Rechtswidrige Video-Überwachung entbindet von Schweigepflicht
Werden in einer kirchlichen Einrichtung Beschäftigte vom Arbeitgeber illegal per Video überwacht, darf sich die Mitarbeitervertretung dazu äußern. Solche „Missstände“ unterlägen nicht der Schweigepflicht, urteilte für die katholische Kirche der Kirchliche Arbeitsgerichtshof (KAGH) in Bonn in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 06.05.2011 (AZ: M 17/10). Dabei stützte sich der KAGH auch auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Im entschiedenen Rechtsstreit wollte die Franziskuswerk Schönbrunn gGmbH, die Einrichtungen zur Betreuung behinderter Menschen unterhält, einem Bereichsleiter fristlos kündigen. Er soll eine Video-Überwachung der Mitarbeiter durchgeführt haben, ohne sich dabei an die Vorgaben der Geschäftsleitung zu halten. Über die geplante Kündigung wurde auch die Mitarbeitervertretung (MAV) informiert. Die MAV-Mitglieder wurden jedoch angehalten, „absolutes Stillschweigen“ über die Hintergründe zu wahren.
Als jedoch mehrere Beschäftigte nachfragten, warum der Bereichsleiter gekündigt worden ist, soll ein MAV-Mitglied dies mit den Worten erklärt haben: „Du musst Dir das vorstellen wie mit den Vorkommnissen bei Lidl“. Lidl hatte vor einigen Jahren Beschäftigte mit Minikameras rechtswidrig überwachen lassen.
Nachdem die Franziskuswerk-Geschäftsleitung von den angeblichen Äußerungen des MAV-Mitglieds erfuhr, warf sie ihm eine Verletzung der Schweigepflicht vor. Der Mann müsse daher aus der Mitarbeitervertretung ausgeschlossen werden. Das MAV-Mitglied bestritt, die Äußerungen gemacht zu haben.
Der KAGH stellte klar, dass nicht nachgewiesen ist, ob der Beschäftigte tatsächlich etwas über rechtswidrige Videoüberwachungen der Arbeitnehmer erzählt hat. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, liege kein Verstoß gegen die Schweigeverpflichtung vor. „Missstände in der Einrichtung unterfallen nicht der Schweigepflicht“, betonten die Bonner Richter. Erfolge in einer Einrichtung eine möglicherweise nicht gerechtfertigte Video-Überwachung dürfe die MAV darüber berichten. Denn sowohl Dienstgeber als auch MAV müssten darauf achten, „dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Recht und Billigkeit behandelt werden“, so das Gericht.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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