Das deutsche Abmahnunwesen
Das deutsche "Abmahnunwesen" und der Kampf gegen den Missbrauch mit dem
UWG feierte 2009 seinen 40. Jahrestag. Alle bisherigen Versuche den
Missbrauch einzuschränken sind mehr oder weniger gescheitert. Geholfen
hat gegen unseriöse Vereine die Abschaffung des "fliegenden
Gerichtsstands", überfällig ist diese Regelungsänderung in Zeiten des
Internets auch bei den "Mitbewerberabmahnern" und ihren Anwälten. Da
auch das Geldverdienen eine sehr große Rolle beim Missbrauch spielt, ist
es dringlich auch hier endlich einen Riegel vorzuschieben.
Deshalb gilt es den Kampf gegen den Missbrauch zu verstärken.
Unser Wunsch an alle Abgemahnte, helft allen Initiativen gegen den
Abmahnwahn und schickt zur Information immer eine Kopie der Abmahnung an
das Bundesjustizministerium. Unsere jetzige Justizministerin hat schon
in Ihrer ersten Amtszeit 1993 versprochen gegen den Missbrauch vorzugehen.
Senden Sie deshalb unbedingt eine Kopie der Abmahnung mit einem
persönlichen Protestbrief mit Hinweis auf die damals angekündigte
Aktivität an:
Frau Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger - persönlich -
Bundesministerium der Justiz, Mohrenstraße 37, 10117 Berlin.
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Inhaltsverzeichnis
1. Abmahnmissbrauch ("Hamburger Brauch", Verzicht auf die Einrede des
Fortsetzungszusammenhangs)
2. P2P-Abmahnungen (Schweiz)
3. P2P-Abmahnungen (Gulli sucht Abgemahnte)
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1. Abmahnmissbrauch ("Hamburger Brauch", Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs)
Das LG Bochum hat in seinem Urteil Az.: I-12 O 101/10 vom 13.7.2010 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung mit der Tatsache, dass die Abmahnung rechtsmissbräuchlich ausgesprochen wurde.
Für die Beurteilung des Rechtsmissbrauchs bezieht sich das Gericht auf das Urteil OLG Hamm 1-4 U 225/09, das sich ausführlich damit beschäftigte, wann eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist.
Zitat OLG Hamm
"Von einem Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Diese müssen zwar nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein, aber eindeutig überwiegen".
Hier wurde zwar der Missbrauch nicht erkannt, im Urteil des LG Bochum kamen dann aber weitere Gründe hinzu, sodass das LG Bochum von einem Rechtsmissbrauch ausging.
Zitat LG Bochum
"... die erkennende Kammer hat noch in einem Urteil vom 25.05.2010 (1-12 0 235/09) letztlich keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs erkennen können. Aufgrund nach Erlass dieser Entscheidung bekannt gewordener neuer Erkenntnisse ergibt sich zusammen mit den bereits in den früheren Entscheidungen enthaltenen Indizien nunmehr ein eindeutiges Übergewicht sachfremder Motive des Verfügungsklägers."
Neben den hinlänglich bekannten Indizien wie Gebührenerzielungsinteresse, Zahl der Abmahnungen und der Verweigerung eine Originalvollmacht vorzulegen, lehnte die abmahnende Partei eine modifizierte Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch (wie wir sie verwenden) ab.
Zitat LG Bochum
"Die Verfügungsbeklagte gab daraufhin eine Unterwerfungserklärung ab, die beide Parteien als eine solche nach Hamburger Brauch ansehen. Der Verfügungskläger verweigerte die Annahme dieser Unterwerfungserklärung. Dabei störte er sich allerdings nicht an einzelnen Formulierungen, sondern er befürchtet, dass Gerichte im Wiederholungsfall die Vertragsstrafe aus seiner Sicht zu niedrig ansetzen könnten. Diese Besorgnis hält für die Kammer für so fernliegend, dass sie vollständig in den Hintergrund treten muss. Denn beim sogenannten Hamburger Brauch bestimmt zunächst der Gläubiger die Höhe der Vertragsstrafe und die Gerichte überprüfen dann nur deren Angemessenheit. "
Dieses konnte das Gericht nicht nachvollziehen und sah dies als starkes Indiz für einen Rechtsmissbrauch.
In anderen Verfahren desselben Klägers bestand die abmahnende Partei auf den "Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs"*. Das fortgesetzte Abverlangen dieser Klausel wird hier auch als Indiz für einen Rechtsmissbrauch gesehen. Das LG Bochum bezog sich hierbei auch auf ein Urteil des BGH.
