Bundesarbeitsgericht stärkt Rechte alter Bundespostler
Ehemalige Bundespostler, die heute bei einer ausgegliederten Telekom-Tochter arbeiten, können dort tarifliche Rosinenpickerei betreiben. Denn ihr Arbeitsvertrag sichert ihnen die Fortgeltung der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG zu, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt mit einem am Donnerstag, 07.07.2011, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag entschied (AZ: 4 AZR 706/09).
Die Telekom war 1995 durch die Aufspaltung der früheren Bundespost in Post und Telekom entstanden und hatte dabei die im Telefonbereich tätigen Bundespostler übernommen. 2007 gliederte die Telekom Service-Dienste mit nach Verdi-Angaben 50.000 Beschäftigten in die Tochtergesellschaften „Deutsche Telekom Technischer Service GmbH“, „Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH“ und „Deutsche Telekom Kundenservice GmbH“ aus. Nach erfolglosem Protest schloss die Gewerkschaft Verdi mit der Telekom schließlich Haustarife für die drei Service-Töchter ab.
Trotzdem verlangte der Kläger, für ihn müssten weiterhin die Tarifverträge der Telekom AG und damit eine um vier Stunden geringere Wochenarbeitszeit gelten. Er war seit 1980 zunächst bei der Bundespost, danach bei der Telekom und nun bei einer der ausgegliederten Service-Töchter beschäftigt. Nach seinem alten Arbeitsvertrag gelten die „Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost“ in der jeweils gültigen Fassung.
Weil die Bundespost nicht mehr besteht, gelte dieser Verweis auf die Bundespost-Tarife auch für die aktuellen Tarife der Telekom AG als einem der Nachfolgeunternehmen, urteilte dazu nun das BAG. Dagegen könne nicht mehr angenommen werden, dass der Verweis auch die Haustarife der erst viel später gegründeten Telekom-Töchter umfasst. Im Ergebnis sei dem Kläger daher die Anwendung der Tarife der Muttergesellschaft Telekom AG arbeitsvertraglich zugesichert.
Früheren Bundespostlern, die Mitglied der Gewerkschaft Verdi sind (hierzu auch AZ: 4 AZR 496/09) oder die jetzt der Gewerkschaft beitreten, eröffnet die Erfurter Rechtsprechung die Möglichkeit der Rosinenpickerei. Weil für sie Kraft Verbandszugehörigkeit der Haustarif gilt, arbeitsvertraglich aber der Tarif der Telekom AG, gilt für sie das sogenannte Günstigkeitsprinzip. Danach können sie sich die für sie jeweils günstigere Regelung aussuchen. Dabei müssen sie sich nicht für eines der tariflichen Gesamtpakete entscheiden, sondern können für alle tariflich geregelten Bereiche wie Lohn, Urlaub oder Arbeitszeit jeweils einzeln wählen.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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