Jetzt oder nie? Widerruf des Darlehens! Rückwirkende Einführung eines Gesetzes geplant?!
Landgerichte und Oberlandesgerichte geben derzeit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Fällen zu Gunsten der Darlehensnehmer statt und verurteilen Banken zur Zahlung von Zinsdifferenzen und Nutzungen zu Gunsten von Darlehensnehmern. Diese hatten erfolgreich ihr Widerrufsrecht ausgeübt.
Landgerichte und Oberlandesgerichte geben derzeit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Fällen zu Gunsten der Darlehensnehmer statt und verurteilen Banken zur Zahlung von Zinsdifferenzen und Nutzungen zu Gunsten von Darlehensnehmern. Diese hatten erfolgreich den Versuch unternommen durch Ausübung ihres Widerrufsrechtes rückabzuwickeln. Dies, um statt den ungünstigen Vertragszins forzubezahlen eine Folgefinanzierung zu Niedrigzinssätzen zu ermöglichen, die der Markt derzeit bei Neuabschluss der Finanzierungsgeschäfte ermöglicht. So ist u.a. auf folgende stattgebende Entscheidung zu Gunsten der Darlehensnehmer (exemplarisch) zu verweisen, die jeweils auf eine unrichtige Widerrufsbelehrung im Fall der Darlehensnehmer erkannten womit das Widerrufsrecht des
355 BGB zum heutigen Zeitpunkt noch ausgeübt werden konnte:
OLG Köln Urteil vom 23. Januar 2013 · Az. 13 U 218/11
OLG München vom 21. Oktober 2013 · Az. 19 U 1208/13
LG Freiburg, Urteil vom 14.04.2015 – 14 O 382/14:
LG Dortmund, Urteil vom 17.04.2015 – 3 O 309/14:
LG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2015 – 10 O 131/14:
LG Köln Urteil vom 25. Juni 2015 · Az. 22 O 63/15
OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.10.2015, 17 U 42/15,
OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, 14 U 2439/14
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.07.2015, I-14 U 27/15“
Allerdings ist ggf. zu befürchten, dass eine neue Gesetzesinitiative des Bundesrats gegebenenfalls gesetzliche Regelungen einführen will, die den Darlehensnehmern die bislang großzügige und bislang zeitlich unbeschränkte Möglichkeit der Ausübung des Widerrufsrechtes künftig unmöglich machen soll. Dies ist sogar rückwirkend geplant!
So ist die Einführung eines Gesetzes geplant http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/059/1805922.pdf
welches mit Wirkung zum 21.03.2016 vorsieht, dass die Möglichkeit der Ausübung eines Widerrufsrechtes auf 1 Jahr und 2 Monate beschränkt werden soll.
Alleine dieser Ansatz einer Gesetzesinitiative verwundert und verärgert Verbraucherschützer, zumal im Rahmen der ursprünglichen Einführung des Widerrufsrechtes der heute geltenden§ 355 BGB auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zurück ging. Nämlich die sog. „Heininger-Urteil“ des EuGH. Darauf hatte die Regierung reumütig, da der EuGH Europarechtswidrigkeit der damaligen Rechtslage festgestellt hatte beabsichtig ein sog. ewiges Widerrufsrecht einzuführen. Diese Regelungen finden sich in den Rechtsvorschriften des heutigen BGB.
Umso beachtlicher ist es, dass auf Initiative des Bundesrates nunmehr das neue Gesetz sogar rückwirkend die Widerrufsfrist auf ein Jahr und 14 Tage zu beschränken.
So ist hier u.a. zu lesen:
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in die Überleitungsvorschrift des Artikels 229 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (BGBEG) auch für bereits vor dem 21. März 2016 geschlossene Immobiliar-Verbraucherdarlehen (einschließlich solcher gemäß § 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 BGB) eine gesetzliche Ausschlussfrist des Widerrufrechts aufgenommen werden. Nach dem Vorbild des Artikels 229 § 32 Absatz 2 Nummer 3 BGBEG könnte das Widerrufsrecht auf maximal zwölf Monate und 14 Tage nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes befristet werden.
http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2015/0359-15B.pdf
Das Argument der Rechtssicherheit alleine verblüfft, da ja immerhin in Sachverhalte eingegriffen werden soll, die ggf. bereits schon abgeschlossen sind (z.B. bei Rückführung des Darlehens, was aber bislang kein Hinderungsgrund war das Vertragsverhältnis doch noch wirksam widerrufen zu können) oder jedenfalls Teilabschnitte der Finanzierung ebenso bereits abgeschlossen sind. Erst Recht, falls heute bereits ein Widerruf ausgeübt wird, welches ja wie obige Entscheidungen belegen von Deutschen Gerichten bestätigt wird.
In derartige Sachverhalte rückwirkend einzugreifen verbietet der Verbraucherschutz. Ein solches Gesetz wäre im Zweifel auch verfassungswidrig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sind Gesetze mit Rückwirkung nur ausnahmsweise zulässig. Eine echte Rückwirkung eines Gesetzes widerspricht dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, nämlich, dass der Bürger im Fall eines rechtmäßigen Handelns (wie z.B. Ausübung eines Widerrufsrechtes) darauf vertrauen kann, dass ihm dies dieses nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachteilig angelastet wird.
So hatte das Bundesverfassungsgericht zuletzt in seinem Beschluss vom 07. Juli 2010 - 2 BvL 13/05 folgende Grundsätze bestätigt:
Eine Rechtsnorm entfaltet „echte“ Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig.
Erst mit der Verkündung, das heißt, mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (vgl. BVerfGE 97, 67 <78 f.> m.w.N.), muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfGE 63, 343 <353 f.>; 67, 1 <15>; 72, 200 <241 f.>; 97, 67 <78 f.>; 114, 258 <300> ).
Allerdings sollten sich Verbraucher ggf. gut überlegen gerade bei noch jetzt laufenden Darlehensverhältnissen ein bestehendes Widerrufsrecht prüfen zu lassen und auszuüben. Dies, um den Versuch zu unternehmen abgeschlossene Sachverhalte zu schaffen, die nicht durch künftige Gesetze (rückwirkend) beeinflussbar sind!
Dies, weil das Bundesverfassungsgericht in Fällen einer sogenannten unechten Rückwirkung eine Zulässigkeit auch rückwirkender Gesetze annimmt.
Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“), liegt eine „unechte“ Rückwirkung vor (vgl. BVerfGE 63, 343 <356>; 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 105, 17 <37 f.>).
Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 105, 17 <40>; 114, 258 <301>).
Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 63, 312 <331>; 67, 1 <15>; 71, 255 <272>; 76, 256 <349f.> ).
Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2009 - 2 BvR 758/07 -, NVwZ 2010, S. 634 )
MJH Rechtsanwälte, Martin Josef Haas Rechtsanwalt meint: Gerne helfen wir Ihnen bei der Frage, ob in Ihrem Verbraucher Darlehen die Ausübung eines Widerrufsrechtes ermöglicht ist und insoweit Gründe bestehen, die den Widerruf Ihres Darlehens empfehlenswert machen. Diese Entscheidung empfehlen wir hinsichtlich der angekündigten Gesetzesinitiative nicht auf die lange Bank zu schieben.
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