Zitat LG Bochum
"...das systematische Abverlangen uneingeschränkter Verzichtsklauseln als bedenklich angesehen, weil sie den Zweck, mittels gehäufter Strafsanktionen möglichst hohe Einnahmen zu erzielen..."
*) Wenn durch weiteres gleiches Tun gegen die Unterlassungserklärung verstoßen wird, dann kann man sich im Wiederholungsfall nicht darauf berufen, bereits einmal die Vertragsstrafe oder Abmahngebühren gezahlt zu haben, sondern muss für jeden einzelnen Verstoß erneut zahlen.
(an)
Urteil LG Bochum
http://www.anwalt24.de/beitraege-news/fachartikel/rechtsmissbrauch-des-herrn-bernfried-warning-die-entscheidungsgruende-lg-bochum-urteil-vom-13-7-2010-i-12-o-101-10
Urteil OLG Hamm 1-4 U 225/09
http://medien-internet-und-recht.de/pdf/VT_MIR_2010_108.pdf
Urteil BGH I ZR 186/90
http://www.ejura-examensexpress.de/online-kurs/entsch_show_neu.php?Alp=1&dok_id=140
Link
http://www.anwalt24.de/beitraege-news/fachartikel/rechtsmissbrauch-des-herrn-bernfried-warning-aus-rhede-www-warning24-de-durch-lg-bochum-gleich-doppelt-bestaetigt-12-o-101-10-und-12-o-114-10
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2. P2P-Abmahnungen (Schweiz)
In der Schweiz hat sich herausgestellt, dass die Beweissicherheit der von der Firma Logistep erhobenen Daten nicht ausreicht, um Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen zu verfolgen. Ein Artikel von Prof. Dr. Thomas Hoeren fanden wir so gut, dass wir ihn hier, mit freundlicher Genehmigung, als Ganzes wiedergeben.
Schweizerisches Bundesgericht: Leitentscheide betreffend IP-Daten und
Geschäftstätigkeit Logistep
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsberater EDÖB hatte einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.5.2009 (A-3144/2008), das die Tätigkeit von Logistep noch als datenschutzkonform eingestuft hatte, an das schweizerische Bundesgericht weitergezogen. Nach öffentlicher Urteilsberatung hat das Bundesgericht nun heute Morgen (Anm. d. Red. Älterer Artikel) in einer umstrittenen Debatte mit 3 zu 2 Stimmen höchstrichterlich im Wesentlichen entschieden:
- IP-Adressen gelten nach schweizerischem Datenschutzgesetz als
Personendaten;
- Die Geschäftstätigkeit von Logistep, IP-Daten von
urheberrechtsverletzenden P2P-Nutzern zu eruieren und an die
Rechteinhaber weiterzugeben, ist mit dem schweizerischen
Datenschutzrecht nicht vereinbar.
Entscheidendes Argument war dabei, dass die Interessen der Internetnutzer auf Schutz ihrer Persönlichkeit gegenüber dem Interesse der Urheberechtsinhaber auf Straf- und zivilprozessuale Verfolgung der Verletzer überwiegen. Damit konnte Logistep die festgestellte klare Persönlichkeitsverletzung nicht mit überwiegenden eigenen privaten Interessen rechtfertigen.
Die schriftliche Begründung ist noch ausstehend. (an)
Link zur Seite Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht Prof. Dr. Thomas Hoeren
http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/
Link zum Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB)
http://www.edoeb.admin.ch/aktuell/01688/index.html?lang=de
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3. P2P-Abmahnungen (Gulli sucht Abgemahnte)
Gulli.com und die Initiative Abmahnwahn-Dreipage suchen DigiProtect Geschädigte für eine mögliche Sammelklage. Die Klage soll dann über Metaclaims Sammelklagen Finanzierungsgesellschaft mbH abgewickelt werden. (an)
Links
http://www.gulli.com/news/p2p-abmahnungen-klage-zum-nulltarif-und-abrechnung-mit-der-abzocke-2010-09-18
http://www.initiative-abmahnwahn.de/tag/metaclaims-sammelklagen-finanzierungsgesellschaft-mbh/
http://www.initiative-abmahnwahn.de/tag/metaclaims-sammelklagen/
http://www.metaclaims.com/
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Autoren: rk Rudolf Koch, ag Andreas Gonzalez, an Claus Müller
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Impressum
Abmahnwarner - Newsletter-Angebot - ISSN 1612-2712
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Claus Müller, 1. Vorsitzender
Dreikreuzweg 80, 69151 Neckargemünd
Geschäftsstelle und Postadresse:
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Redaktions-Mail: redaktion@abmahnwelle.de
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