Formen der unternehmerischen Betätigung ausländischer Unternehmen in Russland
(Stuttgart) Der russische Markt bleibt für deutsche Unternehmen aufgrund seiner Größe und weiterhin bestehendem großen Wachstumspotential nach wie vor hochinteressant und die Präsenz in Russland ist für sie daher wichtig.
Presseerklärung
Der Mokauer Rechtsanwalt Dr. Oleg Mosgo, LL.M., Leiter des VDA Headoffices “Russland” und deutschsprachiger Anwalt in Russland, stellt in diesem Artikel die wichtigsten rechtlichen Formen der unternehmerischen Betätigung ausländischer, u.a. deutscher Unternehmen mit ihren Besonderheiten, Vor- und Nachteilen dar.
1. Deutsche Unternehmen, die sich nicht auf den Vertrieb über Vertragshändler oder Handelsvertreter beschränken und die Marktbearbeitung unmittelbar betreiben wollen, haben die Wahl zwischen der Gründung einer Tochtergesellschaft und der Gründung einer Niederlassung.
2. Eine Tochtergesellschaft kann in Form einer Aktiengesellschaft (AG) oder in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach russischem Recht gegründet werden. Dabei gilt die Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als optimale Rechtsform für die Gründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft: das Verfahren der Gründung einer GmbH ist einfacher im Vergleich zur Gründung einer AG. Die Form einer GmbH ist auch zu Zwecken der Finanzierung durch die Muttergesellschaft viel günstiger. Darüber hinaus unterliegt die GmbH nicht der Wertpapierregulierung, die sich oft als aufwendig und hinderlich erweist. Mit Rücksicht darauf wird unten die Rechtsform der Gesellschaften mit beschränkter Haftung behandelt.
3. Eine Niederlassung, die selbst keine selbstständige juristische Person ist und einen abgetrennten Teil der ausländischen Gesellschaft in Russland darstellt, kann ebenfalls in zwei Formen gegründet werden:
•Repräsentanz (nichtkommerzielle Niederlassung), die grundsätzlich keine kommerzielle Tätigkeit, sondern nur die vorbereitende Tätigkeit und die Hilfstätigkeit ausüben darf;
•Filiale (kommerzielle Niederlassung), die kommerzielle Tätigkeit im Rahmen des Tätigkeitsgegenstandes des Stammhauses ausüben darf.
4. Die Wahl der Präsenzform ist von den gestellten Aufgaben abhängig. Nicht kommerzielle Repräsentanzen werden in erster Linie durch die ausländischen Firmen genutzt, die ihre Geschäftstätigkeit in Russland, welche hauptsächlich mit Warenvertrieb und Marketing verbunden ist, erst beginnen. Repräsentanzen dürfen insbesondere keine Zollabfertigung der Waren vornehmen und keinen Auslieferungslager für eingeführte Waren unterhalten. Bei größeren Warenabsätzen in Russland ist aber eine Tochtergesellschaft vorzuziehen, da die Tochtergesellschaft die Zollabfertigung und Erledigung anderer mit der Wareneinfuhr verbundener verwaltungsrechtlichen Formalitäten selbst vornehmen darf. Die Möglichkeit, ein eigenes Auslieferungslager in Russland zu unterhalten, bringt zusätzliche Absatzmöglichkeiten und Wettbewerbsvorteile. Die kommerziellen Niederlassungen (Filialen) werden in dem Fall gegründet, wenn die ausländische Firma die Ausübung einer bestimmten kommerziellen Tätigkeit in Russland beabsichtigt, die aber nicht hauptsächlich mit der Wareneinfuhr verbunden ist. Filialen werden insbesondere von Bauunternehmen und diversen Beratungsfirmen bevorzugt.
5. Detaillierte Informationen über die erwähnten Unternehmensformen, einschließlich der wichtigsten Unterschiede zwischen ihnen sowie die allgemeine Beschreibung der Gründungsverfahren sind in der nachstehenden Tabelle wie folgt zusammengefasst:
Vergleich Tochtergesellschaft/ Filiale/ Repräsentanz
VERGLEICHS-MERKMAL
TOCHTER-GESELLSCHAFT
FILIALE
REPRÄSENTANZ
1. Allgemeines
Eine Tochtergesellschaft ist eine separate juristische Person, die durch eine andere natürliche oder juristische Person („Muttergesellschaft“) nach dem Recht der Russischen Föderation gegründet wird. Sie darf sämtliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben.
Eine Filiale ist keine eigenständige juristische Person, sondern eine gesonderte Abteilung der ausländischen Gesellschaft („Stammhaus”). Sie darf sämtliche oder ein Teil von den durch das Stammhaus praktizierenden Tätigkeiten ausüben.
