Aktuelles Arbeitsrecht
von Rechtsanwalt Friedrich Schöbitz, Stuttgart
Überlange Bindung Arbeitnehmer durch Rückzahlungsklausel für Fortbildungskosten
BAG 14.01.2009, AZ: 3 AZR 900/07
Rückzahlungsklauseln für Aus- und Fortbildungskosten unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Diese sind nur wirksam, wenn die Ausbildung einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer dar-stellt und dieser nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden wird. Hierbei sind einzel-fallbedingte Vorteile der Ausbildung mit den Nachteilen der Bindung abzuwägen. Eine geltungserhalten-de Reduktion auf eine zulässige Bindungsdauer findet im Regelfall nicht statt.
Vorliegend hatte der Arbeitgeber statt einer möglicherweise zulässigen Bindung von 2 Jahren eine unzu-lässige von 5 Jahren vereinbart. Die Rückzahlungsklage des Arbeitgebers war ohne Erfolg.
Anm. der Verf.:
Das Urteil belegt einmal mehr die Schwierigkeit, rechtssichere Rückzahlungsklauseln für Fortbildungs-kosten zu finden.
Abgeltung von nicht genommenem Jahresurlaub infolge Krankheit
EuGH 20.01.2009, AZ: C-350/06 und C-520/06
Vorliegend hatte der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wegen einer Arbeitsun-fähigkeit, die zu einer Verrentung geführt hat, nicht ausüben können. Nach den deutschen Rechtsvor-schriften erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub dann am Ende des betref-fenden Kalenderjahres und spätestens am Ende eines Übertragungszeitraumes, meist Ende des ersten Quartals des Folgejahres.
Diese Regelung hat der EuGH nun als nicht europarechtskonform verworfen und bestimmt, dass der Ar-beitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht verliert, wenn der ihn wegen Krankheit nicht ausüben konnte. Der nicht genommene Jahresurlaub sei vielmehr abzugelten.
Anm. der Verf.:
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Das Urteil verwirft eine gefestigte Rechtslage in Deutschland, deren Auswirkungen noch nicht abzuse-hen sind. Abzuwarten bleibt, ob diese Entscheidung nur den gesetzlichen Mindesturlaub oder auch den individual- oder tarifvertraglichen Urlaubsanspruch umfasst.
Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartner bei betrieblicher Hinterbliebenenrente
BAG 14.01.2009, AZ: 3 AZR 20/07
Der Überlebende einer eingetragenen Lebenspartnerschaft hat aus Gründen der Gleichbehandlung einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn für Ehegatten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine dahingehende Zusage besteht. Dies gilt nach der Ansicht des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts auch dann, wenn in der Versorgungsordnung lediglich eine Hinterbliebenenversorgung zugunsten von Ehepartnern, nicht jedoch eingetragener Lebenspartnern zugesagt ist.
Dieser Anspruch folgt seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Jahre 2006 aus diesem und für die Vorzeit aus der im Arbeitsrecht allgemein geltenden Pflicht zur Gleichbehandlung von Arbeitnehmern.
Höhe von Schichtzulagen bei Teilzeitarbeit
BAG 24.09.2008, AZ: 10 AZR 634/07
Teilzeitbeschäftigte, die ständig Schicht- und Wechselschichtarbeit im Sinne von § 7 TVöD leisten, ha-ben keinen Anspruch auf die tarifliche Schicht- und Wechselschichtzulage in voller Höhe. Die Zulagen stehen Teilzeitbeschäftigten nach § 24 Abs. 2 TVöD nur anteilig in Höhe der Quote zwischen vereinbar-ter und regelmäßiger tariflicher Arbeitszeit zu. Eine Gleichbehandlung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer beim Arbeitsentgelt oder bei anderen teilbaren geldwerten Leistungen nach dem in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG gesetzlich normierten sogenannten Pro-rata-temporis-Grundsatz schließt von vornherein eine Be-nachteiligung wegen der Teilzeitarbeit aus.
Anm. der Verf.:
Letztlich kommt das BAG zur zutreffenden Ansicht, dass der gesetzliche Pro-rata-temporis-Grundsatz keine Benachteiligung beinhalten kann. Wäre dies anders, müsste man das Teilzeit- und Befristungsge-setz als Gesetzesverstoß ansehen.
Kündigungsschutz und Altersdiskriminierung
BAG 06.11.2008, AZ: 2 AZR 701/07
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist eine Diskriminierung wegen Alters verboten (§ 1, 10 AGG). Das BAG hat nun abschließend geklärt, dass eine Kündigung wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des AGG sozialwidrig und damit unwirksam sein kann. Allerdings steht das Verbot der Altersdiskriminierung der Berücksichtigung des Lebensalters im Rahmen der Sozialauswahl nicht entgegen. Ebenso ist die Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl unter der Geltung des AGG zulässig.
Anm. der Verf.:
Das BAG hat nunmehr Rechtssicherheit in diesem Bereich geschaffen. Die Argumentation des BAG, das AGG schütze nicht nur altes, sondern auch junges Alter, so dass die Bildung von Altersgruppen nicht diskriminierend, sondern gerade antidiskriminierend wirkt, ist nachvollziehbar.
Gleichbehandlungsgrundsatz bei freiwilligen Sonderzahlungen an Mitarbeiter, die schlechtere Ar-beitsbedingungen akzeptieren
BAG 30.07.2008, AZ: 10 AZR 497/07
Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch bei freiwilligen Sonderzahlungen zu beachten. Es verstößt somit gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn nur solchen Arbeitnehmern Sonderzahlungen gewährt werden, die neue schlechtere Arbeitsbedingungen akzeptiert haben und die Höhe der Sonderzahlung von Krankheitstagen und weiterer Betriebstreue abhängt.
Anm. der Verf.:
Die Entscheidung des BAG überzeugt nicht ganz. Offen bleibt, ob der Arbeitgeber überhaupt Sonderzah-lungen als Anreiz dafür gewähren kann, dass Mitarbeiter neue schlechtere Arbeitsverträge unterschrei-ben. Hier bleibt eine klarstellende Entscheidung des BAG abzuwarten.
Sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis auch bei einvernehmlicher unwiderrufli-cher Freistellung
BSG 24.09.2008, AZ: B 12 KR 27/07 R
Bislang hat die Beratungspraxis zum Schutz des Arbeitnehmers bei Aufhebungsverträgen immer nur eine widerrufliche Freistellung akzeptiert. Dies vor dem Hintergrund, dass ansonsten bei einer unwiderrufli-chen Freistellung das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sin-ne schon mit der Freistellung entfallen wäre. Dies hatte seinen Grund in dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 05./06.07.2005. Diese Einschätzung ist nunmehr überholt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat klargestellt, dass bei einer einvernehmlichen unwiderrufli-chen Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge generell nicht mehr das Ende des beitrags- und versiche-rungspflichtigen Arbeitsverhältnisses endet. Die Spitzenverbände wurden aufgefordert, ihre verwaltungs-internen Arbeitsanweisungen anzupassen.
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Zu beachten ist jedoch, dass im leistungsrechtlichen Sinne nach §§ 119, 144 SGB III (Bezug von Ar-beitslosengeld z.B.) die Sperrung für das Arbeitslosengeld tatsächlich mit dem ersten Tag einer unwider-ruflich vereinbarten Freistellung erfolgt.
Anm. der Verf.:
Es bleibt somit dabei, dass in der Beratungspraxis zum Schutz der Interessen des Arbeitnehmers eine unwiderrufliche Freistellung im Einzelfall sehr genau zu prüfen ist.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
Friedrich Schöbitz Rechtsanwalt,
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