeitgeber iSv. § 71 Abs. 3 SGB IX aF.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat den Kläger nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Sie hat keine zu Gunsten schwerbehinderter Menschen getroffenen Verfahrens- und/oder Förderpflichten verletzt, insbesondere war sie nicht nach § 82 Satz 2 SGB IX aF verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine solche Pflicht trifft nur öffentliche Arbeitgeber iSv. § 71 Abs. 3 SGB IX aF. Um einen solchen Arbeitgeber handelt es sich bei der Beklagten nicht, insbesondere ist diese keine sonstige Körperschaft des öffentlichen Rechts iSv. § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX aF, da ihr ein solcher Status nicht verliehen wurde.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22412&pos=0&anz=23&titel=Die_Fraktionen_des_bayerischen_Landtags_sind_keine_%F6ffentlichen_Arbeitgeber_iSv._%A7_71_Abs._3_SGB_IX_in_der_bis_zum_31._Dezember_2017_geltenden_Fassung_(aF)

IV.
Schadensersatz eines/einer schwerbehinderten Beschäftigten wegen Ablehnung einer stufenweisen Wiedereingliederung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Mai 2019, Az. 8 AZR 530/17

Der schwerbehinderte Kläger ist bei der beklagten Stadt als Technischer Angestellter beschäftigt. Von August 2014 bis einschließlich 6. März 2016 war er arbeitsunfähig erkrankt. Am 21. September 2015 fand eine betriebsärztliche Untersuchung des Klägers statt. In der Beurteilung der Betriebsärztin vom 12. Oktober 2015 wurde eine stufenweise Wiedereingliederung zur vorsichtigen Heranführung an die Arbeitsfähigkeit mit bestimmten Einschränkungen in der Tätigkeit befürwortet. Unter Vorlage des Wiedereingliederungsplans seines behandelnden Arztes vom 28. Oktober 2015 beantragte der Kläger bei der beklagten Stadt die stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben im Zeitraum vom 16. November 2015 bis zum 15. Januar 2016. Der Wiedereingliederungsplan des behandelnden Arztes sah keine Einschränkungen in der Tätigkeit vor. Als absehbaren Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit gab der behandelnde Arzt den 18. Januar 2016 an. Die beklagte Stadt lehnte diesen Wiedereingliederungsplan am 5. November 2015 mit der Begründung ab, dass ein Einsatz des Klägers im bisherigen Aufgabengebiet/Tätigkeitsbereich wegen der in der betriebsärztlichen Beurteilung aufgeführten Einschränkungen nicht möglich sei. Dem vom Kläger vorgelegten zweiten Wiedereingliederungsplan, der eine Wiedereingliederung in der Zeit vom 4. Januar bis zum 4. März 2016 vorsah, und dem ein Bericht der behandelnden Psychologin beilag, wonach Einschränkungen in der Tätigkeit nicht mehr bestanden, stimmte die beklagte Stadt nach erneuter - nun positiver - Beurteilung durch die Betriebsärztin zu. Diese Wiedereingliederung war erfolgreich, der Kläger erlangte am 7. März 2016 seine volle Arbeitsfähigkeit wieder.
Der Kläger fordert mit seiner Klage von der beklagten Stadt den Ersatz der Vergütung, die ihm in der Zeit vom 18. Januar bis zum 6. März 2016 dadurch entgangen ist, dass die beklagte Stadt ihn nicht entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans vom 28. Oktober 2015 beschäftigt hat. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung des Klägers im Wesentlichen stattgegeben. Die Revision der beklagten Stadt hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.
Die beklagte Stadt war nicht verpflichtet, den Kläger entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans vom 28. Oktober 2015 in der Zeit vom 16. November 2015 bis zum 15. Januar 2016 zu beschäftigen. Zwar kann der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF) verpflichtet sein, an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung derart mitzuwirken, dass er die/den Beschäftigte/n entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans beschäftigt. Im Fall des Klägers lagen allerdings besondere Umstände vor, aufgrund derer die beklagte Stadt ihre Zustimmung zum Wiedereingliederungsplan vom 28. Oktober 2015 verweigern durfte. Es bestand aufgrund der Beurteilung der Betriebsärztin vom 12. Oktober 2015 die begründete Befürchtung, dass der Gesundheitszustand des Klägers eine Beschäftigung entsprechend diesem Wiedereingliederungsplan nicht zulassen würde. Die begründeten Zweifel an der Geeignetheit des Wiedereingliederungsplans ließen sich auch nicht bis zum vorgesehen Beginn der Maßnahme ausräumen.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22409&pos=1&anz=23&titel=Schadensersatz_eines/einer_schwerbehinderten_Besch%E4ftigten_wegen_Ablehnung_einer_stufenweisen_Wiedereingliederung

