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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Kein Widerruf von Aufhebungsverträgen/Gebot fairen Verhandelns
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Februar 2019, Az. 6 AZR 75/18

Eine Arbeitnehmerin kann einen Vertrag, durch den das Arbeitsverhältnis beendet wird (Aufhebungsvertrag), auch dann nicht widerrufen, wenn er in ihrer Privatwohnung abgeschlossen wurde. Ein Aufhebungsvertrag kann jedoch unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.
Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsieht. Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen sind umstritten. Nach Darstellung der Klägerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich ua. gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat dieses Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Dieses hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass dem Vortrag der Klägerin kein Anfechtungsgrund entnommen werden kann und der Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags auf gesetzlicher Grundlage nicht möglich ist. Der Gesetzgeber hat zwar in § 312 Abs. 1 iVm. § 312g BGB Verbrauchern bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB eingeräumt. Auch Arbeitnehmer sind Verbraucher. Im Gesetzgebungsverfahren ist jedoch der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen.
Das Landesarbeitsgericht hat jedoch nicht geprüft, ob das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags beachtet wurde. Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadensersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Landesarbeitsgericht wird die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags daher erneut zu beurteilen haben.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=21918&pos=0&anz=6&titel=Kein_Widerruf_von_Aufhebungsvertr%E4gen/Gebot_fairen_Verhandelns

II.
Verrechenbarkeit von Sozialplanabfindung und Nachteilsausgleich
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Februar 2019, Az. 1 AZR 279/17

Abfindungen aufgrund eines Sozialplans und aufgrund eines gesetzlichen Nachteilsausgleichs sind verrechenbar.
Die beklagte Arbeitgeberin beschloss im März 2014, den Beschäftigungsbetrieb des Klägers stillzulegen. Über die damit verbundene Massenentlassung unterrichtete sie den Betriebsrat. Noch bevor die Betriebsparteien in einer Einigungsstelle über einen Interessenausgleich verhandeln konnten, kündigte die Arbeitgeberin allen Arbeitnehmern, so auch dem Kläger. Wegen dieses betriebsverfassungswidrigen Verhaltens erstritt der Kläger vor den Gerichten für Arbeitssachen einen Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 1 und Abs. 3 BetrVG in Höhe von 16.307,20 Euro. Zuvor vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat einen Sozialplan. Danach steht dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 9.000 Euro zu. Diesen Betrag zahlte die Arbeitgeberin unter Hinweis auf den von ihr beglichenen Nachteilsausgleich nicht aus.
Die auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit seiner Revision hatte der Kläger vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.
Die Zahlung eines Nachteilsausgleichs erfüllt auch die Sozialplanforderung, da der Zweck beider betriebsverfassungsrechtlicher Leistungen weitgehend deckungsgleich ist. Dem steht die Massenentlassungsrichtlinie (Richtlinie 98/59/EG) nicht entgegen. Eine Verletzung der Konsultationspflicht des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat vor einer Massenentlassung hat die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge. Eine Sanktionierung im Sinn einer Entschädigungszahlung ist unionsrechtlich nicht geboten.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=21930&pos=0&anz=7&titel=Verrechenbarkeit_von_Sozialplanabfindung_und_Nachteilsausgleich

III.
Hinterbliebenenversorgung - Mindestehedauer - unangemessene Benachteiligung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2019, Az. 3 AZR 150/18

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Versorgungsregelung, nach der die Hinterbliebenenversorgung entfällt, wenn im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten die Ehe nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat, benachteiligt den unmittelbar Versorgungsberechtigten unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Die Klägerin ist Witwe ihres im Jahr 2015 verstorbenen Ehemanns, dem von seinem ehemaligen Arbeitgeber ua. eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden war. Nach der Versorgungszusage entfällt die Witwenversorgung, wenn die Ehe im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat. Die Ehe war im Juli 2011 geschlossen worden. Die Klägerin hält den Ausschluss der Witwenversorgung für unwirksam. Die auf Zahlung einer Witwenrente ab Mai 2015 gerichtete Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen.
Die Revision der Klägerin hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Enthält eine Versorgungszusage Allgemeine Geschäftsbedingungen, so bewirkt eine hierin enthaltene Mindestehedauerklausel von zehn Jahren eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten. Sagt der Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung zu, entspricht es der im Gesetz angelegten Vertragstypik, dass die Ehepartner der Arbeitnehmer abgesichert sind. Schränkt der Arbeitgeber den danach erfassten Personenkreis zulasten des Arbeitnehmers in der Versorgungszusage weiter ein, unterliegt diese Einschränkung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wird die Zusage auf Ehepartner beschränkt, mit denen der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Todes mindestens zehn Jahre verheiratet war, wird von der die Hinterbliebenenversorgung kennzeichnenden Vertragstypik abgewichen. Orientiert sich eine Ausschlussklausel an willkürlich gegriffenen Zeitspannen ohne inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und zum verfolgten Zweck, so ist eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten gegeben, weil der Zweck der Hinterbliebenenversorgung durch eine solche zehnjährige Mindestehedauer gefährdet ist.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=21956&pos=1&anz=9&titel=Hinterbliebenenversorgung_-_Mindestehedauer_-_unangemessene_Benachteiligung

