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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Verkehrssicherungspflicht: Baumarktbetreiber müssen die Fußböden ihrer Geschäftsräume regelmäßig kontrollieren
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.03.2013, Az. 9 U 187/12
Der Betreiber eines Baumarkts muss die Fußböden insbesondere im Kassenbereich seiner Geschäftsräume regelmäßig kontrollieren und die eine Rutschgefahr begründenden Verunreinigungen sofort beseitigen. In diesem Sinne hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 15.03.2013 - unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Dortmund - die Verkehrssicherungspflichten eines Baumarktbetreibers konkretisiert.
Die klagende 35jährige Kundin aus Hamm hat die Beklagte, die bundesweit Baumärkte betreibt, auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil sie bei einem im September 2011 in der Filiale der Beklagten in Hamm getätigten Einkauf im Kassenbereich stürzte, als sie auf einer auf dem Boden befindlichen Flüssigkeit ausrutschte. Dabei zog sie sich eine Knieverletzung zu, für die sie von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 €. Die Beklagte hat gemeint, für den Schaden nicht haften zu müssen, weil sie ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten erfüllt habe.
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Beklagte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 1/3 dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Anspruches an das Landgericht Dortmund zurückverwiesen.
Die der Beklagten als Betreiberin eines Baumarktes obliegenden Verkehrssicherungspflichten seien verletzt worden. Ein Einzelhandelsunternehmen habe in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür Sorge zu tragen, dass die Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume, insbesondere auch des Fußbodens, keine Schäden erleiden. Der Umfang der Kontrollpflichten hänge vom Einzelfall ab, u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung und dem Gefahrenpotential der zum Verkauf angeboten Waren. So gebe es in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes, in der die Kunden die Waren selbst auswählen und abwiegen, ein hohes Risiko, dass Waren zu Boden fallen und Kunden auf ihnen ausrutschen könnten. Deswegen habe der Ladeninhaber dort in regelmäßigen Abständen von 15 bis 20 Minuten zu kontrollieren. Das sei obergerichtlich entschieden. Von der Beklagten als Betreiberin eines Selbstbedienungsbaumarktes seien bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen Kontrollen im Abstand von 30 Minuten zu fordern. Ihr Warensortiment mit meist verpackten Produkten habe zwar nicht das Gefahrenpotential eines Lebensmittelmarktes mit einer Obst- und Gemüseabteilung. Die Beklagte vertreibe in dem Baumarkt jedoch auch Pflanzen, die unverpackt seien. Bei diesen bestehe die Gefahr, dass sie Teile - wie z.B. Blätter - verlieren oder aus ihrer bewässerten Erde Wasser austrete. Dem müsse die Beklagte durch die regelmäßigen Kontrollen insbesondere im Kassenbereich Rechnung tragen.
Den ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten habe die Beklagte nicht genügt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die gebotenen regelmäßigen Kontrollen weder im Geschäftsbetrieb organisiert gewesen noch durchgeführt worden. Weil die Klägerin durch ihre Unaufmerksamkeit zum Unfall beigetragen habe, treffe sie ein Mitverschulden.
II.
Vertragspartei handelt treuwidrig
BGH, Urteil vom 19.03.2013, Az. XI ZR 46/11
Eine Vertragspartei handelt treuwidrig (§ 242 BGB), wenn sie sich auf die Zurechnung von Wissen eines Vertreters ihres Geschäftspartners nach § 166
Abs. 1 BGB beruft, obwohl sie wusste oder damit rechnen musste, dass der Vertreter sein Wissen dem Geschäftspartner vorenthalten würde.
Danach ist es einem Kapitalanleger, der zusammen mit einem Kreditvermittler dem ein Darlehen gewährenden Kreditinstitut die Verwendung der Kreditmittel für eine bestimmte Kapitalanlage verschwiegen hat, verwehrt, sich auf einen zur Aufklärung über Risiken der konkreten Kapitalanlage verpflichtenden Wissensvorsprung des Kreditinstituts zu berufen, der auf der nach §166 Abs. 1 BGB dem Kreditinstitut zuzurechnenden Kenntnis des Kreditvermittlers von der Zeichnung dieser Kapitalanlage beruhen würde.
III.