V.
Verhältnis des Beschäftigungsanspruchs schwerbehinderter Menschen zur unternehmerischen Organisationsfreiheit
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Mai 2019, Az. 6 AZR 329/18

Im bestehenden Arbeitsverhältnis können Schwerbehinderte nach § 164 Abs. 4 SGB IX (bis 31. Dezember 2017: § 81 Abs. 4 SGB IX aF) von ihrem Arbeitgeber bis zur Grenze der Zumutbarkeit die Durchführung des Arbeitsverhältnisses entsprechend ihrer gesundheitlichen Situation verlangen. Dies gibt schwerbehinderten Menschen jedoch keine Beschäftigungsgarantie. Der Arbeitgeber kann eine unternehmerische Entscheidung treffen, welche den bisherigen Arbeitsplatz des Schwerbehinderten durch eine Organisationsänderung entfallen lässt. Dessen besonderer Beschäftigungsanspruch ist dann erst bei der Prüfung etwaiger Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu berücksichtigen.
Der schwerbehinderte Kläger war langjährig bei der insolventen Arbeitgeberin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel einem tariflichen Sonderkündigungsschutz. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt im Rahmen des zunächst in Eigenverwaltung betriebenen Insolvenzverfahrens, nachdem sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste iSd. § 125 Abs. 1 InsO geschlossen hatte. Die Namensliste enthält den Namen des Klägers, dessen Arbeitsplatz wegen Umverteilung der noch verbliebenen Aufgaben nicht mehr besetzt werden muss. Die Hilfstätigkeiten, die er verrichtete, werden nunmehr von den verbliebenen Fachkräften miterledigt. Andere Tätigkeiten kann der Kläger nicht ausüben. Er hält die Kündigung dennoch für unwirksam und beruft sich auf den tariflichen Sonderkündigungsschutz sowie den Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX aF.
Die Vorinstanzen haben seine Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die streitgegenständliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis beendet. Der tarifliche Sonderkündigungsschutz zeigt gemäß § 113 Satz 1 InsO keine Wirkung. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX aF kommt mangels geeigneter Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht zum Tragen. Die Arbeitgeberin war nicht verpflichtet, für den Kläger einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den sie nach ihrem Organisationskonzept nicht mehr benötigt.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22403&pos=2&anz=23&titel=Verh%E4ltnis_des_Besch%E4ftigungsanspruchs_schwerbehinderter_Menschen_zur_unternehmerischen_Organisationsfreiheit

VI.
Kündigung – Zugang
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2018, Az. 9 Sa 69/18

1. Nach den für die Bestimmung des Zeitpunkts des Zugangs einer Willenserklärung unter Abwesenden maßgeblichen gewöhnlichen Verhältnissen und den Gepflogenheiten des Verkehrs kann mit einer Kenntnisnahme von Schriftstücken, die in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers bis 17:00 Uhr eingeworfen werden, am selben Tag gerechnet werden.
2. Die Verhältnisse der Postzustellung in einem kleinen elsässischen Dorf mit weniger als 2000 Einwohnern sind nicht maßgeblich.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2018-12&nr=27741&pos=1&anz=4


VII.
Kürzung der Jahressonderzahlung - Krankengeldzuschuss - "Erst-Recht-Schluss" - Regelungslücke – Gleichbehandlungsgrundsatz
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 2.4.2019, Az. 19 Sa 70/18

