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Alexander Stevens
Kanzlei für Strafrecht
Neuhauser Str. 1
Fußgängerzone
80331 München


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Das neue Sexualstrafrecht bestraft endlich auch die Frauen

Nein heißt Ja und Ja heißt Nein!


Aus ist es jetzt mit der Frage „Wann wird er mich das erste Mal küssen“
Aus ist es mit Sex an einsamen Orten
Aus ist es mit spontanem Sex
Aus ist es mit Sex nach ein paar Gläsern Wein
Aus ist es mit Sex zu später Stunde
Aus ist es mit gemeinsamen Freunden um die Häuser zu ziehen


Sind Sie für oder gegen Vergewaltigung?

Man kann es eigentlich schon gar nicht mehr hören: Das neue Sexualstrafrecht. Es ist doch jetzt beschlossen und alle wollten es – also gut ist`s oder?

Nein! Denn niemand scheint sich über die Tragweite dessen bewusst zu sein, was da eigentlich beschlossen wurde: Da ließ man sich doch viel lieber von der Spiegel-Kolumnistin Margarete Stokowski erklären, dass das Auto nach deutschem Recht besser als die Vagina geschützt sei und es jetzt in Deutschland, dem Land der vielen Vergewaltiger, endlich „Nein heißt Nein“ heißen müsse, übrigens selbe Frau, die in einer ihrer Kolumnen ernsthaft forderte, dass „auch Männer, die sich für komplett harmlos halten, abends besser mal die Straßenseite wechseln sollten, wenn sie einer Frau begegnen“ (Man muss in diesem Text nur einmal „Männer“ durch „Ausländer“ ersetzen und der Text würde gut in eine Hetzschrift ganz anderer Art passen).

Das Ende vom Lied ist nun, dass es 100% Zustimmung für ein Gesetz gab, das KEINER vorher gelesen, geschweige denn verstanden hat – die, die es beschlossen haben am aller wenigsten. Wie auch, wenn Politik, Medien und Feministinnen wie Alice Schwarzer (die im Übrigen selbst vorbestraft ist) die Notwendigkeit einer Novellierung des Sexualstrafrechts auf die Frage herunterbrechen: „Sind Sie für oder gegen Vergewaltigung?“!

Tja, vielen Dank euch Alice Schwarzers, Margarete Stokowskis, Natalia Wörners und wie sie alle heißen, denn jetzt ist „unmoralischer“ Sex endlich strafbar. Kleines Beispiel gefällig?

Den ersten Kuss, so wie wir ihn bisher kannten, dass die Frau oder (selten) auch der Mann, sich voll Spannung fragen mussten, wann wird er (sie) mich wohl das erste Mal küssen, wird es nicht mehr geben. Denn ein überraschender Kuss ist nach dem Wortlaut des neuen Gesetzes nicht nur eine sexuelle Belästigung, nein, er ist sogar eine sexuelle Nötigung! Strafbar macht sich nämlich jetzt gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 3 Strafgesetzbuch, wer eine sexuelle Handlung an einer anderen Person vornimmt und dabei ein Überraschungsmoment ausnutzt.
Je nachdem ob ein Richter einen bloßen Kuss als „erhebliche sexuelle Handlung“ ansieht, drohen zwischen 6 Monaten und 5 Jahren Gefängnis. Und bei einem Zungenkuss verurteilen manche Richter auch wegen Vergewaltigung (=Eindringen in eine Körperöffnung – hier dem Mund), mit 2 bis 15 Jahren Freiheitsstrafe als Rechtsfolge.