Verkehrssicherungspflicht: Baumarktbetreiber müssen die Fußböden ihrer Geschäftsräume regelmäßig kontrollieren
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.03.2013, Az. 9 U 187/12
Der Betreiber eines Baumarkts muss die Fußböden insbesondere im Kassenbereich seiner Geschäftsräume regelmäßig kontrollieren und die eine Rutschgefahr begründenden Verunreinigungen sofort beseitigen. In diesem Sinne hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 15.03.2013 - unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Dortmund - die Verkehrssicherungspflichten eines Baumarktbetreibers konkretisiert.
Die klagende 35jährige Kundin aus Hamm hat die Beklagte, die bundesweit Baumärkte betreibt, auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil sie bei einem im September 2011 in der Filiale der Beklagten in Hamm getätigten Einkauf im Kassenbereich stürzte, als sie auf einer auf dem Boden befindlichen Flüssigkeit ausrutschte. Dabei zog sie sich eine Knieverletzung zu, für die sie von der Beklagten Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 €. Die Beklagte hat gemeint, für den Schaden nicht haften zu müssen, weil sie ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten erfüllt habe.
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Beklagte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 1/3 dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Anspruches an das Landgericht Dortmund zurückverwiesen.
Die der Beklagten als Betreiberin eines Baumarktes obliegenden Verkehrssicherungspflichten seien verletzt worden. Ein Einzelhandelsunternehmen habe in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür Sorge zu tragen, dass die Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume, insbesondere auch des Fußbodens, keine Schäden erleiden. Der Umfang der Kontrollpflichten hänge vom Einzelfall ab, u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung und dem Gefahrenpotential der zum Verkauf angeboten Waren. So gebe es in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes, in der die Kunden die Waren selbst auswählen und abwiegen, ein hohes Risiko, dass Waren zu Boden fallen und Kunden auf ihnen ausrutschen könnten. Deswegen habe der Ladeninhaber dort in regelmäßigen Abständen von 15 bis 20 Minuten zu kontrollieren. Das sei obergerichtlich entschieden. Von der Beklagten als Betreiberin eines Selbstbedienungsbaumarktes seien bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen Kontrollen im Abstand von 30 Minuten zu fordern. Ihr Warensortiment mit meist verpackten Produkten habe zwar nicht das Gefahrenpotential eines Lebensmittelmarktes mit einer Obst- und Gemüseabteilung. Die Beklagte vertreibe in dem Baumarkt jedoch auch Pflanzen, die unverpackt seien. Bei diesen bestehe die Gefahr, dass sie Teile - wie z.B. Blätter - verlieren oder aus ihrer bewässerten Erde Wasser austrete. Dem müsse die Beklagte durch die regelmäßigen Kontrollen insbesondere im Kassenbereich Rechnung tragen.
Den ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten habe die Beklagte nicht genügt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die gebotenen regelmäßigen Kontrollen weder im Geschäftsbetrieb organisiert gewesen noch durchgeführt worden. Weil die Klägerin durch ihre Unaufmerksamkeit zum Unfall beigetragen habe, treffe sie ein Mitverschulden.
IV.
Equal-Pay auch für Sonderzahlungen
LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 21.05.2013, Az. 2 Sa 398/12
Leiharbeitnehmer haben aus dem Gesichtspunkt des Equal pay Anspruch auf dieselben Leistungen wie Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs. Das gilt auch für Sonderzahlungen. Wird die Sonderzahlung an eine Stichtagsregelung geknüpft, so ist der Anspruch nur gegeben, wenn der Arbeitnehmer am Stichtag in dem betreffenden Unternehmen eingesetzt war.
V.
Klausel in Frachtvertrag stellt keine Preisabrede dar
AG Mannheim, Urteil vom 05.06.2013, Az. 10 C 65/13
1. Eine Klausel im Rahmen eines Frachtvertrags gem. §§ 407ff HGB, mit dem Inhalt "24 Stunden sind zur Be- bzw. Entladung standgeldfrei" benachteiligt den Frachtführer im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen, da sie vom gesetzlichen Leitbild des § 412 Abs. 3 HGB zum Nachteil des Frachtführers durch Ausschluss seines Entgeltanspruchs abweicht und unberücksichtigt lässt, aus wessen Sphäre die verzögerte Be- oder Entladung stammt.
2. Die Klausel stellt keine kontrollfreie Preisabrede dar und gilt auch im kaufmännischen Verkehr, weshalb sich die Unwirksamkeitsfolge aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt (Anschluss an BGH NJW-RR 2011, 257).
