Sammelklagen werden aufgetrennt: Schadensersatzprozesse zu Lasten der Anleger damit teurer?
Handelte es sich zum Beispiel um immer wieder die gleiche Kapitalanlage und die gleiche Vermittlungsgesellschaft die die gleichen falschen Versprechungen im Rahmen der Kundenakquise verwandte konnte den geschädigten Anlegern unter dem Aspekt der Kostenersparnis eine Teilnahme an einem entsprechenden Sammelklageverfahren empfohlen werden.
Sammelklageverfahren konnten in der Vergangenheit in bestimmten Fallgruppierungen konzipiert und mit Kostenvorteilen z.B. für geschädigte Kapitalanleger durchgeführt werden. Handelte es sich zum Beispiel um immer wieder die gleiche Kapitalanlage und die gleiche Vermittlungsgesellschaft die die gleichen falschen Versprechungen im Rahmen der Kundenakquise verwandte konnte den geschädigten Anlegern unter dem Aspekt der Kostenersparnis eine Teilnahme an einem entsprechenden Sammelklageverfahren empfohlen werden.
Dabei entspricht es der eigenen Praxiserfahrung des Unterzeichners in den Kalenderjahren 1998 – bis 2013, dass die Konzeption von derartigen Klageverfahren durch die Gerichte akzeptiert und nicht, was die Richter freilich dürfen in Einzelklageverfahren aufgetrennt werden.
Die für die Parteien erreichten Kostenvorteile waren außerordentlich hoch, so dass eine entsprechende Konzeption nur von Anwälten empfohlen wurde die wirtschaftliche Einbußen bereit waren zu Gunsten der Mandanten einzugehen. Künftig sollten aber auch Kollegen, die zu derart sozial- wünschenswerten Verhalten neigen gewarnt sein. Die Gefahr einer nachträglichen Auftrennung derartiger Sammelklageverfahren, mit welcher dann die für die Mandanten erhofften Kostenvorteil wider zu Nichte gemacht werden ist mittlerweile der voraussichtlich derzeit gängigen Gerichtspraxis zu entnehmen.
Dabei erfolgte in nicht weniger als zwei von unserer Kanzlei betriebenen Sammelklageverfahren der Hinweis, bzw. in einem der seitens unserer Kanzlei vertretenen Sammelklageverfahren der Beschluss die Sammelklage aufzutrennen und den Rechtstreit in Einzelklageverfahren weiter zu führen.
Diese, verfahrensleitende Maßnahme des Gerichts kann mit Rechtsmittel nicht angegriffen werden.
Die Weiterführung des Verfahrens ist im Fall der Auftrennung der Prozesse dann davon abhängig, ob sich der jeweilige nunmehr einzeln tätige Kläger dazu bereit erklärt die nun an Hand des Streitwerts in seinem Fall zusätzlich anfallenden Gerichtskosten und Anwaltsgebühren (unter Anrechnung des bisherig aufgrund der Progressionsvorteils des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes geleisteten Geldes) zu übernehmen. Ist dies nicht der Fall, sollte die Klage sofort im Einzelfall zurück genommen werden, was ebenfalls eine negative Kostenfolge zu Lasten des ursprünglichen Sammelklägers bedingt.
Der Unterzeichner hält diese voraussichtlich aktuell annehmende Gerichtspraxis der Auftrennung der Sammelklageverfahren jedenfalls dann für gerechtfertigt, wenn dies sachliche Gründe rechtfertigen.
Ein Nachteil dieser Sammelklageverfahren war stets, dass die Komplexität der zu beurteilenden Sachverhalte zu Lasten der Prozessbeteiligten zunahm. Die Gerichte bleiben auch im Fall des Verbundes von Klageverfahren verpflichtet im Rahmen der jeweiligen Urteilsfindung eine sogenannten Einzelfallprüfung durchzuführen. Dies konnte zu stundenlangen Beweisaufnahmen über mehrere Tage hinweg führen, falls z.B. im Fall von 10 Mitklägern mehr als 10 Zeugen zu befragen waren.