Aber es geht noch grotesker: Sex ist nämlich nur noch an sicheren Orten erlaubt! Die alles entscheidende Frage nach dem ersten Kennenlernen „Zu Dir oder zu mir?“ können Sie sich nämlich sparen, wenn Sie nicht alleine zu Hause wohnen. Denn auch ohne dass ein klares „Nein“ fallen müsste, droht dem Mann (aber auch der Frau!) eine Verurteilung wegen Vergewaltigung, wenn man beim Geschlechtsverkehr eine Lage ausnutzt, in der das Opfer schutzlos ist (§ 177 Abs. 5 Nr. 3 StGB). Eine solche Schutzlosigkeit stellt bereits die allein vom Täter bewohnte Wohnung dar, denn das Opfer ist damit dem ungehemmten Einfluss des Täters preisgegeben, ohne dass fremde Hilfe zu erwarten wäre. Künftig können Sie sich zum Sex also nur noch an Orten treffen, wo zur Not mit hilfsbereiten Menschen zu rechnen ist, etwa einer WG oder dem Elternhaus. Aber Vorsicht, der Ort darf nicht zu belebt sein: Sex in der Öffentlichkeit gilt als Erregung öffentlichen Ärgernisses und war bereits nach altem Recht strafbar.

Nein heißt Ja und Ja heißt Nein

Aber damit nicht genug, denn das Beste kommt erst noch: Nein heißt Nein steht doch jetzt im Gesetz geschrieben oder nicht?
Nein. Es steht nicht im Gesetz! Wieder einmal verarscht worden. Im Gesetz steht nun, dass derjenige, der gegen den erkennbaren Willen (also auch ohne ein klar ausgesprochenes „Nein“) sexuelle Handlungen an einer Person vornimmt, sich jetzt wegen sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung strafbar macht (§ 177 Abs. 1 StGB).
Wann ein solcher entgegenstehende Wille erkennbar ist und wann nicht, definiert das Gesetz allerdings nicht – das ist der richterlichen Auslegung überlassen. Insofern kann ein trauriger Blick jetzt genügen, um als ein deutliches Zeichen eines erkennbar entgegenstehenden Willens und damit einer Verurteilung zu genügen.
Übersetzt heißt das jetzt, Ja heißt Ja.
Dass im realen Leben sexuelle Kontakte selten auf dem direktesten Pfad der Kommunikation zustande kommen, scheinen unsere Befürworter der Reform irgendwie anders zu sehen. Selbst bei als „Sex-Plattform“ bezeichneten Internetdiensten wie „Tinder“ oder durchaus auch „Facebook“ und „Instagram“ beginnt die Interaktion von sexuell getriebenen Abenteurern zumeist mit einem höflichen „Hey, wie geht’s?“. Man nennt so etwas „Subtext“. Denn Kommunikation entsteht nicht nur durch eine Aneinanderreihung von Worten, sondern durch eine komplexe Mischung aus dem durch Worte und Handlungen scheinbar kommunizierten Verhalten im Zusammenspiel mit dem situationsabhängigen „Kontext“ und „Subtext“.
Aber fragen Sie sich doch einfach selbst: Wie oft kam es bei Ihnen im Schlafzimmer schon zu Fragenkatalogen wie: „Möchtest Du, dass ich jetzt deine Brust streichele und dann deinen Intimbereich und wir dann miteinander in der XY-Stellung Sex haben?“. Hoffentlich nicht oft. Dass Menschen in sexuellen Situationen selten einen sachlich verbalen Lagebericht abgeben, sollte mit der Lebenserfahrung gut vereinbar sein. Aus diesem Grund steht dem Gericht eben ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, ob ein „Nein“ im konkreten Einzelfall als „Nein“ gewertet werden soll oder nicht. Um Missverständnisse auszuschließen: Im Regelfall wird „Nein“ auch „Nein“ heißen. Aber was genau soll denn jetzt ein „erkennbar entgegenstehender Wille“ sein?
In der denknotwendigen Konsequenz kann das also ab jetzt nur heißen, dass vor jeder sexuellen Handlung – auch innerhalb ein und desselben Geschlechtsaktes (zum Beispiel: Streicheln der Brust, dann Streicheln des Intimbereiches etc.) – explizit nachgefragt werden muss, ob die jeweilige Handlung gewollt ist. Am besten alle 10 bis 20 Sekunden fragen: „Möchtest Du, dass ich aufhöre?“ Aber Achtung: Dann heißt „Nein“ nicht „Nein“ sondern „Ja“ und „Ja“ heißt dann „Nein“. Alles klar?!

