Bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit kann ein Arbeitnehmer auch die Detektivkosten des Arbeitgebers zahlen
(Stuttgart) Dass eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit auch im Übrigen noch teuer zu stehen kommen kann, beweist ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. Danach kann der Arbeitgeber bei Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auf dessen Kosten einen Detektiv engagieren.
Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20.08.2008 – AZ.: 7 Sa 197/08 -.
In dem Fall war der Betroffene trotz vorliegender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gesehen worden, wie er zusammen mit seiner Ehefrau Zeitungen ausgetragen hatte. Daraufhin hatte der Arbeitgeber ein Detektivbüro mit der Beobachtung des Klägers in den folgenden Nächten beauftragt, wo der Arbeitnehmer nochmals dabei gesehen wurde.
Der Arbeitgeber sah darin eine vorsätzliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers und verlangte die Rückerstattung der ihm entstandenen Detektivkosten. Die Pflichtverletzung ergebe sich daraus, dass der Arbeitnehmer in dem Zeitraum ab dem 16.04.2007 eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und seinen Arbeitgeber veranlasst habe, die Ehefrau des Betroffenen für diesen als Aushilfskraft einzustellen und zu bezahlen. Tatsächlich sei er aber nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Er habe nämlich in zumindest zwei Nächsten genau jene Tätigkeiten verrichtet, die eigentlich er selbst arbeitsvertraglich hätte erbringen müssen.
Soweit dieser sich darauf berufe, er habe am 16.04. und 17.04.2007 jeweils nur zwei Stunden Zeitungen ausgetragen und sei hierzu, trotz seiner Arbeitsunfähigkeit, in der Lage gewesen, da es ihm von ärztlicher Seite lediglich verwehrt gewesen sei, vollschichtig tätig zu werden, sage hierzu das vom Arbeitnehmer vorgelegte ärztliche Attest nichts aus.
Das, so Klarmann, sah auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz so und wies die Berufung des Arbeitnehmers gegen das erstinstanzliche Urteil zurück.
Dem Arbeitgeber stehe hier ein Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitnehmer wegen vorsätzlicher Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zu. Diese seien dadurch vorsätzlich verletzt, dass der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit zumindest während des 18. und 19.04.2007 vorgetäuscht habe. Er war arbeitsvertraglich verpflichtet, für seinen Arbeitgeber Post und Zeitungen auszutragen, wobei dahinstehen könne, ob sich die tägliche Arbeitszeit nun auf sechs Stunden oder auf acht Stunden belaufen habe.
Wenn der Arbeitnehmer nunmehr geltend mache, ihm sei aus medizinischer Sicht lediglich verwehrt gewesen, eine vollschichtige Arbeitstätigkeit während der Arbeitsunfähigkeitszeit auszuüben und zwei Arbeitsstunden täglich seien ihm möglich gewesen, trage er hierfür die Darlegungs- und Beweislast, zumal er einen Ausnahmefall geltend mache. In der Regel werde nämlich mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestiert, dass ein Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitstätigkeit aus Krankheitsgründen generell nicht ausführen kann. Dieser ihn treffenden Darlegungslast sei der Arbeitnehmer hier nicht gerecht geworden, zumal sich aus dem von ihm in diesem Zusammenhang vorgelegten ärztlichen Attest bei genereller Arbeitsunfähigkeit eine etwa ausnahmsweise bestehende tägliche Arbeitsfähigkeit von zwei Stunden nicht ergebe.
Soweit der Arbeitnehmer mit seiner Berufung die Erforderlichkeit des Detektiveinsatzes am zweiten Tag, also am 19.04.2007 bestreite, bleibe auch dies ohne Erfolg. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes müssen die in Rechnung gestellten Detektivkosten zu den Aufwendungen gehören, die eine vernünftige, wirtschaftlich denkende Person nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich ergriffen hätte.
Die Pflichtverletzung erhalte insbesondere auch dadurch ein besonderes Gewicht, dass der Arbeitnehmer während des attestierten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes mehrfach eine Tätigkeit verrichtet habe, die der geschuldeten Arbeitstätigkeit entsprach. Es war daher dem Arbeitgeber nicht zumutbar, sich auf die bloße Feststellung einer einmaligen Pflichtverletzung zur Vorbereitung einer Kündigung zu beschränken.
Klarmann empfahl allen Arbeitnehmern dringend, dieses Urteil zu beachten und am besten gar keine Arbeitsunfähigkeiten vorzutäuschen. Wie das Urteil zeige, könnten neben dem Verlust des Arbeitsplatzes auch schnell noch Zusatzkosten von mehreren tausend Euro auf den Arbeitnehmer zukommen.
Er empfahl sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern, in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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