Garantiezertifikat ist nicht gleich Garantiezertifikat
Im Zuge der Wirtschaftskrise haben Anleger erhebliche Verluste gemacht, die von ihren Bankberatern zur Investition in -vermeintliche- Garantiezertifikate überredet wurden. Die Katastrophe um die Lehman-Zertifikate stellt hierbei nur die Spitze des Eisbergs dar.
Im Zuge der Wirtschaftskrise haben Anleger erhebliche Verluste gemacht, die von ihren Bankberatern zur Investition in -vermeintliche- Garantiezertifikate überredet wurden. Die Katastrophe um die Lehman-Zertifikate stellt hierbei nur die Spitze des Eisbergs dar.
Ein typischer Ausgangsfall aus der Beratungspraxis des Verfassers stellt sich wie folgt dar:
Ein älteres Ehepaar erwartet die Auszahlung von Lebensversicherungen in erheblicher Höhe. Wegen des vorgerückten Alters soll eine längerfristige Festlegung des Kapitals nicht mehr erfolgen. Wichtig ist den Anlegern, die die Beträge zur Aufbesserung der Rente verwenden wollen, eine möglichst ständige Verfügbarkeit bei absoluter Kapitalerhaltung. Das Zinsinteresse steht im Hintergrund. Der Berater empfiehlt den Erwerb von Index-Zertifikaten, die von unzähligen Emittenten unter Verwendung klangvoller Bezeichnungen angeboten werden. Vokabeln wie "Alpha-Express-Garantie" oder "Relax-Express" oder "Turbo-Relax", sollen Dynamik, kluge Anlagestrategie, vor allem aber Sicherheit vermitteln, Sicherheit, die sich nur allzu oft später als trügerisch herausstellt.
Gemeinsam ist diesen Wertpapieren lediglich, dass die Gewinnerwartungen an den Kursverlauf eines Basiswertes geknüpft sind. Dieser Basiswert kann ein Aktienindex sein (Dax, Eurostoxx 50, S & P 500, Nikkei) oder auch nur aus einer Auswahl von Einzelwerten eines bestimmten Index (z.B die 15 dividendenstärksten Werte des DAX) bestehen oder aber auch aus einer Kombination verschiedener Indices oder einem relativen Verhältnis mehrerer Indices (wie entwickelt sich der DAX im Verhältnis zum Nikkei u.ä.).
Der Anleger geht eine Wette ein, dass sich ein bestimmter Basiswert in bestimmter Weise entwickeln werde. Wenn das erwartete Ergebnis eintritt, gewinnt er die Wette und erhält den versprochenen Ertrag.
Gerade die oben beschriebene Anlegerklientel würde nun aber im Traum nicht darauf kommen, das in einem arbeitsreichen Leben erarbeitete Ersparte in Wettscheinen anzu-legen. Deshalb bedarf es zum einen des besonderen Vokabulars, zum anderen aber auch des einen oder anderen Sicherungsinstruments, damit der Wettspielcharakter nicht allzu offensichtlich in den Vordergrund tritt.
Oft -nicht nur bei Lehman- ist daher in den umfangreichen Emissionsprospekten die Übernahme einer Garantie vorgesehen. Ein -im Idealfall- wirtschaftlich vom Emittenten verschiedener Garantiegeber übernimmt die Zahlungsgarantie für Ansprüche, die dem Anleger aus dem Zertifikat gegen den Emittent zustehen.
Welche Ansprüche das im Einzelfall dann sein können, richtet sich nach den konkreten Emissionsbedingungen. Der Garant haftet nur in dem Umfang, in dem auch der Emittent haftet.
Die Gestaltung der einzelnen Bedingungen ist dabei so vielfältig wie das blumige Voka-bular. Einige Zertifikate sehen tatsächlich eine -echte- Kapitalerhaltungsgarantie zum Ende der Laufzeit vor, die meisten allerdings nicht. Dort, wo der Wetterfolg davon ab-hängig gemacht wird, dass ein bestimmtes Ereignis nicht eintritt (z.B. Dax sinkt unter die 70% Marke, gegenüber einem festgelegten Startkurs), sind erhebliche Verluste des eingesetzten Kapitals vorprogrammiert.
Die Berater hat das, teils mangels eigener besserer Kenntnis, nicht davon abgehalten, diese Zertifikate als so sicher und so verfügbar wie Tagesgeld anzupreisen, bei besserer Rendite.
Das ist evident falsch. Zwar sind die meisten Zertifikate auch heute noch ganz normal an der Börse handelbar, die tägliche Verfügbarkeit ist aber derzeit bei nahezu allen Zertifikaten mit erheblichen Wertverlusten verbunden. Im Zuge der Wirtschaftskrise sind auch fast alle so genannten Sicherheitslevel, Sicherheitsbarrieren, Knockout-Schwellen etc. geknackt worden. Die Lehman-Geschädigten, die derzeit von einem Totalverlust ihres eingesetzten Wettkapitals ausgehen müssen, bilden hierbei eine besonders betroffene Teilmenge eines in Wahrheit viel größeren Geschädigtenkreises.
In Ansehung der neuesten Rechtsprechung sollte keiner der Betroffenen zu früh den Kopf in den Sand stecken. Es sollte in jedem Fall genau geprüft werden, um welche Art Papiere es sich tatsächlich handelt und ob diese mit den -geäußerten- Anlagewünschen übereinstimmen. Der individuellen Beratungssituation kommt hierbei entscheidende Bedeutung zu.
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