Eine Repräsentanz ist keine eigenständige juristische Person, sondern eine abgesonderte Abteilung der ausländischen Gesellschaft („Stammhaus”). Die Repräsentanz darf grundsätzlich keine kommerzielle Tätigkeit ausüben. Sie darf nur vorbereitende Tätigkeit und Hilfstätigkeit (z.B. Marketing, Kontaktherstellung, Messe-Präsentationen) ausüben.
2. Erwerb von Vermögen Es gibt keine Einschränkungen hinsichtlich des Vermögenserwerbs.
Niederlassungen sind nicht rechtsfähig und dürfen kein Vermögen im eigenen Namen erwerben. Das Vermögen wird durch das Stammhaus erworben.
3. Beschaffung von LizenzenTochtergesellschaften beschaffen gewerbliche Lizenzen und Erlaubnisse nach den allgemein geltenden Bedingungen.Filialen dürfen sämtliche für die Tätigkeit erforderlichen Genehmigungen und Lizenzen erhalten. In der Praxis aber ist das Verfahren der Lizenzierung einer Filiale komplizierter im Vergleich zur Lizenzierung einer Tochtergesellschaft. Unmöglich ist dagegen der Erwerb von Lizenzen für den Zugang zu staatsgeheimer Information.
Repräsentanzen dürfen grundsätzlich keine Lizenzen erhalten, da sie keine lizenzpflichtigen geschäftlichen Tätigkeiten in Russland ausüben dürfen.
4. Haftung der Muttergesell-schaft/ des Stammhauses
Die Muttergesellschaft trägt das Verlustrisiko bei der Tätigkeit der Tochtergesellschaft nur in Höhe von ihrem Anteil am Stammkapital der Tochtergesellschaft. Die Muttergesellschaft haftet grundsätzlich nicht für die Schulden der Tochtergesellschaft.
Das Stammhaus haftet in vollem Umfang für die Schulden der Niederlassung.
5. Zoll-abwicklungDie Tochtergesellschaft darf bei der Einfuhr von Waren in die Russische Föderation bei allen Zollverfahren als Zolldeklarant auftreten und alle notwendigen Zollformalitäten im eigenen Namen abwickeln.
Eine Niederlassung darf bei der Einfuhr von Waren nach Russland nur bei den folgenden Zollverfahren als Zolldeklarant auftreten:
•vorübergehende Verwendung;
•Wiederausfuhr;
•Einfuhr zu Zwecken des zollrechtlich freien Verkehrs – nur für die Waren, die für den Eigenverbrauch eingeführt werden;
•Versandverfahren.
Eine Niederlassung ist für die Zwecke des Warenimports nicht geeignet.
6. GewinnsteuerSteuersatz 20% Steuersatz 20%
Eine Filiale unterliegt der Gewinnbesteuerung nur hinsichtlich der Erträge, die durch das Stammhaus in Russland mittels dieser Filiale erwirtschaftet werden. In der Praxis erweist sich allerdings die Abgrenzung der russischen Tätigkeiten der Filiale von den ausländischen Tätigkeiten des Stammhauses häufig als schwierig. Streitigkeiten über die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer treten aufgrund dessen häufig auf.
Keine Besteuerung, da die Repräsentanz keine kommerzielle Tätigkeit ausübt.
In der Praxis gehört die Feststellung des Charakters einer Tätigkeit allerdings zu den schwierigsten und oft umstrittenen Fragen der Gewinnbesteuerung. Bei Feststellung des kommerziellen Charakters einer Tätigkeit durch die Steuerbehörde, unterliegt die Repräsentanz der Gewinnbesteuerung nach den der Gewinnbesteuerung von Filialen ähnlichen Prinzipien.
7. Quellensteuer auf Gewinnausschüttung Steuersatz 15%
Die Quellensteuer ist durch die Muttergesellschaft mittels der Tochtergesellschaft zu entrichten, die dabei als Steueragent agiert.
Durch das deutsch-russische Doppelbesteuerungs-abkommen (DBA) wird die Quellensteuer auf 5% reduziert, falls die Muttergesellschaft einen Anteil in Höhe von mindestens 10% des Stammkapitals der Tochtergesellschaft mit dem Nominalwert von mindestens EUR 80.000 hält.
Keine Besteuerung der Gewinnausschüttung. Die Niederlassung ist eine unselbständige Abteilung und überweist die Gelder auf die Konten des Stammhauses frei von Einschränkungen und besteuerungsfrei.
8. Devisen-kontrolleEine Tochtergesellschaft gilt als Resident der Russischen Föderation zu Zwecken der Devisenkontrolle. Sie unterliegt keinen besonderen Einschränkungen, nur allgemeinen Regeln für den innerrussischen und grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr.
