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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart


Deutsche Anwalts- und
Steuerberatervereinigung
für die mittelständische
Wirtschaft e. V.

10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

I.
Haftung der Gesellschafter eines Immobilienfonds
BGH, Urteil vom 19.07.2011, Az. II ZR 300/08
a) Die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses, das darauf beschränkt ist, die gesellschaftsrechtlichen Rechte des "Treugebers" gegenüber dem Grundbuchamt durch einen Treuhänder halten zu lassen, steht der Außenhaftung des "Treugebers" analog § 128 HGB nicht entgegen, wenn die Auslegung des Gesellschaftsvertrags und des Treuhandvertrags ergibt, dass nicht der "Grundbuchtreuhänder", sondern der "Treugeber" Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geworden ist.
b) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes steht der Haftung der Gesellschafter eines Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die vor der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beigetreten sind, für die vor ihrem Beitritt zur Objektfinanzierung begründeten Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft analog §§ 128, 130 HGB nicht entgegen, wenn sie auch bei nur geringer Aufmerksamkeit erkennen konnten, dass für die Objektfinanzierung Fremdmittel benötigt wurden, für deren Rückzahlung sie nach dem Gesellschaftsvertrag haften sollten.
c) Zahlt der Gesellschafter einer Publikumspersonengesellschaft gemäß § 128 HGB auf eine durch die Gesellschaft besicherte Gesellschaftsschuld, hat er jedenfalls bei nicht akzessorischen Sicherheiten keinen gesetzlichen Anspruch auf anteilige Übertragung der Sicherheit, den er dem Gläubiger als Einrede entgegenhalten kann

II.
unwirksame Kostenklausel im Gewerberaummietvertrag
BGH, Urteil vom 03.08.2011, Az. XII ZR 205/09

Die formularmäßig vereinbarte Klausel eines Gewerberaummietvertrages, die dem Mieter eines in einem Einkaufszentrum belegenen Ladenlokals als Nebenkosten des Einkaufscenters zusätzlich zu den Kosten der "Verwaltung" nicht näher aufgeschlüsselte Kosten des "Center-Managements" gesondert auferlegt, ist intransparent und daher unwirksam.

III.
GmbHG: Haftung bei wirtschaftlicher Neugründung einer Vorrats- oder Mantelgesellschaft
Urteil vom 12.07.2011, AZ. II ZR 71/11

a)Bei einer wirtschaftlichen Neugründung einer Vorrats- oder Mantelgesellschaft kommt eine Haftung der handelnden Personen analog § 11 Abs. 2 GmbHG nur dann in Betracht, wenn die Geschäfte vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung aufgenommen worden sind und dem nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben.
b)Versichert der Geschäftsführer bei der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung der Wahrheit zuwider, dass sich das Stammkapital endgültig in seiner freien Verfügung befindet, haftet er analog § 9a Abs. 1 GmbHG.

IV.
Irreführung durch Benennung als "Vertragspartner"
BGH, Urteil 17.03.2011, Az. I ZR 170/08

Entsteht beim angesprochenen Verkehr durch die Verwendung des Begriffs "Vertragspartner" der unzutreffende Eindruck, der Werbende sei "Vertragshändler" eines Automobilherstellers, so liegt darin eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung.

V.
Außerordentliche Kündigung - Ausnahmsweise kein Verschulden erforderlich
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.06.2011, Az. 5 Sa 509/10

Verhaltensbedingte Gründe können in der Regel nur dann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur objektiv und rechtswidrig, sondern auch schuldhaft seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Dies gilt indessen ausnahmsweise dann nicht, wenn der Arbeitnehmer durch fortlaufendes Fehlverhalten die betriebliche Ordnung bzw. die Sicherheitsvorschriften derart erheblich und nachhaltig verletzt, dass dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung dieses Zustandes selbst dann nicht zumutbar ist, wenn der Arbeitnehmer schuldlos gehandelt hat.

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/mt9/page/bsshoprod.psml?doc.hl=1&doc.id=KARE600034011%3Ajuris-r00&documentnumber=2&numberofresults=676&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint

VI.
Begrenzung der Zahl der Teilzeitansprüche in der Elternzeit
Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 18.05.2011, Az. 5 Sa 93/10

1.Ein Anspruch auf Teilzeit in der Elternzeit kann gemäß § 15 Abs. 6 BEEG nur zweifach durchgesetzt werden, hierbei zählen vorherige einvernehmlich gefundene Teilzeitregelungen mit.

2.Eine Verringerung der Arbeitszeit liegt auch vor, wenn das erneute Teilzeitverlangen gegenüber der vorherigen Regelung vom Umfang her gleich bleibt oder gar mehr Stunden betrifft, da auf die reguläre Arbeitszeit vor der Elternzeit abzustellen ist.

3.Verschiedene Teilzeitverlangen zählen jede für sich auch dann, wenn sie in einem einheitlichen Antrag gestellt wurden.

Siehe:
http://www.rechtsprechung.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?doc.id=JURE110009561&st=ent&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint

VII.
Werbung mit durchgestrichenen Normalpreisen
BGH, Urteil 17.03.2011, Az. I ZR 81/09

Eine Werbung mit hervorgehobenen Einführungspreisen, denen durchgestrichene (höhere) Normalpreise gegenübergestellt werden, ist irreführend, wenn sich aus ihr nicht eindeutig ergibt, ab welchem Zeitpunkt die Normalpreise verlangt werden. Sie ist zudem wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unlauter.

VIII.
Befristung
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.09.2011, Az. 3 Sa 69/11
Eine Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG verlangt die positive Prognose des Arbeitgebers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, dass mit hinreichender Sicherheit der Bedarf für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers nach dem vorgesehenen Vertragsende nicht mehr besteht. Allein die Abhängigkeit von Haushaltsmitteln rechtfertigt die Befristung nicht.

IX.
Nachträgliches Wettbewerbsverbot möglich
Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 17.08.2011, Az. 1 U 184/11-52

Ein nachverträglichen Wettbewerbsverbots, welches dem ausgeschiedenen BGB-Gesellschafter untersagt, 2 Jahre lang für Klienten der tierärztlichen Praxis tätig zu werden, kann wirksam sein, wenn der ausgescheidende Gesellschafter einen Anteil am Good Will und den stillen Reserven erhält. (Leitsatz der Redaktion)

X.
Rechtsweg – Geschäftsführer einer GmbH
BAG, Beschluss vom 23.08.2011, Az. 10 AZB 51/10

Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG findet keine Anwendung auf einen Arbeitsvertrag, der eine Geschäftsführerbestellung nicht vorsieht, auch wenn der Arbeitnehmer später aufgrund einer formlosen Abrede zum Geschäftsführer bestellt wird. Macht der Arbeitnehmer nach Beendigung der Stellung als Geschäftsführer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend, ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Das gilt auch für Ansprüche aus der Zeit als Geschäftsführer.

Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.
Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Vizepräsident der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn

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Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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