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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Abberufung Gesellschaffter-Geschäftsführer
OLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2012, Az. 14 U 10/12
1.Zu den Voraussetzungen einer Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen bzw. einer Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund.
2.Ein wichtiger Grund zur Abberufung eines der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH liegt bereits in dem Umstand, dass diese untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist, jedenfalls soweit der jeweils Abzuberufende durch sein - nicht notwendigerweise schuldhaftes - Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat, wobei es auf das Verhältnis der jeweiligen Verursachens- und Verschuldensbeiträge zueinander nicht entscheidend ankommt. Diese Maßstäbe gelten auch in der zweigliedrigen GmbH mit zwei Gesellschafter-Geschäftsführern.
3.Zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einschlägiger Beschlussanfechtungsklagen.AZ BGH: II ZR 29/13
II.
Hauskauf
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 6.2.2013, Az. 1 U 132/12 – 37
1.Weiß ein Verkäufer um Feuchtigkeitsschäden des Hauses und lässt er kurz vor der Veräußerung Sanierungsarbeiten durch Dritte durchführen, wobei ihm nicht bekannt ist, über welche fachliche Qualifikation der Ausführende, dessen Arbeiten der Verkäufer auch nicht überprüft, verfügt, muss er mit der Möglichkeit eines fortbestehenden Fehlers rechnen.
2.Klärt der Verkäufer den Käufer nicht über diese Umstände auf, handelt er arglistig.
III.
Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit besteht auch weiter, wenn einvernehmlich bereits Arbeitszeitreduzierungen vereinbart wurden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2013, Az. 9 AZR 461/11
Volltext PE:
Gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 BEEG kann der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin beim Arbeitgeber während der Elternzeit eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung beantragen. Über den Antrag sollen sich die Arbeitsvertragsparteien innerhalb von vier Wochen einigen (§ 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG). Nach § 15 Abs. 6 BEEG kann der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen, soweit eine einvernehmliche Regelung nicht möglich ist.
Die Klägerin ist seit 2006 bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt. Sie brachte am 5. Juni 2008 ein Kind zur Welt und nahm zunächst für die Dauer von zwei Jahren bis zum 4. Juni 2010 Elternzeit in Anspruch. Am 3. Dezember 2008 vereinbarten die Parteien die Verringerung der Arbeitszeit für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2009 auf wöchentlich 15 Stunden und für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum Ende der Elternzeit am 4. Juni 2010 auf wöchentlich 20 Stunden. Mit Schreiben vom 7. April 2010 nahm die Klägerin ab dem 5. Juni 2010 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes erneut Elternzeit in Anspruch und beantragte gleichzeitig, wie bisher 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Die Beklagte lehnte dies ab.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, das Angebot der Klägerin auf entsprechende Vertragsänderung anzunehmen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit steht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts die Vereinbarung der Parteien vom 3. Dezember 2008 nicht entgegen. Einvernehmliche Elternteilzeitregelungen sind nicht auf den Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen.
IV.
Eigene beratungsvertragliche Haftung des Vermittlers einer Immobilienkapitalanlage
OLG Karlsruhe Urteil vom 12.03.2013, Az. 17 U 175/12
Den Vermittler einer Immobilienanlage trifft ungeachtet einer Aufklärungspflicht des Verkäufers eine eigene beratungsvertragliche Haftung für Falschangaben gegenüber dem Käufer (Anschluss an BGH, Urt. vom 6. Juni 2008, V ZR 50/07 und BGH, Beschl. vom 25. Juni 2009, III ZR 243/09, ZMR 2009, 856: Beratungsvertragliche Anspruchskonkurrenz).
Auskunftsanspruch eines Anlegers hinsichtlich unmittelbar und mittelbar beteiligter anderer Anleger; Einwand des Rechtsmissbrauchs und des Schikaneverbots
BGH, Urteil vom 05.02.2013, Az. II ZR 136/11
1.Ein Anleger, der unmittelbar an einer Publikumsgesellschaft (hier: in der Form einer GmbH & Co. KG) beteiligt ist, hat gegen die Gesellschaft und die geschäftsführende Gesellschafterin einen Anspruch darauf, dass ihm neben den Namen und den Anschriften der (anderen) unmittelbar beteiligten Anleger auch die Namen und die Anschriften der mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Anleger mitgeteilt werden, wenn die mittelbar beteiligten Anleger nach den vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung des Gesellschafts- und des Treuhandvertrages, im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft die einem unmittelbaren Gesellschafter entsprechende Rechtsstellung erlangt haben.
