Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Lohnwucher
(Stuttgart) Das Bundesarbeitsgericht hat in einer neuen Entscheidung vom 22.04.2009 ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht.
Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.04.2009 (AZ.: 5 AZR 436/08)
Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines Anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Diese Regelung gilt auch für Arbeitsverhältnisse.
In dem Fall war die Klägerin seit 1992 in dem Gartenbaubetrieb des Beklagten bei Hamburg als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Sie erhielt einen Stundenlohn von 6,00 DM netto, ab 1. Januar 2002 3,25 Euro netto. Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2002 unter dem Gesichtspunkt des Lohnwuchers eine Nachzahlung von knapp 37.000,00 Euro auf der Basis der tariflichen Vergütung. Der tarifliche Stundenlohn betrug insoweit zwischen 14,77 DM brutto und 7,84 Euro brutto. Die Klägerin arbeitete monatlich bis zu 352 Stunden.
Die Klage war in den Vorinstanzen unter Berücksichtigung der der Klägerin eingeräumten Sachleistungen, insbesondere einer Wohngelegenheit auf dem Betriebsgelände, erfolglos. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts jedoch nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, betont Henn.
Auch unter Einbeziehung der Sachbezüge betrug die gezahlte Stundenvergütung im Klagezeitraum weniger als 2/3 der tariflichen Stundenvergütung. Die Gesamtumstände, insbesondere die gesetzwidrig hohen und zudem unregelmäßigen Arbeitszeiten verdeutlichten die Ausbeutung der Klägerin. Allerdings habe das Landesarbeitsgericht weder die Üblichkeit des Lohns in den Gartenbaubetrieben der Region noch die Kenntnis des Beklagten vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen ausdrücklich festgestellt. Das sei in der neuen Verhandlung nachzuholen.
Maßgebend sei der Vergleich mit der tariflichen Stunden- oder Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen seien. Eine bei Abschluss des Arbeitsvertrags danach nicht zu beanstandende Vergütung könne durch die Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden.
Henn empfahl, das Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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Michael Henn
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