IV.
Verfall von Urlaubsansprüchen - Obliegenheiten des Arbeitgebers
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2019, Az. 9 AZR 541/15

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Der Beklagte beschäftigte den Kläger vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 als Wissenschaftler. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger ohne Erfolg, den von ihm nicht genommenen Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Bruttobetrag iHv. 11.979,26 Euro abzugelten. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte er während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Urlaubsanspruch des Klägers sei zwar zum Jahresende verfallen. Der Kläger habe aber Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen können, weil der Beklagte seiner Verpflichtung, ihm von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei der Ersatzurlaubsanspruch abzugelten.
Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG sieht vor, dass Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird, verfällt. Das galt nach bisheriger Rechtsprechung selbst für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Allerdings konnte der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz verlangen, der während des Arbeitsverhältnisses auf Gewährung von Ersatzurlaub und nach dessen Beendigung auf Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage gerichtet war.
Diese Rechtsprechung hat der Senat weiterentwickelt und damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 6. November 2018 (- C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]) umgesetzt. Nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist es dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts zwingt die Vorschrift den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings obliegt ihm unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitzeitrichtlinie) die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Arbeitgeber gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erforderlichenfalls förmlich - auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.
Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG kann der Verfall von Urlaub daher in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben, ob der Beklagte seinen Obliegenheiten nachgekommen ist.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=21968&pos=0&anz=9&titel=Verfall_von_Urlaubsanspr%FCchen_-_Obliegenheiten_des_Arbeitgebers

V.
Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Februar 2019, Az. 2 AZR 746/14

Ein der römisch-katholischen Kirche verbundenes Krankenhaus darf seine Beschäftigten in leitender Stellung bei der Anforderung, sich loyal und aufrichtig im Sinne des katholischen Selbstverständnisses zu verhalten, nur dann nach ihrer Religionszugehörigkeit unterschiedlich behandeln, wenn dies im Hinblick auf die Art der betreffenden beruflichen Tätigkeiten oder die Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
Die Beklagte ist Trägerin von Krankenhäusern und institutionell mit der katholischen Kirche verbunden. Der katholische Kläger war bei ihr als Chefarzt beschäftigt. Den Dienstvertrag schlossen die Parteien unter Zugrundelegung der vom Erzbischof von Köln erlassenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 23. September 1993 (GrO 1993). Nach deren Art. 5 Abs. 2 GrO 1993 handelte es sich ua. beim Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe um einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen konnte. Der Kläger war nach katholischem Ritus verheiratet. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau heiratete er im Jahr 2008 ein zweites Mal standesamtlich. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. September 2009. Hiergegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Über ein in diesem Verfahren ergangenes Vorabentscheidungsersuchen des Senats zum Inhalt und zur Auslegung des Unionsrechts hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 11. September 2018 (- C-68/17 -) entschieden.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Kündigung ist nicht durch Gründe im Verhalten oder in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Mit seiner Wiederverheiratung verletzte dieser weder eine wirksam vereinbarte Loyalitätspflicht noch eine berechtigte Loyalitätserwartung der Beklagten. Die Vereinbarung im Dienstvertrag der Parteien, mit der die GrO 1993 in Bezug genommen wurde, ist gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, soweit dadurch das Leben in kirchlich ungültiger Ehe als schwerwiegender Loyalitätsverstoß bestimmt ist. Diese Regelung benachteiligte den Kläger gegenüber nicht der katholischen Kirche angehörenden leitenden Mitarbeitern wegen seiner Religionszugehörigkeit und damit wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ohne dass dies nach § 9 Abs. 2 AGG gerechtfertigt ist. Dies folgt aus einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 9 Abs. 2 AGG, jedenfalls aber aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts. Die Loyalitätspflicht, keine nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der katholischen Kirche ungültige Ehe zu schließen, war im Hinblick auf die Art der Tätigkeiten des Klägers und die Umstände ihrer Ausübung keine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung.
Nationales Verfassungsrecht (vgl. dazu BVerfG 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 -) steht dem nicht entgegen. Das Unionsrecht darf die Voraussetzungen, unter denen die der Kirche zugeordneten Einrichtungen ihre Beschäftigten wegen der Religion ungleich behandeln dürfen, näher ausgestalten. Der Europäische Gerichtshof hat mit seiner Auslegung der Richtlinie 2000/78/EG seine Kompetenz nicht überschritten. Es handelt sich nicht um einen „Ultra-Vires-Akt“ oder einen solchen, durch den die Verfassungsidentität des Grundgesetzes berührt wird.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=21974&pos=0&anz=10&titel=K%FCndigung_des_Chefarztes_eines_katholischen_Krankenhauses_wegen_Wiederverheiratung

