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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Unwirksamkeit einer zwischen Rechtsanwälten vereinbarten Mandantenübernahmeklausel
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 08.02.2013, Az. 12 Sa 904/12

1.Eine mit einem angestellten Rechtsanwalt formularmäßig vereinbarte Mandantenübernahmeklausel, nach welcher sich der angestellte Rechtsanwalt verpflichtet, "20 % der Nettohonorare, die er innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrags mit Mandanten, die während des laufenden Anstellungsvertrags [vom vormaligen Arbeitgeber] betreut wurden, verdient, an [den vormaligen Arbeitgeber] abzuführen", ist unwirksam.

2.Diese Mandantenübernahmeklausel benachteiligt den angestellten Rechtsanwalt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil dieser stets 20 % der Nettohonorare abzuführen hätte, obwohl nicht sichergestellt ist, dass er selbst überhaupt mindestens in diesem Umfang an den Einnahmen aus dem Mandat beteiligt ist. Ferner folgt die unangemessene Benachteiligung daraus, dass der angestellte Rechtsanwalt dem Direktionsrecht seines neuen Arbeitgebers unterliegt und daher einen Verstoß gegen die Mandantenschutzklausel nicht allein aus eigener Entscheidung vermeiden kann.

3.Unwirksam ist auch die formularmäßig vereinbarte Verpflichtung, die in der Mandantenübernahmeklausel benannten späteren Einnahmen gegenüber dem vormaligen Arbeitgeber "pro Quartal durch Vorlage von Kopien der an die Mandanten übersandten Rechnungen nachzuweisen."

4.Dieser Auskunftsverpflichtung darf der beklagte Rechtsanwalt nicht nachkommen, weil er sonst gegen seine anwaltliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit aus § 43a Abs. 2 BRAO verstoßen würde. Die Auskunftsverpflichtung ist nicht durch § 49b Abs. 4 BRAO gedeckt, da diese Vorschrift unmittelbar nur die Abtretung von Vergütungsforderungen zwischen Rechtsanwälten regelt und eine planwidrige Regelungslücke, welche eine Analogie ermöglichen würde, nicht vorliegt.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE130005417&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

II.
Berechnung der Betriebsrente nach Altersteilzeit; Auslegung des betrieblichen Versorgungswerks; Unwirksamer Verzicht im Altersteilzeitvertrag
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 04.04.2013, Az. 9 Ca 388/12

1.Ergibt die Auslegung, dass ein betriebliches Versorgungswerk keine Regelungen zu Arbeitnehmern enthält, die zuletzt in Altersteilzeit beschäftigt waren, kommen die auf Teilzeitbeschäftigte zugeschnittenen Regelungen nicht zur Anwendung (vgl. BAG vom 17. April 2012, 3 AZR 280/12). Das gilt mangels Berücksichtigung der für die Altersteilzeit geltenden Besonderheiten auch dann, wenn bei Teilzeitbeschäftigten der Beschäftigungsgrad auf Grundlage der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses zu ermitteln ist.

2.Grundlagen der Berechnung der Betriebsrente sind in diesem Fall die für Vollzeitbeschäftigte geltenden Grundregeln, nämlich das zuletzt während der Altersteilzeit bezogene Arbeitsentgelt, das auf die Vollzeitbeschäftigung (ohne Aufstockungsbetrag) hochzurechnen ist.

3.Der Teilverzicht auf Betriebsrentenansprüche in einem Altersteilzeitvertrag, der im Vergleich zur einschlägigen Regelaltersgrenze eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthält, erfolgt im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ist gem. § 3 BetrAVG unwirksam.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2013&nr=16843&pos=0&anz=12

III.
Sozialplanabfindung; Kinderzuschlag; Kinderfreibetrag; Lohnsteuerkarte
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2013, Az. 11 Sa 130/12

1.Die Betriebsparteien können sich grundsätzlich bei der Berücksichtigung von kinderbezogenen Leistungen im Sozialplan auf die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte beziehen.

