Justizia
 
 
Thorsten Blaufelder
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Unklare Teilzeitregelung bringt volle Stelle

Teilzeitbeschäftigte, die ihrem Arbeitsvertrag den Umfang ihrer Arbeitszeit nicht eindeutig entnehmen können, haben Anspruch auf eine volle Stelle. Das geht aus einem am Dienstag verkündeten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt hervor (AZ: 9 AZR 236/10). Es sprach damit einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes am Flughafen Köln/Bonn eine volle Stelle zu.

Der Tarifvertrag sah für Vollzeitbeschäftigte des Wach- und Sicherheitsgewerbes 160 Arbeitsstunden im Monat vor. Der Kläger sollte laut Arbeitsvertrag „im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden“ arbeiten. Dem Vertrag war aber nicht zu entnehmen, in welchem Zeitraum dieser Durchschnitt zu bilden ist.

Tatsächlich hatte der Arbeitnehmer in der Vergangenheit durchschnittlich 188 Stunden pro Monat gearbeitet. Ohne Bezugszeitraum, über den die 150 Stunden monatlich erreicht werden sollen, bleibe der Umfang der Beschäftigung unklar, rügte das BAG. So würde es die Regelung zulassen, dass der Mann erst nach mehreren Jahren einen Freizeitausgleich für seine Überstunden bekommt. Nach dem Erfurter Urteil ist daher die ganze Teilzeitregelung hinfällig. „An die Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt die manteltarifvertragliche Regelung über die Mindestarbeitszeit von Vollzeitangestellten.“ Gibt es keinen Tarifvertrag, würde die orts- und branchenübliche Arbeitszeit gelten.

Hintergrund ist, dass Formulararbeitsverträge inzwischen als Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten. Zum Schutz der Verbraucher und nun auch der Arbeitnehmer unterliegen diese einer strengen gerichtlichen „AGB-Kontrolle“. Wird danach eine Vertragsklausel von den Gerichten als unwirksam verworfen, wird nicht versucht, sie rechtmäßig aber eng an ihrem Wortlaut auszulegen. Vielmehr gilt die Klausel, sofern sie die Verbraucher oder Arbeitnehmer benachteiligt, schlicht als nicht geschrieben. Im konkreten Fall hat das BAG daher den Arbeitsvertrag so behandelt, als würde er überhaupt keine Angaben zur Arbeitszeit enthalten. Dann aber sei davon auszugehen, dass es sich um eine Vollzeitstelle handelt.

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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
 
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