VI.
Nebenpflichtverletzung, Darlehen, fristlose Kündigung
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 20.12.2018, Az. 18 Sa 941/18

Lässt sich der Mitarbeiter eines Pflegedienstes von einer Patientin ein zinsloses, zu frei wählbaren Raten rückzahlbares Darlehen gewähren, so verstößt er gegen die in § 3 Abs. 2 BAT-KF geregelte Pflicht, keine Vergünstigungen in Bezug auf seine Tätigkeit anzunehmen. Der Pflichtenverstoß kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2018/18_Sa_941_18_Urteil_20181220.html

VII.
Altersteilzeit im Blockmodell - Wertguthaben – Dienstwagennutzung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 5.12.2018, Az. 4 Sa 32/18

1. Es hängt von der Vereinbarung der Parteien im Altersteilzeitvertrag ab, ob und inwieweit dem Arbeitnehmer im Blockmodell ein Dienstwagen zur weiteren privaten Nutzung überlassen wird. Von dieser Vereinbarung hängt ab, ob eine Entgeltreduzierung bezogen auf diesen Entgeltbestandteil stattgefunden hat, der Wert der Nutzungsbefugnis somit bei der Berechnung des Aufstockungsbetrags gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1a ATZG heranzuziehen ist oder gem. § 3 Abs. 1a ATZG außer Betracht zu bleiben hat.
2. Haben die Parteien vereinbart, dass dem Arbeitnehmer die Dienstwagennutzung nur während der Arbeitsphase, nicht aber während der Freistellungsphase eingeräumt wird, liegt zwar eine Entgeltreduzierung bezogen auf diesen Entgeltbestandteil auf 50% vor. Es hat sich der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase aber kein Wertguthaben aufgebaut. Er hat vielmehr umgekehrt den eigentlich erst auf die Freistellungsphase entfallenden Entgeltbestandteil bereits vorab in der Arbeitsphase erhalten.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2018-12&nr=26826&pos=0&anz=1

VIII.
Gegenvorstellung; Ablehnungsgesuch; Rechtsmissbrauch
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.1.2019, Az. 14 Sa 5/18

1. Die Gegenvorstellung gegen eine Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist nicht statthaft.
2. Das wiederholte Ablehnungsgesuch bei unverändertem Sachverhalt ist rechtsmissbräuchlich.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2019-1&nr=26820&pos=0&anz=2

IX.
Werte rechtshängiger oder nichtrechtshängiger Ansprüche
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6007/19

1) In den Wert eines Vergleichs sind die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden.
2) Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin, die zum Abschluss eines Vergleichs führt, ist regelmäßig mit der Einigungsgebühr abgegolten. Es genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche noch Regelungen, durch die Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich einen künftigen Streit der Parteien vermeiden.
3) Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass eine der Parteien in den Vergleichsverhandlungen Forderungen aufstellt, um dann im Wege des Nachgebens einen Vergleich zu erreichen; für einen Vergleichsmehrwert muss vielmehr der potentielle Streitgegenstand eines künftigen Verfahrens eine Regelung erfahren.
4) Der Gesichtspunkt, dass eine konkret vereinbarte Zeugnisformulierung nicht mit Erfolg durchsetzbar gewesen wäre (hier "Dankes-, Bedauerns- und Schlussformel"), ändert an dem Ergebnis nichts, solange insoweit kein Streit bestand.
5) Streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung, kann regelmäßig ohne nähere Begründung davon ausgegangen werden, dass auch das Führungs- und Leistungsverhalten des Arbeitnehmers streitig war. Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung bedarf es regelmäßig einer besonderen Rechtfertigung.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE190002600&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10