2.Das Auskunftsbegehren des Gesellschafters ist nur durch das Verbot unzulässiger Rechtsausübung und das Schikaneverbot gemäß begrenzt.
VI.
Einräumung eines Mehrstimmrechts einer Komplementärin einer Publikums-KG
LG Freiburg, Urteil vom 25.01.2013, Az. 12 O 133/12
Der Komplementärin einer Publikums-KG, die eine umsatzabhängige Vergütung erhält und am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist, kann gesellschaftsvertraglich ein Mehrstimmrecht bei der Beschlussfassung über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages (hier: Kapitalerhöhung) nicht eingeräumt werden.
VII.
Kündigung eines Girovertrages:
BGH, Urteil vom 15.01.2013, Az. XI ZR 22/12
1.Eine ordentliche Kündigung nach Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 setzt nicht voraus, dass die Bank eine Abwägung ihrer Interessen an einer Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den Interessen des Kunden an dessen Fortbestand vornimmt.
2.Das vom Grundsatz der Privatautonomie beherrschte bürgerliche Recht enthält keine über eine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleichheitssatzes begründbare allgemeine Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung sämtlicher Vertragspartner (hier bei der Ausübung eines vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigungsrechts). Die mittelbare Geltung des Art. 3 Abs. 1 GG im Verhältnis einzelner Privatrechtssubjekte zueinander setzt ein soziales Machtverhältnis voraus. Dieses Machtverhältnis ergibt sich nicht allein aus der kreditwirtschaftlichen Betätigung einer privaten Bank.
VIII.
Gewerberaummietvertrag:
KG Berlin, Beschluss vom 28.01.2013, Az. 8 W 5/13
Der Sinn der Vereinbarung einer Betriebspflicht, der darin liegt, ein Einkaufszentrum durch ein möglichst großes und vielfältiges Angebot an Geschäften für Kunden attraktiv zu halten würde unterlaufen, wenn der den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragende Vermieter darauf verwiesen werden würde, mit der Durchsetzung der Betriebspflicht bis zum Abschluss eines Verfahrens in der Hauptsache zu warten.
IX.
Kündigung wegen verhaltens-, personen- und betriebsbedingter Gründe
LAG Mecklenburg-Vorpommer, Urteil vom 05.03.2013, Az. 5 Sa 106/12
1.Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer hat während seiner Ausfallzeit durch sein eigenes Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwindet. Das bedeutet aber nicht, dass er stets nur das Bett zu hüten hat, oder jedenfalls die eigene Wohnung nicht verlassen sollte. Vielmehr ist auf die je vorliegende Krankheit abzustellen, um ermessen zu können, welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt sind.
2.Ein von einem Arbeitnehmer gezeigter Abkehrwille rechtfertigt nicht ohne weiteres die Kündigung. Solange der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erfüllt, kann es ihm grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, dass er sich nach einem anderen Arbeitsfeld umschaut. Artikel 12 Grundgesetz (GG) gewährt dem Arbeitnehmer die freie Arbeitsplatzwahl (Preis in Staudinger § 626 BGB Randnummer 126). Eine Kündigung kann daher allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten im alten Arbeitsverhältnis zu Gunsten seiner zukünftigen Tätigkeit vernachlässigt (BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - NZA 2008, 1415) oder wenn der Arbeitgeber die Chance hat, für den abkehrwilligen Arbeitnehmer eine andere Person einzustellen (BAG 22. Oktober 1964 - 2 AZR 515/63 - AP Nr. 16 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung).
3.In den Fällen einer betriebsbedingten Kündigung, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, kann die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - DB 2012, 2402 = NZA 2012, 1223; BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - AP Nr. 186 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61 = AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen würde oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 24. Mai 2012 aaO; BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - NZA 2012, 852).
X.
Bankenhaftung bei Kapitalanlageberatung: Verjährungsfristbeginn für Ersatzansprüche wegen verschwiegener Rückvergütung
BGH, Urteil vom 26.02.2013, Az. XI ZR 498/11
Weiß ein Anleger, dass die ihn beratende Bank für den Vertrieb der empfohlenen Kapitalanlage eine Rückvergütung erhält, deren Höhe ihm die Bank vor seiner Anlageentscheidung nicht mitgeteilt hat, so hängt der Beginn der Verjährungsfrist seines Schadensersatzanspruches wegen verschwiegener Rückvergütung nicht von der Kenntnis der genauen Höhe der Rückvergütung ab.
Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.
Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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