Erbschaftsteuer: Vorläufiger Rechtsschutz wegen Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ab 2009 geltenden Erbschaftsteuergesetzes
(Stuttgart) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat soeben zu dem ab 2009 geltenden Erbschaftsteuergesetz entschieden, dass die Vollziehung eines Erbschaftsteuerbescheids wegen des beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Normenkontrollverfahrens 1 BvL 21/12 auf Antrag des Steuerpflichtigen auszusetzen oder aufzuheben ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht.
Ein berechtigtes Interesse liegt jedenfalls vor, wenn der Steuerpflichtige mangels des Erwerbs liquider Mittel (wie z.B. Bargeld, Bankguthaben, mit dem Ableben des Erblassers fällige Versicherungsforderungen) zur Entrichtung der festgesetzten Erbschaftsteuer eigenes Vermögen einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände veräußern oder belasten muss.
Darauf verweist der Nürnberger Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. Norbert Gieseler, Vizepräsident der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 11.12.2013 zu seinem Beschluss vom 21. November 2013 (II B 46/13).
Der II. Senat des BFH hält nicht mehr an seiner Rechtsprechung fest, nach der eine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids ausscheidet, wenn zu erwarten ist, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz (GG) aussprechen und dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgeben wird.
Die Antragstellerin ist die geschiedene Ehefrau des im September 2011 verstorbenen Erblassers. Aufgrund eines Vermächtnisses des Erblassers erhält sie auf Lebenszeit eine monatliche Rente von 2.700 €. Die hierfür anfallende Erbschaftsteuer in Höhe von 71.000 € entrichtete die Antragstellerin Ende 2012. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten es ab, die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids aufzuheben und die Erbschaftsteuer vorläufig an die Antragstellerin zu erstatten.
Der BFH hat die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids mit Wirkung ab Fälligkeit der Erbschaftsteuer aufgehoben, bis das BVerfG in dem Verfahren 1 BvL 21/12 entschieden hat. Maßgebend hierfür war, dass der BFH die als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hat und im Streitfall ein berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht. Kann ein Erwerber die Erbschaftsteuer nicht bzw. nicht ohne weitere, ggf. auch verlustbringende Dispositionen aus dem Erwerb begleichen, ist ihm wegen des anhängigen Normenkontrollverfahrens nicht zuzumuten, die Erbschaftsteuer vorläufig zu entrichten. Gehören dagegen zu dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb auch verfügbare Zahlungsmittel, die zur Entrichtung der Erbschaftsteuer eingesetzt werden können, fehlt regelmäßig ein vorrangiges Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Vorläufiger Rechtsschutz ist unabhängig davon zu gewähren, welche Entscheidung vom BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Norm zu erwarten ist. Ist ein qualifiziertes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorhanden, muss es im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch effektiv durchsetzbar sein und darf nicht deshalb leerlaufen, weil das BVerfG in einem Normenkontrollverfahren möglicherweise eine Weitergeltung verfassungswidriger Normen für einen bestimmten Zeitraum anordnet.
Dr. Gieseler empfahl, dies zu beachten sowie ggfs. rechtlichen und steuerlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.
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