OLG Schleswig zum Streit der Eltern um Kinderausweis
Stimmt der Ex-Partner nicht der Ausstellung eines Kinderausweises für das gemeinsame Kind zu, ist der geplante Auslandsurlaub schnell ins Wasser fallen. Der Anspruch auf Ausstellung der Ausweispapiere kann aber gerichtlich und ohne vorherige Einschaltung des Jugendamtes durchgesetzt werden, entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) in einem am Mittwoch, 15.06.2011, bekanntgegebenen Beschluss (AZ: 10 WF 86/11). Danach können mittellose Eltern zudem für die anfallenden Prozesskosten die sogenannte Verfahrenskostenhilfe – das ist die Prozesskostenhilfe in Familiensachen – erhalten.
Im konkreten Fall wollte eine getrennt lebende Mutter mit ihren beiden neun Monate und zwei Jahre alten Kindern Verwandte in Holland besuchen. Für das jüngste Kind lag jedoch noch kein für die Auslandsreise notwendiger Kinderausweis vor. Da Mutter und Vater das Sorgerecht gemeinsam ausüben, muss der Vater der Ausstellung eines Kinderausweises zustimmen.
Dieser gab hierfür jedoch nicht seine Erlaubnis. Er befürchtete, dass die Mutter die Kinder ohne seine Zustimmung zu Verwandten in die Türkei bringt. Die Mutter zog daraufhin vor das Familiengericht und beantragte gleichzeitig Verfahrenskostenhilfe. Das Gericht lehnte den Antrag wegen „Mutwilligkeit“ ab: Sie hätte zuerst das Jugendamt als Vermittler einschalten müssen.
Dem widersprach nun das OLG. Ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren mit dem Jugendamt sehe das Gesetz nicht vor. Die Einschaltung des Jugendamtes sei nur zumutbar, wenn die Vermittlung „eine überwiegende Erfolgsaussicht“ hat, so das Gericht. Außerdem müsse dann ein Vermittlungstermin innerhalb eines Monats möglich sein.
Im vorliegenden Fall hatte der Vater allerdings mehrfach erklärt, seine Zustimmung zur Ausstellung des Kinderausweises zu verweigern. Eine Vermittlung durch das Jugendamt habe daher nur wenig Aussicht auf Erfolg, so die Richter in ihrem Beschluss vom 09.06.2011. Daher hätte das Familiengericht dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe sofort zustimmen müssen.
Im Gerichtsverfahren hatten sich die Eltern schließlich doch noch geeinigt. Der Vater stimmte der Ausstellung eines Kinderausweises zu. Im Gegenzug verpflichtete sich die Mutter, dem Vater Urlaubsreisen ins Ausland vor Reiseantritt mitzuteilen und sich dort nicht länger als vier Wochen aufzuhalten.
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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder, Kanzlei Blaufelder, Ludwigsburg
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