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Thorsten Blaufelder
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Wunsch nach längerer Elternzeit darf nicht ignoriert werden

Wollen frischgebackene Eltern ihre Elternzeit noch einmal verlängern, darf der Arbeitgeber diesen Wunsch nicht einfach übergehen. Er muss vielmehr die betrieblichen Belange mit den Interessen der Eltern abwägen und darf dann erst nach „billigem Ermessen“ entscheiden, urteilte am Dienstag, 18. Oktober 2011, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 10 Sa 59/09).

Im Streitfall hatte eine Arbeiterin aus Baden-Württemberg Anfang 2008 ihr fünftes Kind geboren. Mit ihrem Chef vereinbarte sie eine einjährige Elternzeit. Die gesetzlichen Regelungen sehen eine Elternzeit von bis zu drei Jahren vor.

Ende 2008 beantragte die Frau nachträglich eine Verlängerung ihrer Elternzeit und begründete dies mit ihrem schlechten Gesundheitszustand. Ihr Arbeitgeber nahm auf ihren Wunsch jedoch keine Rücksicht. Als die Frau schließlich nicht zur Arbeit erschien, erhielt sie eine Abmahnung wegen „unentschuldigten Fehlens“.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hielt dies auch für rechtmäßig. Wenn eine Elternzeit einmal vereinbart sei, müssten Arbeitnehmer sich im Prinzip auch daran halten. Der Arbeitgeber könne frei entscheiden, ob er dem Verlängerungswunsch zustimmt oder nicht. Die Mutter könne daher nicht die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen.

Der 9. Senat des BAG sah dies jedoch anders. Der Arbeitgeber müsse bei einer gewünschten Elternzeitverlängerung „nach billigem Ermessen“ handeln. Er müsse das Für und Wider abwägen. Im konkreten Fall hätte er insbesondere den vorgetragenen schlechten Gesundheitszustand der Mutter nicht einfach ignorieren dürfen.

Den konkreten Fall verwies das BAG an die Vorinstanz zurück. Diese muss nun überprüfen, ob der Arbeitgeber nach „billigem Ermessen“ entschieden hat.

Mit dem Urteil können sich Arbeitgeber nicht gänzlich aus ihrer Verantwortung stehlen. Sie müssen beim Wunsch nach einer Elternzeitverlängerung ihre Interessen mit dem der Arbeitnehmer abwägen. So können betriebliche Belange wie eine fehlende Arbeitsplatz-Vertretung den Anspruch auf längere Elternzeit beeinflussen, auf Arbeitnehmerseite etwa eine Krankheiten der Mutter oder auch des Kindes.

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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
 
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