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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Außerordentliche Eigenkündigung - arbeitsplatzbedingte Erkrankung als wichtiger Grund
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 9.12.2016, Az. 12 Sa 16/16,
1. Ist eine Arbeitnehmerin auf Grund eines Konfliktes am Arbeitsplatz dauerhaft erkrankt und gilt für sie eine längere Kündigungsfrist, stellt die dauerhafte Erkrankung an sich einen wichtigen Grund dar, eine außerordentliche Eigenkündigung auszusprechen.
2. Ob sich der Arbeitsplatzkonflikt auf Grund eines vertragsgemäßen Verhaltens oder auf Grund eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers entwickelt hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&verfahrensart=Alle+Verfahrensarten&Datum=2016-12&nr=22315&pos=6&anz=7
II.
Außerordentliche Kündigung - medizinische Fachangestellte - Weitergabe von Patientendaten
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2016, 12 Sa 22/16,
1. Verletzt eine medizinische Fachangestellte (Arzthelferin) ihre arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht dadurch, dass sie Patientendaten an eine nicht berechtigte Person weitergibt, stellt dies an sich einen wichtigen Grund dar, das Arbeitsverhältnis der Fachangestellten außerordentlich zu kündigen.
2. Im Hinblick auf die Schwere eines solchen Vertragsverstoßes kann eine Abmahnung der Fachangestellten entbehrlich sein, weil sich das Vertrauen des Arbeitgebers in die Diskretion der Fachangestellten nicht wiederherstellen lässt.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&verfahrensart=Alle+Verfahrensarten&Datum=2016-11&nr=22250&pos=1&anz=4
III.
Unwirksamkeit von Klauseln über Preisnebenabreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets
Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 15. Juni 2017, Az. 5 U 16/16
Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets, die Preisnebenabreden enthalten (hier: "Premiumversand inkl. Bearbeitungsgebühr 29,90 EUR", "ticketdirekt - das Ticket zum Selbstausdrucken... 2,50 EUR") sind unwirksam.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/gl2?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
IV.
Verspätete Abgabe der Drittschuldnererklärung - Beweiskraft der Zustellungsurkunde
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Mai 2017, Az. 5 Sa 110/16
1. Die Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO hängt nicht davon ab, ob dem Hauptschuldner die gepfändeten Forderungen tatsächlich zustehen. Die Auskunftspflicht besteht auch dann, wenn die Pfändung ins Leere geht.
2. Die Zustellungsurkunde begründet vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen; der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig (§ 418 Abs. 1 und 2 ZPO). Für den Beweis der Unrichtigkeit genügt es nicht, wenn der Adressat der Zustellung schlicht behauptet, das Schriftstück nicht erhalten zu haben. Für den Gegenbeweis ist es vielmehr erforderlich, einen anderen als den beurkundeten Geschehensablauf zu beweisen und somit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine objektive Falschbeurkundung zu belegen. Notwendig ist der volle Beweis in der Weise, dass die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen ist.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/gl2?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
V.
Feststellungsinteresse - Direktionsrecht -Tätigkeitszuweisung - Versetzung - Wechselschicht - vorfristige Geltendmachung
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. April 2017, Az. 10 Sa 53/17
Die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten ist im öffentlichen Dienst zulässig, soweit dadurch die Eingruppierung nicht verändert wird und billiges Ermessen gewahrt ist.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/gxw?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
VI.
Schadensersatz - unerlaubte Handlung
LArbG München, Urteil vom 25. April 2017, Az. 9 Sa 497/16
Die Klägerin hat Anspruch auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung, da der Beklagte weisungswidrig Waren der Klägerin deutlich unter dem Verkaufspreis an seine eigene und an eine Drittfirma zum Zwecke des Weiterverkaufs veräußert hat.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/gxw?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
VII.
Zugang zu sozialen Netzwerken für Erben
KG Berlin, Urteil vom 31. Mai 2017, Az. 21 U 9/16
1. Die Erben des verstorbenen Nutzers eines sozialen Netzwerks können aufgrund des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 TKG) vom Anbieter des Dienstes solange keinen Zugang zum Konto des Verstorbenen erhalten, wie dem nicht alle Kommunikationspartner zugestimmt haben, die mit dem Verstorbenen Kommunikationsinhalte ausgetauscht haben, die nur für diese beiden Nutzer oder nur einen eingeschränkten Personenkreis bestimmt waren.
2. Die bloße Kommunikation über das soziale Netzwerk begründet keine ausdrückliche, konkludente oder mutmaßliche Einwilligung in die Weitergabe von Kommunikationsinhalten im Sinne der Nr. 1 an Dritte. Dies gilt auch für die Kommunikation mit einem minderjährigen Nutzer des Netzwerks hinsichtlich der Weitergabe von Inhalten an seine Eltern.
3. Ein Anspruch der Eltern auf Zugang zum Konto ihres minderjährigen Kindes lässt sich auch nicht aus dem Recht der elterlichen Sorge oder dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Eltern ableiten.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/hjm?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
VIII.
Architektenrecht
OLG Celle, Urteil vom 18. Mai 2017, Az. 7 U 168/16
1. Der Architekt ist nicht bereits kraft seiner Bestellung uneingeschränkt bevollmächtigt, den Auftraggeber beim Abschluss von Verträgen zu vertreten oder rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, die dem Bauherrn erhebliche Verpflichtungen auferlegen.
2. Bei der Abgrenzung zwischen mehreren Schadensverursachern (hier: planender Architekt und bauausführendes Unternehmen) ist zu berücksichtigen, dass Planungsfehler grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des planenden Architekten, Ausführungsfehler hingegen in den Verantwortungsbereich des bauausführenden Unternehmers fallen.
3. Die Überwachungspflicht des bauleitenden Architekten dient regelmäßig nicht dem Schutz des bauausführenden Unternehmens, sondern dem Schutz des Auftraggebers.
4. Der planende Architekt kann sich im Innenverhältnis gegenüber dem Bauherrn nicht zu seiner Entlastung darauf berufen, dass der Bauunternehmer die fehlerhaft geplante Bauleistung nicht fachgerecht ausgeführt hat.
5. Der Bauherr muss sich den Planungsfehler seines Architekten im Verhältnis zum Auftraggeber gem. §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/hjm?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
IX.
Wirksamkeit von Bearbeitungsentgelten in AGB in Darlehensverträgen mit Unternehmern
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 17. Mai 2017, Az. 1 U 70/16
1. Die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in einem Darlehensvertrag ist auch im unternehmerischen Verkehr nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wegen einer entgegen den Geboten von Treu und Glauben erfolgenden unangemessenen Benachteiligung des Darlehensnehmers.
2. Die Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auch auf Darlehensverträge im unternehmerischen Bereich übertragbar.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/hjm?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
X.
Beginn der Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Aufklärung über die wirtschaftlichen Nachteile einer Kombination des Darlehensvertrags mit einem Kapitallebensversicherungsvertrag
BGH, Urteil vom 16. Mai 2017, Az. XI ZR 430/16
Der Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers wegen fehlerhafter Aufklärung über die wirtschaftlichen Nachteile einer Kombination aus Darlehensvertrag und Kapitallebensversicherungsvertrag entsteht mit Abschluss der zur Finanzierung und Tilgung empfohlenen Verträge.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml/t/hjm?cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fstartseite%2Fhinweisseite.jsp&redirectcmsid=1194#focuspoint
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Michael Henn
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