1. Der Anspruch auf Sonderzahlung nach § 22 TV AWO BW ermäßigt sich nach Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift um 1/12 für jeden Kalendermonat, in dem die Beschäftigten nicht wenigstens für einen Tag u.a. Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegen den Arbeitgeber haben. Der Anspruch auf Krankengeldzuschuss nach § 24 TV AWO BW ist kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und wirkt sich nicht anspruchserhaltend in Bezug auf die Jahressonderzahlung aus.
2. Nach § 22 Abs. 3 Satz 3 TV AWO BW unterbleibt die Verminderung für Kalendermonate, in denen Beschäftigten nur wegen der Höhe des zustehenden Krankengelds ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt worden ist. Weder im Wege der Auslegung noch im Wege der Schließung einer vermeintlichen Lücke im Tarifvertrag ist durch einen "Erst-Recht-Schluss" dem geregelten Fall der gleichzustellen, dass ein Krankengeldzuschuss an den Beschäftigten gezahlt worden ist (anderer Ansicht die wohl herrschende Meinung in der Literatur zu § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD (Bund) in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung; vgl. auch Rundschreiben des BMI vom 11. April 2007 - D II 2- 220 210-2/0 (GMBL) 2007).
Vielmehr enthält § 22 Abs. 3 Satz 3 TV AWO BW eine abschließende Regelung.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=27858&pos=0&anz=11

VIII.
Versorgungszusage an Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.3.2019, Az. 4 Sa 39/18

1. Der Versorgungszusage an einen GmbH-Geschäftsführer muss eine wirksame Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung zugrundeliegen. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung folgt aus einer Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG (Anschluss an BGH 25. März 1991 - II ZR 169/90).
2. Der Gesellschaft ist es aus Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine fehlende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung zur Einräumung einer Versorgungszusage an den (Gesellschafter-) Geschäftsführer zu berufen, wenn die Versorgungszusage bereits vor dem 25. März 1991 erteilt wurde, die Zusage in Übereinstimmung mit der vormaligen BGH-Rechtsprechung durch den alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer selbst unter Nutzung der Vertretungsmacht nach § 35 Abs. 1 GmbHG erteilt wurde und der Geschäftsführer im Vertrauen auf den Bestand der Versorgungszusage den Aufbau einer anderweitigen angemessenen Altersvorsorge unterlassen hat.
3. Über zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Forderungen darf das angerufene insoweit rechtswegunzuständige Gericht nicht selbst entscheiden. Es ist ein Vorbehaltsurteil zu erlassen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=27750&pos=1&anz=11

IX.
Zusammenhängender Urlaub - halbe bzw. Bruchteile von Urlaubstagen
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6.3.2019, Az. 4 Sa 73/18

1. Der Urlaub ist gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG zusammenhängend zu gewähren. Jedenfalls ein Urlaubswunsch, der auf eine Zerstückelung und Atomisierung des Urlaubs in Kleinstraten gerichtet ist, muss nicht erfüllt werden. Eine solche Urlaubsgewährung wäre nicht geeignet, die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers zu erfüllen.
2. Das BUrlG kennt keinen Rechtsanspruch auf halbe Urlaubstage oder sonstige Bruchteile von Urlaubstagen.
3. Von obigen Grundsätzen kann für die Urlaubsansprüche, die den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen, durch vertragliche Vereinbarung abgewichen werden.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=27753&pos=2&anz=11

X.
Auslegung eines Tarifvertrages - Begriffsdefinition Dienstgang - statische Bezugnahme – Verpflegungsmehraufwand
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.2.2019, Az. 17 Sa 47/18

Zwar gelten steuerrechtliche Fachbegriffe in Tarifverträgen grundsätzlich mit dem Inhalt, den sie im Zeitpunkt der Tarifanwendung nach Maßgabe der höchstrichterlichen fachgerichtlichen Rechtsprechung haben. Verweist jedoch der Tarifvertrag zwar hinsichtlich der Begriffsdefinition eines "Dienstgangs" statisch auf eine durch Änderungen im Einkommensteuerrecht überholte Lohnsteuerrichtlinie (hier LStR 1990), nicht aber hinsichtlich der Begriffsdefinition "regelmäßige Arbeitsstätte", ist letzterer Begriff, wie in der durch die Rechtsprechung der Finanzgerichte ermittelten Auslegung zu verstehen.
Dies gilt auch dann, wenn wegen einer Gesetzänderung im Einkommensteuerrecht zum 1. Januar 2014 für die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand nicht mehr an den steuerrechtlichen Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte", sondern an den Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" angeknüpft wird.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=27946&pos=5&anz=11