VI.
Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen
VG Kassel, Urteil vom 03.06.2013, Az. 1 K 1495/12.K
Bei der Wechselschichtzulage gem. § 20 EZulV und der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten gem. § 3 EZulV handelt es sich um Erschwerniszulagen, die dem Anwendungsbereich des § 850 a Nr. 3 ZPO unterfallen und die damit unpfändbar sind (im Anschluss an OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. September 2009 - 5 ME 186/09-, Juris).
VII.
nichtige letztwillige Verfügung
OLG München, Beschluss vom 22.05.2013, Az. 31 Wx55/13
Eine letztwillige Verfügung, mit der zum Erben die Person eingesetzt wird, die "sich bis zu meinem Tode um mich kümmert", ist nichtig.
VIII.
WpHG
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 23.05.2013, Az. 5 U 140/12
1. Nicht alle Normen des WpHG sind als Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Ein Bedürfnis, auch unmittelbar von den Organen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder seinen Angestellten Schadenersatz verlangen zu können, ist nicht anzuerkennen, weil die Aufsichtsbehörden, die Bußgeldtatbestände des WpHG und die vertraglichen Schadenersatzpflichten des Wertpapierdienstleistungsunternehmen für einen effektiven Schutz der Anleger sorgen.(Rn.37)
2. Der Vorstand einer Anlagevermittlungsgesellschaft haftet, wenn er bei riskanten Geschäften die Kunden bewusst über Risiken und verminderte Gewinnchancen ungenügend aufklärt bzw. diese bewusst verharmlost hat.(Rn.41) Hinsichtlich der allgemein notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Beratung trifft den Vorstand zunächst die sekundäre Darlegungslast.(Rn.42)
3. Eine obligatorische Risikoaufklärung der Kunden in Schriftform ist erst mit § 31 Abs. 3 Satz 4, Abs. 3a WpHG durch das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz vom 5. April 2011 in das Gesetz aufgenommen worden.(Rn.45) Es hätte die Anforderungen an einen telefonischen Vertrieb von Vermögensanlagen und die Möglichkeit telefonischer Order überspannt, wenn grundsätzlich nur eine rechtzeitige Aufklärung des Kunden in Schriftform zulässig gewesen wäre.(Rn.47)
4. Die Regelung in § 31d Abs. 1 und Abs. 3 WpHG n. F. erlaubt dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, den Kunden lediglich eine Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile der Zuwendungsvereinbarungen vorzulegen, wenn zugleich die Offenlegung weiterer Einzelheiten angeboten und gewährt wird. Es reicht deshalb aus, den Kunden in allgemeiner Art die Quellen der Zuwendungen zu nennen und deren Höhe in einer gewissen Bandbreite mitzuteilen.(Rn.56)
5. Ob eine Extraaufklärung beim Erwerb Wertpapieren über die fehlende Teilnahme an der Einlagensicherung erforderlich ist, hängt vom Anlageprofil und dem Anlageziel des Kunden ab. Wenn der Anleger bereits umfassend, z. B. über ein Totalverlustrisiko aufgeklärt worden ist, ist eine gesonderte Aufklärung über den fehlenden Schutz durch den Einlagensicherungsfonds nicht mehr erforderlich, weil der Hinweis auf ein Totalverlustrisiko denklogisch bereits die Information eines fehlenden anderweitigen Sicherungsmechanismus beinhaltet.(Rn.61)
IX.
Gewährleistung beim Wohnungskauf: Fehlende Baugenehmigung als Sachmangel; Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs; arglistiges Verschweigen eines Mangels
BGH; Urteil vom 12.04.2013, Az. V ZR 266/11
1. Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar;(Rn.9) die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bindung an einen erst nach Gefahrübergang ergangenen baubehördlichen Bescheid - zu beantworten.(Rn.10)
2. Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus; dem steht es nicht gleich, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen müssen, die einen Mangel des Kaufobjekts begründen.(Rn.13)
X.
Außerordentliche Kündigung wegen Eintragungen im erweiterten Führungszeugnis
ArbG Cottbus, Urteil vom 30.05.2013, Az. 3 Ca 317/13
1. Allein die Tatsache von Eintragungen im erweiterten Führungszeugnis ist kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB.
2. Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung ist ohne die Berücksichtigung des zugrunde liegenden Tatgeschehens kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB.
Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.
Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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