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EU-Führerschein: Keine Aberkennung der tschechischen Fahrerlaubnis wenn beim Erwerb noch kein Fahrverbot verhängt ist!

Vorliegend hatte der Betroffene am 18.09.2004 ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss berauschender Mittel (Cannabis und Amphetamin) geführt, was durch einen Bußgeldbescheid vom 17.11.2004 mit einem Bußgeld und einem Fahrverbot von einem Monat geahndet wurde.


Bereits am 18.11.2004 erhielt der Betroffene einen EU-Führerschein aus Tschechien, nachdem er dort zuvor am 16.11.2004 die Prüfung erfolgreich abgelegt hatte. Anfang Februar gab er seinen deutschen Führerschein bei der Verwaltungsbehörde ab. Im März 2005 wurde dieser dann auch noch entzogen. Nachdem er dann bei einer Polizeikontrolle keinen deutschen Führerschein vorweisen konnte, wurde er wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt. Gegen dieses Urteil legte er Berufung vor dem LG Siegen ein. Das LG Siegen hat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Darf die deutsche Fahrerlaubnisbehörde die Gültigkeit des EU-Führerscheins aberkennen, obwohl diese von den tschechischen Behörden erteilt wurde als ein Entzug der Fahrerlaubnis / Fahrverbot in Deutschland noch nicht erfolgt war, jedoch der Grund für die spätere Entziehung durch die Drogenfahrt bereits entdeckt war?

Der EuGH entschied, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, die Anerkennung eines Führerscheins für das eigene Hoheitsgebiet zu verweigern, welcher von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, wenn im eigenen Hoheitsgebiet eine Maßnahme der Einschränkung, Aussetzung, Entziehung oder Aufhebung der Fahrerlaubnis angewendet wurde.

Dies trifft auf den vorgelegten Fall zu. Denn zum Zeitpunkt des Erwerbs des EU-Führerscheins am 18.11.2004, habe hier schon eine am 17.11.2004 verhängte und am 04.12.2004 bestandskräftig gewordene befristete Aussetzung der deutschen Fahrerlaubnis gegolten. Zudem stehe auch fest, dass das Ereignis, welches das einmonatige Fahrverbot und den Führerscheinentzug rechtfertigt, am vor dem Zeitpunkt der Ausstellung des EU-Führerscheins festgestellt wurde (EuGH, C-1/07).

Künftige Tendenzen der deutschen Rechtsprechung:
Die Umgehung der MPU stellt einen Missbrauch von gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften dar. Keinen Missbrauch soll jedoch allein das Ausnutzen unterschiedlich strenger Regelungen der europäischen Mitgliedsstaaten darstellen, es sei denn, es ist von bewusster Umgehung der MPU oder gar einem Unterlaufen der nationalen (deutschen) Fahreignungsregeln auszugehen (vgl. z.B. Interessenabwägung des HessVGH v. 19.2.2007; NZV 2007, S. 379; OVG Berlin-Brandenburg v. 8.9.2006, BA 2007, S. 193).
Am 19.01.2009 ist die 3. EU-Führerschein-Richtlinie in Kraft getreten, welche dem so genannten Führerscheintourismus entgegen wirken soll. Deren Regelungen hielt der BayVGH jedoch bereits in seiner Entscheidung vom 22.2.2007 (ZfS 2007, S. 354) mit Rücksicht auf deren erst spätere Anwendbarkeit im Hinblick auf eine Rückgriffsmöglichkeit im Rahmen des Instituts des Rechtsmissbrauchs zumindest für bedenklich.

Neu ist hier insbesondere, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ablehnen kann, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in seinem Hoheitsgebiet entzogen ist. Damit soll der Führerscheinmissbrauch effektiver als bisher bekämpft werden. Die Richtlinie sieht allerdings auch vor, dass vor deren in Kraft treten ausgestellte Fahrerlaubnisse Bestandsschutz erhalten. Dies bedeutet faktisch die Anerkennung aller bis dahin ausgestellten Führerscheine.

Die Regelung wirkt sich auf bereits vor dem 19.1.2009 erworbene Fahrerlaubnisse lediglich dann negativ aus, wenn sich aus diesen, z.B. durch Aufdruck eines deutschen Wohnsitzes, ein Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip ergibt. Solche EU-Führerscheine aber, die einen ausländischen Wohnsitz aufweisen, sind dann grundsätzlich wohl als unangreifbar zu bezeichnen!

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.
 
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