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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Kostenlose Nutzung eines Betriebsparkplatzes kraft betrieblicher Übung
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.01.2014, Az. 1 Sa 17/13
Ein Rechtsanspruch auf die künftige kostenlose Nutzung eines Betriebsparkplatzes (hier: Großparkplatz eines Klinikums) besteht jedenfalls dann nicht kraft betrieblicher Übung, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Neubaumaßnahmen die bisherige Parkplatzanlage beseitigt und unter erheblichen Aufwendungen eine neue Parkplatzfläche schafft. In diesem Fall dürfen die Arbeitnehmer auch bei einer jahrelangen kostenlosen Nutzung des Betriebsparkplatzes nicht berechtigterweise davon ausgehen, der Arbeitgeber werde auch künftig kostenlose Parkplätze bereitstellen. Ob und in welcher Höhe Gebühren für die Parkplatznutzung erhoben werden, ist zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu vereinbaren bzw. im Falle der Nichteinigung von der Einigungsstelle festzulegen.
II.
Gemeinsame Vertretung einer GmbH
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2014, Az. I-3 Wx 31/14
Die beglaubigte Vollmacht des alleinigen Geschäftsführers einer GmbH ("Herr P. und Herr D. sind ... bevollmächtigt, die Sitzverlegung in meinem Namen als Geschäftsführer der Firma T beim Handelsregister anzumelden und auch sonst sämtliche Rechtshandlungen vorzunehmen, die zur Sitzverlegung der Firma T notwendig und zweckdienlich sind.") ermächtigt zu dessen gemeinsamer Vertretung, nicht zur Einzelvertretung.
III.
Handelsvertreterprovisionsanspruch des Reisevermittlers bei Reiseabsage durch den Veranstalter wegen Nichterreichens der Mindestteilnehmerzahl
BGH, Urteil vom 23.01.2014, Az. VII ZR 168/13
Ein Reisevermittler hat keinen Anspruch auf Handelsvertreterprovision, wenn der Reiseveranstalter die Reise absagt, weil die dem Kunden mitgeteilte Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht worden ist.
IV.
Auskunftsanspruch über Mitanleger
OLG Bamberg, Urteil vom 20.01.2014, Az. 4 U 200/12
Auskunftsanspruch eines sog. Treuhandkommanditisten gegen die Publikumsgesellschaft hinsichtlich der Namen und Anschriften der Mitanleger: Einwand der rechtsmissbräuchlichen Zielsetzung des Auskunftsbegehrens; Indizien für die konkrete Gefahr einer missbräuchlichen Verwertung von Anlegerdaten zum Zweck der Mandantenakquisition und einer dahingehenden "kollusiven" Absprache zwischen Klagepartei und Klägeranwalt
Leitsatz
1.Die dem Auskunftsbegehren eines (Treuhand-)Kommanditisten auf Mitteilung der Namen und Anschriften sämtlicher Mitanleger entgegenstehende - konkrete - Gefahr des Missbrauchs der verlangten Daten zum Zwecke der Mandatsakquisition kann sich bereits aus dem Umfang des Gesellschafterbestandes (hier: 5100 Mitanleger) sowie aus dem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der (relativ geringen) Höhe der Beteiligung und dem von der Klagepartei im voraus zu erstattenden Kostenaufwand der begehrten Auskunftserteilung ergeben
2.Zu den sonstigen Indizien für ein kollusives Zusammenwirken der auf Auskunft klagenden Anlegerseite und ihres Prozessbevollmächtigten mit der rechtsmissbräuchlichen Zielsetzung, die erlangten Anlegerdaten ausschließlich oder jedenfalls vorrangig für eine Mandatsakquisition zu verwerten.
3.Die bloße Möglichkeit, anhand der verlangten Anlegerdaten eine "anwaltsgesteuerte" Interessengemeinschaft unter den Anlegern zu organisieren, lässt den rechtsmissbräuchlichen Charakter eines mit dem Ziel einer unbegrenzten Mandatsakquisition angestrengten Auskunftsbegehrens jedenfalls dann nicht entfallen, wenn die Erteilung eines dahingehenden Mandats offenkundig nicht den wirklichen Intentionen der Klagepartei entspricht.
V.
Bereicherungsanspruch noch nicht verjährt
LG Stuttgart, Urteil vom 05.02.2014, Az. 13 S 126/13
Der auf Rückzahlung des - in einer nach § 307 BGB unwirksamen Bankklausel - vereinbarten Bearbeitungsentgelts für einen Darlehensvertrag aus dem Jahr 2008 gerichtete Bereicherungsanspruch war im Jahr 2013 noch nicht verjährt. Fortführung der Kammerrechtsprechung (vgl. 13 S 65/13) in Auseinandersetzung mit dem Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 20. November 2013 (2 S 77/13).
VI.
