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Benjamin Kastner
ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU
Am Sandtorkai 44
20457 Hamburg

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Gesellschafterliste: Ausübung von Gesellschafterrechten durch Erben nur bei Eintragung

(Stuttgart) Gemäß § 16 GmbHG gilt im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nach einem neuen Urteil auch für die Erben eines Gesellschafters.

Lange Zeit, so die Rechtsanwälte Dr. Stephan Bauer, LL.M. und Benjamin Kastner, LL.M. (Melbourne), beide aus der Sozietät ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU in Hamburg, war in der Literatur umstritten, ob Erben von Gesellschaftern ihre durch die Erbschaft erworbenen Gesellschafterrechte bereits mit dem Erbfall oder erst nach Eintragung als Gesellschafter in der Gesellschafterliste geltend machen können. Letzteres kann insbesondere bei Erbstreitigkeiten zu länger dauernder Verhinderung der Ausübung der Gesellschafterrechte führen. Erstmalig hat sich nunmehr die Rechtsprechung explizit zu dieser Thematik geäußert.

Sachverhalt
Die Klägerin war Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes. Alleinige Gesellschafter der beklagten GmbH waren der verstorbene Ehemann sowie ein weiterer, geschäftsführender Gesellschafter. Die Satzung der Gesellschaft sah für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters die Möglichkeit der Einziehung von dessen Geschäftsanteil ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis der Gesellschaft von dessen Tod vor. Am 26.08.2014 verstarb der Ehemann der Klägerin, worüber diese den geschäftsführenden Gesellschafter am Folgetag informierte. Noch am selben Tag hielt dieser eine Gesellschafterversammlung ab und beschloss die Einziehung des Geschäftsanteils des verstorbenen Ehemannes, worüber er die die Klägerin vier Wochen später informierte. Etwa zwei Monate später informierte die Klägerin die beklagte GmbH, dass sie nach den im November 2014 eröffneten Verfügungen des Erblassers von Todes wegen, und zwar in Form zweier Erbverträge, als Alleinerbin eingesetzt worden sei. Die Erbverträge legte sie dem geschäftsführenden Gesellschafter vor. Ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen würde, wisse sie noch nicht. Auch einen Erbschein beantragte die Klägerin zunächst nicht. Der Geschäftsführer trug die Klägerin nicht in die Gesellschafterliste der GmbH ein. Knapp sechs Monate später hielt der geschäftsführende Gesellschafter erneut eine Gesellschafterversammlung ab, wozu er die Klägerin geladen hatte. In der Gesellschafterversammlung beschloss der geschäftsführende Gesellschafter vorsorglich erneut die Einziehung der Geschäftsanteile des verstorbenen Ehemannes. Die Klägerin hat diesen Beschluss angefochten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht Naumburg (Urt. v. 01.09.2016 - 2 U 95/15) entschied, dass die Klage zu Recht abgewiesen wurde. Zwar sei der erste Beschluss des geschäftsführenden Gesellschafters vom 27.08.2014 nichtig gewesen, da es an einer ordnungsgemäßen Einladung zu der Gesellschafterversammlung gefehlt habe.

Mit Blick auf den zweiten Einziehungsbeschluss fehle es der Klägerin jedoch an der sog. Anfechtungsbefugnis, da sie zum Zeitpunkt der Beschlussfassung (und auch danach) nicht als Gesellschafterin in die Gesellschafterliste eingetragen war. Entscheidend für die Ausübung von Gesellschafterrechten - und damit auch die Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen - sei nicht, dass die Klägerin als Erbin Inhaberin des Geschäftsanteils wäre (sog. materiell-rechtliche Inhaberschaft), sondern dass sie als solche in der Gesellschafterliste eingetragen ist (sog. formell-rechtliche Legitimation). Nur so könne Rechtsklarheit geschaffen werden.

Überdies habe sich die beklagte GmbH auch darauf berufen dürfen, dass die Klägerin nicht in die Gesellschafterliste eingetragen war. Obgleich die Klägerin dem Geschäftsführer ihre Erbenstellung angezeigt hatte, habe dieser die Eintragung der Klägerin in die Gesellschafterliste nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise verhindert. Die alleinige Vorlage der Erbverträge habe noch nicht den erforderlichen Nachweis gebracht, sie als Gesellschafterin zu behandeln.

Anmerkung
Juristisch-argumentativ überzeugt das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg. Für Erben führt es jedoch zu Folgeproblemen. Will der Erbe gegen ihm unliebsame Beschlüsse vorgehen, die nach dem Tod des Erblassers ohne sein Zutun durch die übrigen Gesellschafter gefasst werden, muss er zunächst seine Eintragung in die Gesellschafterliste sicherstellen.

Zwar hat der Erbe, sofern er seine Erbenstellung gegenüber dem Geschäftsführer der GmbH nachweist, gegenüber diesem einen einklagbaren Anspruch auf Eintragung in die Gesellschafterliste. Der Anspruch kann jedoch regelmäßig nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden (vgl. KG Berlin, Urt. v. 10.12.2015 - 23 U 99/15; OLG Thüringen, Urt. v. 24.08.2016 - 2 U 168/16). Gerade mit dem Zeitpunkt des Versterbens eines Gesellschafters entstehen häufig jedoch Streitigkeiten, die ein schnelles Handeln erforderlich machen.

Praxistipp
Wichtig ist daher, so betonen Dr. Bauer und Kastner, dass der Erbe mit dem Tod des Erblassers rasch seine Erbenstellung gegenüber dem Geschäftsführer anzeigt. Dies muss schriftlich und durch Vorlage von geeigneten Nachweisen erfolgen, insbesondere durch Vorlage des Erbscheins. Sollte der Geschäftsführer den Erben dann gleichwohl nicht in die Gesellschafterliste eintragen, kann sich die Gesellschaft in einem etwaigen Anfechtungsprozess nicht darauf berufen, dass der Erbe nicht in die Gesellschafterliste eingetragen sei, weil sie dies selbst rechtsmissbräuchlich verhindert hat. Parallel dazu sollte die Durchführung der von den übrigen Gesellschaftern beschlossenen Maßnahmen (z.B. Einziehung) im einstweiligen Rechtsschutz verhindert werden, und zwar so lange, bis der eigentliche Beschluss der Gesellschafter im Anfechtungsprozess für nichtig erklärt wurde.

Ebenso möglich, aber selten bedacht, könnte der Gesellschafter dem potenziellen Erben im Rahmen der Vorsorge eine Vollmacht von Todes wegen für die Geltendmachung der Gesellschafterrechte über den Tod hinaus erteilen. Derartige Vorsorgemaßnahmen sind in der Praxis selten, gerade vor dem Hintergrund des Urteils des Oberlandesgerichts Naumburg aber unbedingt empfehlenswert.

Dr. Bauer und Kastner empfehlen in solchen Angelegenheiten unbedingt Rechtsrat einzuholen und verweisen in diesem Zusammenhang auf die im Rahmen des VDA VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e.V. entsprechend qualifizierten Rechtsanwälte - www.verband-deutscher-anwaelte.de

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Dr. Stephan Bauer, LL.M.
Rechtsanwalt / Partner

Benjamin Kastner, LL.M. (Melbourne)
Rechtsanwalt / Associate
ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU
Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater
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E-Mail: s.bauer@esche.de; b.kastner@esche.de - Internet: www.esche.de
 
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