Studentenparty mit Folgen: Leistungskürzung der Versicherung möglich, wenn Versicherungsnehmer den alkoholisierten Freund mit eigenem Auto fahren lässt
Das LG Bonn hat am 31.07.2010 entschieden, dass ein alkoholisierter Versicherungsnehmer ein Verschulden trifft, wenn er den Fahrzeugschlüssel einem anderen alkoholisierten Fahrer übergibt und dieser bei der anschließenden Fahrt einen Verkehrsunfall verursacht. Der Versicherer kann die Versicherungsleistung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer kürzen.
Der Kläger, Versicherungsnehmer bei der Beklagten, fuhr mit einem Freund Y
zu einer Party, bei der beide viel Alkohol tranken und in einem fahruntüchtigen Zustand die Heimfahrt beschlossen. Der Kläger übergab dem Zeugen Y den Schlüssel zu seinem PKW, damit dieser beide nach Hause fahren sollte. Er verursachte beim Steuern des Fahrzeugs einen Verkehrsunfall.
Nach Aussage des Klägers folgte ihm der Zeuge Y zu seinem Fahrzeug und fragte, ob er den PKW auf der Heimfahrt steuern sollte. Da der Kläger selbst alkoholisiert war, habe er die Alkoholisierung des Y auch nicht erkennen können.
Voraussetzungen für die grob fahrlässige Herbeiführung eines Versicherungsfalls, sind laut Urteil des LG Bonn ein objektiv besonders grober Sorgfaltsverstoß, ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten sowie die Kausalität des Fehlverhaltens für den Versicherungsfall. Maßgeblich ist dabei nicht das Verschulden des Zeugen, sondern des Klägers als Versicherungsnehmer.
Das LG Bonn ging von einem „Erkennenkönnen“ des Klägers aus, da dieser im Vorfeld selbst dem Y mehrfach alkoholische Getränke spendiert habe und selbst nicht fahrtüchtig war. Die objektive Vorhersehbarkeit eines Verkehrsunfalls ist auch gegeben, da es allgemein ersichtlich ist, dass das Fahren im alkoholisierten Zustand eine unverantwortliche Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer und ein hohes Unfallrisiko mit erheblichen Schäden darstellt. Die Übergabe des Fahrzeugschlüssels stellt damit einen objektiv besonders groben Sorgaltsverstoß dar. Auch subjektiv stellt sich das Verhalten des Klägers als unentschuldbares Fehlverhalten dar, da er zum Zeitpunkt des Alkoholgenusses zurechnungsfähig war und sich selbst in den Zustand der Alkoholisierung versetzt hat. Da die Heimfahrt von vornherein vorhersehbar war, hätte er im Vorfeld eigene Vorkehrungen treffen können. Auch die Kausalität des Verhaltens des Klägers zum eingetretenen Unfall sei unstrittig gegeben. Die grobe Fahrlässigkeit des Klägers rechtfertige eine Kürzung der Versicherungsleistung um 75 %.
Das Gericht wies das Begehren der Beklagten auf eine Leistungsverkürzung von 100 Prozent als unzulässig ab. Dabei müsste die Beklagte, der die Beweislast auferlegt ist, eine Vorsatztat des Klägers nachweisen. Da dieser weder willentlich noch wissentlich den Unfall durch Y herbeiführen wollte, ist nicht von vorsätzlichem Handeln auszugehen.
Stattdessen kommt eine Leistungskürzung im Verhältnis zur Schwere des Verschuldens des Klägers in Betracht. Hier ist das Gericht statt eine Bemessung nach Gegebenheiten des Einzelfalls vorgenommen zu haben, nach pauschalisierten Quoten vorgegangen sein.
LG Bonn, Urteil vom 31.07.2009, 10 O 115/09
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.
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