Ausbildungsberechtigung - Ausbildungsverhältnis - Auslegung - Eintragungspflicht - Kündigung - Lehrlingsrolle
ArbG Solingen, Urteil vom 21.01.2014, Az. 3 Ca 862/13
1.Ob die Vertragsparteien ein Ausbildungs- oder ein Arbeitsverhältnis vereinbaren wollten, ist durch Auslegung zu ermitteln. Der Wortlaut des schriftlichen Vertrages bildet keine Grenze.
2.Ein Mangel der Berechtigung, Auszubildende auszubilden, führt nicht zur Nichtigkeit des Ausbildungsvertrages ( § 10 Abs. 4 BBiG). Gleiches gilt bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Berufsausbildungsvertrag in das Verzeichnis gemäß § 34 Abs. 1 BBiG. eintragen zu lassen. Solche Verstöße berechtigen nicht zur Annahme, es bestehe ein Arbeitsverhältnis.
VII.
Teilung GmbH-Anteil
BHG, Urteil vom 17.12.2013, Az. II ZR 21/12
a)Die Teilung eines Geschäftsanteils ist weiterhin durch Veräußerung mit Zustimmung der Gesellschafter möglich, soweit der Gesellschaftsvertrag keine gegenteilige Regelung enthält. Zur Bestimmtheit der Teilung genügt es in diesem Fall, wenn in der Zustimmungserklärung auf die Teilungserklärung im Veräußerungs- oder Abtretungsvertrag Bezug genommen wird, in der der geteilte Geschäftsanteil, die neuen Geschäftsanteile und ihre Nennbeträge bestimmt sind.
b)Der Geschäftsführer ist zu einer Korrektur einer unrichtigen, vom Notar nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste befugt.
c)Der Geschäftsführer muss dem Betroffenen vor der Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Wenn der Betroffene der Korrektur widerspricht, ändert das nichts an der Berechtigung des Geschäftsführers, bei Fehlern für eine Berichtigung der Gesellschafterliste zu sorgen, solange nicht der Betroffene im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreicht, dass dem Geschäftsführer die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste untersagt wird
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=66543&pos=4&anz=541
VIII.
Keine allgemeine Helmtragepflicht für Fahrradfahrer
OLG Celle, Urteil, Az. 14 U 113/13
Kollidiert ein Radfahrer im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen, sich verkehrswidrig verhaltenden Verkehrsteilnehmer und erleidet er infolge des Sturzes unfallbedingte Kopfverletzungen, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, muss er sich gleichwohl nur in Ausnahmefällen - nämlich wenn er sich als sportlich ambitionierter Fahrer auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt oder infolge seiner persönlichen Disposition, beispielsweise aufgrund von Unerfahrenheit im Umgang mit dem Rad oder den Gefahren des Straßenverkehrs ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht - ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen.
IX.
Kooperationsvertrag sui generis zwischen zwei Hebammen: Wirksamkeit einer Konkurrenzschutz- und Vertragsstrafenklausel
OLG München, Urteil vom 15.01.2014, Az. 20 U 3001/13
Die Konkurrenzschutz- und Vertragsstrafenklausel in einem Kooperationsvertrag zweier Hebammen, nach dem die eine Hebamme vor allem die Praxis der anderen Hebamme und die Praxiseinrichtung nutzt und dafür u.a. einen Kostenbeitrag zu leisten hat, ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG unwirksam, wenn sie der einen Hebamme Dienstleistungen gegenüber sämtlichen Patientinnen im Umkreis von 25 km eines jeden Praxisstandortes der anderen Hebamme, damit auch eine entsprechende Zusammenarbeit mit sämtlichen Ärzten und Krankenhäusern in diesem Bereich und damit auch die Dienstleistung gegenüber und Zusammenarbeit mit solchen Personen, zu denen es bislang - auch seitens beider Hebammen - noch gar keinen Kontakt gab. Denn eine solch weitgehende Regelung, noch dazu ohne jegliche Karenzentschädigung, ist im Hinblick auf die Berufsfreiheit der einen Hebamme nicht gerechtfertigt, auch nicht vor dem Hintergrund, dass sie - gegen ein Entgelt - die betriebliche Organisation der anderen Hebamme nutzen durfte.(Rn.32).
X.
Vereinbarung von Darlehensgebühr in AGB Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren für die Kündigung von Ratenkrediten
LG Itzehoe, Versäumnisurteil vom 14.02.2014, Az. 7 O 66/13
1.Die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr im Rahmen des Formularvertrages über einen Ratenkredit ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB auch im Verkehr mit Unternehmern unwirksam.
2.Von einer Bank für die Mahnung und Kündigung von Ratenkrediten aufgewendete Anwaltsgebühren sind vom Schuldner nicht zu erstatten, jedenfalls dann, wenn es um die Abwicklung einfach gelagerter Fälle geht.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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