Gleichzeitig verhält es sich auch wohl nach noch heutiger Praxis in der Justiz so, dass die Leistungsfähigkeit des Richters pro Rechtsfall und dessen Erledigung durch Urteil oder Vergleich erfolgt. Damit konnte also ein Richter oder eine Kammer, im Berufungsfall ein Senat selbst im Fall eines Zusammenschlusses von 70 oder mehr Klägern lediglich einen einzigen Punkt für die Erledigung dieses Rechtsfalles der Sammelklage erreichen. Was natürlich danach „schreit“ das das ungerechte Beurteilungssystem der Richter in der Justizverwaltung geändert werden sollte, falls dies nicht bereits geschehen ist.
Ein weiterer Nachteil von Sammelklageverfahren war zudem, dass die Verfahrensdauer in die Länge gezogen wurde, weil ja im Rahmen der Zustellung von Schriftsätzen und den insoweit einzuholenden Stellungnahmen der jeweiligen Sammelkläger mehr Zeit benötigen als im Fall einer Einzelklage.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände halten es wir im Fall des sorgfältig abwägenden und rechtsgetreuen Richters natürlich für abwegig, dass es ggf. schon in der Vergangenheit Gerichte gegeben haben könnte, die mit Klageabweisung oder unterlassener Beweisaufnahmen, auf derartige Sammelklageverfahren reagiert hatten, um die durch die Gruppierung von z. B: 70 Klägern oder mehr resultierenden Unannehmlichkeiten der Unübersichtlichkeit und Unbequemen Verfahrensführung durch Klageabweisung in die zweite Instanz zu verlegen.
Egal.
Unser derzeitiger Eindruck ist jedenfalls, dass s aktuell eine Gerichtspraxis existiert mit welcher konzipierte Sammelklageverfahren in Einzelklageverfahren aufgetrennt werden. Als sachlich rechtfertigen Grund wird die Komplexität der Sach- und Rechtsfragen sowie eine sonst drohende Unübersichtlichkeit genannt. Ein im Internet abrufbare Entscheidung des Oberlandesgerichtes Bremen vom 24.09.2013 (A. z. : 2 W 84/ 13) gibt die Sach- und Rechtslage wieder und auch die Tatsache, dass nach Auftrennung durch Beschluss die Einlegung eines Rechtsmittels nicht ermöglicht ist.
http://www.oberlandesgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/2-W-13-084%20anoym.pdf
Dabei mag es nach unserer aktuellen Praxiserfahrung in laufenden Fällen noch Ausnahmen in sogenannten kleinen Sammelklageverfahren mit wenigen Klägern geben, in denen eine Auftrennung nicht erfolgt. So z.B. für den Fall dass z.B. mehrere Familienangehörige gemeinsam als Sammelkläger klagen dürfen, wenn sie durch den gleichen Vermittler beraten wurden. Aber selbst hier besteht die Gefahr der Auftrennung, wenn – aus Sicht des ermessensgerecht handelnden Gerichts nicht z.B. ein sich überlappender Sachverhalt (gemeinsame Beratung aller durch einen Vermittler gleichzeitig) oder die Beratung eines Familienmitgliedes in Vertretung eines anderen Mitglieds der Familie, aber durch den gleichen Vertreter als Fallkonstellation vorliegt.
MJH Rechtsanwälte: Rechtsanwalt Martin J. Haas meint: Wir werden aufgrund der derzeitigen Rechtsprechungspraxis künftig nicht mehr die Bildung von Sammelklageverfahren anbieten, die eine Trennung aufgrund der derzeit feststellbaren Rechtsprechungspraxis erwarten lassen.
Andererseits, werden wir weiterhin anbieten in parallel gelagerten Sachverhalten Sammelklageverfahren von bis zu 5 Klägern zu konzipieren, soweit z.B. ein eine einheitliche Vermittlung der Kapitalanlage durch den gleichen Vermittler und die gleichen oder gleichartigen Kapitalanlagen mit den gleichen Versprechungen erfolgt sind. So z.B. wenn Beteiligungen als Kommanditisten und Schiff- oder Containerfonds als für die Altersvorsorge geeignet- vermittelt wurden, (was ein objektiver Aufklärungsverstoß ist, der zu Schadensersatz verpflichtet).
Allerdings müssen diese Sammelkläger sich darauf einstellen die erhofften Kostenvorteile zu verlieren, wenn ein Gericht die Klage auftrennt.
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