2.Vereinfachungs- und Nachweisbarkeitsgründe rechtfertigen die Ungleichbehandlung von Mitarbeitern, deren Kinder nicht in der Lohnsteuerkarte eingetragen sind gegenüber solchen, deren Kinderzahl sich der Lohnsteuerkarte zum vereinbarten Stichtag entnehmen lässt.

3.Die genannten Gründe rechtfertigen es dagegen nicht, für ein Kind, das mit 0,5 Kinderfreibeträgen in den Lohnunterlagen ausgewiesen ist, einen vollen Kinderzuschlag zu gewähren, zwei Kindern, die mit je 0,5 Freibeträgen, insgesamt also mit 1,0 Freibeträgen eingetragen sind, ebenfalls nur insgesamt einen Kinderzuschlag zuzusprechen, bzw. eines der beiden Kinder gänzlich unberücksichtigt zu lassen.

4.Dies gilt insbesondere, nachdem das Lohnsteuerkartensystem durch "ELSTAM" abgelöst ist, die Finanzbehörden die Lohnsteuerunterlagen unmittelbar verwalten und Nachfragen nach dorthin erleichtert und verbindlich möglich sind.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2013&nr=16846&pos=2&anz=12

IV.
Betriebsrat; Zustimmungsverweigerung; Einstellung; Ein- und Zweischicht Arbeitsplätze; Verlängerung der Arbeitszeit
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2013, Az. 6 TaBV 9/12

1.Wenn der Arbeitgeber, anstatt die Arbeitszeiten der aufstockungswilligen Teilzeitbeschäftigten zu verlängern, weitere Teilzeitarbeitsplätze ohne höhere Arbeitszeit einrichtet, müssen für diese Entscheidung arbeitsplatzbezogene Sachgründe bestehen (wie BAG 01.06.2011 7 ABR 117/09 Rn. 29 der Gründe).

2.Anerkennenswerte Sachgründe liegen nicht vor. Eine Einschränkung der Flexibilisierung des Personaleinsatzes durch Mehrarbeit ist nicht erkennbar. Ein erhöhter Organisationsaufwand in Vertretungsfällen wie Urlaub und Krankheit ist hinzunehmen. Höhere Krankenstände und eine größere Zahl von Betriebsunfällen in Doppelschichten sind nicht zwingend auf die höhere Arbeitszeit zurückzuführen.

3.Dem Betriebsrat steht daher ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2013&nr=16853&pos=1&anz=12

V.
Außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze; ergänzende Auslegung einer Versorgungsordnung; Störung der Geschäftsgrundlage
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.04.2013, Az. 3 AZR 475/11

Eine vor dem 1. Januar 2003 getroffene Versorgungsvereinbarung, die für den Teil des versorgungsfähigen Einkommens oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung höhere Versorgungsleistungen vorsieht als für den darunter liegenden Teil (sog. „gespaltene Rentenformel“), ist nach der außerplanmäßigen Anhebung der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 2003 nicht ergänzend dahin auszulegen, dass die Betriebsrente so zu berechnen ist, als wäre die außerplanmäßige Anhebung der BBG nicht erfolgt. An der gegenteiligen Rechtsprechung aus den Urteilen vom 21. April 2009 (- 3 AZR 471/07 - und - 3 AZR 695/08  hält der Senat nicht fest. Ein Anspruch auf eine höhere Betriebsrente wegen der außerordentlichen Anhebung der BBG zum 1. Januar 2003 kann sich allenfalls nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ergeben.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2006 von der Beklagten eine Betriebsrente. Sein Anspruch auf Versorgungsleistungen beruht auf einer Gesamtzusage mit einer „gespaltenen Rentenformel“. Die Beklagte hatte die Betriebsrente unter Berücksichtigung der außerplanmäßig angehobenen BBG berechnet. Der Kläger hat von der Beklagten eine höhere Betriebsrente verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Eine ergänzende Auslegung der Versorgungsordnung kommt nicht in Betracht. Der Kläger kann eine höhere Betriebsrente auch nicht wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen. Ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung ist ihm nicht unzumutbar.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16636&pos=0&anz=25&titel=Au%DFerplanm%E4%DFige_Erh%F6hung_der_Beitragsbemessungsgrenze;_erg%E4nzende_Auslegung_einer_Versorgungsordnung;_St%F6rung_der_Gesch%E4ftsgrundlage

VI.
Kündigung wegen Kirchenaustritts
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 2 AZR 579/12

Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer - etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit - und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat - wie die Vorinstanzen - die Klage eines seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigten Sozialpädagogen gegen eine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung abgewiesen. Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.

Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiter zu beschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.

Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16656&pos=0&anz=29&titel=K%FCndigung_wegen_Kirchenaustritts

VII.
Auskunftsanspruch einer abgelehnten Stellenbewerberin
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2504.2013, Az. 8 AZR 287/08

Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat.

Die 1961 in der Russischen SSR geborene Klägerin hatte sich im Jahre 2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines/einer Softwareentwicklers/-in erfolglos beworben. Die Beklagte teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich gewesen waren. Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert worden. Sie hat von der Beklagten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen die Beklagte, ob diese einen anderen Bewerber eingestellt hat und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien, sah der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nach nationalem Recht nicht. Auf seine Vorlage an den EuGH hatte dieser mit Urteil vom 19. April 2012 (- C-415/10  entschieden, dass sich ein solcher Auskunftsanspruch auch nicht aufgrund des Gemeinschaftsrechts ergibt, die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Arbeitgeber jedoch unter Umständen einen Gesichtspunkt darstellen kann, welcher beim Nachweis der Tatsachen heranzuziehen ist, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung des EuGH blieb die Entschädigungsklage vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Klägerin hat zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt, welche eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach § 22 AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Auch die Verweigerung jeglicher Auskunft durch die Beklagte begründete im Streitfalle nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung der Klägerin iSd. § 7 AGG.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16655&pos=1&anz=29&titel=Auskunftsanspruch_einer_abgelehnten_Stellenbewerberin

VIII.
Keine Schadensersatzansprüche von Fluggesellschaften gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) wegen eines Unterstützungsstreiks der Fluglotsen des Stuttgarter Towers
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 9 Sa 561/12

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat heute über die Berufungen von vier Fluggesellschaften gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012 entschieden, das deren Schadensersatzklagen über insgesamt rund EUR 39.000 abgewiesen hatte.

Die GdF führte 2009 einen Arbeitskampf gegen die Flughafen Stuttgart GmbH wegen einer höheren Vergütung für die Mitarbeiter der Verkehrszentrale / Vorfeldkontrolle und rief ihre Mitglieder bei der Deutschen Flugsicherungs-GmbH für den 6. April 2009 zu einem sechsstündigen Unterstützungsstreik auf (mit einer Notdienstregelung für 25 % des normalen Flugverkehrs). Während dieser Zeit konnten Flugzeuge am Stuttgarter Flughafen nicht starten oder landen. Die klagenden Fluggesellschaften hielten den Unterstützungsstreik für rechtswidrig und sahen durch ihn ihre Rechte am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt. Sie machten mit der Klage Mindererlöse sowie anderweitige Beförderungs-, Hotel- und Verpflegungskosten im Zusammenhang mit ausgefallenen oder verspäteten Flügen geltend.

Abgesehen von der Frage der Rechtmäßigkeit des Hauptarbeitskampfes und des Unterstützungsarbeitskampfes ging es in  dem Rechtsstreit um die rechtlich umstrittene Frage, ob sog. Drittbetroffene wie die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits, die selbst nicht unmittelbar bestreikt wurden, Schadensersatzansprüche gegen die zum Streik aufrufende Gewerkschaft geltend machen können.

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat die Klagen wie schon die Vorinstanz abgewiesen, aber wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache  die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

http://www.lag-frankfurt.justiz.hessen.de/irj/LAG_Hessen_Internet?rid=HMdJ_15/LAG_Hessen_Internet/sub/4fa/4fa33d19-ffc1-e31f-012f-312b417c0cf4,,11111111-2222-3333-4444-100000005003%26overview=true.htm

IX.
Equal Pay
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.03.2013, Az. 9 Sa 1585/12

-Auf Vertrauensschutz kann sich der Verleiher nicht berufen.
-Für die Höhe der Differenzlohnansprüche ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei sind sämtliche gezahlten Entgelte zu berücksichtigen.

