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Im Zweifel für den Anwalt

Mancher Rechtsstreit geht wegen des eigenen Juristen verloren. Dann stellt sich die Frage nach der Haftung

Pfuscht ein Handwerker, kann der Auftraggeber verlangen, daß die Arbeit nachgebessert wird. Er kann den Werklohn mindern oder gar vom Vertrag zurücktreten. Nicht ganz so eindeutig ist die Situation, wenn ein Rechtsanwalt schlechte Leistungen bringt. Denn einerseits handelt es sich nicht um einen Werkvertrag, bei dem die genannten Rechte geltend gemacht werden könnten. Zum anderen ist es für Laien zumeist nicht leicht, anwaltliche Beratungsfehler oder Versäumnisse zu erkennen. Denn klar ist auch: Nicht jede ungünstig verlaufene rechtliche Angelegenheit kann auf anwaltliches Fehlverhalten zurückgeführt werden.

Konkrete Zahlen liegen nicht vor, "denn anwaltliche Haftungsfälle sind nicht meldepflichtig", so Peggy Fiebig, Referentin bei der Bundesrechtsanwaltskammer in Berlin. Experten kalkulieren mit lediglich einem Haftungsfall pro Anwalt alle fünf Jahre, und dies im Übrigen unabhängig von der Berufserfahrung des Advokaten. Anders gerechnet: Bei aktuell rund 138 000 zugelassenen Rechtsanwälten in Deutschland, wären dies jährlich gut 27 500 Fälle, in denen die Anwaltsleistung zu einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Mandanten führt. Denn der Rechtsanwalt ist stets der erste Ansprechpartner, wenn der Mandant Schadenersatz geltend macht. Die Bundesrechtsanwaltsordnung schreibt zwar vor, daß Rechtsanwälte eine Haftpflichtversicherung besitzen müssen. "Einen Direktanspruch, wie etwa bei der Auto-Haftpflichtversicherung, gibt es derzeit aber nicht", so Antje Jungk, Leitende Justitiarin bei der Allianz-Versicherung.

"Am häufigsten lassen sich Fristversäumnisse erkennen", so Brigitte Borgmann. Die Münchner Juristin ist Begründerin des Standardwerks zur Anwaltshaftung. "Ursache dafür sind meist Personalfehler, die sich der Anwalt aber zurechnen lassen muß", so Borgmann. Allein die Tatsache, eine Frist versäumt zu haben, kann zum Verlust eines Prozesses führen. Gut 40 Prozent der Haftungsfälle gehen auf verpaßte Fristen zurück, belegt eine Statistik der Allianz-Versicherung, bei der etwa die Hälfte der deutschen Rechtsanwälte versichert ist.

Neben dem Verpassen von Fris-ten kommt auch anderes Verhalten in Betracht, das zur Haftung des Rechtsvertreters führen kann - wie eine unschlüssige Klage oder das Annehmen eines gerichtlichen Vergleichs, obwohl die Fortsetzung des Prozesses angezeigt gewesen wäre. Entweder räumt der Anwalt selbst seinen Fehler ein, was bei versäumten Fristen zumeist unvermeidlich ist, oder man sollte den Verdacht eines Fehlers von einem anderen Anwalt prüfen lassen. In Betracht kommen zudem allgemeine Beratungsfehler oder die unzureichende Prüfung eines Vertragswerkes.

Doch auch wenn ein anwaltlicher Fehler vorliegt, muß dieser nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden sein. "Entscheidend, beispielsweise bei einer versäumten Frist, sind die Aussichten des Verfahrens", erklärt Versicherungsjuristin Jungk. Wurde die Frist für eine Berufung verpaßt, hätte die Berufung aber keine Aussicht auf Erfolg gehabt, dann sei die verpaßte Frist nicht ursächlich für den Schaden.

Ein vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedener Fall (Az.: IX ZR 106/04) macht die Grenzen anwaltlicher Haftung deutlich: Eine Mandantin schickt ihrem Anwalt einen vom Kaufinteressenten vorlegten Vertragsentwurf über einen Grundstückskauf - mit der Bitte ihn auf "Fußangeln" zu überprüfen. Der Vertrag enthielt eine übliche Gewährleistungsklausel, daß das Grundstück unbelastet sei. Anwalt und Mandantin hatten drei Monate zuvor erfahren, daß es schwere Bodenverunreinigungen darauf gibt.
Dennoch hatte der Anwalt am Vertrag nichts auszusetzen. Das Grundstücksgeschäft scheiterte, weil der Käufer es wegen arglistiger Täuschung erfolgreich angefochten hat. Begründung: Die Verkäuferin hätte über die Bodenverunreinigung aufklären müssen.

Quelle:http://www.wams.de/data/2006/04/23/877411.html
 
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