X.
Wirtschaftliche Identität
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.02.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6118/18

1. Bei dem Begriff des Gegenstands in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt es sich um einen selbständigen kostenrechtlichen Begriff, der eine wirtschaftliche Betrachtung erfordert. Eine Zusammenrechnung hat dort zu erfolgen, wo eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist.
Wirtschaftliche Identität liegt vor, wenn die in ein Eventualverhältnis gestellten Ansprüche nicht in der Weise nebeneinander bestehen können, dass - die vom Kläger gesetzte Bedingung fortgedacht - allen stattgegeben werden könnte, sondern dass die Verurteilung gemäß dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zöge (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 14. Dezember 2018 – 17 Ta (Kost) 6105/18 und 26 Ta (Kost) 6136/18; BGH 12. September 2013 – I ZR 61/11, Rn. 6).
2. Der Kündigungsschutzantrag und der (Hilfs-)Antrag auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs können nicht nebeneinander bestehen; wird der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt, besteht kein Anspruch auf Nachteilsausgleich. Es besteht ein wirtschaftlich identisches Interesse.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE190002601&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10

XI.
Kündigungsschutzklage und Nachteilsausgleich - wirtschaftliche Identität
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2019, Az. 17 Ta (Kost) 6117/18

Zwischen einer Kündigungsschutzklage und einem hilfsweise geltend gemachten Nachteilsausgleichanspruch besteht wirtschaftliche Identität; die Werte der Anträge sind nicht zusammenzurechnen (Anschluss an LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.5.2012 - 5 Ta 52/12)

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE190002020&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10

XII.
Auswirkungen einer vorherigen Abänderung nach Ablauf des Vier-Jahres-Zeitraums des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO aF - Voraussetzungen der Aufhebung eines PKH-Bewilligungsbeschlusses nach Ratenzahlungsrückstand
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.02.2019, Az. 26 Ta 2406/18

1. Die Prozesskostenhilfebewilligung darf nicht aufgehoben werden, wenn die unterbliebene Ratenzahlung nicht auf einem Verschulden der bedürftigen Partei beruht. Das Gericht ist nicht an die Feststellungen und Bewertungen im Rahmen des ursprünglichen Bewilligungsbeschlusses und auch nicht an die im Rahmen von Abänderungsverfahren gebunden.
2. Im Rahmen der Entscheidung nach § 124 Nr. 4 ZPO aF hat vielmehr eine nochmalige Prüfung der Leistungsfähigkeit der Partei zu erfolgen. Das Ausbleiben der Zahlungen ist demnach unverschuldet, wenn das Einkommen der Partei so gering ist, dass ihr Prozesskostenhilfe ohne Raten gewährt werden müsste, wenn sie diese erneut beantragen würde (vgl. LAG Hamm (Westfalen) 18. Dezember 2018 – 14 Ta 552/18, Rn. 2 – 5 mwN).
3. Jedenfalls dann, wenn das Arbeitsgericht die Überprüfung so zeitig einleitet, dass bei einer fristgemäßen Beantwortung der Anfrage des Arbeitsgerichtes das Überprüfungsverfahren noch vor Ablauf des Vier-Jahres-Zeitraumes des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO aF abgeschlossen werden kann, ist auch eine Entscheidung nach Ablauf dieses Zeitraumes möglich. Dies gilt jedenfalls, soweit nicht die eingetretene Verzögerung zumindest auch durch das Arbeitsgericht mitverschuldet ist.
4. Es konnte dahinstehen, ob dieser Gesichtspunkt im Rahmen des Aufhebungsverfahrens nach Ratenzahlungsverzug noch mit Erfolg hätte vorgebracht werden können, wenn es darauf angekommen wäre.

Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE190001787&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10


XIII.
Zweites Versäumnisurteil, Berufung, Säumnis, unverschuldete Säumnis, Verspätung, Flug, Vertagung von Amts wegen
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.11.2018, Az. 5 Sa 330/18

Die Parteien streiten noch darüber, ob der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Schadensersatzanspruch zusteht. Im Berufungsverfahren wendet sich die Klägerin gegen
den Erlass eines Zweiten Versäumnisurteils.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/6AB8258D499BA529C12583A60042BB45/$file/Urteil-5-Sa-330-18_29-11-2018.pdf

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident

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