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2013/NRWE_LAG_D_sseldorf_9_Sa_1585_12_Urteil_20130318.html

X.
§ 11 BUrlG, § 362 BGB
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.03.2013, Az. 16 Sa 763/12

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EugH zum Inhalt des Urlaubsanspruchs stellt die Freistellung des Arbeitnehmers unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche nach einer außerordentlichen fristlosen Kündigung keine Erfüllung des Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers dar.

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2013/16_Sa_763_12_Urteil_20130314.html

XI.
Equal Pay
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2013, Az. 9 Sa 30/13

-Der Verweis auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag führt zur Unklarheit der Bezugnahme.

-Auf Vertrauensschutz kann sich der Verleiher nicht berufen.

-Für die Höhe der Differenzlohnansprüche ist ein Gesamtvergleich erforderlich. Dabei sind sämtliche gezahlten Entgelte zu berücksichtigen.

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2013/NRWE_LAG_D_sseldorf_9_Sa_30_13_Urteil_20130311.html

XII.
HGB § 92b Abs. 1 Satz 2; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Ch, Ci
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.03.2013, Az. VII ZR 224/12

a)Eine gegenüber einem Handelsvertreter im Nebenberuf verwendete Formularbestimmung, wonach eine Vertragskündigung nach einer Laufzeit von drei Jahren nur unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres zulässig ist, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam.

b)Eine gegenüber einem Handelsvertreter verwendete Formularbestimmung, wonach der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden verwirkt, ist unwirksam.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=63930&pos=14&anz=548

XIII.
Arbeitszeitkonto, Korrektur, Zeitguthaben, Zeitgutschrift, Leistungsantrag, Bestimmtheit
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.04.2013, Az. 6 Sa 445/11

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/6565376797A73FB0C1257B570027C261/$file/U_6Sa445-11_13-02-2013.pdf

XIV.
Abfindung, Schadensersatzanspruch, Pflichtverletzung, Interessenausgleich, Freiwilligenprogramm, Zustellung, ordnungsgemäße, Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers, Darlegungslast, primäre, Arbeitgeber, Bestreiten, substantiiertes, Darlegungslast, sekundäre
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.04.2013, Az. 1 Sa 211/12

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/A3F6BB970CF51EB0C1257B56003E61EE/$file/U_1Sa211-12_12-02-2013.pdf

XV.
Annahmeverzug, Zurückbehaltungsrecht, Tätigkeit, zumutbare, Versetzung, Versetzung an anderen Ort, Weisungsrecht, Direktionsrecht
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.04.2013, Az. 1 Sa 350/12

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/5A91873D10FDC75DC1257B550037318F/$file/U_1Sa350-12_21-03-2013.pdf

XVI.
Befristetes Arbeitsverhältnis, Befristung, sachgrundlos, Befristungsabrede, Verlängerung, Anschlussverbot, Vergleich, gerichtlicher
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.04.2013, Az. 6 Sa 346/12

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/E108A648F77C33D3C1257B5200206296/$file/U_6Sa346-12_23-01-2013.pdf

XVII.
Betriebsrente, Anpassung, Eigenkapital, Verzinsung, Auszehrung, Prognose
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.04.2013, Az. 4 Sa 301/12

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/C4E802AB43B7ECEBC1257B5200206297/$file/U_4Sa301-12_21-02-2013.pdf

XVIII.
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, freier Mitarbeiter, Immobilienmaklerin, aut-aut-Fall, Beweiserhebung
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2013, Az. 1 Ta 129/12

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/AC4E86E68EF96BC2C1257B5200206298/$file/N_1Ta129-12_11-12-2012.pdf

XIX.
Prozesskostenhilfe, Versagung, sofortige Beschwerde, nachträgliche Bewilligung, Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, Fehlen eines Vordruckes, Beendigung der Instanz, Nachfrist, Fristablauf, Fristversäumnis, schuldloses, Rechtsanwalt, Büroverschulden
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2013, Az. 1 Ta 40/13

