LSG Potsdam beschränkt Anspruch auf Erwerbsminderungsrente
Können behinderte Arbeitnehmer wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nicht den Weg zur Arbeitsstelle zurücklegen, muss dies noch keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente begründen. Denn kommt im Zweifel der Reha- oder Rentenversicherungsträger für die anfallenden Beförderungskosten auf, ist eine Arbeit für den Beschäftigten weiter zumutbar, entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) in Potsdam in einem am Mittwoch, 15.06.2011, veröffentlichten Urteil (AZ: L 3 R 501/10).
Damit scheiterte eine schwer gehbehinderte Frau aus Berlin mit ihrem Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente. Die arbeitslose Frau bezieht Arbeitslosengeld II und leidet an zahlreichen Erkrankungen. Wegen starken Zigarettenkonsums und einer erblichen Veranlagung ist die Durchblutung ihrer Unterschenkel so stark eingeschränkt, dass die Frau nur noch 100 Meter am Stück gehen kann.
Laut ärztlichen Gutachten kann die Frau mit ihrem Grad der Behinderung von 60 aber mindestens sechs Stunden täglich noch leichte und vorwiegend sitzende Tätigkeiten ausführen. Der Rentenversicherungsträger lehnte daher den Erwerbsminderungsrentenantrag ab. Er sagte jedoch zu, bei Vorstellungsgesprächen oder bei einer neuen Stelle die Beförderungskosten zum Arbeitsplatz zu übernehmen.
Das LSG entschied, dass eine Voraussetzung für das Vorliegen einer Erwerbsfähigkeit zwar darin bestehe, dass Versicherte ihren Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß erreichen können. Dabei werde grundsätzlich die Fähigkeit vorausgesetzt, dass Versicherte viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter zu Fuß laufen und zweimal täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können. Sind Versicherte unfähig, diese Wege zurückzulegen, liege in der Regel eine volle Erwerbsminderung vor.
Im konkreten Fall habe der Rentenversicherungs-Träger die Wegeunfähigkeit der Klägerin jedoch „aufgehoben“, indem er ihr die Übernahme notwendiger Beförderungskosten zu einem Vorstellungsgespräch oder einer neuen Stelle zusagte. Da die behinderte Frau auf diese Weise weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könne, habe sie keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, so das LSG in seiner Entscheidung vom 13.04.2011.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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