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Martin Josef Haas
MJH Rechtsanwälte, Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht
Fuggerstr. 14
86830 Schwabmünchen


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Klage gegen GmbH ohne Geschäftsführer unzulässig!

Der BGH hat mit Urteil vom 25.102010 (A. z.: II ZR 115/09) folgende Leitsätze aufgestellt:

a) Legt der einzige Geschäftsführer einer GmbH sein Amt nieder, ist eine gegen die Gesellschaft gerichtete Klage mangels gesetzlicher Vertretung unzulässig.

b) Wird während eines Prozesses die beklagte GmbH im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht, bleibt sie parteifähig, wenn der Kläger substanziiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden.


Die Beklagten 1) – 5) und der Kläger sind bzw. waren Kommanditisten einer Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG: Die Beklagte zu 6, eine GmbH, ist bzw. war deren persönlich haftende Gesellschafterin.

Eine GmbH, deren einziger Geschäftsführer sein Amt niedergelegt hat, ist nicht mehr prozessfähig i.S. des § 52 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1993 - II ZR 62/92, BGHZ 121, 263; Beschluss vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 257/05, ZIP 2007, 144 Rn. 11). Sie hat mit der Amtsniederlegung ihren gesetzlichen Vertreter verloren.

Daran ändert § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG in der seit dem 1. November 2008 geltenden Fassung nichts. Nach dieser Vorschrift wird die Gesellschaft bei einer Führungslosigkeit, also beim Fehlen eines Geschäftsführers, von ihren Gesellschaftern gesetzlich vertreten, wenn ihr gegenüber Willenserklärungen abzugeben oder Schriftstücke zuzustellen sind. Das betrifft etwa die Zustellung der Klageschrift. Darin erschöpft sich die Prozessführung aber nicht. Einen Prozess kann die GmbH nur führen, wenn ihre Vertreter nicht nur zur Passivvertretung, sondern auch zur Aktivvertretung befugt sind, also auch Willenserklärungen mit Wirkung für die Gesellschaft abgeben können. Eine solche Rechtsmacht haben die Gesellschafter in den Fällen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht.

Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Gesetzesbegründ-ung nichts anderes. Danach soll durch § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ermöglicht werden, dass der Gesellschaft auch dann Schriftstücke zugestellt werden können, wenn ihr Geschäftsführer sein Amt niedergelegt und die Gesellschaft damit keinen gesetzlichen Vertreter mehr hat (BT-Drucks. 16/6140 S. 42). Nur diesen Zustellungsmangel wollte der Gesetzgeber heilen, nicht aber die Grundsätze der Prozessfähigkeit ändern. Dafür besteht auch kein Bedürfnis, weil - etwa im weiteren Verlauf eines durch Klagezustellung eingeleiteten Prozesses - der Mangel der Prozessfähigkeit durch Bestellung eines Notgeschäftsführers oder eines Prozesspflegers geheilt werden kann.

Weiter hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, der Umstand, dass die Eintragung des Geschäftsführers C. im Handelsregister nach seiner Amtsniederlegung nicht gelöscht, sondern C. sogar nach Auflösung der GmbH als Liquidator eingetragen worden sei, führe nicht gemäß § 15 HGB zur Annahme der Prozessfähigkeit der Beklagten zu 6. Dabei kann offen bleiben, ob sich § 15 HGB schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht auf die Prozessfähigkeit einer juristischen Person beziehen kann (ablehnend OLG Hamm, NJW-RR 1998, 470). Denn jedenfalls war der Kläger spätestens aufgrund der Erörterung in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht mehr gutgläubig.

Das Berufungsgericht hat aber seine Pflicht verletzt, gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 ZPO rechtzeitig darauf hinzuwirken, dass sachgemäße Anträge gestellt werden. Das Berufungsgericht hat zwar in der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung der Beklagten zu 6 bestünden. Dazu heißt es in dem Sitzungsprotokoll: Dies sei auch Gegenstand der Erörterung in erster Instanz gewesen, so dass der Kläger zumindest seit der Einführung in den Prozess nicht mehr davon habe ausgehen können, die Beklagte zu 6 sei ordnungsgemäß vertreten. Diese Angabe ist jedoch unzutreffend, wie die Revision zu Recht rügt. In erster Instanz war ausweislich der Schriftsätze, des Sitzungsprotokolls und des landgerichtlichen Urteils die fehlende Prozessfähigkeit der Beklagten zu 6 nicht angesprochen worden.

Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten hatten die Unzulässigkeit der Klage gegen die Beklagte zu 6 vielmehr mit dem - unzutreffenden - Hinweis zu begründen versucht, die GmbH sei - schon zum Zeitpunkt der Klageerwider-ung - im Handelsregister gelöscht gewesen. Eine Abschrift des Schreibens des Geschäftsführers C. vom 21. September 2006, mit dem er sein Amt niedergelegt hatte, haben sie nur zur Erläuterung des Umstands vorgelegt, dass die Beklagte zu 6 in der streitigen Gesellschafterversammlung nicht vertreten war. Allein auf diesen Umstand ist der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls auch vom Landgericht hingewiesen worden, und allein dar-auf hat das Landgericht auch seine Entscheidung gestützt.