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/CF61937DE638142AC1257B52003C71EF/$file/N_1Ta40-13_14-03-2013.pdf

XX.
Prozesskostenhilfe, Bewilligungsverfahren, Rechtsstreit, Prozessvergleich, Beendigung der Instanz, Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, Telefax, Unterlagen, Original
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2013, Az. 4 Ta 45/13

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/20A91A7FFB9B9B98C1257B52003C71F0/$file/N_4Ta45-13_22-03-2013.pdf

XXI.
Betriebsratswahl, Unwirksamkeit, Wahlberechtigte Arbeitnehmer, Betrieb, Gebietsleitung, Regionalleitung, Außendienstmitarbeiter, Filiale, Weisungsrecht
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2013, Az. 4 TaBV 28/12

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/FABA90CA131D2CFEC1257B52003C71F1/$file/B_4TaBV28-12_07-03-2013.pdf

XXII.
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, Zuständigkeit, sachliche, Verweisung, Landgericht, Geschäftsführer, GmbH-Geschäftsführer, Abberufung, Geschäftsführervertrag, Kündigung
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2013, Az. 6 Ta 51/13

http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/A41DBC887DA0DF7CC1257B52003C71F2/$file/N_6Ta51-13_05-04-2013.pdf
XXIII.
Ablösende Betriebsvereinbarung in der betrieblichen Altersversorgung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2013Az. 17 Sa 85/11

Die Beurteilung, ob sachlich-proportionale Gründe für einen Eingriff in dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge vorliegen, erfordert nicht lediglich eine Willkürkontrolle. Dem Arbeitgeber obliegt die Darlegung aller Umstände, die nachvollziehbar belegen, dass ein überschießender Eingriff in das betriebliche Altersversorgungssystem nicht erfolgt ist.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2013&nr=16871&pos=7&anz=14

XXIV
Änderung einer Versorgungsordnung - Eingriff in dienstzeitunabhängige Dynamik und Eingriff in dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge - Überprüfung der sachlich proportionalen Gründe
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06.02.2013, Az. 4 Sa 96/11

1)Enthält die Berechnungsformel einer Betriebsrentenzusage eine Überversorgungslimitierung, wonach die aus der Betriebsrente und der gesetzlichen Rente errechnete Gesamtversorgung einen bestimmten Prozentsatz des Endgehalts vor Eintritt des Versorgungsfalls nicht überschreiten darf und wird diese Versorgungsordnung abgeändert durch Entkopplung von der künftigen Entwicklung der gesetzlichen Rente, so kann darin im Einzelfall ein Eingriff in die dienstzeitunabhängige Dynamik liegen, der nur mit einem triftigen Grund gerechtfertigt werden kann.

2)Die Beurteilung, ob sachlich-proportionale Gründe für einen Eingriff in dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge vorliegen, erfordert nicht lediglich eine Willkürkontrolle. Dem Arbeitgeber obliegt die Darlegung aller Umstände, die nachvollziehbar belegen, dass ein überschießender Eingriff in das betriebliche Altersversorgungssystem nicht erfolgt ist.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2013&nr=16880&pos=5&anz=14

XXV.
Aufhebungsvertrag - Schriftform – Gesamtvertreter
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 14.03.2013, Az. 17 Sa 633/12

Zum Schrittformerfordernis bei Unterschrift durch einen Gesamtvertreter (Gesamtprokurist)

http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/j56/page/bslaredaprod.psml?doc.hl=1&doc.id=KARE600040587&documentnumber=4&numberofresults=4127&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XXVI.
Geschäftsordnung des Betriebsrats; Koordinationsausschüsse; Fachbeauftragte; Minderheitenschutz
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.04.2013, Az. 2 TaBV 6/12

Der Betriebsrat kann im Rahmen seines Ermessens neben den gesetzlich vorgesehen Ausschüssen (§§ 27, 28 BetrVG) in seiner Geschäftsordnung auch die Errichtung anderer Ausschüsse (hier: Koordinationsausschüsse) und so genannter Fachbeauftragter für bestimmte Themen regeln.

