Wegen der Geburt eines zweiten Kindes vorzeitig beendete Elternzeit kann regelmäßig später nachgeholt werden (Bundesarbeitsgericht 21.04.2009, 9 AZR 391/08)
Arbeitnehmer können die in Anspruch genommene Elternzeit wegen der Geburt eines weiteren Kindes grundsätzlich unterbrechen und den verbleibenden Anteil von bis zu zwölf Monaten auf einen späteren Zeitraum zwischen Vollendung des dritten und des achten Lebensjahrs des Kindes übertragen. Der Arbeitgeber muss der Übertragung zwar zustimmen, ist dabei aber an billiges Ermessen gemäß § 315 BGB gebunden.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jüngst folgenden Fall zu entscheiden: Die Klägerin war seit 1999 bei der Beklagten beschäftigt. Im Juli 2004 kam ihr erstes Kind zur Welt. Hierfür nahm sie drei Jahre Elternzeit in Anspruch. Ihr zweites Kind wurde im Juli 2006 geboren. Mit Schreiben vom 16.08.2006 nahm sie auch für dieses Kind drei Jahre Elternzeit in Anspruch. Die Elternzeit für ihr erstes Kind sollte deshalb vorzeitig beendet und die dadurch verbleibende Elternzeit an die Elternzeit für das zweite Kind "drangehängt" werden. Die Beklagte verweigerte jedoch mit Schreiben vom 21.09.2006 ihre Zustimmung zur Übertragung der Elternzeit mir der Begründung, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin aufgrund der längeren Abwesenheit noch mehr abnehmen würden und damit eine Wiederaufnahme der Tätigkeit immer schwerer werde.
Die Klägerin hat Klage auf Zustimmung der Beklagten zur Übertragung der Elternzeit erhoben. Sie machte geltend, dass der Übertragung der Elternzeit entgegenstehende Interessen der Beklagten nicht erkennbar seien. Die Beklagte könne aufgrund der Größe des Unternehmens und des Umstands, dass sie überwiegend Teilzeitkräfte beschäftige, ohne weiteres auch für den Übertragungszeitraum auf ihre Arbeitsleistung verzichten.
Das BAG hat ebenso wie die Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Das BAG stellte fest, dass die Beklagte der begehrten Übertragung der Elternzeit zustimmen muss. Die Klägerin konnte die für ihr erstes Kind in Anspruch genommene Elternzeit wegen der Geburt des zweiten Kindes vorzeitig beenden. Nach § 16 Abs.3 S.2 BErzGG/BEEG kann der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung der Elternzeit aus diesem Grund nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen. Solche der Beendigung entgegenstehende dringende betriebliche Gründe hat die Beklagte nicht dargelegt.
Den durch eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit verbleibenden Anteil von bis zu zwölf Monaten können Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs.3 S.2 in Verbindung mit § 15 Abs.2 S. 4 BErzGG/BEEG mit Zustimmung des Arbeitgebers auf die Zeit nach Vollendung des dritten bis zur Vollendung des achten Lebensjahrs des Kindes übertragen.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte ihre Zustimmung zur Übertragung der Elternzeit zwar verweigert. Die Weigerung der Beklagten entspricht aber nicht billigem Ermessen nach § 315 BGB. Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche Nachteile ihr durch die Übertragung der Elternzeit entstehen würden.
(Quelle: BAG Pressemitteilung Nr.35 vom 21.04.2009)
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