Die krankheitsbedingte Kündigung kann eine Diskriminierung sein, die der besonderen Rechtfertigung bedarf
(Stuttgart) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat über die Klage einer dänischen Arbeitnehmerin entschieden, der krankheitsbedingt gekündigt worden war.
Hierbei, so die Berliner Fachanwältin für Arbeitsrecht Monika Birnbaum, MM, Mitglied im VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf entsprechende Urteil des EuGH vom 11.04.2013 – Az. C-335/11 -, hat der EuGH richtungsweisende Vorgaben gemacht.
- Eine heilbare oder unheilbare Krankheit kann unter den Begriff der „Behinderung“ fallen, wenn „sie eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigung zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern hindern können und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist.“
- Es besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers angemessene Vorkehrungen zu treffen.
- Angemessen sind notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, „die keine unverhältnismäßige und unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen und ausüben können“.
- Unter angemessenen Vorkehrungen sind „nicht nur materielle, sondern auch organisatorische Maßnahmen“ zu verstehen, wie Änderung der Arbeitsgeschwindigkeit aber auch Arbeitszeitverkürzung.
- Regelungen, die den Arbeitsgeber berechtigen, krankheitsbedingt zu kündigen, geben ihm auch einen Anreiz zur Einstellung und Weiterbeschäftigung von Behinderten, so dass die Erlaubnis einer krankheitsbedingten Kündigung dann keine Diskriminierung darstellt, wenn diese Erlaubnis nicht über das zur Erreichung Erforderliche hinausgeht, was aber vom einzelnen Gericht zu prüfen ist.
Der EuGH hat damit deutlich gemacht, so Birnbaum, dass eine krankheitsbedingte Kündigung wie sie nach ständiger Rechtsprechung des BAG möglich ist, zwar eine Diskriminierung darstellt, sie aber nicht verboten ist, wenn im Einzelfall bei besonderer Interessenabwägung und Rechtfertigung feststeht, dass angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, sie aber nicht zum Ziel führen oder nur unverhältnismäßige oder unbillige Vorkehrungen möglich sind, die Belastungen des Arbeitsgebers zu verhindern.
· Praxistipp:
Das betriebliche Eingliederungsmanagement vor der Kündigung eines Langzeitkranken wird damit unverzichtbar, denn nur so lässt sich nachweisen, dass zur Abwendung der Kündigung lediglich unverhältnismäßige und unbillige Maßnahmen bzw. überhaupt keine Maßnahmen für den Arbeitgeber zur Verfügung stehen, so dass die Diskriminierung somit gerechtfertigt ist.
Birnbaum empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei sie u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Monika Birnbaum MM
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin
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