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2013&nr=16894&pos=0&anz=15

XXVII.
Nachtarbeitszuschlag als Teil der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 04.04.2013, Az. 3 Ca 1851/12

1.Sollen Nachtarbeitszuschläge von der Entgeltfortzahlung tarifvertraglich ausgenommen werden, bedarf es dafür einer tarifvertraglichen Regelung gemäß § 4 Abs. 4 EntgeltfortzahlungsG.
2.§ 6 Abs. 5 ArbZG ist nur eine Auffangregelung für den Fall, dass eine tarifvertragliche Regelung nicht besteht. Eine zu § 6 Abs. 5 ArbZG gefundene Auslegung kann deshalb nicht ohne weiteres auf eine tarifvertragliche Regelung der Nachtarbeit übertragen werden.

http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/p9d/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE130006898&documentnumber=1&numberofresults=661&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

XXVIII.
Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.05.2013, Az. 9 AZR 844/11

Ist das Arbeitsverhältnis beendet und ein Anspruch des Arbeitnehmers gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs entstanden, kann der Arbeitnehmer auf diesen Anspruch grundsätzlich verzichten. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG kann von der Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG, wonach der Urlaub abzugelten ist, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, zwar nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Jedoch hindert diese Regelung nur einzelvertragliche Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen. Hatte der Arbeitnehmer die Möglichkeit, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen und sieht er davon ab, steht auch Unionsrecht einem Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung nicht entgegen.

Die Beklagte kündigte am 26. November 2008 ihr Arbeitsverhältnis mit dem bei ihr als Lader beschäftigten und seit Januar 2006 arbeitsunfähigen Kläger ordentlich zum 30. Juni 2009. Im Kündigungsrechtsstreit regelten die Parteien am 29. Juni 2010 in einem Vergleich ua., dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zum 30. Juni 2009 aufgelöst worden ist, die Beklagte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 11.500,00 Euro zahlt und mit Erfüllung des Vergleichs wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt sind. Mit einem Schreiben vom 29. Juli 2010 hat der Kläger von der Beklagten ohne Erfolg verlangt, Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2008 mit 10.656,72 Euro abzugelten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.543,60 Euro verurteilt.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg und führte zur Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Die Klage ist unbegründet. Die Erledigungsklausel im gerichtlichen Vergleich vom 29. Juni 2010 hat den mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2009 entstandenen Anspruch des Klägers auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs erfasst.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16695&pos=0&anz=33&titel=Verzicht_des_Arbeitnehmers_auf_Urlaubsabgeltung

XXIX.
Dauer der Arbeitszeit bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 10 AZR 325/12

Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart. Nach ihr bemessen sich die Pflichten des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und des Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung. Diese Grundsätze gelten auch für außertarifliche Angestellte.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als „außertarifliche Mitarbeiterin“ beschäftigt und bezieht ein Jahresgehalt von ca. 95.000,00 Euro brutto. Nach dem Arbeitsvertrag muss die Klägerin „auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit tätig … werden“. Weitere Regelungen zur Arbeitszeit enthält der Vertrag nicht. Im Herbst 2010 hatten sich nach Angaben der Beklagten nahezu 700 Minusstunden angesammelt. Seit Oktober 2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine tägliche Arbeitszeit von mindestens 7,6 Stunden bzw. die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Die Klägerin kam dem nicht nach. Die Beklagte kürzte die Gehälter der Klägerin bis Januar 2011 um insgesamt ca. 7.000,00 Euro brutto, weil die Klägerin ihre Arbeitspflicht nicht vollständig erfüllt und zB im Dezember nur 19,8 Stunden, im Januar nur 5,5 Stunden im Betrieb gearbeitet habe.

Die Klägerin macht mit der Klage geltend, sie sei vertraglich nicht verpflichtet, 38 Stunden pro Woche zu arbeiten. Sie müsse überhaupt nicht an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten im Betrieb sein. Ihre Arbeit sei nicht in Zeiteinheiten zu messen. Sie erfülle ihre Arbeitspflicht ohne Rücksicht auf den zeitlichen Aspekt schon dann, wenn sie die ihr von der Beklagten übertragenen Aufgaben erledige. Deshalb müsse die Beklagte ihr auch das volle Gehalt unabhängig von der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden zahlen.