Niemanden (anstelle von Sex) ohne Regenschirm in den Regen gehen lassen

Einer Studie zur Folge gibt es an Regentagen mehr Sex als an Sommertagen. Das leuchtet auch ein, denn wer geht schon gerne bei Regen aus dem Haus. Problematisch wird es aber, wenn man nur deshalb nicht bei Regen raus gehen möchte, weil einem der Wunsch nach einem Regenschirm ausgeschlagen wird und zwar weil sein Gegenüber bei dem Regenwetter lieber Sex haben will.
Das ist kein Witz! Das neue Gesetz stellt jetzt auch unter Strafe, wenn beim Sex eine Lage ausgenutzt wird, in welcher dem Opfer bei potenziellem Widerstand ein empfindliches Übel droht (§ 177 Abs. 5 Nr. 4 StGB). Und jetzt halten Sie sich bitte fest: Als empfindliches Übel wurde in der Rechtsprechung dabei just auch der Fall angesehen, dass man jemanden ohne Regenschirm bei Regen vor die Tür setzt. Und nochmal: Man muss nicht damit drohen jemanden keinen Regenschirm mitzugeben, wenn der oder diejenige jetzt keinen Sex mit einem haben will. Das bloße Ausnutzen dieser Lage ist völlig ausreichend. Eines aktiven Widerstandes oder gar eines „Nein!“ des Opfers bedarf es dabei auch nicht. Fortgesponnen heißt das dann aber auch, dass wenn etwa die Ehefrau befürchtet, dass das Kind aufwachen könnte und nur deswegen sich dem Sex hingibt (ohne etwas zu sagen) auch das ein empfindliches Übel und damit strafbar wäre!

Sex-Haben ist rechtlich jetzt wie Autofahren

Wird der Abend etwas später und/oder bleibt es nicht nur bei einem Glas Wein wird auch das künftig zu gravierenden strafrechtlichen Folgen führen, hat man in diesem Zustand noch Sex. Nach der neuen Gesetzeslage ist es nämlich nicht nur (wie früher) strafbar, wenn der Sexualpartner aufgrund seines körperlichen oder psychischen Zustandes völlig weggetreten ist (Der Jurist spricht von widerstandsunfähig, was in etwa einem Alkoholpegel von 3 Promille entspricht), nein, es reicht jetzt bereits aus, wenn man(n) (oder Frau) in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist - es sei denn, der „Täter“ hat sich der Zustimmung des Opfers „versichert“, (§ 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB). Und das mit dem „versichern“ sollte man sehr ernst nehmen! In der Gesetzesbegründung heißt es dazu wörtlich, dass sich der Handelnde grundsätzlich auch dann strafbar macht, wenn der betrunkene Partner zwar im Nachhinein kundtut, dass er die sexuelle Handlung freiwillig an sich habe vornehmen lassen, der Beschuldigte sich hierüber aber nicht vorab versichert hat.
Noch gefährlicher wird es, wenn beide betrunken sind: Mangels verbaler oder schlüssiger Kommunikationsfähigkeit dürfte Sex zwischen zwei Betrunkenen damit gänzlich verboten sein. Sex muss daher von nun an wie Autofahren gehandhabt werden: Wenn Sie zu müde oder zu betrunken sind, bitte nicht mehr ins Auto bzw. mit jemanden ins Bett steigen.

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Vergewaltigung erfordert keine Gewalt mehr

