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Kein Fahrverbot bei Geschwindigkeitsüberschreitung und Augenblicksversagen

Das OLG Bamberg hat am 01.06.2010 entschieden, dass eine Berufung auf ein Augenblicksversagen nur ausnahmsweise in Betracht kommt - nämlich dann, wenn der Betroffene aufgrund eines Wahrnehmungsfehlers eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf 30 km/h übersehen hat und zugleich die innerhalb geschlossener Ortschaften gültige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat.

Hier wurde der Betroffene vom Amtsgericht zu einer Geldbuße von 360,- € verurteilt, weil er in einer Tempo 30-Zone mit 65 km/h fuhr. Der Betroffene erklärte, dass er unachtsam war. Von einem Fahrverbot sah das AG jedoch noch ab.

Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsbeschwerde ein und das OLG hob daraufhin das Urteil auf und wies die Sache an das AG zurück.
Vorliegend kann ein Augenblicksversagen nach Ansicht des OLG nicht anerkannt werden. Ein Wahrnehmungsfehler (das Übersehen des Verkehrsschildes) kann nur entlasten, wenn dieser seinerseits nicht als pflichtwidrig anzusehen wäre. Der Betroffene hat aber hier selbst in grob nachlässiger Weise zu seiner eigenen Unaufmerksamkeit beigetragen durch sein vorheriges sorgfaltswidriges Verhalten. Der Betroffene fuhr hier bereits mit 65 km/h statt 50 km/h innerhalb einer geschlossenen Ortschaft mit seinem Pkw, worüber er sich im Klaren war. Somit beruht der Verkehrsverstoß nicht mehr auf einem augenblicklichen, also leicht fahrlässigen Übersehen des Verkehrszeichens.

Ein Übersehen auch ist ausgeschlossen, wenn der Betroffene die Strecke regelmäßig mit seinem Pkw fährt oder sich die Begrenzung aufgrund der Örtlichkeit oder sonstiger Gegebenheiten ohnehin aufdrängen mussten. Anders ist es zu beurteilen, wenn der Betroffene ortsfremd ist.
Wenn der Betroffene aber wie hier ein Tempo-30-Schild leicht fahrlässig übersieht und von einer Geschwindigkeit von 50 km/h ausgeht, liegt nach dem OLG kein Augenblicksversagen mehr vor, wenn die hypothetische Höchstgeschwindigkeit - unabhängig vom Ausmaß - bereits überschritten wird (hier mit 65 km/h).
Hiergegen spricht aber, dass der Betroffene die grobe Pflichtwidrigkeit erst erfüllt, wenn er die zulässige Geschwindigkeit insoweit überschreitet, dass er die Voraussetzungen des Regelfahrverbots erfüllen würde. Dies ist erst bei einer Geschwindigkeit ab 81 km/h gegeben. Der Betroffene hat dies mit 65 km/h nicht erreicht und somit ist auch in einer nochmaligen Verhandlung kein Fahrverbot auszusprechen.

OLG Bamberg, 3 Ss OWi 814/10 vom 01.06.2010

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.

 
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