Die Klage blieb - wie schon in den Vorinstanzen - auch vor dem 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Der Arbeitsvertrag der Parteien setzt als Maß der zu leistenden Arbeit die betriebsübliche Arbeitszeit voraus. Anhaltspunkte für die Vereinbarung einer dem Zeitmaß enthobenen Arbeitspflicht bestehen nicht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Vergütung für Zeiten zu leisten, in denen die Klägerin nicht gearbeitet hat.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16704&pos=0&anz=34&titel=Dauer_der_Arbeitszeit_bei_fehlender_ausdr%FCcklicher_Vereinbarung

XXX.
Keine Anrechnung einer Vorbeschäftigungszeit als Leiharbeitnehmer auf die Wartefrist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 05.04.2013, Az. 12 Sa 50/13

1.Mit der Formulierung "dessen Arbeitsverhältnis" knüpft § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG an die Dauer der Bindung mit dem jeweiligen Vertragsarbeitgeber an. Die Zusammenrechung mehrerer Arbeitsverhältnisse, zwischen denen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, kommt nur in Betracht, wenn diese Arbeitsverhältnisse mit demselben Vertragsarbeitgeber bestanden haben.

2.Selbst wenn ein Leiharbeitnehmer zuvor mehrere Monate im Entleiherunternehmen auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt worden ist, auf dem er auch im Rahmen einer Anschlussbeschäfigung direkt beim Entleiher tätig wird, handelt es sich nicht um ein einheitliches sondern um zwei aufeinanderfolgende Arbeitsverhältnisse mit verschiedenen Arbeitgebern. Folge ist, dass die sechsmonatige Wartefrist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG neu zu laufen beginnt.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE130008311&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

XXXI
Außerordentliche Kündigung eines Chefarztes wegen unzulässiger Privatliquidation - Vertretungsvereinbarung - Entbehrlichkeit einer vorherigen Abmahnung
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 17.04.2013, Az. - 2 Sa 179/12

Die Abrechnung ärztlicher Leistungen unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) durch einen zur Privatliquidation berechtigten Chefarzt kann einen Grund für eine außerordentliche Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darstellen.

Der Chefarzt muss die Patienten vor Abschluss einer Vertretervereinbarung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, 20. Dezember 2007 - III ZR 144/07) umfassend aufklären. Bei Verletzung der Aufklärungspflicht steht dem Honoraranspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.

Eine vorherige Abmahnung vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist insbesondere dann entbehrlich, wenn der Chefarzt durch den Arbeitgeber mehrfach auf den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung hingewiesen wurde und er weiterhin unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GOÄ abrechnet.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=KARE600040574&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

XXXII.
Einsetzung einer Einigungsstelle
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 30.04.2013, Az. 1 TaBV 142/12

1.Es besteht keine offensichtliche Unzuständigkeit einer Einigungsstelle, wenn der Betriebsrat für in der Vergangenheit erbrachte Sonderzahlungen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG beansprucht. Ebenso kann der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung zukünftiger Sonderzahlungen einfordern, selbst wenn diese von der Arbeitgeberin derzeit noch nicht beabsichtigt sind, soweit die abstrakte Ausformung der Einmalzahlungen unter die Bedingung ihrer tatsächlichen Leistung seitens der Arbeitgeberin gestellt wird.

2.Ein Mitbestimmungsrecht kann in seinem Bestand und Umfang nicht davon abhängig sein, dass sich die Arbeitgeberin betriebsverfassungskonform verhält. Die nachträgliche Änderung der Verteilungsgrundsätze kann zu einer Nachschusspflicht der Arbeitgeberin führen, auch wenn die Festlegung des Dotierungsrahmens ihr allein vorbehalten bleibt.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE130008312&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Michael Henn
Rechtsanwalt/
Fachanwalt für Arbeitsrecht/
Fachanwalt für Erbrecht
VDAA - Präsident

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