Aktuelle Risiken im Steuerrecht
von Steuerberater Klaus A. Schleweit, Heidenheim
Deutsche Anwalts- und
Steuerberatervereinigung
für die mittelständische
Wirtschaft e. V.
I.
Finanzverwaltung prüft Versteuerung der Renten
Nachdem die Finanzverwaltung allen Bürgern ihre neuen Steuer-Identifikationsnummern bekannt gegeben hat, müssen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und viele andere Institutionen, die Renten auszahlen, elektronische Meldungen über die seit dem Jahr 2005 ausgezahlten Renten an die Finanzverwaltung machen.
Übermittelt werden folgende Daten: Identifikationsnummer, Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Höhe der Leistungen des Rentenanpassungsbetrags, des Beginns und des Endes des Leistungsbezugs und des Mitteilungspflichtigen.
Der mitteilungspflichtige Rentenversicherungsträger muss den Rentner davon unterrichten, dass seine Daten der Finanzverwaltung übermittelt wurden. Wer unsicher ist, ob „seine Rente dem Finanzamt gemeldet wird“, kann die entsprechende Mitteilung abwarten.
Die Finanzverwaltung erhält in einem Zuge die Rentendaten der Jahre 2005 bis 2008. Anschließend wird die Finanzverwaltung mit der Auswertung der Daten beginnen.
Zum einen kann das Finanzamt bei Personen, die bereits Steuererklärungen abgeben, routinemäßig durch elektronische Datenabfrage prüfen, ob und in welcher Höhe Rentenbezüge vorliegen. Zum anderen wird es eine Reihe von Rentenbezugsmitteilungen geben, die keiner bestehenden Steuernummer zugeordnet werden können. Es ist damit zu rechnen, dass zahlreiche Bürger aus diesem Personenkreis Anfragen von ihrem Finanzamt erhalten werden hinsichtlich der Höhe ihrer übrigen Einkünfte. So werden manche Rentner rückwirkend für mehrere Jahre zur Besteuerung herangezogen werden, die bisher beim Finanzamt „durch das Raster gefallen waren“.
Die Personen, die eine Einkommensteuererklärung abgegeben haben und einen Rentenbezug nicht angegeben haben, werden sich mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung konfrontiert sehen. Diesen Personen ist dringend anzuraten, eine strafbefreiende Selbstanzeige zu erstatten. Für eine Selbstanzeige wird es zu spät sein, wenn der Sachbearbeiter im Finanzamt bei der Bearbeitung der Steuererklärung durch eine elektronische Abfrage feststellt, dass steuerpflichtige Renten bezogen wurden, welche in der Steuererklärung nicht angegeben wurden. Im Fall der Steuerhinterziehung kann das Finanzamt weit in die Vergangenheit zurückgehen, weil die Festsetzungsfrist (steuerliche Verjährungsfrist) dann 10 Jahre beträgt.
II.
EU-Unternehmerbescheinigung ist bei Scheinfirmen wirkungslos
Unternehmer, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässig sind, können sich in Deutschland gezahlte Vorsteuern im sog. Vorsteuervergütungsverfahren erstatten lassen. Dazu muss der ausländische Unternehmer eine Unternehmerbescheinigung der Finanzverwaltung seines EU-Mitgliedsstaates vorlegen. Nach einem Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 28.06.2007 (C-73/06) ist die deutsche Finanzverwaltung an die Angaben in dieser Unternehmerbescheinigung grundsätzlich gebunden. Dazu urteilte aktuell der Bundesfinanzhof am 14.05.2008 (AZ: XI R 58/06): Die Unternehmerbescheinigung ist nicht bindend, wenn die deutsche Finanzverwaltung aufgrund konkreter Fakten berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Unternehmerbescheinigung haben muss.
Im Urteilsfall ging es um eine englische Ltd. mit einem in Deutschland ansässigen Ehepaar als Gesellschafter. Die Ltd. hatte ihren Sitz in Großbritannien. Die deutsche Finanzverwaltung fand heraus, dass die Gesellschaft in Großbritannien kein eigenes Personal hatte und die gesamte Infrastruktur eines Büros von einer anderen Ltd. erledigen ließ. Die Zahlungsströme der Ltd. flossen auf ein deutsches Konto, die eingereichten Unterlagen enthielten Kontaktdaten mit einer deutschen Telefon- und Faxnummer und einer deutschen Emailadresse.
Vorliegend gab es also starke Anhaltspunkte, dass die in der Unternehmerbescheinigung angegebene Anschrift nicht der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers war und auch keine feste Niederlassung von der der Unternehmer seine Umsätze aus tätigte. Der klagende Unternehmer hatte keine Fakten vorgetragen, die den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung in Großbritannien belegt hätten. Er hatte sich allein auf die Wirkung der Unternehmerbescheinigung verlassen. Daher gab der Bundesfinanzhof der Finanzverwaltung Recht und bestätigte die Abweisung der Klage.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
Klaus A. Schleweit, Steuerberater
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