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„Krank feiern“ und „blau machen“ – ein Kündigungsgrund?

(Stuttgart) Welcher Arbeitgeber ärgert sich nicht darüber? Besonders montags oder an Werktagen nach einem Feiertag bleiben überdurchschnittlich viele Arbeitnehmer der Arbeit fern - häufig immer dieselben und nicht selten auch noch mit ärztlicher Bescheinigung. Aber wann ist die Grenze überschritten, dass „Blaumachen“ oder häufiges Krankfeiern“ einen Kündigungsgrund darstellt?

Welche Pflichten treffen den Arbeitnehmer im Falle seiner Erkrankung treffen, erläutert der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Leiter des Fachausschusses „Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen“ des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.

Pflichten des Arbeitnehmers bei Krankheit Im Inland...

Jeder Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, und formlos mitteilen, dass und wie lange er voraussichtlich krank sein wird. Wenn er nicht zur Arbeit erscheint oder den Arbeitsplatz verlässt, um einen Arzt aufzusuchen, muss er den Arbeitgeber bzw. seinen Vorgesetzten zuallererst über seinen Ausfall informieren. Sobald er weiß, wie lange sein Ausfall dauern wird, muss er den Arbeitgeber hierüber ebenfalls informieren. Zusätzlich muss er dem Arbeitgeber ab dem 4. Krankheitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) zusenden.

Was häufig nicht bekannt ist: Soweit vertraglich nicht anders geregelt, ist der Arbeitgeber gem. § 5 Abs. 1 EFzG berechtigt, diesen Nachweis bereits vor dem 4. Krankheitstag zu verlangen, also z. B. auch schon ab dem ersten Tag.

...und bei Erkrankung im Auslandsurlaub

Mitunter kommt es vor, dass sich Arbeitnehmer gegen Ende ihres Urlaubs im Ausland gehindert sehen, unmittelbar danach wieder ihre Arbeit aufzunehmen, z. B., da sie wegen einer Erkrankung nicht reisefähig seien. Befindet sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland, ist er verpflichtet, den Arbeitgeber nicht nur über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer, sondern auch über die Adresse seines Aufenthaltsortes, in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die hierdurch entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Was viele nicht wissen: Kehrt der Arbeitnehmer dann jedoch vor Ende des Urlaubs aus dem Ausland zurück, ist er verpflichtet, dies dem Arbeitgeber ebenfalls unverzüglich anzuzeigen

Maßnahmen bei Pflichtverstößen

Verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft eine dieser Pflichten, kann der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung, im Wiederholungsfalle ggfs. auch eine zweite, u.U. sogar eine dritte Abmahnung auszusprechen, jeweils verbunden mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall. Kommt es gleichwohl weiter zu gleichartigen Pflichtverletzungen, so rechtfertigt dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Erfüllt der Arbeitnehmer Anzeige- und Nachweispflichten hingegen ordentlich, macht aber gleichwohl die besondere Häufung der Arbeitsunfähigkeitstage um Wochenenden und Brückentage herum stutzig, so dass sich der Verdacht der Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit aufdrängt, sollte ein Arbeitgeber nicht überstürzt handeln.

Außerordentliche Kündigung nur bei klarer Beweislage

Für eine außerordentliche, also fristlose Kündigung muss gerichtsverwertbar nachgewiesen sein, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat. Wurde der Arbeitnehmer beispielsweise von Zeugen dabei gesehen, dass er während seiner „Arbeitsunfähigkeit“ woanders gearbeitet hat, ist die Sache offensichtlich. In der Praxis sind Fälle wie dieser allerdings selten, da solche klaren Beweise i. d. Regel fehlen. Im Übrigen ist auch nicht immer eindeutig, welches Verhalten des Arbeitnehmers während einer Arbeitsunfähigkeit zulässig ist und welches nicht.

Beispiel: In einem Fall hatte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung ausgesprochen, weil er den wegen eines grippalen Infekts arbeitsunfähig gemeldeten Arbeitnehmer in der Lokalzeitung auf einem Foto bei einem Volksfest mit einem Glas Kölsch in der Hand entdeckt hatte. Das Arbeitsgericht Köln hielt das jedoch nicht für einen ausreichenden Kündigungsgrund: Frische Luft und ein Glas Kölsch seien nicht von vorneherein geeignet, den Heilungsprozess zu verzögern.

An diesem Fall wird deutlich, dass immer ein individueller und einzelfallbezogener Maßstab anzulegen ist. Als Richtschnur gilt: Der Arbeitnehmer hat all das zu unterlassen, was seiner raschen Genesung entgegen steht. Fehlen eindeutige Beweise, kann der Arbeitgeber versuchen, diese zu beschaffen, etwa durch Beauftragung eines Detektivbüros.

Hilfe durch den medizinischen Dienst

Existieren keine Beweise, kommt auch die Einschaltung des medizinischen Dienstes der Krankenkasse in Betracht. Allerdings hat die Sache einen Haken: Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass meistens 7 – 14 Tage vergehen, bevor der Betroffene zu einer Untersuchung geladen wird. Aber auch das Vorliegen anderer Indizien kann den Beweiswert der AU-Bescheinigung stark erschüttern. Hierzu zählen u. a. häufiger Arztwechsel, wiederholte gemeinsame und gleichzeitige Erkrankung von Ehegatten oder ausländischen Arbeitnehmern im Anschluss an den Urlaub, Nichtbefolgung einer Vorladung zur Untersuchung des Vertrauensarztes oder des medizinischen Dienstes oder die Durchführung von beschwerlichen Reisen oder strapaziösen sportlichen Betätigungen während der Arbeitsunfähigkeit.

Fehlen jegliche Beweise für das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit, hegt der Arbeitgeber aber aufgrund der gesammelten Indizien diesen Verdacht, kommt auch eine sog. Verdachtskündigung in Betracht. Doch Vorsicht: Daran sind strenge Voraussetzungen geknüpft, da mit diesem Mittel der Arbeitnehmer allein aufgrund eines Verdachts seinen Arbeitsplatz verlieren kann. Es müssen daher objektive, nachprüfbare Tatsachen vorliegen, aus denen sich der dringende Verdacht einer Vertragsverletzung von erheblichem Gewicht ergibt, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber schlichtweg unzumutbar macht.

Fazit:

Arbeitgeber sollten bei einem entsprechenden Fehlverhalten von Arbeitnehmern mit Bedacht vorgehen und vor der Einleitung von Konsequenzen zur Vermeidung teurer Überraschungen zunächst arbeitsrechtlichen Rat einholen. Arbeitnehmern empfahl er hingegen, am besten ganz auf manipulierte Fehlzeiten zu verzichten, da diese leicht den Arbeitsplatz kosten können.

Von Bredow empfahl, bei aufkommenden Fragen dazu Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Frhr. Fenimore von Bredow
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Leiter des VdAA Fachausschusses
„Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen“
Domernicht v. Bredow Wölke
Bismarckstraße 34
50672 Köln
Telefon: 0221/283040
Telefax: 0221/2830416
Email: v.bredow@dvbw-legal.de
www.dvbw-legal.de

 
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