Sieht man sich den im Vergleich zum alten Gesetz unveränderten Wortlaut des § 177 Abs. 7 StGB an, dann mag nach der bisherigen Gesetzeslage die Strafschärfung für das „bloße“ Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs ja noch verständlich gewesen. Dort war schließlich auch noch eine „echte“ Nötigung erforderlich mit dem Rechtsgedanken, dass ein Täter, der Gewalt anwendet, auch nicht unbedingt davor zurückschreckt, ein mitgebrachtes gefährliches Werkzeug zu verwenden. Zumindest kann es auf das Opfer diesen Eindruck machen, weshalb der Gesetzgeber diesen Umstand damit abstrafte, dass die Mindeststrafe nicht unter 3 Jahren war.
Nach der neuen Lage genügt – wie oben gezeigt - aber jegliche Übertretung des entgegenstehenden Willens. Klassische Nötigungshandlungen oder gar Gewalt sind ja aufgrund der „Nein heißt Nein“-Lösung (die ja, wie oben gezeigt, noch viel weitergeht und bereits einen erkennbar entgegenstehenden Willen ausreichen lässt) nicht mehr erforderlich: Vergewaltigung bedarf jetzt trotz der etymologischen Herkunft ja gerade keiner Gewalt mehr!?
Wer also in alter MacGyver-Manier ein kleines Schweizer Taschenmesser besitzt, das man(n) mal schnell zum Bieraufzumachen oder um sich des integrierten Zahnstochers nach dem Steak zu bedienen einsetzt (neuste Modelle haben neben dem kleinen Messer auch noch einen USB stick integriert), wird sich ohne auch nur irgendeine gewalttätign Handlung vorgenommen zu haben im Falle eines der oben beschriebenen Handlungsweisen, wie etwa mit einer angetrunkenen Person Sex zu haben, der Strafgewalt von 3 bis 15 Jahren Gefängnis aussetzen müssen (§ 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB).

Alleine Ausgehen jetzt sicherer als mit Freunden auszugehen

Nur in einem Punkt waren sich unsere Volksvertreter beim neuen Gesetz zur Reform der Reform des Sexualstrafrechts nicht so einig. Auf Drängen der CDU/CSU wurde beim sog. „Grapscher-Paragraphen“, dem neu beschlossenen § 184j Strafgesetzbuch, eine strafrechtliche „Haftung“ nicht nur für denjenigen, der eine andere Person sexuell belästigt geschaffen, sondern auch für etwaige umherstehenden Personen, die sich als zum Täter zugehörige Gruppe darstellen. Schließlich würden sie das Unrecht der Tat durch die Gruppendynamik erhöhen, auch ohne dass sie selbst an der Belästigung unmittelbar beteiligt wären, weil sie für das Opfer ein erhöhtes Gefahrenpotenzial bergen. Schließlich sähe sich das Opfer nicht nur einem Täter ausgesetzt, sondern einer Vielzahl von Personen mit motivierend wirkender Dynamik, die Hemmungen überwindet und auch die Verteidigungs- oder Fluchtchancen für das Opfer stark einschränkt.
Allerdings setzt das Gesetz gerade keine Beteiligung der anderen voraus. Dies führt zu der Groteske, dass etwa eine Junggesellin, die im Rahmen eines dieser nervigen Junggesellinnen-Abschiede - umringt von ihren 6-10 besten Freundinnen - aus einem Bauchladen in der Fußgängerzone genervten Passanten irgendwelche Ramsch veräußert, sich und ihre Freundinnen gleich mit strafbar macht, wenn sie ihrer Freude über einen Verkauf etwas dadurch Nachdruck verleiht, dass sie einem ihrer Käufer einen Klaps auf den Hintern gibt – zum Dank versteht sich.
Das bedeutet in aller Konsequenz, dass – als Junggeselle oder Kumpel – Mann und Frau von nun an besser immer alleine ausgeht, um nicht Gefahr zu laufen für die Unpässlichkeiten anderer ohne jegliches Zutun seinerseits gleich mitbestraft zu werden.

Fazit

Immerhin tröstlich dürfte an diesem supertollen Gesetz zur Bekämpfung des omnipräsenten Sexismus sein, dass sicherlich nur ein Bruchteil der unzähligen „Vergewaltigungen“ und sexuellen „Belästigungen“ zur Anzeige kommen wird – viele „Opfer“ werden vermutlich noch nicht einmal wissen, dass sie soeben Opfer oder Täter einer schweren Straftat geworden sind.

Insgesamt bin ich froh, in einem so sicheren Land zu leben. Und wir wissen alle: Wenn es in Deutschland ein Gesetz gibt, dann wird das auch umgesetzt. Ich freue mich also schon sehr auf das Münchner Oktoberfest. Es bleibt abzuwarten, ob die vom Gesetzgeber liebevoll ausgearbeitete „Nur-Ja-heißt-Ja“ – Lösung von allen alkoholisierten Menschen regelkonform umgesetzt werden wird. Der Begriff des „erotischen Abenteuers“ bekommt jetzt jedenfalls eine ganz neue Bedeutung.
 
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