Das Berufungsgericht durfte nicht davon ausgehen, dass die Prozessbe-vollmächtigten des Klägers aus dem Hinweis in der mündlichen Berufungsver-handlung die richtigen rechtlichen Schlüsse ziehen würden.

Es hat den Pro-zessbevollmächtigten nämlich ausweislich des Sitzungsproto-kolls geraten, die Klage im Hinblick auf den Vertretungsmangel zurückzuneh-men. Damit hat es einen irreführenden Hinweis erteilt.

Dem Kläger stand die Möglichkeit offen, die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO bzw. eines Notgeschäftsführers analog § 29 BGB beim Berufungsgericht bzw. beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen (vgl. OLG Zweibrücken, GmbHR 2007, 544; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG 17. Aufl., vor § 35 Rn. 13 ff.; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 57 Rn. 4 mwN). Dazu musste ihm im Rahmen des § 139 ZPO auch Gelegenheit gegeben werden, selbst wenn damit eine Vertagung oder Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verbunden ge-wesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rn. 4 ff.; Beschluss vom 25. Mai 2009 - II ZR 99/08, ZIP 2009, 1273 Rn. 4).

Die Beklagte zu 6 ist mittlerweile im Handelsregister wegen Vermögenslosig-keit gelöscht worden, wie sich aus einer vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft des Registergerichts ergibt.

Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG (= § 141a Abs. 1 FGG aF) hat zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Die Gesellschaft ist materiell-rechtlich nicht mehr exi-stent (BGH, Urteil vom 5. April 1979 - II ZR 73/78, BGHZ 74, 212; Urteil vom 29. September 1981 - VI ZR 21/80, ZIP 1981, 1268; Urteil vom 28. März 1996 - I ZR 11/94, NJW-RR 1996, 805, 806; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, 10. Aufl., § 60 Rn. 57; Casper in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 60 Rn. 93 ff.; krit. Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 50 Rn. 44 ff.).

Bestehen dagegen Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und partei-fähig. Dafür reicht bei einem Aktivprozess schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch geltend macht (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1979 - II ZR 257/78, BGHZ 75, 178, 182 f.; Urteil vom 23. Oktober 1958 - II ZR 127/57, WM 1959, 81, 83; Urteil vom 10. Februar 1977 - II ZR 213/74, WM 1977, 581; Urteil vom 21. Oktober 1985 - II ZR 82/85, WM 1986, 145). Bei einem - wie hier - Passivprozess ist die gelöschte Gesellschaft jedenfalls dann parteifähig, wenn der Kläger substanziiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden (BGH, Urteil vom 29. September 1967 - V ZR 40/66, BGHZ 48, 303, 307; BGH, Urteil vom 4. Juni 1957 - VIII ZR 68/56, WM 1957, 975; BAG, GmbHR 2003, 1009, 1010; zur Wirkung des möglichen Kostenerstattungsanspruchs siehe BGH, Urteil vom 21. Oktober 1985 - II ZR 82/85, WM 1986, 145).

Entsprechend der Rechtstreit noch nicht entscheidungsreif war. Dies, weil dem Kläger Gelegenheit gegeben werden muss, zu den Vermögensver-hältnissen der gelöschten Beklagten zu 6 vorzutragen. Erst dann lässt sich abschließend beurteilen, ob diese Gesellschaft vermögenslos ist und damit infolge ihrer Löschung im Handelsregister ihre Rechts- und Parteifähigkeit verloren hat.

Die Klage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Vernichtung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Feststellungsklage dient - ebenso wie die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage bei einer Kapitalgesellschaft - der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Gesell-schafterbeschlusses. Sie ist ein aus der Mitgliedschaft selbst folgendes Recht und bedarf keiner besonderen Rechtfertigung durch eine persönliche Betroffen-heit des klagenden Gesellschafters (BGH, Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07, ZIP 2009, 1158 Rn. 13, zur GmbH).

Davon ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn sich - wie hier - die Klage gegen einen Ausschließungsbeschluss richtet und die Gesellschaft bereits aufgelöst ist. Das Interesse des Klägers, auch im Liquidationsstadium noch Gesellschafter zu sein, wird nicht nur - wie das Berufungsgericht offenbar meint - durch die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens bestimmt. Dafür reicht schon - worauf die Revision zutreffend hinweist - der Wunsch des Klägers aus, seinen guten Ruf wiederherzustellen.

Im Übrigen kann der Kläger ein Interesse daran haben, etwaige Ansprüche der Gesellschaft im Wege der actio pro socio geltend zu machen und so das gemäß §§ 155, 161 Abs. 2 HGB zur Verteilung stehende Vermögen der Gesellschaft zu vermehren.
 
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