Eine Niederlassung gilt als Nichtresident der Russischen Föderation zu Zwecken der Devisenkontrolle. Alle Transaktionen einer Niederlassung mit russischen natürlichen und juristischen Personen gelten als grenzüberschreitende Geschäfte und unterliegen der Devisenkontrolle, die von Geschäftspartnern oft als lästig und aufwendig wahrgenommen wird.
9. Finanzierung / Investitions-rückführung
Jedes Finanzierungs- bzw. Investitionsrückführungsverfahren bedarf einer formellen rechtlichen Grundlage (i.e. Abschluss eines Vertrags, Beschluss über die Gewinnausschüttung usw.), die dabei auch als Grundlage der Besteuerung in Russland und im Ausland dienen kann.
Es gelten keine Einschränkungen oder Steuerbelastungen bei der Finanzierung durch das Stammhaus. Da eine Niederlassung als eine unselbständige Abteilung des Stammhauses gilt, können Finanzmittel von ihren Konten in Russland auf die Konten des Stammhauses frei transferiert werden.
9.1. Formen der FinanzierungEs gibt folgende übliche Formen der Finanzierung von Tochtergesellschaften durch die Muttergesellschaften:
1)Einlage in das Stammkapital der Tochtergesellschaft;
2)Einlage in das Vermögen der Tochtergesellschaft;
3)Gesellschafter-Darlehen.Die Finanzierung erfolgt durch die direkte Ausstattung mit dem Kapital, die uneingeschränkt und ohne steuerliche Belastung erfolgt (z.B. Geldüberweisungen auf die Konten der Niederlassung).
9.2. Formen der Investitions-rückführungEs gibt folgende übliche Formen für die Investitionsrückführung durch die Tochtergesellschaft:
1)Gewinnausschüttung,
2)Zinsdienst und Tilgung von Gesellschafterdarlehen,
3)Lizenzgebühren nach Lizenzverträgen,
4)Pacht- und Leasingzahlungen nach Pacht- bzw. Leasingverträgen hinsichtlich des durch die Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten Vermögens (z.B. Maschinen),
5)Transferpreise.Die Investitionsrückführung erfolgt durch direkte Geldüberweisungen auf die Konten des Stammhauses.
10. Dauer der Tätigkeit
Unbeschränkte Dauer.Maximale Dauer beträgt 5 Jahre. Die Beantragung einer Verlängerung ist nach Ablauf dieser Frist möglich.Maximale Dauer beträgt 3 Jahre. Die Beantragung einer Verlängerung ist nach Ablauf dieser Frist möglich.
11. Höhe des StammkapitalsDas Mindeststammkapital beträgt RUR 10.000,00 (ca. EUR 250,00), nach oben offen.
Es wird kein Stammkapital gebildet.
12. Dauer des Gründungs-verfahrensUngefähr 6 bis 8 Wochen nach Vorliegen sämtlicher Dokumente und Informationen.Im Allgemeinen ungefähr 8 bis 10 Wochen nach Vorliegen sämtlicher Dokumente und Informationen.
Im Allgemeinen 18 Arbeitstage bis 10 Wochen nach Vorliegen sämtlicher Dokumente und Informationen.
13. KostenRegistrierungsgebühr:
RUR 4.000,00 (ca. EUR 100,00)
Stammkapital:
mindestens RUR 10.000,00 (ca. EUR 250,00)
Auslagen:
Notargebühren, Übersetzungskosten, Versandkosten ca. EUR 500,00
Anwaltskosten: nach Vereinbarung
Akkreditierungsgebühr:
RUR 120.000,00 (ca. EUR 3.000,00)
Gebühr der Staatsregistrierungskammer:
von ca. EUR 1.000,00 bis ca. EUR 2.500,00 abhängig von der beantragten Akkreditierungsperiode
Auslagen:
Notargebühren, Übersetzungskosten, Versandkosten ca. EUR 500,00
Anwaltskosten: nach Vereinbarung
Gebühr der Akkreditierungsbehörde:
von ca. EUR 1.000,00 bis ca. EUR 2.500,00 abhängig von der beantragten Akkreditierungsperiode
Auslagen:
Notargebühren, Übersetzungskosten, Versandkosten ca. EUR 500,00
Anwaltskosten: nach Vereinbarung
Dr. Mosgo riet, in allen Zweifelsfällen rechtlichen und / oder steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dazu u. a. auch auf die im VDA – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e. V. – www.verband-deutscher-anwaelte.de – organisierten deutschsprachigen Anwälte und Anwältinnen verwies.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Dr. Oleg Mosgo, LL.M.
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Leiter des Headoffice „Russia“ des VDA VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE e. V.
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