XI.
Beschäftigungsverbot - Stillzeit - Mutterschutzlohn - Rechtsmissbrauch - Elternzeit - Teilzeit
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15.1.2019, Az. 19 Sa 52/18

1. Es unterfällt der freien Entscheidung einer Arbeitnehmerin, sich im Anschluss an die Mutterschutzfristen nach § 6 Abs. 1 MuSchG a.F. für eine Weiterarbeit im bisherigen Umfang zu entscheiden und gleichzeitig ihr Kind zu stillen.
2. Ein Missbrauch der Rechte aus §§ 6 Abs. 3, 11 Abs. 1 MuSchG a.F. auf Mutterschutzlohn folgt nicht daraus, dass die stillende Mutter einem Beschäftigungsverbot unterfällt, weil eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder die Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz nicht möglich ist. Ein Rechtsmissbrauch ergibt sich nicht daraus, dass ein Antrag auf Elternzeit und/oder Teilzeit gestellt wird, der sich nicht unmittelbar auf den Ablauf der Mutterschutzfrist bezieht, sondern auf einen erheblich späteren Zeitpunkt.
3. Aus einem solchen Antrag kann nicht geschlossen werden, die stillende Mutter sei bereits zu einem früheren als dem gewünschten Zeitpunkt nur leistungsfähig oder leistungswillig im Rahmen der gewünschten Verringerung und das Beschäftigungsverbot sei nicht die alleinige Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen Verdienstausfall.
4. Ein „Antrag auf Elternzeit/Teilzeit ab dem 2. Januar 2018 bzw. nach der Stillzeit“ bedarf der einzelfallbezogenen Auslegung.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019&nr=27744&pos=9&anz=11

XII.
Entgelt, Monatseinkommen, Nichtleistung, Darlegungslast, Beweislast, negative Tatsache
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.03.2019, Az. 6 Sa 449/18

1. Nach Vereinbarung eines verstetigten Entgelts bei konkret definierter regelmäßiger Arbeitszeit trägt im Entgeltprozess der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, der Arbeitnehmer habe seine Leistungspflicht nicht erfüllt, denn es ist der Arbeitgeber, der sich mit seinem Vortrag im prozessualen Sinne auf eine rechtsvernichtende Einwendung beruft (entgegen BAG v. 18.04.2012 - 5 AZR 248/11 -).
2. Selbst wenn im gleichen Fall umgekehrt angenommen würde, es sei der Arbeitnehmer, der im Entgeltprozess die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung tragen müsste, er habe seine Ableistung in der Regelarbeitszeit erbracht, so trifft den Arbeitgeber, der keine Organisation zur Arbeitszeiterfassung vorhält, nach § 138 Abs. 2 ZPO eine sekundäre Darlegungslast, wegen der es nicht ausreichend ist, die Darlegungen des Arbeitnehmers pauschal zu bestreiten (Anschluss an BAG v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 -).

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/6_Sa_449_18_Urteil_20190314.html

XIII.
Betriebsratswahl, Anfechtung, Briefwahl, Wahlunterlagen
Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 12.03.2019, Az. 7 TaBV 49/18

Entscheidet sich der Wahlvorstand zutreffend zur Übersendung von Briefwahlunterlagen, weil er gem. § 24 Abs. WOBetrVG von der Abwesenheit der wahlberechtigten Arbeitnehmer (hier: Zeitungszusteller) vom Betriebssitz am Wahltage ausgeht, so muss er im Vorfeld das Wahlausschreiben so zeitig übersenden, dass ihnen eine Entscheidung über die aktive Wahlteilnahme möglich ist, wenn nicht sichergestellt ist, dass diesem Personenkreis das Wahlausschreiben überhaupt während der betriebsüblichen Arbeitszeit zugänglich ist. Andernfalls ist die Betriebsratswahl anfechtbar (Anschluss an LAG Hamburg v. 28.03.2007, 5 TaBV 2/07 und BAG v. 29.01.1992, 7 ABR 27/91 Rdnr. 41).

Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2019/7_TaBV_49_18_Beschluss_20190312.html

XIV.
Geltendmachung eines höheren Vergleichsmehrwerts in der Beschwerdeinstanz
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.05.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6016/19

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach § 33 Abs. 3 RVG kann die Berücksichtigung weiterer die Höhe des Vergleichsmehrwerts beeinflussender Gesichtspunkte geltend machen werden.
Das ist im Beschwerdeverfahren zulässig, unabhängig davon, ob die tatsächlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden müssen (§ 571 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz (vgl. BGH 21. Dezember 2006 – IX ZB 81/06, Rn. 20).

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ow7/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190006602&documentnumber=1&numberofresults=1149&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XV.
Gebührenanspruch des beigeordneten Anwalts - Widerrufsvergleich - Voraussetzungen und Folgen rückwirkender Beiordnung
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.04.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6080/18

1. Schließen die Parteien einen widerrufbaren Vergleich und bewilligt das Gericht Prozesskostenhilfe ab einem Zeitpunkt nach Abschluss des Vergleichs aber vor Ablauf der Widerrufsfrist, kann noch ein Gebührenanspruch des/r beigeordneten Prozessbevollmächtigten begründet werden.
2. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es dann aber, dass nach dem Zeitpunkt, ab dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, eine Gebühren auslösende Tätigkeit erbracht worden ist.
Nur Gebühren, die (ausschließlich) vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, erhält der Rechtsanwalt nicht aus der Staatskasse (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 26. Juni 2012 – 17 Ta (Kost) 6073/12, Rn. 6, für den Fall eines Widerrufsvergleichs). Gebührentatbestände können in diesem Fall bis zum Ablauf der Widerrufsfrist ausgelöst werden (vgl. BGH 26. Februar 2014 – XII ZB 499/11, Rn. 14).
3. In Betracht kommt in dieser Situation noch eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV RVG, wenn nach der Beiordnung zB noch eine Besprechung bzw. Beratung zu der Frage stattgefunden hat, ob der Vergleich angenommen bzw. widerrufen werden sollte oder nicht.
4. Auch eine Einigungsgebühr kann in diesem Verfahrensstadium noch entstehen. Insoweit ist es ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte seiner Partei rät, den Vergleich nicht zu widerrufen (vgl. BGH 26. Februar 2014 – XII ZB 499/11, Rn. 14).
5. Ist die Entscheidung hingegen bereits vor der Beiordnung getroffen gewesen, kann danach eine Gebühr nicht mehr anfallen. Allein die Möglichkeit der Ausübung des Widerrufsrechts bis zum Ablauf der Frist und das Verstreichenlassen der Widerrufsfrist sind nicht ausreichend.
6. Voraussetzungen, unter denen eine rückwirkende Bewilligung von PKH möglich/erforderlich ist.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ow7/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190005606&documentnumber=2&numberofresults=1149&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XVI.
Berufliche Weiterbildung - Yoga - Entspannungstechniken – Bildungsurlaub
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.04.2019, Az. 10 Sa 2076/18

1. Ein Yogakurs kann unter bestimmten Voraussetzungen Bildungsurlaub rechtfertigen.
2. Bildungsurlaub in Berlin dient entweder der beruflichen Weiterbildung oder der politischen Bildung.
3. Anpassungsfähigkeit und Selbstbehauptung erlernen, rechtfertigt die Annahme als berufliche Weiterbildung.
4. Der Begriff der beruflichen Weiterbildung ist breit zu verstehen.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ow7/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190006145&documentnumber=3&numberofresults=1149&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XVII.
Insolvenzanfechtung, Arbeitsvertrag, Scheingeschäft, Arbeitsvergütung, Arbeitsleistung, Darlegungslast, Beweisaufnahme, Wiederholung, Wechsel, Zusammensetzung des Gerichts, Beweiswürdigung
LAG Schleswig-Holstein, Urteils vom 16.01.2019, Az. 3 Sa 309/18

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolvenzanfechtung über die Rückzahlung von Entgelt zur Insolvenzmasse.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/B215F717F24DBEA4C12583F300321F79/$file/Urteil-3-Sa-309-18-16-01-2019.pdf

https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/C0AFFE1E6E16AEACC12583F300420E39/$file/Beschluss-6-Ta-16-19_12-02-2019.pdf

Mit besten kollegialen Grüßen
Ihr

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident

VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
Kronprinzstr. 14
70173 Stuttgart
Telefon: (0711) 3058 9320
Telefax: (0711) 3058 9311
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