Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung eines 92-Jährigen zu lebenslanger Freiheitsstrafe ...
(Worms) Der Bundesgerichtshof hat soeben die Revision eines im Jahre 1918 geborenen Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts München I vom 11. August 2009 als unbegründet verworfen, in dem er wegen zehnfachen Mordes und versuchten Mordes italienischer Zivilisten im Zweiten Weltkrieg zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
Darauf verweist der Osnabrücker Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht Klaus Rüther, Vizepräsident des VdSRA-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf den am 11.11.2010 veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25. Oktober 2010 - 1 StR 57/10.
Das Landgericht München I hatte in dem Verfahren folgendes festgestellt:
Die zur Heeresgruppe C zählende, vom Angeklagten geführte 1. Kompanie des Gebirgspionierbataillons 818 sollte am 26. Juni 1944 nahe dem Weiler Falzone di Cortona (Toskana) eine von Partisanen wegen ihrer Bedeutung für den Rückzug der deutschen Truppen gesprengte Brücke reparieren. Zwei Soldaten, die im Auftrag des Angeklagten Fahrzeuge zum Transport beschaffen sollten, wurden dabei in einem Hinterhalt von Partisanen erschossen, ein dritter wurde verletzt. Da sich die Partisanen nach dem Anschlag auf die Soldaten abgesetzt hatten, beschloss der Angeklagte aus Wut und Rachsucht eine Vergeltungsaktion gegen die männliche Zivilbevölkerung der Gegend.
Zunächst meldete er den Vorfall dem Bataillonskommandeur und regte die von ihm geplante Maßnahme gegen die italienischen Zivilisten an, die der Bataillonskommandeur entsprechend dem Wunsch des Angeklagten anordnete und außerdem durch ein Flakgeschütz und Sprengstoff logistisch unterstützte. Am nächsten Tag befahl der Angeklagte, alle in der Gegend erreichbaren männlichen Zivilisten festzunehmen. Am Ende waren dies neun Männer, von denen der älteste 67 Jahre alt war, und zwei Jugendliche von 15 und 16 Jahren. Keiner war der Beteiligung an dem Anschlag oder überhaupt der Unterstützung von Partisanen verdächtig. Sie wurden über ihr Schicksal im Unklaren gelassen und in einem Haus eingeschlossen, das alsbald in Anwesenheit und auf Befehl des Angeklagten gesprengt wurde. Danach wurde ebenfalls auf seinen Befehl hin mit Maschinengewehren in die Trümmer geschossen, um noch lebende Opfer zu töten.
Am Ende überlebte nur der schwer verletzte 15-jährige. Nach der Reparatur der Brücke verließ die Kompanie am 29. Juni 1944 die Region. Wegen dieser Tat wurde der Angeklagte bereits im Jahr 2006, rechtskräftig seit dem 11. November 2008, in Abwesenheit von einem italienischen Gericht zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Der Senat hat die - auf eine Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte - Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen, so Rüther.
Nach der Entscheidung des Senats liegt insbesondere ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung nach Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht vor, da dieses Recht durch Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) in zulässiger Weise eingeschränkt ist. Diese Vorschrift knüpft den Eintritt des Strafklageverbrauchs im Falle einer Verurteilung an die weiteren Voraussetzungen, dass die - in Italien - verhängte Strafe bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach italienischem Recht nicht mehr vollstreckt werden kann.
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben. Auch die vom Landgericht vorgenommene rechtliche Bewertung der Tat als Mord begangen aus niedrigen Beweggründen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden gewesen, da das Landgericht rechtsfehlerfrei darauf abgestellt hat, dass eine aus reiner Rachsucht motivierte Tötung von Unbeteiligten durch die Sprengung eines Gebäudes und anschließendes Maschinengewehrfeuer selbst vor dem Hintergrund einer kriegsbedingten Ausnahmesituation auf sittlich tiefster Stufe steht und Ausdruck einer besonders verachtenswerten Gesinnung ist. Die Tat war auch unter dem Gesichtspunkt einer zur Tatzeit - möglicherweise - kriegsvölkerrechtlich anerkannten "Kriegsrepressalie" nicht gerechtfertigt, da deren Voraussetzungen in mehreren Punkten nicht gegeben waren.
Dies folgt unter anderem aus der konkreten militärischen Situation ebenso wie aus dem teilweise sehr geringen Alter der wahllos gegriffenen Opfer und der für die Opfer besonders entwürdigenden und erniedrigenden Art der Tatbegehung. Die Vorgehensweise des Angeklagten war schließlich auch nicht aufgrund eines etwaigen Befehlsnotstandes entschuldigt, da der Angeklagte selbst der Initiator der Vergeltungsaktion war und diese beim Bataillonskommandeur angeregt hatte. Die Revision des Angeklagten ist daher insgesamt als unbegründet zu verwerfen gewesen.
Rüther riet grundsätzlich - unabhängig von diesem Fall - in allen strafrechtlich relevanten Fällen so früh wie möglich rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die auf Strafrecht spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRA-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. - www.vdsra.de - verwies.
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Klaus Rüther
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Fachanwalt für Steuerrecht
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