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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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Arbeitgeber kann in besonderen Einzelfällen die sofortige Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen

(Stuttgart) Die Anweisung des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei jeder Krankmeldung sofort vorzulegen unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn sie in Besonderheiten des Einzelfalles begründet ist und ihr keine erkennbare generelle Regelung zugrunde liegt.

Darauf verweist noch einmal der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Bezug auf ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17.09.2008 (Az. 8 Sa 1454/07).
In dem Verfahren stritten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, vom Kläger zu verlangen, dass er bei jeder Krankmeldung unverzüglich eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. Der Kläger ist hier Mitglied des Betriebsrats. Er ist bei der Flugabfertigung als "Load Controller" beschäftigt und arbeitet dabei im Schichtsystem. Nach seinem Arbeitsvertrag ist er verpflichtet, so genannte "Springer / Splitdienste" zu leisten, sofern betriebliche Erfordernisse vorliegen. Bei diesen umfasst die tägliche Arbeitszeit zwei Dienstbeginne. Die Unterbrechung und die Dauer der einzelnen Dienste können unterschiedlich lang sein.

Der Kläger erkrankte mit einer gewissen Regelmäßigkeit an den Tagen, an denen er zu diesen Diensten eingeteilt war. Mit Schreiben vom 24. November 2006 teilte der Arbeitgeber daher dem Kläger mit, dass er von ihm ab sofort für jede Krankmeldung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur unverzüglichen Vorlage fordere.

Der Kläger war der Auffassung, der Arbeitgeber sei nicht berechtigt, von ihm zu fordern, dass er für jede Krankmeldung unverzüglich eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlege. Ein solches Verlangen unterliege der Mitbestimmung des Betriebsrates.

Dies, so Henn, sah das Hessische Landesarbeitsgericht jedoch anders.

Diese Maßnahme unterliege nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates. Es sei davon auszugehen, dass die Regelung der Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eine Frage der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb sei. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setze aber einen kollektiven Tatbestand voraus. Dieser liege jedoch nur dann vor, wenn sich eine Regelungsfrage stelle, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer des Betriebes berühre. Für Krankengespräche habe das Bundesarbeitsgericht in die Unterscheidung zwischen mitbestimmungspflichtigem kollektiven Tatbestand und mitbestimmungsfreier Individualmaßnahme danach getroffen, ob die Gespräche in einer generalisierten Art und Weise durchgeführt werden oder ob sie allein durch Umstände veranlasst sind, die in der Person einzelner Arbeitnehmer begründet seien, ohne die übrige Belegschaft zu berühren.

Im vorliegenden Fall sei ein kollektiver Tatbestand nicht zu erkennen. Das Verlangen des Arbeitgebers, dass der Kläger unverzüglich ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, sei in der Person des Klägers begründet und berühre die übrige Belegschaft nicht. Es beruhe auf Besonderheiten der Krankheitsanfälligkeit des Klägers - nämlich dem auffälligen Zusammenhang zwischen der Einteilung des Klägers zu bestimmten Diensten und seinen Erkrankungen.

Die übrige Belegschaft könnte zwar nun befürchten, bei einer gleichen Auffälligkeit ebenfalls verpflichtet zu werden, unverzüglich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen. Das allein macht aber die individuelle Maßnahme noch nicht zu einem kollektiven Tatbestand. Jegliche individuelle Maßnahme, die in der Person eines einzelnen Arbeitnehmers begründet sei, habe es an sich, dass sie als Präzedenzfall angesehen werden kann. Wollte man einen kollektiven Tatbestand allein deshalb bejahen, weil grundsätzlich jeder Arbeitnehmer von der Maßnahme betroffen werden kann, hieße das, die Möglichkeit mitbestimmungsfreier individueller Maßnahmen auf dem Gebiet der Ordnung und des Verhaltens im Betrieb zu verneinen. Gleiches gelte für das Argument, dass durch die Maßnahme des Arbeitgebers ein betroffener Arbeitnehmer von denen unterschieden wird, die nicht betroffen werden.
Henn empfahl, das Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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