Keine Auskunftspflicht der Krankenkassen gegenüber Bundeskartellamt
Die unangenehme Nachricht von Zusatzbeiträgen verbreiten die gesetzlichen Krankenkassen lieber gemeinsam. Das dürfen sie auch, urteilte am Donnerstag, 15. September 2011, das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt (Az.: L 1 KR 89/10 KL). Dem Bundeskartellamt sind sie danach keine Rechenschaft schuldig. Denn der bestehende Preiswettbewerb zwischen den Kassen sei kein unternehmerischer Wettbewerb.
Am 25. Februar 2010 hatten insgesamt acht gesetzliche Krankenkassen bei einem gemeinsamen Auftritt vor der Bundespressekonferenz in Berlin sogenannte Zusatzbeiträge angekündigt. Zusatzbeiträge müssen die Kassen von ihren Versicherten erheben, wenn sie mit den aus dem Gesundheitsfonds zugewiesenen Geldern nicht auskommen. Das Bundeskartellamt witterte hinter dem gemeinsamen öffentlichen Auftritt unzulässige Preisabsprachen. Es leitete daher ein Kartellverfahren ein und forderte die Kassen zu Auskünften auf.
Die verweigerten sich und klagten vor dem LSG. Das Bundeskartellamt wollte den Streit vor den Kartellsenaten der ordentlichen Gerichte verhandeln, mit Beschluss vom 28. September 2010 bestätigte aber das Bundessozialgericht in Kassel den Rechtsweg zu den Sozialgerichten.
Konsequent urteilte nun das Hessische LSG, das Kartellamt sei für die Krankenkassen nicht zuständig, für das Auskunftsverlangen der Behörde gebe es keine rechtliche Grundlage. Zuständige Aufsichtsbehörde sei „ausschließlich das Bundesversicherungsamt“.
Zur Begründung verwies das LSG auf den Status der Kassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Ihre regulären Beiträge setzten sie „ohne Gewinnerzielungsabsicht“ nach dem Einkommen des Mitglieds und somit „nicht als Unternehmen“ fest. Auch die Erhebung eines Zusatzbeitrags sei „keine wirtschaftliche Tätigkeit“. Insgesamt seien die Kassen ohnehin „zu einer Art Solidargemeinschaft zusammengeschlossen“, so das LSG unter Hinweis auf den sogenannten Risikostrukturausgleich. Über diesen Risikostrukturausgleich werden Milliarden zwischen den gesetzlichen Krankenkassen verschoben, um auszugleichen, dass nach Alter und Einkommen die Mitgliederstrukturen der Krankenkassen sehr verschieden sind.
Gegen dieses Urteil hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zugelassen.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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